Klammerwirkung verschiedener Herstellungsakte kinder- und jugendpornographischer Schriften durch deren Besitz
Gesetze: § 52 Abs 1 StGB, § 53 Abs 1 StGB, § 176 Abs 1 StGB vom , § 176a Abs 2 Nr 1 StGB vom , § 184b Abs 1 Nr 3 StGB vom , § 184b Abs 3 StGB vom
Instanzenzug: LG Essen Az: 52 KLs 14/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen dreier Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellen von kinderpornographischen Schriften, davon einmal in Tateinheit mit sexuellem Übergriff (II. 1. b) – d) Taten 2 bis 4 der Urteilsgründe), sowie wegen zweier Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Herstellen von kinderpornographischen Schriften (II. 1. a) und e) Taten 1 und 5 der Urteilsgründe) sowie wegen Besitzes von kinderpornographischen Schriften in Tateinheit mit Besitz von jugendpornographischen Schriften (II. 1. f) Tat 6 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die mit der allgemeinen Sachrüge begründete Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte in der Zeit zwischen dem und an der damals drei Jahre und acht Monate alten Geschädigten mehrere sexuelle Handlungen vor, wobei er auch in einigen Fällen mit verschiedenen Körperteilen in den Scheidenvorhof der Geschädigten eindrang. Bei einem der Tatgeschehen nahm der Angeklagte die sexuelle Handlung an dem schlafenden Kind vor. Sämtliche Handlungen „videografierte“ er (Fälle II. 1. a) – e) Taten 1 bis 5 der Urteilsgründe). Am konnten in der Wohnung des Angeklagten auf verschiedenen Datenträgern Videodateien kinderpornographischen Inhalts sowie Bilddateien kinder- und jugendpornographischen Inhalts sichergestellt werden, die von ihm dort abgelegt worden waren. Unter den Videodateien befanden sich auch die – bei den im August 2017 begangenen Missbrauchshandlungen – eigenhändig angefertigten Aufnahmen (Fall II. 1. f) Tat 6 der Urteilsgründe).
32. Der Schuldspruch in den Fällen II. 1. a) – e) Taten 1 bis 5 der Urteilsgründe bedarf insoweit der Änderung, als der Angeklagte in diesen Fällen in weiterer Tateinheit auch des Besitzes kinderpornographischer Schriften in Tateinheit mit Besitz jugendpornographischer Schriften schuldig ist.
4Zwar stellt der gleichzeitige Besitz verschiedener Datenträger mit kinder- bzw. jugendpornographischen Schriften grundsätzlich nur eine Tat dar. Die ihrerseits in Tatmehrheit zueinander stehenden Herstellungsakte im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 3 StGB aF – zum Teil in Tateinheit mit § 176 Abs. 1 StGB aF bzw. § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB aF – werden jedoch nicht durch den nachfolgenden Besitz nach § 184b Abs. 3 StGB aF zu einer Tat verklammert, weil es aufgrund der erheblich unterschiedlichen Strafdrohungen an der insoweit vorausgesetzten annähernden Wertgleichheit der Delikte fehlt (vgl. Rn. 5 mwN; Beschluss vom – 3 StR 264/19 Rn. 16).
5Die entsprechende tatmehrheitliche Verurteilung im Fall II. 1. f) Tat 6 der Urteilsgründe hat demgegenüber zu entfallen. Bei gleichzeitigem Besitz von selbst hergestellten kinderpornographischen Schriften und weiterem, darüberhinausgehend gespeichertem, verbotenem Material bleibt für eine tatmehrheitliche Verurteilung wegen Besitzes kinder- bzw. jugendpornographischer Schriften danach kein Raum mehr (vgl. Rn. 6).
63. Der Senat ändert in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
74. Die im Fall II. 1. f) Tat 6 der Urteilsgründe erkannte Einzelstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe entfällt. Der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe bleibt hiervon unberührt. Angesichts der rechtsfehlerfrei bemessenen Einsatzstrafe von fünf Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe sowie weiterer Einzelstrafen von fünf Jahren Freiheitsstrafe, drei Jahren Freiheitsstrafe, zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe ist auszuschließen, dass das Landgericht bei zutreffender Würdigung der Konkurrenzen auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
85. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO; der geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sie veranlassten Kosten und Auslagen freizustellen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:200624B4STR132.24.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-72378