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BVerwG Beschluss v. - 5 P 9/22

Gültigkeit einer Personalratswahl in einer militärischen Dienststelle

Leitsatz

Ist in einer militärischen Dienststelle oder Einrichtung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SBG kein Zivilbeschäftigter vorhanden oder wird ein Vertreter der Zivilbeschäftigten nicht in den Personalrat gewählt, ist die Wahl unwirksam und kommt es nicht zur Bildung eines Personalrats.

Gesetze: § 60 Abs 1 S 1 SBG 2016 vom , § 60 Abs 2 S 1 SBG 2016 vom , § 60 Abs 3 S 1 SBG 2016 vom , § 60 Abs 3 S 2 SBG 2016 vom , § 61 SBG 2016 vom , § 59 S 1 SBG 2016, § 26 BPersVG 2021

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Az: 33 A 3020/21.PVB Beschlussvorgehend Az: 33 K 6983/20.PVB

Gründe

I

1Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Gültigkeit einer Personalratswahl.

2In der Dienststelle, deren Leiter der Antragsteller ist, wurde auf der Grundlage von § 60 Abs. 2 SBG ein Personalrat, der Beteiligte, gewählt. Er bestand aus drei Soldaten und dem einzigen Zivilbeschäftigten (Beamten) der Dienststelle. Dieser schied durch Versetzung am vor der im April 2020 anstehenden regulären Personalratswahl sowohl aus dem Personalrat als auch aus der Dienststelle aus. Zum wurde die Stelle nachbesetzt, was sich Mitte März 2020 abgezeichnet hatte.

3Der Antragsteller ging nach dem Ausscheiden des Zivilbeschäftigten davon aus, dass der bisherige Personalrat nicht mehr weiter im Amt sei, weil ein nur aus Soldaten bestehender Personalrat grundsätzlich nicht vorgesehen sei. Mit der Nachbesetzung zum würden alle Angehörigen der Dienststelle im Wege der Zuteilung vom Personalrat der Luftwaffenunterstützungsgruppe K. vertreten, bis in der Dienststelle ein neuer Personalrat gewählt sei. Das deswegen von dem Beteiligten eingeleitete personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, mit dem er die Feststellung begehrt, dass seine Amtszeit nicht mit dem Ausscheiden des einzigen Zivilbeschäftigten endete, ist Gegenstand des Verfahrens 5 P 10.22.

4Zur Durchführung einer Personalratswahl im November 2020 bestellte der Beteiligte einen Wahlvorstand, dem keine Zivilbeschäftigten, sondern ausschließlich Soldaten angehörten. Der einzige Zivilbeschäftigte der Dienststelle, ein Beamter, zog seine ursprünglich angezeigte Bereitschaft, in einem Personalrat auch mitzuwirken, später zurück. Am fand die Personalratswahl als Gruppenwahl statt, an der der Beamte nicht teilnahm, weshalb der für die Gruppe der Beamten kandidierende Soldat nicht gewählt wurde. Auf der Grundlage der aus der Gruppe der Soldaten abgegebenen Stimmen wurde ein ausschließlich aus drei Soldaten bestehender Personalrat gewählt, der nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat.

5Das vom Antragsteller am mit dem Antrag eingeleitete Wahlanfechtungsverfahren, die Wahl des Beteiligten für ungültig zu erklären, hat vor dem Verwaltungsgericht Erfolg gehabt. Die dagegen erhobene Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die am durchgeführte Personalratswahl sei für ungültig zu erklären. Bei der Wahl sei gegen die - eine wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren darstellende - Bestimmung des § 60 SBG verstoßen worden. Der Verstoß liege darin, dass dem gewählten Personalrat nicht mindestens ein Mitglied angehöre, das von wahlberechtigten (Zivil-)Beschäftigten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes gewählt worden sei. Dies erschließe sich bereits aus dem Wortlaut des § 60 Abs. 3 Satz 1 SBG. Danach bildeten die in § 60 Abs. 1 und 2 SBG genannten Soldaten eine "weitere" Gruppe im Sinne des § 5 BPersVG. Diese Bezeichnung bringe unmittelbar zum Ausdruck, dass im Personalrat neben der Gruppe der Soldaten noch (mindestens) eine andere Gruppe vorhanden sei. Die Gruppe der Soldaten solle also immer nur zu einer anderen Gruppe hinzutreten, was nicht möglich sei, wenn es an einer anderen Gruppe fehle. Ein allein von Soldaten gewählter Personalrat sei gesetzlich nicht vorgesehen. In dieselbe Richtung wiesen systematisch auch die Regelungen in § 60 Abs. 3 Satz 2 und 3 SBG. Dass dem Personalrat mindestens ein (Zivil-)Beschäftigter angehören müsse, entspreche auch der Gesetzesbegründung.

6Hiergegen wendet sich der Beteiligte mit der Rechtsbeschwerde. Zur Begründung trägt er insbesondere vor, ein Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren, der das Wahlergebnis beeinflussen könnte, liege nicht vor. Nach seiner Novellierung lasse das Soldatenbeteiligungsgesetz einen ausschließlich aus Soldaten bestehenden Personalrat zu, sofern in der Dienststelle in der Regel mindestens ein Zivilbeschäftigter vorhanden sei. Nach dem neu eingefügten § 60 Abs. 2 SBG könne auch in Dienststellen, in denen in der Regel keine fünf Zivilbeschäftigten vorhanden seien, eine eigene Personalvertretung gebildet werden. Eine weitere Voraussetzung enthalte das Gesetz nicht. Insbesondere sei keine Regelung vorhanden, wonach dem gewählten Personalrat mindestens ein Mitglied angehören müsse, das von wahlberechtigten (Zivil-)Beschäftigten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes gewählt worden sei. Der Akzessorietätsgrundsatz sei mit der Einführung des § 60 Abs. 2 SBG aufgegeben worden, sodass eine Personalvertretung ohne einen zivilen Vertreter möglich sei. Ansonsten könne ein bestehender Personalrat jederzeit durch den Rücktritt der zivilen Mitglieder unmittelbar sein Mandat verlieren. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts widerspreche außerdem den Grundsätzen der freien Wahl und schränke das Wahlrecht der Beschäftigten ohne rechtliche Grundlage unzulässig ein.

7Der Antragsteller und die weitere Beteiligte verteidigen die angegriffene Entscheidung.

II

8Das Rubrum war hinsichtlich der Bezeichnung des Antragstellers als offenbar unrichtig von Amts wegen zu berichtigen (§ 59 Satz 1 SBG, § 108 Abs. 2 BPersVG, § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 555 Abs. 1, § 319 Abs. 1 ZPO). Der "Dienstälteste Deutsche Offizier" ist nach der Terminologie der Bundeswehr (vgl. Nr. 230 Zentralrichtlinie A2-500/0-0-1) als dienstgradhöchster Offizier der truppendienstliche Führer der in multinationalen Verbänden eingesetzten deutschen Soldaten (hier der Deutsche Anteil bei dem Combined Air Operations Centre Uedem). Damit ist für den Deutschen Anteil regelmäßig auch die Bezeichnung einer Dienststelle verbunden, deren Leiter der Dienstälteste Deutsche Offizier ist. Dementsprechend war auch die Bezeichnung des Beteiligten zu ändern.

9Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 59 Satz 1 SBG, § 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat die Wahl des Beteiligten der Sache nach zu Recht für ungültig erklärt, weil einem Personalrat, der in einer Dienststelle im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes - SBG - vom (BGBl. I S. 2065) in der hier maßgeblichen, durch Art. 14 des Gesetzes vom (BGBl. I S. 1147) - SBG a. F. - geänderten Fassung gebildet ist, mindestens ein Vertreter der Zivilbeschäftigten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes angehören muss, der von dieser Gruppe auch gewählt worden ist.

10Gemäß des im Zeitpunkt der Einleitung des Wahlanfechtungsverfahrens im November 2020 geltenden § 25 BPersVG a. F. sowie des wortgleichen § 26 BPersVG in der seit dem geltenden Fassung, der gemäß § 59 Satz 1 SBG für Soldatinnen und Soldaten entsprechend gilt, können mindestens drei Wahlberechtigte, jede in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft oder die Leiterin oder der Leiter der Dienststelle binnen einer Frist von zwölf Arbeitstagen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

111. Gegen die Zulässigkeit des Wahlanfechtungsbegehrens des Antragstellers, das mit einem auf die Erklärung der Ungültigkeit der Wahl zielenden Gestaltungsantrag geltend gemacht wird (vgl. 6 P 8.89 - Buchholz 251.2 § 12 BlnPersVG Nr. 1 S. 2), bestehen keine Bedenken. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass der Antragsteller als Dienststellenleiter gemäß § 59 Satz 1 SBG, § 26 BPersVG wahlanfechtungsberechtigt ist und die formellen Anfechtungsvoraussetzungen eingehalten sind. Auch ist nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, weil die Amtszeit des am gewählten Beteiligten noch nicht abgelaufen ist. Der Beteiligte war nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts regulär im April 2020 zu wählen, sodass die Wahl am außerhalb der regelmäßigen Personalratswahlen stattgefunden hat. Gemäß § 28 Abs. 5 BPersVG ist er daher in dem auf die Wahl folgenden nächsten Zeitraum der regelmäßigen Personalratswahlen neu zu wählen. Das ist gemäß § 27 Abs. 1 BPersVG in der Zeit vom 1. März bis . Die Amtszeit des neu zu wählenden Personalrats beginnt deshalb gemäß § 27 Abs. 2 Satz 1 BPersVG, der gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 BPersVG erstmalig auf die regelmäßigen Personalratswahlen im Jahr 2024 Anwendung findet, am , sodass die Amtszeit des Beteiligten am endet. Die Geschäftsführungsregelungen des § 27 Abs. 2 Satz 2 BPersVG haben auf das Ende der Amtszeit keinen Einfluss.

122. Der Wahlanfechtungsantrag hat auch in der Sache Erfolg. Die Wahl des Beteiligten beruht auf einem das Wahlergebnis ändernden Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht und das Wahlverfahren im Sinne von § 59 Satz 1 SBG, § 26 BPersVG, weil dem Beteiligten nicht mindestens ein Vertreter der Zivilbeschäftigten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes angehört, der von dieser Gruppe auch gewählt worden ist. Das folgt aus einer Zusammenschau von § 60 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 sowie § 61 SBG a. F.

13a) Die Frage, ob die Wahl des Personalrats in der Dienststelle des Antragstellers gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstößt, ist - anders als das Wahlanfechtungsverfahren an sich, für welches das Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz vom in der Änderungsfassung vom (BGBl. I S. 3932) maßgeblich ist - an den §§ 59 ff. des Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetzes in der durch Art. 14 des Gesetzes vom geänderten Fassung zu messen. Denn im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren sind Rechtsänderungen während des Rechtsbeschwerdeverfahrens nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde entschiede (stRspr, vgl. etwa 5 P 5.20 - IÖD 2022, 114 <115> m. w. N.). Die Frage nach der für die Entscheidung maßgeblichen Rechtslage bestimmt sich auch im personalvertretungsrechtlichen Wahlanfechtungsverfahren nach dem materiellen Recht (vgl. allgemein zum personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren 5 P 16.21 - BVerwGE 178, 281 Rn. 11 m. w. N.). Die Entscheidung über die Gültigkeit einer in der Vergangenheit liegenden Wahl kann nur auf der Grundlage des zum Wahlzeitpunkt geltenden Rechts getroffen werden. Daher ist vorliegend die am geltende Rechtslage maßgeblich. Die seinerzeitige Gesetzesfassung unterscheidet sich allerdings nicht wesentlich von der heutigen. Sie verweist lediglich auf die zu diesem Zeitpunkt noch geltenden Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes in der bis zum geltenden Fassung, was hier jedoch mit keiner inhaltlichen Änderung verbunden ist.

14b) Bei den Regelungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 sowie Abs. 3 Satz 1 und 2 SBG a. F. und § 61 SBG a. F. handelt es sich um wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht und das Wahlverfahren im Sinne des § 26 BPersVG. Dazu gehören jedenfalls Bestimmungen, die wie die §§ 60 und 61 SBG a. F. die Personalratsfähigkeit einer militärischen Dienststelle und damit die zwingenden Voraussetzungen regeln, unter denen dort überhaupt Personalvertretungen gebildet werden können, und denen sich überdies Vorgaben für die Wahl des Personalrats entnehmen lassen.

15c) Das Oberverwaltungsgericht geht der Sache nach zu Recht davon aus, dass der Personalrat in einer militärischen Einrichtung oder Dienststelle nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SBG a. F. auch von Zivilbeschäftigten gewählt werden muss.

16Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nicht streitig, dass es sich bei ihrer Dienststelle um eine andere Dienststelle oder Einrichtung als eine solche im Sinne des § 4 Abs. 1 SBG a. F. handelt, sodass die dort eingesetzten Soldaten gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SBG a. F. Personalvertretungen anstelle von Vertrauenspersonen wählen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 SBG a. F. erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift wählen in Dienststellen und Einrichtungen Beschäftigte im Sinne des § 4 BPersVG a. F. und Soldatinnen und Soldaten abweichend von § 12 Abs. 2 BPersVG a. F. (§ 13 Abs. 2 BPersVG) eine Personalvertretung, sofern die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BPersVG a. F. (§ 13 Abs. 1 BPersVG) bei zusätzlicher Berücksichtigung der Soldatinnen und Soldaten erfüllt sind.

17Bereits aus dem Wortlaut des § 60 Abs. 2 Satz 1 SBG a. F. folgt, dass der Personalrat in einer militärischen Einrichtung oder Dienststelle auch von den Zivilbeschäftigten (Beamte oder Tarifbeschäftigte) gewählt worden sein muss. Denn in den genannten militärischen Dienststellen und Einrichtungen erfolgt die Wahl der Personalvertretung durch Beschäftigte im Sinne des § 4 BPersVG a. F. und Soldatinnen und Soldaten. Die Formulierung lässt sich nur dahin verstehen, dass Zivilbeschäftigte und Soldatinnen und Soldaten die Personalvertretung gemeinsam wählen, diese also aus einer Wahlhandlung dieser Gruppen hervorgehen muss. Für die Durchführung der Wahl gelten gemäß § 59 Satz 1 SBG a. F. die Bestimmungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes in seiner jeweiligen Fassung entsprechend. Findet - wie hier - gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BPersVG a. F. (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BPersVG) eine in getrennten Wahlgängen durchzuführende Gruppenwahl statt, muss mindestens ein Gruppenvertreter der Beamten oder der Angestellten als Repräsentant der Zivilbeschäftigten vorgeschlagen (§ 17 BPersVG a. F. und n. F.) und von der jeweiligen Gruppe auch gewählt worden sein, da anderenfalls der Personalrat nicht aus einem Wahlakt (auch) der Zivilbeschäftigten hervorgegangen ist. Findet dagegen eine gemeinsame Wahl statt, weil der Personalrat gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BPersVG a. F. (§ 16 Abs. 1 Satz 1 BPersVG) nur aus einer Person besteht (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BPersVG a. F. und n. F.) oder die wahlberechtigten Angehörigen jeder Gruppe mehrheitlich die gemeinsame Wahl beschlossen haben (§ 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 und Satz 2 BPersVG a. F. und n. F.), genügt es für das Hervorgehen des Personalrats aus einem gemeinsamen Wahlakt, wenn zumindest ein Zivilbeschäftigter an der Wahl teilgenommen hat. Weitergehende Anforderungen ergeben sich auch aus § 60 Abs. 2 Satz 1 SBG a. F. insoweit nicht, da dem der Grundsatz der geheimen Wahl nach § 19 Abs. 1 BPersVG a. F. (§ 19 Abs. 1 BPersVG) entgegensteht. Denn anders als bei der Gruppenwahl lässt sich bei einer Gemeinschaftswahl nicht feststellen, dass ein Kandidat auch tatsächlich von Zivilbeschäftigten gewählt worden ist. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es in diesem Fall vielmehr, dass der Personalrat grundsätzlich auf einen Wahlakt zurückgeführt werden kann, an dem mindestens ein Zivilbeschäftigter teilgenommen hat. Bei der Gruppenwahl sind die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Satz 1 SBG a. F. demnach stets erfüllt, wenn ein ziviler Gruppenvertreter in den Personalrat gewählt wird, bei der gemeinsamen Wahl lässt sich die Teilnahme mindestens eines Zivilbeschäftigten anhand des Wählerverzeichnisses (§ 2 Abs. 2 BPersVWO) und der Wahlniederschrift feststellen, wobei § 21 Abs. 1 BPersVWO nur den Mindestinhalt der dort aufzunehmenden Feststellungen regelt (vgl. Noll, in: Altvater/​Baden/​Baunack/​Berg/​Dierßen/​Herget/​Kröll/​Lenders/​Noll, BPersVG, 11. Aufl. 2023, § 21 WO Rn. 3).

18d) Auch die Regelungen des § 60 Abs. 3 Satz 1 und 2 SBG a. F. sprechen in gewichtiger Weise dafür, dass in der Dienststelle vorhandene Zivilbeschäftigte im Personalrat repräsentiert sein müssen. Danach bilden die Soldatinnen und Soldaten eine "weitere" Gruppe im Sinne des § 5 BPersVG a. F. (§ 5 BPersVG), deren Vertreterinnen und Vertreter die gleiche Rechtsstellung wie die Vertreterinnen und Vertreter der Zivilbeschäftigten haben.

19e) Schließlich folgt auch aus § 61 SBG a. F., dass einem Personalrat im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 SBG mindestens ein Vertreter der Zivilbeschäftigten angehören muss (ebenso die Parallelentscheidung in 5 P 10.22 - Rn. 19). Danach wählen die Soldatinnen und Soldaten in Dienststellen und Einrichtungen der Bundeswehr, in denen für die Beschäftigten im Sinne des § 4 BPersVG auch im Falle einer Zuteilung zu einer benachbarten Dienststelle nach § 12 Abs. 2 BPersVG a. F. ein Personalrat nicht gebildet ist, Vertrauenspersonen nach § 4 SBG a. F.

20In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die nahezu gleichlautende Vorgängerregelung des § 50 des Soldatenbeteiligungsgesetzes - SBG 1997 - in der Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 766) geklärt, dass das Personalratsmodell für eine militärische Dienststelle überhaupt ausscheidet, wenn es dort nicht zur Bildung einer Personalvertretung für die Zivilbeschäftigten kommt; eine Personalvertretung allein für die Soldaten sieht das Gesetz nicht vor. Ausgeschlossen ist daher nicht nur die Errichtung einer Personalvertretung in einer militärischen Dienststelle, der ausschließlich Soldaten angehören, sondern auch eine Personalvertretung, die ausschließlich aus Soldaten besteht (vgl. 6 P 7.02 - Buchholz 252 § 49 SBG Nr. 1 S. 4 ff. m. w. N.).

21An der Geltung dieses strengen Akzessorietätsgrundsatzes und der diesem zugrunde liegenden Auslegung des § 51 SBG 1997, zuletzt geändert durch Gesetz vom (BGBl. I S. 4013) (§ 61 SBG) durch das Bundesverwaltungsgericht hat sich durch die Neuregelung in § 60 Abs. 2 Satz 1 SBG n. F. nichts geändert. Durch diese wird lediglich die Mindestzahl der Zivilbeschäftigten modifiziert, die in einer Dienststelle vorhanden sein müssen, damit überhaupt ein Personalrat gebildet werden kann, nicht aber die § 61 SBG n. F. zu entnehmende weitere Voraussetzung, dass in der Dienststelle eine Personalvertretung gebildet sein muss, die die Zivilbeschäftigten repräsentiert ("für"). Dies setzt zunächst für die hier in Rede stehende Fragestellung voraus, dass in der Dienststelle - wie sich auch aus § 60 Abs. 2 Satz 1 SBG a. F. ergibt - überhaupt Zivilbeschäftigte vorhanden sind, die ein dort gewählter Personalrat repräsentieren kann. Darüber hinaus folgt daraus aber auch, dass ein Vertreter der Zivilbeschäftigten in das Gremium gewählt sein muss, damit es die von § 61 SBG a. F. geforderte Repräsentationsfunktion erfüllt. Dabei lässt der Senat offen, ob - wie das Oberverwaltungsgericht in einem obiter dictum angenommen hat - die Vertretung der Zivilbeschäftigten im Personalrat auch durch einen gruppenfremden Vertreter der Soldaten möglich ist, also Personalvertretungen zulässig sind, denen nicht mindestens ein Zivilbeschäftigter angehört.

22Das Akzessorietätsprinzip gilt, wie die Verwendung des Partizip Perfekts "nicht gebildet ist" zum Ausdruck bringt, nicht nur für die Wahl des Personalrats, sondern auch für die Zeit danach. Ist demzufolge in einer militärischen Dienststelle oder Einrichtung gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SBG a. F. kein Zivilbeschäftigter vorhanden oder wird ein Vertreter der Zivilbeschäftigten nicht gewählt, ist die Wahl unwirksam und kommt es nicht zur Bildung eines Personalrats. Umgekehrt hört ein einmal wirksam gebildeter Personalrat in einer militärischen Dienststelle auf zu existieren, wenn er keine Zivilbeschäftigten mehr repräsentiert. Das ist zum einen jedenfalls dann der Fall, wenn nach dem Ausscheiden sämtlicher ziviler Vertreter in einem Personalrat (ggf. nach einer Nachwahl gemäß § 27 Abs. 4 BPersVG a. F. <§ 28 Abs. 4 BPersVG>) kein Repräsentant der Zivilbeschäftigten mehr vorhanden ist. Zum anderen kann der Personalrat die Zivilbeschäftigten nicht mehr repräsentieren, wenn der Dienststelle überhaupt kein Zivilbeschäftigter mehr angehört (ebenso die Parallelsache 5 P 10.22 - Rn. 22).

23Der Beteiligte ist daher wegen Verstoßes gegen § 60 Abs. 2 Satz 1 sowie Abs. 3 Satz 1 und 2 sowie § 61 SBG a. F. nicht wirksam gebildet worden. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ist der als Gruppenvertreter der Beamten angetretene Soldat bei der als Gruppenwahl durchgeführten Personalratswahl nicht gewählt worden, weil der einzige in der Dienststelle tätige Zivilbeschäftigte an der Wahl nicht teilgenommen hat.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:110424B5P9.22.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-72388