Instanzenzug: Az: 17 KLs 2/23
Gründe
1Das Landgericht hatte den Angeklagten am wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 169 Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus einem und einem Strafbefehl des Amtsgerichts St. Ingbert vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten sowie wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 177 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten verurteilt, ihn im Übrigen freigesprochen und gegen ihn als Gesamtschuldner die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 316.769,60 € angeordnet. Der Senat hatte das Urteil mit Beschluss vom (3 StR 427/22) aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden war, jedoch die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in zwei Fällen unter Auflösung eines Gesamtstrafenbeschlusses des und Einbeziehung der Einzelstrafen aus Urteilen des und sowie der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts St. Ingbert vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 80.715,30 € gegen den Angeklagten als Gesamtschuldner angeordnet. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung in Bezug auf die Gesamtstrafenbildung, ist im Übrigen aber erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Nach den bindenden sowie den vom Landgericht ergänzend getroffenen Feststellungen war der Angeklagte mit weiteren Personen darin eingebunden, unberechtigte Zahlungen von getäuschten Dritten zu erlangen. Dazu wurden Schreiben versandt, die den Anschein amtlicher Rechnungen für kurz zuvor vorgenommene Handelsregistereintragungen erweckten. Als Absender und Zahlungsempfänger dienten allein zu diesem Zweck gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Mit der Versendung der Schreiben war im Wesentlichen ein Mittäter befasst. Der Angeklagte fungierte hinsichtlich einer der Gesellschaften als Geschäftsführer, eröffnete für diese mehrere Konten und stellte für Zahlungseingänge zudem von ihm selbst, von seiner Lebensgefährtin und von einem weiteren Beteiligten eröffnete Privatkonten zur Verfügung. In Bezug auf drei andere Gesellschaften war er Kontaktperson zwischen dem den Versand organisierenden Mittäter und den als Geschäftsführer auftretenden Bandenmitgliedern, unterstützte diese bei ihrer Tätigkeit und stellte seine Wohnung für die Aufteilung eingenommener Gelder zur Verfügung.
32. Die materiellrechtliche Prüfung des Urteils hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
4a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die im ersten Urteil niedergelegten Feststellungen infolge der Entscheidung des Senats vom insgesamt bindend gewesen sind, und hat rechtsfehlerfrei ergänzende Feststellungen getroffen. Gegen die rechtliche Wertung, dass der Angeklagte als Mittäter gewerbsmäßige Bandenbetrugstaten beging (§ 263 Abs. 1 und 5 StGB) und mehrere seiner Tatbeiträge im Sinne eines uneigentlichen Organisationsdeliktes zusammenzufassen sind, ist ebenfalls nichts zu erinnern. Die Strafkammer hat insofern in Bezug auf die Gesellschaft, deren Geschäftsführer der Angeklagte war, sieben einzelne Straftaten angenommen, die sich daraus ergeben, dass er in sieben gesonderten Fällen die Daten für die Empfängerkonten an seinen Mittäter weitergab und so einen konkreten Beitrag zu den betrügerisch erlangten Überweisungen auf die mitgeteilten Konten leistete. Sie hat die Handlungen des Angeklagten, welche die drei anderen Gesellschaften betraf, jeweils als eine Straftat angesehen. Dies ist ebenso wenig zu beanstanden wie die Strafzumessungserwägungen und die Einziehungsentscheidung.
5b) Allerdings bedürfen die Gesamtstrafenentscheidungen der Korrektur.
6aa) Das Landgericht hat zutreffend zugrunde gelegt, dass gemäß § 55 StGB eine Gesamtstrafe zu bilden ist aus den Strafen für die vor dem begangenen, nunmehr abgeurteilten Taten und den Strafen aus den Urteilen des und sowie dem Strafbefehl des Amtsgerichts St. Ingbert vom unter Auflösung des diese drei Entscheidungen betreffenden Gesamtstrafenbeschlusses vom . Die drei genannten Entscheidungen haben Straftaten vom 28. Mai, 6. Juni, 16. Juli und zum Gegenstand, die mithin alle vor dem eine Zäsur bildenden liegen. Dass die mit Beschluss vom bemessene Gesamtstrafe am vollständig vollstreckt war, ändert an der gebotenen Berücksichtigung nichts, da auf den Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des ursprünglich angefochtenen Urteils abzustellen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 5 StR 553/18, StV 2019, 452 Rn. 5; vom - 3 StR 630/19, StV 2021, 293, 294). Anders als vom Landgericht ausgesprochen, ist in diese und nicht in die weitere, die späteren Taten betreffende Gesamtstrafe die Einzelstrafe für ein im Oktober 2019 eröffnetes Konto einzubeziehen.
7Die entsprechende Straftat bezieht sich darauf, dass die Lebensgefährtin des Angeklagten am auf sein Bitten ein Bankkonto eröffnete, dessen Daten er unmittelbar danach an einen Mittäter weitergab. Auf dem am aufgelösten Konto gingen vom 6. bis zum insgesamt zwölf Zahlungen ein. Damit war das uneigentliche Organisationsdelikt des Angeklagten, das die zwölf Täuschungen der Empfänger zusammenfasst, am beendet; denn der Betrug ist beendet, wenn der Vermögensvorteil für den Täter endgültig eingetreten ist, was etwa der Fall ist, wenn ein Überweisungsbetrag auf dem Zielkonto des Täters gutgeschrieben ist und der Geschädigte keine Möglichkeit mehr hat, den Täter zu hindern, hierüber zu verfügen (s. bereits , juris Rn. 11 mwN). Falls der Vermögensvorteil nach seiner endgültigen Erlangung noch tatplanmäßig innerhalb einer Tätergruppierung verschoben wird, verlagert dies den Zeitpunkt der Beendigung der Betrugstat nicht nach hinten (vgl. , NStZ-RR 2023, 49, 50). An der Tatbeendigung durch den letzten Zahlungseingang ändert sich ferner nichts dadurch, dass das vom Angeklagten durch seinen Tatbeitrag mitgeteilte Konto bis zu dessen Auflösung noch für weitere Geldeingänge zur Verfügung gestanden hätte; denn zu weiteren, in das uneigentliche Organisationsdelikt fallenden täuschungsbedingten Überweisungen kam es nicht. Das abgeurteilte Tatunrecht war daher mit Eingang der letzten Zahlung beendet (vgl. allgemein , juris Rn. 51). Eine Konstellation, in der es um die Beurteilung der Beihilfe zu einer versuchten, noch in der Entwicklung befindlichen Betrugstat geht und für die gegebenenfalls Abweichendes gilt (s. , BGHR StGB § 55 Abs. 1 Begehung 3), liegt nicht vor.
8Vor diesem Hintergrund ist die Strafe für die konkrete Tat in die erste, nicht in die zweite Gesamtstrafe einzubeziehen, so dass diese insgesamt lediglich sieben statt acht, jene dagegen drei statt zwei gewerbsmäßige Bandenbetrugstaten erfasst. Demgemäß ändert der Senat die Urteilsformel entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Dies wirkt sich auf die Gesamtstrafen nicht aus; denn es ist auszuschließen, dass das Landgericht die weitere Gesamtstrafe ohne die Einzelstrafe von einem Jahr und einem Monat angesichts verbleibender Einzelstrafen von zweimal einem Jahr und drei Monaten, zweimal einem Jahr und einem Monat sowie dreimal einem Jahr geringer bemessen hätte. Bleibt aber die weitere Gesamtfreiheitsstrafe bestehen, so steht hier einer Erhöhung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe bereits das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) entgegen.
9bb) Schließlich berührt es den Bestand des Urteils im Ergebnis nicht, dass eine der einbezogenen Einzelstrafen zur Ahndung eines inzwischen nicht mehr strafbaren Besitzes von Marihuana ergangen ist. Zwar ist die Einzelstrafe aufgrund der neuen Rechtslage nicht bei der Festsetzung der Gesamtstrafe heranzuziehen. Dies wirkt sich indes nicht aus. Hierzu im Einzelnen:
10Durch das wurde der Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln, 0,85 Gramm Marihuana, zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt. Der Besitz einer solchen Menge ist nach dem durch das Cannabisgesetz vom (BGBl. I Nr. 109) mit Wirkung vom geschaffenen § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG nicht mehr strafbar. Für zuvor verhängte Strafen ist Art. 313 EGStGB gemäß Art. 316p EGStGB entsprechend anzuwenden. Danach werden rechtskräftig festgesetzte Sanktionen wegen nach neuem Recht nicht mehr strafbarer Taten, soweit sie nicht vollstreckt sind, mit dessen Inkrafttreten erlassen (vgl. zum Eintritt der Rechtswirkung des Erlasses 1 ORs 24 SRs 167/24, juris Rn. 7 ff.). Sind sie in einer Gesamtstrafe enthalten, so ist diese neu festzusetzen (Art. 313 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 EGStGB).
11Die in Rede stehende Geldstrafe ist ungeachtet der zwischenzeitlichen Vollstreckung der durch festgesetzten Gesamtstrafe noch nicht im Sinne der vorgenannten Vorschriften vollstreckt; denn infolge der nachträglichen, auf den Zeitpunkt des ersten angefochtenen Urteils abstellenden Gesamtstrafenbildung hat die Strafe Berücksichtigung in dem nun zu prüfenden Urteil gefunden. Insoweit ist die Vollstreckung - ebenso wie diejenige der weiteren in dem nunmehr aufgelösten Gesamtstrafenbeschluss einbezogenen Strafen - nicht endgültig erledigt, sondern die Strafen sind in die durch das Landgericht bemessene, noch zu vollstreckende Gesamtstrafe eingeflossen. Anderes ergibt sich nicht daraus, dass der Angeklagte durch die nachträgliche Gesamtstrafenbildung so gestellt werden soll, wie er bei einer von vornherein einheitlichen Entscheidung gestanden hätte. Zum damaligen Zeitpunkt hätte zwar die Strafe wegen des Betäubungsmitteldelikts bei Bildung der Gesamtstrafe noch berücksichtigt werden können. Wäre diese Gesamtstrafe von einem Jahr und sechs Monaten jedoch vor dem noch nicht vollständig vollstreckt gewesen, wäre nach Art. 313 Abs. 4 Satz 1 EGStGB eine Neufestsetzung erforderlich.
12Der Senat hat die neue Rechtslage gemäß § 354a StPO im Revisionsverfahren zu beachten (vgl. auch , BGHSt 26, 1, 3 f.; Beschluss vom - 3 StR 147/24, juris Rn. 2). Obschon mithin die Einzelstrafe von 90 Tagessätzen bei der Bildung der Gesamtstrafe (§ 54 StGB) nicht mehr zu würdigen ist, ist diese hier nicht aufzuheben, weil auszuschließen ist, dass sie ansonsten geringer ausgefallen wäre. Dies gilt bereits mit Blick auf die vom Landgericht herangezogenen weiteren Einzelstrafen von zweimal einem Jahr, von sechs, fünf und vier Monaten sowie einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen, so dass es auf die zusätzlich hinzutretende Einzelstrafe von einem Jahr und einem Monat (s. zuvor unter 2. b) aa)) nicht mehr entscheidend ankommt.
13Auch wenn die Strafe aus dem bei der Bemessung der Gesamtstrafenhöhe nicht zu berücksichtigen ist, ist ihre Einbeziehung weiter in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen, um klarzustellen, dass dieses Erkenntnis bei der Gesamtstrafenbildung Beachtung gefunden hat, insoweit keine weitere Entscheidung zu treffen und insbesondere die verbüßte, nunmehr aufgehobene Gesamtstrafe von einem Jahr vollständig auf die neue Gesamtstrafe anzurechnen ist (vgl. § 51 Abs. 2 StGB). Dies entspricht der Regelung des Art. 313 Abs. 4 Satz 1 EGStGB, der lediglich eine neue Festsetzung der Gesamtstrafe, nicht aber deren teilweise Auflösung vorsieht.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:260624B3STR177.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-72241