Instanzenzug: Az: 1 KLs 26/21
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: den Angeklagten Y. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, den Angeklagten H. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten F. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts gestützten Revisionen.
2Das Rechtsmittel des Angeklagten H. erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen – wie die Revision des Angeklagten Y. insgesamt und die des Angeklagten F. mit Ausnahme der Einziehungsanordnung – im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet (vgl. Antragsschriften des Generalbundesanwalts). Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
31. Soweit der Angeklagte Y. einen formellen Verstoß gegen § 261 StPO darin sieht, dass die Strafkammer ihre Überzeugung von seiner Schuld nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft habe, weil sie zum Nachweis enger Kontakte zwischen den Angeklagten unter anderem auf die im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gewonnenen Erkenntnisse einer Durchsuchungsmaßnahme (Anzeigenaufnahme, Angaben eines Einsatzbeamten) zurückgegriffen habe, die entgegen der landgerichtlichen Ausführungen eine Anwesenheit des Angeklagten bei dieser Gelegenheit nicht belegen, hat die Rüge keinen Erfolg. Der Senat kann angesichts der vom Landgericht im Übrigen angeführten weiteren zahlreichen zur Identifizierung rechtsfehlerfrei herangezogenen Indizien und der daraus für die Identifizierung des Angeklagten folgenden Beweislage ausschließen, dass die Strafkammer im Rahmen der von ihr vorgenommenen Gesamtwürdigung ohne Berücksichtigung der Erkenntnisse aus dem Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt gewesen wäre.
42. Soweit die Angeklagten die Ablehnung des auf Einvernahme des im Ausland aufhältigen gesondert verfolgten Zeugen S. gerichteten Beweisbegehrens beanstanden, bleiben die Verfahrensrügen ohne Erfolg.
5Das Landgericht hat die Ablehnung des Antrags mit Beschluss vom zunächst rechtlich zutreffend damit begründet, dass mangels konkreter Behauptung eigener Wahrnehmungen (st. Rspr.; vgl. , BGHSt 39, 251, 253 f.) und mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Zeugen (vgl. dazu etwa , NStZ 2009, 649) nur ein Beweisermittlungsantrag vorliegt und die Aufklärungspflicht die Ladung und Vernehmung des Zeugen nicht gebietet.
6Selbst wenn man nach dem ergänzenden Vortrag der Verteidigung des Angeklagten H. in der Gegenvorstellung vom nicht mehr von einem bloßen Beweisermittlungsantrag ausgehen wollte, wäre das Beweisbegehren nach wie vor auf die Ladung eines im Ausland befindlichen Zeugen gerichtet gewesen. Da der Zeuge seiner Verteidigerin keine wirksame Ladungsvollmacht erteilt hatte und die Ladung deshalb im Ausland zu bewirken war, gilt § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO. Damit war der Antrag weiterhin nach dem Maßstab der Aufklärungspflicht zu beurteilen (vgl. Rn. 5).
7Diesem ist die Strafkammer in ihrem Ablehnungsbeschluss vom gerecht geworden. Nach ihrer hilfsweisen Prüfung und rechtsfehlerfreien Bejahung der Unerreichbarkeit des Zeugen (§ 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 5 StPO) waren weitere Bemühungen zur Vernehmung des Zeugen auch unter Berücksichtigung der Aufklärungspflicht nicht geboten. In Anbetracht des Fehlens einer ladungsfähigen Anschrift und ihrer im Ablehnungsbeschluss dargestellten erfolglos gebliebenen umfangreichen Nachforschungen zur Aufenthaltsermittlung des mit Haftbefehl gesuchten Zeugen durfte die Strafkammer weitere Tätigkeiten als zwecklos ansehen. Ihre Erwägungen erweisen sich auch eingedenk des Beschwerdevorbringens als rechtsfehlerfrei.
83. Die den Angeklagten H. betreffende Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte im Fall 4 vom Angeklagten Y. und dem gesondert verfolgten S. erworbene Drogen abholte und dem unbekannt gebliebenen Fahrer des Verkäufers mindestens 2.000 Euro übergab, die der Angeklagte zuvor weisungsgemäß vom Angeklagten F. erhalten hatte. Die Strafkammer hat die Anordnung auf § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1, § 73d Abs. 2 StGB gestützt, weil der Angeklagte den Betrag „durch die von ihm begangene Tat“ erlangt habe. Dabei hat sie übersehen, dass es sich hier bei dem ihm zum Kauf übergebenen Geldbetrag nicht um Taterträge im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB handelt (vgl. ), sondern um Tatmittel gemäß § 74 StGB (Volkmer/Fabricius in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 33 Rn. 152). Ihrer Einziehung beim Angeklagten steht indes § 74 Abs. 3 StGB entgegen.
94. Soweit sich die Revision des Angeklagten F. gegen die vom Landgericht angeordnete erweiterte Einziehung von Taterträgen richtet, macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, das Verfahren gemäß § 422 Satz 1 StPO abzutrennen, weil eine Entscheidung hierüber die Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen der Tat unangemessen verzögern würde (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 345/22; vom – 3 StR 238/21; Urteil vom – 3 StR 474/19).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:230524B5STR170.23.0
Fundstelle(n):
JAAAJ-73150