Online-Nachricht - Donnerstag, 01.08.2024

Kfz-Steuer/Insolvenzrecht | Feststellungslast bei Festsetzung von Kfz-Steuer als Masseverbindlichkeit (BFH)

Das Hauptzollamt trägt die Feststellungslast für das Vorliegen der Massezugehörigkeit, wenn es gegen einen Insolvenzverwalter Kraftfahrzeugsteuer für ein auf den Insolvenzschuldner zugelassenes Fahrzeug festsetzt (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Streitig ist, ob Kfz-Steuer zu Recht als Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO festgesetzt worden ist. Der Kläger, Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, wendet sich die gegen die vom HZA erlassenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide mit dem Argument, die Fahrzeuge seien nicht in seinem Besitz. Die Besitz- und Eigentumsverhältnisse seien ihm unbekannt. Er legte eine Auskunft des D, des letzten von vormals mehreren Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin vor, wonach dieser für die meisten Fahrzeuge vom Vorliegen eines Diebstahls oder einer Unterschlagung ausgehe.

Seine Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Nach Auffassung des FG habe der Kläger nicht nachweisen können, dass die Kraftfahrzeuge nicht zur Masse gehörten. Zwar habe das HZA keine Ermittlungen zum Sachverhalt angestellt und sich allein auf die Zulassung und die Haltereigenschaft berufen, obwohl das HZA grundsätzlich die Feststellungslast für steuererhöhende Tatsachen trage. Allerdings hätte es wegen der Beweisnähe des Klägers allein diesem oblegen, zureichende Anhaltspunkte gegen eine Masseeigenschaft vorzutragen ().

Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und wiesen die Sache an das FG zurück:

  • Auch Kraftfahrzeugsteuer kann als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegen den Insolvenzverwalter als Steuerschuldner festzusetzen sein.

  • Grundsätzlich trägt das HZA die Feststellungslast dafür, dass die Voraussetzungen für die Festsetzung von Kraftfahrzeugsteuer als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorliegen.

  • Vorliegend hat das FG in der Sache eine Entscheidung nach der Feststellungslast zu Lasten des Klägers getroffen, obwohl die Voraussetzungen für eine solche Entscheidung nicht vorlagen.

  • Zwar ist das FG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass das HZA die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO trägt.

  • Rechtlich unzutreffend hat es jedoch im Weiteren angenommen, dass der Kläger aufgrund seiner Beweisnähe die Nichtzugehörigkeit der Fahrzeuge zur Insolvenzmasse nachweisen müsse und dass ihm dieser Nachweis nicht gelungen sei.

  • Für das Verfahren im zweiten Rechtsgang sind folgende Grundsätze zu beachten:

  • Beide Beteiligte sind zur Mitwirkung bei der Aufklärung der Frage verpflichtet, ob die Fahrzeuge im maßgeblichen Besteuerungszeitraum existierten, ob sie im Eigentum der Insolvenzschuldnerin standen und ob der Kläger über die Art und Weise der Verwendung oder Verwertung der Fahrzeuge bestimmen und gegebenenfalls verhindern konnte, dass weiterhin Kraftfahrzeugsteuer entsteht, indem er die Fahrzeuge veräußert oder außer Betrieb setzt und der Zulassungsbehörde dies anzeigt.

  • Für den Kläger als Insolvenzverwalter ist seine Verpflichtung nach § 148 Abs. 1 InsO zu berücksichtigen, Massegegenstände möglichst lückenlos aufzuspüren. Hierzu kann er von der Insolvenzschuldnerin die Herausgabe der in deren Gewahrsam befindlichen Sachen (§ 148 Abs. 2 Satz 1 InsO), Auskunft über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse (§ 97 Abs. 1 Satz 1 InsO) sowie die Unterstützung bei der Erfüllung seiner Aufgaben verlangen. Als Insolvenzverwalter hat der Kläger auch die Möglichkeit, Auskunft etwa aus dem Fahrzeugregister für Fahrzeuge zu erlangen, für die die Insolvenzschuldnerin als Halterin eingetragen ist.

  • Dem HZA obliegt es, den für die von ihm vorgenommenen Kraftfahrzeugsteuerfestsetzungen entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, insbesondere die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Hierzu kann es im Rahmen der Gesetze sowohl Auskünfte von der als Halterin eingetragenen Insolvenzschuldnerin beziehungsweise ihren (ehemaligen) Geschäftsführern sowie von anderen Behörden, insbesondere von der für die Insolvenzschuldnerin als Halterin beziehungsweise für die auf diese zugelassenen Fahrzeuge zuständigen Fahrzeug-Zulassungsstelle einholen (§§ 93 ff. AO)

  • Schließlich hat das FG auch selbst die Möglichkeit, Maßnahmen zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu ergreifen und sich hierfür zum Beispiel an frühere Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin oder an die Kraftfahrzeug-Zulassungsstelle zu wenden, um Auskünfte einzuholen und diesen gegebenenfalls weiter nachzugehen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
XAAAJ-72289