Instanzenzug: Az: 7 KLs 593 Js 65882/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung der Strafe aus einem anderen rechtskräftigen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf Verfahrensbeanstandungen und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
21. Das Landgericht hat sich von der Täterschaft des seine Tatbeteiligung bestreitenden Angeklagten in erster Linie aufgrund der Aussage eines gesondert Verfolgten überzeugt, der wegen der Tat in einem gesonderten Verfahren ebenfalls angeklagt, von dem Vorwurf aber freigesprochen worden war und der den Angeklagten in jenem Verfahren gegenüber der Polizei und in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung als einen der Täter belastet hatte. In der gegen den Angeklagten geführten Hauptverhandlung hat sich dieser gesondert Verfolgte gemäß § 55 StPO auf ein Auskunftsverweigerungsrecht berufen; die Strafkammer hat seine Aussagen über die seinerzeitigen Vernehmungspersonen eingeführt und ihnen Glauben geschenkt, weil sie zu dem von dem gesondert Verfolgten geschilderten Randgeschehen in der Tatnacht von einer weiteren Zeugin – der ehemaligen Lebensgefährtin eines weiteren Mittäters – bestätigt worden seien. Zu einer Tatbeteiligung des Angeklagten konnte diese Zeugin allerdings nicht mehr beitragen, als dass sie den Namen schon einmal gehört habe und das Gesicht kenne, ohne allerdings sagen zu können woher. Als ein weiteres Indiz für die Täterschaft des Angeklagten hat das Landgericht den Umstand gewertet, dass sich an einer schwarzen Sturmhaube und an schwarzen Handschuhen, die in unmittelbarer Nähe zu dem nach der Tat im Wald versteckten Stehlgut aufgefunden wurden, DNA-Spuren des Angeklagten befanden. Zwar sei die DNA-Analyse nicht für einen unmittelbaren Tatnachweis geeignet, weil dadurch nicht bewiesen werden könne, wie die Sturmhaube in die Nähe der Tatbeute gelangt sei, jedoch sei die DNA-Spur „mit dem Befund der Täterschaft des Angeklagten gut vereinbar.“
32. Die Berücksichtigung dieses Umstands als gegen den Angeklagten sprechendes Indiz erweist sich hier als rechtsfehlerhaft, weil sich die Strafkammer mit der Einlassung des Angeklagten zu diesem Punkt mit keinem Wort auseinandergesetzt hat. Sie hat diese Einlassung vielmehr nur dokumentiert, aber nicht gewürdigt. Mit der Einlassung hatte der Angeklagte angegeben, die Sturmhaube, die er im Winter auf Fahrten zur Arbeit mit dem Mofa getragen habe, sei ihm ebenso wie mehrere Paare seiner Handschuhe abhandengekommen. Er habe zur Tatzeit mit anderen Bauarbeitern in einem Hostel zusammengewohnt; es hätten auch andere Personen Zugang zu seiner Kleidung gehabt.
4Diese Einlassung könnte – ihre Richtigkeit unterstellt – eine den Angeklagten nicht belastende Erklärung für die von ihm stammenden DNA-Spuren in der Nähe der Tatbeute geben. Infolgedessen würde die Indizwirkung dieser Spur insgesamt entfallen können. Da die Strafkammer diesen Punkt der Einlassung, mit dem sie sich beweiswürdigend hätte auseinandersetzen müssen (vgl. Rn. 12), schlicht übergangen hat, stellt sich ihre Beweiswürdigung als lückenhaft dar.
53. Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO). Angesichts der Beweislage im Übrigen kann der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung dieses Indizes zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre. Ob es aus anderen Gründen gleichwohl zur Annahme gelangt sein könnte, die Spur könne ein gegen den Angeklagten sprechendes Beweisanzeichen darstellen, etwa, weil es die Einlassung als widerlegt ansehen wollte, kann der Senat mangels eigener Prüfung der Strafkammer nicht beurteilen.
64. Die Abfassung der Urteilsgründe gibt dem Senat Anlass zu folgendem Bemerken:
7Die Beweiswürdigung soll keine umfassende Dokumentation der Beweisaufnahme enthalten, sondern lediglich belegen, warum bestimmte bedeutsame Umstände so festgestellt worden sind. Den gesetzlichen Anforderungen (§ 267 Abs. 1 Satz 2 StPO) an eine aus sich heraus verständliche Beweiswürdigung genügt es, klar und bestimmt die für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts im Zeitpunkt der Urteilsfällung maßgeblichen Gesichtspunkte im Rahmen einer strukturierten, verstandesmäßig einsichtigen Darstellung hervorzuheben. Die breite Darstellung aller Einzelheiten der Beweisaufnahme kann die gebotene eigenverantwortliche Würdigung der Beweise zudem weder ersetzen noch ist sie in der Regel zum Verständnis dieser Würdigung erforderlich (). Ein solches Vorgehen kann vielmehr – wenn wie hier wesentliche Punkte aus dem Blick geraten – sogar den Bestand des Urteils gefährden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 188/23; vom – 6 StR 249/22; Urteil vom – 5 StR 18/22).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:160724B5STR184.24.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-72459