Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 2 KLs 651 Js 14923/22vorgehend Az: 6 StR 242/23 Urteilvorgehend LG Dessau-Roßlau Az: 8 KLs 651 Js 14923/22
Gründe
1Das Landgericht hatte den Angeklagten im ersten Rechtszug wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft änderte der Senat mit Urteil vom den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist, und hob es im Strafausspruch auf. Im zweiten Rechtszug hat das Landgericht den Angeklagten auf Grundlage dieses Schuldspruchs zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2Auf Grundlage des am in Kraft getretenen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) ist der Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 i.V.m. § 354a StPO neuerlich zu ändern. Die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge beruhte darauf, dass der Angeklagte (neben dem zum bewaffneten Handeltreiben bestimmten Heroin) 45,6 g Cannabis (Wirkstoffmenge mindestens 4 g Tetrahydrocannabinol) und 14 g Kokain (Wirkstoffmenge 4,01 g Kokainhydrochlorid) in seiner Wohnung zum Eigenkonsum aufbewahrte. Da Cannabis seit Inkrafttreten des KCanG nicht mehr vom Betäubungsmittelgesetz erfasst wird, ist diese Droge für die Bestimmung der Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nunmehr ohne Belang. Allein das sichergestellte Kokain genügt indes nicht, um schon von einer „nicht geringen Menge“ im Sinne dieser Vorschrift auszugehen (vgl. dazu , BGHSt 33, 133; Beschluss vom – 6 StR 73/24). Dies hat zur Folge, dass sich der Angeklagte insoweit allein nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG strafbar gemacht hat. Eine etwaige tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG kommt nicht in Betracht, weil der Angeklagte lediglich 45,6 g Cannabis in seiner Wohnung und damit keine im Sinne des Gesetzes verbotene Menge aufbewahrte.
3Die Rechtskraft des Schuldspruchs steht der Berücksichtigung der Gesetzesänderung im Revisionsverfahren nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, dass das Revisionsgericht eine nach der Entscheidung des Tatgerichts eingetretene, das angewendete Strafgesetz mildernde Gesetzesänderung trotz Rechtskraft des Schuldspruchs zu berücksichtigen hat, wenn nur die Strafandrohung gemildert worden oder die Strafbarkeit entfallen ist (vgl. , BGHSt 20, 116, 118; Beschlüsse vom – 5 StR 153/24; vom – 6 StR 117/24). Nichts anderes gilt, wenn eine Gesetzesänderung ein lediglich tateinheitlich verwirklichtes Delikt betrifft. Denn dieses ist in aller Regel für die konkrete Bemessung der Strafe – hier für die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG vorliegt – von Belang; insoweit liegt ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Schuld- und Strafausspruch vor.
4Der Änderung des Schuldspruchs steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer auf Grundlage des geänderten Schuldspruchs einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht hätte und, wie bereits im ersten Rechtszug, zu einer milderen Strafe gelangt wäre. Demgegenüber bedarf es bei dem hier allein vorliegenden Wertungsfehler keiner Aufhebung von Feststellungen. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:100724B6STR283.24.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-73152