BGH Beschluss v. - 6 StR 211/24

Instanzenzug: LG Coburg Az: 1 KLs 308 Js 3229/23 jug

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten R.     wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, sowie wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten C.     hat es wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Sachbeschädigung, wegen versuchten schweren Bandendiebstahls sowie wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2Der Schuldspruch bedarf im Fall A Teil 2 II. der Urteilsgründe, in dem die Angeklagten mit Cannabis handelten, in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO der aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Änderung. Zwar lässt das Urteil nach dem zur Zeit der Entscheidung geltenden Recht insoweit keinen Rechtsfehler erkennen. Allerdings ist am das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG, BGBl. I Nr. 109) in Kraft getreten; dies ist nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO bei der Revisionsentscheidung zu berücksichtigen. Der Umgang mit Konsumcannabis ist nunmehr abschließend im neuen KCanG geregelt, so dass damit im Zusammenhang stehende Straftaten allein nach § 34 KCanG zu bewerten sind (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Das Handeltreiben mit Cannabis „in nicht geringer Menge“ ist im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen, weil es sich insoweit – anders als im Fall des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG – nicht um ein Qualifikationsmerkmal, sondern um ein Regelbeispiel eines besonders schweren Falles im Sinne von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG handelt (vgl. ).

3Die Änderung des Schuldspruchs hat angesichts der im Vergleich zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG geringeren Strafandrohung zur Folge, dass die im Fall A Teil 2 II. der Urteilsgründe gegen den Angeklagten C.     verhängte Strafe keinen Bestand hat. Dies wiederum zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Die jeweils zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO) und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

4Die gegen den Angeklagten R.     verhängte Jugendstrafe bleibt demgegenüber von der Schuldspruchänderung unberührt. Denn darauf, dass das Landgericht bei der Festsetzung der Jugendstrafe auch auf die Verurteilung wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge abgestellt hat, beruht das Urteil nicht (§ 337 Abs. 1 StPO). Der Senat schließt aus, dass die Jugendkammer eine für den Angeklagten günstigere Rechtsfolge bestimmt hätte, wenn sie den Angeklagten nicht wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sondern entsprechend der geänderten Rechtslage wegen Handeltreibens mit Cannabis verurteilt hätte (vgl. ).

5Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„Die Höhe der Jugendstrafe ist vorrangig am erzieherischen Bedarf auszurichten (§ 18 Abs. 2 JGG). Den Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts kam nur mittelbare Bedeutung für die Festlegung der Dauer der Jugendstrafe zu, § 18 Abs. 1 Satz 3 JGG (vgl. Eisenberg/Kölbel, JGG, 25. Aufl., § 18 Rn. 21). Angesichts der für die Jugendkammer für die Strafbemessung wesentlichen Gesichtspunkte – insbesondere das Maß der eingesetzten kriminellen Energie und der durch die Diebstähle entstandene Schaden (UA S. 101) − kann vorliegend ausgeschlossen werden, dass sie die Jugendstrafe bei Anwendung des KCanG niedriger bemessen hätte.“

6Dem schließt sich der Senat an und bemerkt ergänzend, dass sich den Urteilsgründen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass das Landgericht bei der Bemessung der erzieherisch erforderlichen Jugendstrafe dem im Erwachsenenstrafrecht geltenden Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG Bedeutung beigemessen hätte (vgl. ; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:100724B6STR211.24.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-73022