Tatbestand
1Der Kläger - ein nach § 3 UmwRG anerkannter Verein - wendet sich gegen den Planänderungsbeschluss des Beklagten vom "betreffend die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG und Ergänzung von Maßnahmen zur Realkompensation". Der Beschluss ändert den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom für den deutschen Abschnitt des Baus einer Festen Fehmarnbeltquerung (im Folgenden: FFBQ) von Puttgarden nach Rødby.
2Die gegen diesen Planfeststellungsbeschluss erhobene Klage des Klägers hat der Senat mit Urteil vom - 9 A 7.19 - (BVerwGE 170, 138) abgewiesen. Der im dortigen Verfahren erhobene Einwand einer unzureichenden Riffkartierung wurde als unsubstantiiert bzw. präkludiert zurückgewiesen (Rn. 444). In zwei weiteren Urteilen vom - 9 A 9.19 - (BVerwGE 170, 210) und - 9 A 12.19 - (BVerwGE 170, 33) hat der Senat zur Riffkartierung ausgeführt, ungeachtet dreier im Zuge wissenschaftlicher Untersuchungen nachträglich erkannter Riffflächen seien sowohl die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegte Definition als auch die Methodik und der Umfang der Bestandsaufnahme der Riffe rechtmäßig; auf dieser Grundlage habe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht eine erhebliche Beeinträchtigung geschützter Biotope verneint. Der Beklagte und die Vorhabenträger müssten sich jedoch daran festhalten lassen, dass sie die Existenz der betreffenden Riffe sowie die Notwendigkeit ihrer naturschutzfachlichen Berücksichtigung anerkannt und die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens nach § 76 VwVfG vor Abschluss des Vorhabens im Bereich der betreffenden Biotope zugesagt haben.
3Der darauf ergangene Planänderungsbeschluss vom enthält für die vorgenannten Riffflächen eine Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG von dem biotopschutzrechtlichen Beeinträchtigungs- und Zerstörungsverbot nach § 30 Abs. 2 BNatSchG sowie eine Verkleinerung der Ankerzone im Bereich der sogenannten Rifffläche 1 um 4,5 ha und ordnet als zusätzliche Kompensationsmaßnahme die Wiederherstellung von 17,5 ha Riffstrukturen nördlich des FFH-Gebiets "Sagas-Bank" an.
4Der Kläger rügt die formelle und materielle Rechtswidrigkeit des Planänderungsbeschlusses. Er macht u. a. geltend, eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) sei zu Unrecht verneint worden. Darüber hinaus sei die vorgesehene Kompensationsmaßnahme unzureichend; zudem kläre der Planänderungsbeschluss nicht das Verhältnis zwischen einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG und einer Befreiung nach § 67 BNatSchG. Die Kartierung der Riffe im Fehmarnbelt sei weiterhin fehlerhaft, zumal sie von einem falschen Begriffsverständnis ausgehe.
5Der Kläger beantragt,
den Planänderungsbeschluss des Beklagten vom betreffend die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG und Ergänzung von Maßnahmen zur Realkompensation aufzuheben,
hilfsweise, den Planänderungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
hilfsweise den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom für den Neubau einer Festen Fehmarnbeltquerung von Puttgarden nach Rødby, deutscher Vorhabenabschnitt in der Fassung der Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 22. September bis sowie der Planänderungen vom 18. Februar, 20. August und aufzuheben,
äußerst hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
6Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 beantragen,
die Klage abzuweisen.
7Sie halten die Klage für unzulässig. Im Übrigen verteidigen sie den Planänderungsbeschluss und treten dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.
8Der Kläger hat am einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, den der Senat mit Beschluss vom - 9 VR 1.22 - (NuR 2022, 637) abgelehnt hat. Den Antrag des Klägers vom , unter Abänderung des vorgenannten Beschlusses die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen, hat der Senat mit Beschluss vom - 9 VR 2.22 - ebenfalls abgelehnt.
Gründe
9Die Klage ist hinsichtlich des Haupt- und des ersten Hilfsantrags zulässig, aber unbegründet (A.). Im Übrigen ist sie unzulässig (B.).
10A. Die Klage ist zulässig, soweit sie gegen den Planänderungsbeschluss vom gerichtet ist (I.). Sie ist insoweit jedoch unbegründet (II.)
11I. Der Kläger kann den Planänderungsbeschluss zulässigerweise anfechten.
121. Der Kläger ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG i. V. m. § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG klagebefugt.
13Bei dem angefochtenen Planänderungsbeschluss handelt es sich um eine Zulassungsentscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens i. S. v. § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG. Dem steht nicht entgegen, dass die Errichtung und der Betrieb der FFBQ bereits mit dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vom genehmigt wurden. Der Senat hat mit Urteilen vom - 9 A 9.19 - (BVerwGE 170, 210 Rn. 179) und - 9 A 12.19 - (BVerwGE 170, 33 Rn. 652) entschieden, dass aufgrund der dort genannten besonderen Umstände das Vorhaben vor Abschluss des Planänderungsverfahrens nach § 76 VwVfG im Bereich der vorgenannten drei Riffflächen nicht durchgeführt werden darf. Die vorliegend ausgesprochene Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG von dem biotopschutzrechtlichen Beeinträchtigungs- und Zerstörungsverbot nach § 30 Abs. 2 BNatSchG regelt damit Zulässigkeitsaspekte, die für die Realisierung des Vorhabens unerlässlich sind. Sie stellt - soweit man sie nicht als von dessen Konzentrationswirkung umfasst (§ 17c FStrG i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG) ohnehin als Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses ansieht - folglich zumindest eine neben der eigentlichen Zulassung zu erteilende sonstige behördliche Zulässigkeitsentscheidung i. S. d. § 2 Abs. 6 Nr. 1 UVPG dar (vgl. hierzu - NuR 2018, 137 <138>; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht <September 2021>, § 1 UmwRG Rn. 35, 109; Schlacke, in: Gärditz, VwGO, 2. Aufl. 2018, § 1 UmwRG Rn. 14).
14Der Planänderungsbeschluss vom ist tauglicher Gegenstand einer Verbandsklage nach § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG. Soweit deren Zulässigkeit danach voraussetzt, dass für die angefochtene Zulassungsentscheidung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, genügt zwar nicht, dass die Möglichkeit einer solchen Pflicht nicht von vornherein auszuschließen ist (vgl. 4 C 14.12 - BVerwGE 149, 17 Rn. 7 ff. und vom - 7 C 25.15 - Buchholz 445.41 § 27 WHG 2010 Nr. 3 Rn. 18). Jedoch ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn für das Vorhaben bzw. dessen Änderung - wie vorliegend - eine Vorprüfung durchzuführen ist, ohne dass es auf deren Ergebnis ankommt (vgl. 9 A 8.16 - Buchholz 407.4 § 17c FStrG Nr. 6 Rn. 5 und Urteil vom - 7 C 5.18 - BVerwGE 166, 321 Rn. 19).
15Der Kläger war darüber hinaus i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a UmwRG zur Beteiligung berechtigt. Bei vorprüfungspflichtigen Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG genügt es im Rahmen der Zulässigkeit, wenn die klagende Vereinigung - wie hier - geltend macht, eine Beteiligung sei aufgrund einer im Rahmen der Vorprüfung fehlerhaft verneinten UVP-Pflicht zu Unrecht unterblieben ( 7 C 5.18 - BVerwGE 166, 321 Rn. 24; 11 S 20.18 - juris Rn. 20).
162. Der Zulässigkeit der Klage gegen den Planänderungsbeschluss vom steht ungeachtet des Umstands, dass der Senat die biotopschutzrechtlichen Einwände des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss vom mit Urteil vom - 9 A 7.19 - (BVerwGE 170, 138 Rn. 443 ff.) als unsubstantiiert bzw. verspätet zurückgewiesen hat, nicht die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses vom oder die Rechtskraft des klageabweisenden Urteils vom entgegen.
17Zwar sind die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine erneute Entscheidung in einem ergänzenden Verfahren, welches zur Heilung gerichtlich festgestellter Mängel durchgeführt wurde, eingeschränkt (vgl. 9 A 4.13 - BVerwGE 149, 31 Rn. 28 und vom - 9 C 3.16 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 14 Rn. 61). So kann grundsätzlich nur ein im Ausgangsverfahren obsiegender Kläger gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, die vom Gericht festgestellten Mängel seien weiterhin nicht behoben (vgl. 9 A 4.17 - BVerwGE 162, 102 Rn. 47 f.; Beschluss vom - 4 B 9.17 - juris Rn. 17). Vorliegend handelt es sich jedoch nicht um eine Fortsetzung des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens zur Fehlerheilung, sondern um ein selbstständiges, einen anderen Streitgegenstand betreffendes Planänderungsverfahren nach § 76 VwVfG. Denn der Senat hat mit Urteilen vom - 9 A 9.19 - (BVerwGE 170, 210 Rn. 142 ff.) und - 9 A 12.19 - (BVerwGE 170, 33 Rn. 611 ff.) nicht die Fehlerhaftigkeit, sondern die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom festgestellt. Der Planänderungsbeschluss kann daher - allerdings nur, soweit er gegenüber dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss eigene Regelungen enthält (vgl. 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 35 ff. und vom - 9 A 10.20 - juris Rn. 12 und - 9 A 12.20 - UPR 2022, 95 Rn. 11; Beschluss vom - 9 B 13.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 Rn. 5) - unabhängig von der Bestandskraft des zugrunde liegenden Planfeststellungsbeschlusses sowie der Rechtskraft des die hiergegen gerichtete Klage abweisenden Urteils angefochten werden.
18Wirkt sich somit der Umstand, dass der Kläger mit Teilen seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom präkludiert war, auf die Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht aus, so war der Anregung, dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur Vereinbarkeit der prozessualen Präklusion mit Unionsrecht vorzulegen, bereits mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzukommen (zur Vereinbarkeit mit Unionsrecht vgl. 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 18 ff. und vom - 9 A 1.21 - juris Rn. 13 ff.).
19II. Die gegen den Planänderungsbeschluss vom gerichtete Klage ist jedoch unbegründet.
201. Der Planänderungsbeschluss ist formell rechtmäßig.
21a) Der Einwand, er verneine zu Unrecht eine UVP-Pflicht ist unbegründet. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG besteht für die Änderung eines Vorhabens, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist, eine UVP-Pflicht, wenn die allgemeine Vorprüfung nach § 9 Abs. 4 i. V. m. § 7 UVPG ergibt, dass die Änderung zusätzliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann. Die diesbezügliche Einschätzung der Behörde ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG nur daraufhin gerichtlich zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 7 UVPG durchgeführt wurde und ob das Ergebnis nachvollziehbar begründet ist. Dies ist vorliegend der Fall. Der Senat hat hierzu im Parallelverfahren BVerwG 9 A 18.21 ausgeführt:
Die Vorprüfung vom - maßgeblich für die gerichtliche Überprüfung ist diese, nicht die im Verfahren nachgereichte Fassung, die im Wesentlichen sprachliche Anpassungen enthält - kommt nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass der Erlass des Planänderungsbeschlusses keine vorherige Umweltverträglichkeitsprüfung erforderte.
a) Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 3 UVPG durchzuführen, wenn die Änderung des Vorhabens nach Einschätzung der zuständigen Behörde zusätzliche erhebliche nachteilige oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen hervorrufen kann. Entsprechend ihrer verfahrenslenkenden Funktion beschränkt sich die Vorprüfung in ihrer Prüftiefe auf eine überschlägige Vorausschau (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 UVPG), welche die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorwegnehmen darf ( 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25.). Dementsprechend (vgl. BT-Drs. 18/11499 S. 77) begrenzt § 5 Abs. 3 Satz 2 UVPG den Maßstab der gerichtlichen Überprüfung auf die Nachvollziehbarkeit des Vorprüfungsergebnisses. Das Gericht hat das Ergebnis der behördlichen Prognose demnach nicht auf dessen materielle Richtigkeit zu überprüfen. Gefordert ist vielmehr (lediglich) eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist. Die gerichtliche Prüfung erstreckt sich insoweit auch darauf, ob die Behörde den Rechtsbegriff der Erheblichkeit zutreffend ausgelegt hat (vgl. 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 29 und vom - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37).
b) Der Beklagte hat eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung mit der Begründung verneint, für den überwiegenden Teil der Schutzgüter komme es zu keinen zusätzlichen oder neuen Betroffenheiten. Nur für die Teilschutzgüter Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt ergäben sich im Einzelfall durch dauerhafte und temporäre Verluste sowie durch temporäre Sedimentation stärkere Auswirkungen, da teilweise höherwertige rifftypische Gesellschaften betroffen seien als bisher in die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) eingestellt. Diese nachteiligen vorhabenbedingten Umweltauswirkungen seien jedoch nicht erheblich i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG.
Insgesamt werde eine Fläche von rund 84,3 ha von nachteiligen vorhabenbedingten Umweltauswirkungen betroffen, die jedoch lediglich 1,9 % der Riffflächen zwischen Puttgarden und Staberhuk bzw. 0,2 % der Riffkulisse um ganz Fehmarn ausmache. Die Riffe 1 bis 3 würden nur anteilig zerstört, ihr weitaus größerer Teil bleibe in seiner Struktur und Funktionsfähigkeit für das Ökosystem erhalten. Die Gemeinschaften in der Ankerzone seien nur punktuell betroffen und könnten sich nach Abschluss der Bauarbeiten regenerieren. Im unmittelbaren Umfeld der Störstellen durch die Ankerwürfe verblieben ausreichend Flächen mit vergleichbaren Gemeinschaften, welche die ökologischen Funktionen des Gebiets aufrechterhielten und von denen aus eine Besiedlung der gestörten Stellen ausgehe. Auch von den Auswirkungen der Sedimentation würden sich die Bestände binnen zwei Jahren erholen. Zudem würden die Eingriffe durch die Herstellung einer neuen Rifffläche im Bereich der Sagas-Bank ausgeglichen. Die Beeinträchtigung der Riffe beeinflusse weder die Linienfindung noch die Wahl der Bauwerksvariante und habe damit keinen Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses. Artenschutzrechtliche Konflikte und eine Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten seien ausgeschlossen.
c) Dies hält der gerichtlichen Überprüfung stand. Zwar liegen nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können. Jedoch begründet nicht jede Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens die Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung; insbesondere ist nicht jeder erhebliche Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts gleichbedeutend mit dem Begriff der erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG. Es bedarf vielmehr bereits in der Vorprüfung einer Gewichtung der abwägungserheblichen Belange unter Berücksichtigung der vorhaben- und standortbezogenen Kriterien; steht nach einer diese Maßstäbe berücksichtigenden Vorausschau im Zeitpunkt der Vorprüfung fest, dass ein abwägungserheblicher Umweltbelang keinen Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses haben kann, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ( 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 21 f., 29 und vom - 3 C 3.19 - BVerwGE 168, 287 Rn. 29).
aa) Das vorliegende Planänderungsverfahren ist durch die Besonderheit geprägt, dass - worauf auch die Vorprüfung abstellt - das unter dem planfestgestellte Tunnelbauwerk in seiner technischen und räumlichen Ausprägung durch den angefochtenen Planänderungsbeschluss unverändert bleibt. Es handelt sich dennoch um eine Änderung des planfestgestellten Vorhabens.
Die Frage, ob ein bestehendes Vorhaben geändert oder erweitert wird, beurteilt sich nach dem materiellen Recht (vgl. 4 C 4.14 - BVerwGE 152, 219 Rn. 15). Der Vorhabenbegriff ist dabei nicht mit dem in § 17 Abs. 1 Satz 1 FStrG, § 18 Abs. 1 Satz 1 AEG verwendeten Begriff der die Planfeststellung auslösenden Maßnahmen von Bau und Änderung eines Verkehrswegs identisch. Vielmehr umfasst das "Vorhaben" im Sinne des Fachrechts auch die vorhabenbedingten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ( 9 A 4.17 - BVerwGE 162, 102 Rn. 23, vgl. auch 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 15 f., dort zur UVP-Vorprüfung für eine Änderung von Ausgleichsmaßnahmen; ferner Pokorni, in: Müller/Schultz, FStrG, 3. Aufl. 2022, § 17 Rn. 7). In der nachträglichen Ergänzung von Maßnahmen der Realkompensation liegt daher eine Änderung des Vorhabens. Zudem enthält der Planänderungsbeschluss im verfügenden Teil eine Verkleinerung der Ankerzone.
bb) Die Vorprüfung gelangt plausibel zu dem Ergebnis, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht notwendig ist. Die nachteiligen vorhabenbedingten Umweltauswirkungen für die Teilschutzgüter Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt durch dauerhafte und temporäre Verluste sowie durch temporäre Sedimentation sind nicht als erheblich i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UVPG anzusehen. Die Änderung beschränkt sich in räumlicher Hinsicht auf die Verringerung einer Ankerzone sowie die Wiederherstellung von Riffstrukturen, mithin auf Maßnahmen, die keine nachteiligen, sondern positive Umweltauswirkungen haben. Die vom Planänderungsbeschluss angeordnete zusätzliche Ausgleichsmaßnahme der Wiederherstellung von 17,5 ha Riffstrukturen ist die rechtliche Konsequenz aus dem Umstand, dass im Planänderungsbeschluss erstmals die Rechtsfolgen der Zerstörung der neu entdeckten Riffe geregelt werden. Soweit sich die Kläger für ihre gegenteilige Ansicht auf das Urteil des OVG Lüneburg vom - 7 KS 87/18 - (NuR 2022, 128 Rn. 49) berufen, betrifft dies - ebenso wie weitere Entscheidungen, deren Obersätze die Kläger anführen - den anders gelagerten Fall einer tatsächlichen Änderung im baulichen Bestand; diese zeitigt regelmäßig weitergehende, zuvor nicht untersuchte Auswirkungen. Die Folgen der FFBQ für die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 UVPG wurden indes bereits umfassend im Rahmen der UVS untersucht. Mit dem Planänderungsbeschluss wird zudem nicht erstmals die vorhabenbedingte Betroffenheit von Riffen erkannt und berücksichtigt oder erfährt diese ein besonderes, im Rahmen der Abwägung des Vorhabens - und nicht nur der Befreiung - neu zu berücksichtigendes Gewicht.
Vielmehr waren sedimentationsbedingte Auswirkungen auch auf Riffe bereits Prüfungsgegenstand des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens und sah schon die bisherige Planfeststellung vor, baubedingte Flächeninanspruchnahmen im Umfang von insgesamt 173,0199 ha sowie baubedingte Beeinträchtigungen/Störungen im Bereich der Anker- sowie der Wirk- und Störzone von insgesamt 5 861,5133 ha durch die Wiederherstellung von 25 ha neuer Riffstrukturen im Bereich der Sagas-Bank zu kompensieren (Maßnahme 8.7 E/VFFH/VAr). Gegenstand des Planänderungsbeschlusses sind erst nachträglich erkannte dauerhafte Verluste von 7,7 ha und temporäre Verluste von 1,5 ha Rifffläche sowie eine Betroffenheit durch Sedimentation von 75,1 ha. Die damit insgesamt betroffene Fläche von 84,3 ha entspricht 1,9 % der Riffflächen zwischen Puttgarden und Staberhuk bzw. 0,2 % der Riffflächen um Fehmarn. Mit dem Planänderungsbeschluss wird nicht die Abwägung des Vorhabens neu eröffnet oder ergänzt, sondern geht es allein um die Erteilung einer Befreiung und den Umfang der Kompensation für die Beeinträchtigung der Riffe, auf die sich diese Befreiung bezieht.
Folgt somit angesichts der bereits vorliegenden UVS sowie des Umstands, dass die Ausgestaltung des Vorhabens selbst und damit auch seine Auswirkungen unverändert bleiben, aus der rechtlichen Neubewertung der Betroffenheit einzelner Flächen keine Notwendigkeit für eine erneute Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens, so bedeutet es keinen Fehler, dass die fehlende UVP-rechtliche Relevanz der bloßen Neubewertung auch durch einen Verweis auf die Relation zur sonstigen Gebietskulisse sowie die Ausgleichsmöglichkeiten verdeutlicht wird.
22Der weitere Einwand, bereits die im Planänderungsbeschluss erneut durchgeführte Trassenabwägung begründe eine UVP-Pflicht, ist ebenfalls unbegründet. Der Planänderungsbeschluss bestätigt lediglich die gewählte Vorzugstrasse unter Berücksichtigung der Betroffenheit der Riffflächen 1 bis 3; Trassenverläufe, welche eine Inanspruchnahme der "neuen" Riffe vermeiden, scheiden danach weiterhin wegen einer zu großen Beeinträchtigung anderer Schutzgüter aus ( 9 VR 1.22 - NuR 2022, 637 Rn. 24).
23Dem Gerichtshof der Europäischen Union war nicht die Frage vorzulegen, ob die erheblichen Auswirkungen i. S. d. UVP-Richtlinie relativierend im Hinblick auf die Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens verstanden werden dürfen. Der Kläger geht insofern von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Die von ihm mit Schriftsatz vom (S. 6 ff.) und damit außerhalb der Klagebegründungsfrist behauptete "relativierende Betrachtung", der zufolge erhebliche Umweltauswirkungen - allein oder im Wesentlichen - unter Bezugnahme auf das Verhältnis zur Gesamtplanung für unerheblich erklärt worden seien, findet sich weder in den von ihm wiedergegebenen Passagen noch sonst in der Prüfung der UVP-Pflicht durch den Beklagten (vgl. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus Schleswig-Holstein, Amt für Planfeststellung Verkehr, Vermerk vom , APV-622.228-16.1-1). Der Hinweis des Klägers auf den Senatsbeschluss vom - 9 VR 1.22 - (NuR 2022, 637 Rn. 26) wiederum verkennt, dass es dort nicht um die UVP-Pflicht, sondern darum geht, ob gemäß § 17d FStrG, § 76 Abs. 3 VwVfG von einem Anhörungsverfahren abgesehen werden durfte. Im Übrigen war hier - wie vorstehend dargelegt - zu berücksichtigen, dass der Bau und das Ausmaß des Tunnelbauwerks, dessen Auswirkungen auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 UVPG bereits Gegenstand einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung waren, durch die Planänderung unverändert bleiben. Dies trägt den Besonderheiten der vorliegenden Planung Rechnung und beruht nicht auf der Annahme, die UVP-Pflicht einer Planänderung bestimme sich generell anhand deren Relation zur Ausgangsplanung. Auch deshalb scheidet eine Vorlage nach Art. 267 AEUV aus.
24b) Der Erlass des Planänderungsbeschlusses erforderte keine erneute umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung. Der Beklagte hat die Planänderung zu Recht als von unwesentlicher Bedeutung eingestuft und gemäß § 17d FStrG, § 76 Abs. 3 VwVfG von einem Anhörungsverfahren abgesehen. Unwesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie im Verhältnis zur abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist, d. h. ein wertender Vergleich zu dem Ergebnis führt, dass Umfang, Zweck und Auswirkungen des Vorhabens im Wesentlichen gleichbleiben und nur bestimmte räumlich und sachlich abgrenzbare Teile geändert werden. Im Falle eines (nur) abändernden Planfeststellungsbeschlusses wurde das Vorhaben bereits zu einem früheren Zeitpunkt einer öffentlichen Kontrolle unterzogen und hatten Träger öffentlicher Belange und Betroffene umfassende Gelegenheit, ihre Anregungen, Bedenken oder Einwendungen öffentlich geltend zu machen. Das rechtfertigt es, auf eine erneute umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung zu verzichten, wenn das Plangefüge in seinen Grundzügen - wie hier - unberührt bleibt. Der Planänderungsbeschluss beschränkt sich auf die biotopschutzrechtliche Bewertung der Beeinträchtigung von Teilen dreier Riffflächen, die erst im Laufe des Klageverfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluss vom ohne Auswirkungen auf dessen Rechtmäßigkeit entdeckt wurden. Insoweit ergänzt er die umfassenden der Planfeststellung zugrundeliegenden naturschutzfachlichen Untersuchungen und Prüfungen, ohne die Frage sachgerechter Zielsetzung und Abwägung im Sinne der Gesamtplanung erneut aufzuwerfen ( 9 VR 1.22 - NuR 2022, 637 Rn. 28 f.).
25c) Schließlich bestehen, wie der Senat bereits dargelegt hat ( 9 VR 1.22 - NuR 2022, 637 Rn. 26), keine Zweifel an der Vorhabenträgerschaft der Beigeladenen zu 2.
262. Der Planänderungsbeschluss vom ist auch materiell rechtmäßig.
27a) Der Kläger rügt zu Unrecht, der Planänderungsbeschluss spreche keine Befreiung aus und kläre nicht das Verhältnis zwischen einer Ausnahme nach § 30 Abs. 3 BNatSchG und einer Befreiung nach § 67 BNatSchG. Die Regelung des § 21 Abs. 3 NatSchG SH modifiziert § 30 BNatSchG dahingehend, dass Ausnahmen gemäß dessen Absatz 3 nur für stehende Binnengewässer i. S. d. § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG, die Kleingewässer sind sowie für sogenannte Knicks zugelassen werden können, weshalb für alle übrigen Biotope allein die Erteilung einer Befreiung nach § 67 BNatSchG in Betracht kommt. Im Übrigen hat der Senat die Einwände bereits in seinem Eilbeschluss vom - 9 VR 1.22 - (NuR 2022, 637 Rn. 34 f.) als unbegründet zurückgewiesen. Die Durchführung des Verfahrens in der Hauptsache hat keine Erkenntnisse erbracht, die eine hiervon abweichende Bewertung rechtfertigen. Hinsichtlich der Kritik, für die Erteilung einer Befreiung fehle es an der erforderlichen Atypik, die Planänderung sei zu Unrecht auf das Küstenmeer beschränkt worden und es bleibe unklar, was unter dem verwendeten "Landesdatensatz" zu verstehen sei, wird ebenfalls auf die Ausführungen im Beschluss vom - 9 VR 1.22 - (NuR 2022, 637 Rn. 14, 25, 39 f.) verwiesen. Auch insoweit hat das Hauptsacheverfahren keine abweichenden Erkenntnisse ergeben.
28b) Die Kritik an der Kartierung der Riffe im Einwirkungsbereich des Vorhabens ist unbegründet (vgl. 9 VR 1.21 - NuR 2022, 637 Rn. 14 ff.).
29aa) Der Planänderungsbeschluss vom erteilt gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG bzgl. dreier konkret bezeichneter Riffflächen eine Befreiung von dem Verbot, gesetzlich geschützte Biotope zu zerstören oder erheblich zu beeinträchtigen (§ 30 Abs. 2 BNatSchG). Vorliegend sind allein diese und nicht auch weitere von dem Kläger behauptete Riffvorkommen in den Blick zu nehmen. Denn nur die vorgenannten Riffflächen sind Gegenstand des Planänderungsbeschlusses. Etwaige weitere Eingriffe in gesetzlich geschützte Biotope erfolgen nicht auf dessen, sondern auf der Grundlage des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses vom . Dass dieser nicht rechtswidrig gewesen ist, steht für das vorliegende Verfahren aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Senats vom - 9 A 7.19 - gemäß § 121 VwGO mit Bindungswirkung fest. Hierfür ist es unerheblich, ob darin die nunmehr aufgeworfenen Fragen ausdrücklich behandelt worden sind oder - woran indes auch unter Berücksichtigung des jetzigen Vorbringens des Klägers keine Zweifel bestehen - die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt wurde. Der Änderungsplanfeststellungsbeschluss ist daher nur in dem Umfang angreifbar, in dem er eine eigene Regelung enthält (stRspr, vgl. 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 35 ff. und vom - 9 A 10.20 - juris Rn. 12 und - 9 A 12.20 - juris Rn. 11; Beschluss vom - 9 B 13.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 Rn. 5).
30Entgegen der Annahme des Klägers führt der Umstand, dass der Senat seine Einwände bzgl. der unzureichenden Berücksichtigung von Riffvorkommen in seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom als unsubstantiiert und verspätet zurückgewiesen hat ( 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 446), nicht dazu, dass diese nunmehr im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen sind. Der Verweis auf den Senatsbeschluss vom geht fehl, denn ihm lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde ( 9 VR 1.21 - NuR 2022, 637 Rn. 15). Dass an der Vereinbarkeit der Klagebegründungsfrist gemäß § 18e Abs. 5 AEG und der Darlegungsanforderungen gemäß § 67 Abs. 4 VwGO mit Unionsrecht keine Zweifel bestehen, hat der Senat in seinem Urteil vom - 9 A 7.19 - (a. a. O.) ebenso ausführlich dargelegt wie den Umstand, dass sich eine rechtzeitige Geltendmachung in einem Parallelverfahren nicht zugunsten eines säumigen Klägers auswirkt ( 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 18 ff., 446; s. a. Urteil vom - 9 A 1.21 - juris Rn. 12 ff.). Soweit der Kläger der Zurückweisung seines Vorbringens im Ausgangsverfahren entgegenhält, die Präklusion gehe nur so weit, wie nicht der Beklagte seinerseits den Prozessstoff erweitere, wirkt sich dies weder auf die Rechtskraft des Senatsurteils vom oder die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses vom noch auf den Regelungsgehalt des angefochtenen Planänderungsbeschlusses aus.
31Im Übrigen können Einwände zur Riffkartierung nicht deshalb entgegen § 121 VwGO erneut zum Gegenstand einer gerichtlichen Überprüfung gemacht werden, weil - wie der Kläger meint - die 9 A 7.19 - widersprüchlich gewesen wären. Der Kläger verkennt den Inhalt dieser Entscheidungen, wenn er meint, die Riffkartierung sei einerseits rechtswidrig gewesen, die Erklärung des Planfeststellungsbeschlusses für rechtswidrig und nicht vollziehbar andererseits jedoch abgelehnt worden, bzw. es sei einerseits die Riffkartierung nicht beanstandet und andererseits gleichwohl ein Fehlerheilungsverfahren für erforderlich erachtet worden. Der Senat hat vielmehr entschieden, dass Kartierungen in dem hier erforderlichen Ausmaß nur mittels Modellierungen erfolgen können, jeder Modellierung wiederum unvermeidbar die Möglichkeit einer Abweichung von der Realität immanent ist und deshalb deren Auseinanderfallen im Einzelfall keine Fehlerhaftigkeit und damit Rechtswidrigkeit der darauf beruhenden Planung begründet. Maßgeblich für die Frage der Rechtmäßigkeit ist vielmehr, dass - wie vorliegend - die der Prüfung zugrunde gelegte Definition sowie die Methodik und der Umfang der Bestandsaufnahme ordnungsgemäß sind. Der Senat hat weiter festgestellt, dass die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens keine Erfassung mit der Tiefe eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts verlangt und sich Kartierungen deshalb auch nicht nachträglich hieran messen lassen müssen. Da die Planfeststellungsbehörde und die Vorhabenträgerinnen die Existenz der betreffenden Riffe sowie die Notwendigkeit ihrer naturschutzfachlichen Berücksichtigung anerkannt und die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens zugesagt haben, hat der Senat sie lediglich hieran festgehalten.
32Kommt es mithin nicht mehr auf Einzelheiten der Riffkartierung an, so war der Anregung des Klägers nicht zu folgen, dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung die Frage vorzulegen, unter welchen Voraussetzungen Teile des Meeresbodens als "Riffe" dem Schutz der Habitatrichtlinie unterfallen. Mangels Entscheidungserheblichkeit waren auch der Antrag, im Wege des Urkundenbeweises einen Bericht ("GEUS" Report) über Untersuchungen im Fehmarnbelt beizuziehen, um Erkenntnisse über das Vorhandensein (weiterer) geogener Riffstrukturen zu gewinnen sowie der weitere Antrag, die Trassenzone flächendeckend zu kartieren, abzulehnen.
33bb) Dass auf eine genaue Kartierung der drei verfahrensgegenständlichen Riffflächen verzichtet und dort stattdessen anhand der Systematik der vor Erlass des Planfeststellungsverfahrens durchgeführten Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) ein bestimmter Bewuchs unterstellt wurde, begründet gleichfalls keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Planänderungsbeschlusses. Dieser geht von einem vorsorglichen Ansatz aus, indem er entsprechend der abiotischen Gegebenheiten an den einzelnen Riffstandorten Flora- und Faunagemeinschaften unterstellt, die einem gut ausgeprägten Riff-Biotop entsprechen. Dabei wird unabhängig vom Status und der tatsächlichen Ausprägung für die Ermittlung der Beeinträchtigungen flächendeckend von einer charakteristischen und gegenüber Beeinträchtigungen empfindlichen Riffgemeinschaft ausgegangen. Diesbezüglich führt der Planänderungsbeschluss im Einzelnen aus, auf der Grundlage welcher Untersuchungen und Annahmen den Riffflächen welche benthische Fauna zugeordnet wurde, wobei jeweils auch darauf hingewiesen wird, dass diese gegenüber den Auswirkungen des Vorhabens eine hohe Empfindlichkeit aufweist. Hiermit setzt sich der Kläger nicht auseinander. Er kritisiert im Wesentlichen, die Voraussetzungen für eine worst-case-Betrachtung hätten nicht vorgelegen, vielmehr habe eine vollständige Kartierung erfolgen müssen. Welche Folgerungen sich hieraus ergeben könnten, die nicht schon durch den vorstehend beschriebenen Ansatz abgedeckt werden, ist weder ersichtlich noch vom Kläger dargelegt.
34c) Die gegen die Wiederherstellung 17,5 ha großer Riffstrukturen nördlich des FFH-Gebiets "Sagas-Bank" erhobenen Einwände sind ebenfalls unbegründet.
35aa) Soweit der Kläger vermeintliche Inkonsistenzen des Rechenverfahrens der Ausgleichsberechnung rügt, geschieht dies im Wesentlichen durch die wörtliche Wiedergabe einer Stellungnahme des NABU im Verwaltungsverfahren. Insoweit ist das Vorbringen unsubstantiiert und genügt nicht den Anforderungen an die Klagebegründung gemäß § 18e Abs. 5 AEG i. V. m. § 67 Abs. 4 VwGO (vgl. zur Parallelvorschrift des § 6 UmwRG 9 A 1.21 - juris Rn. 12, 15; zur Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren Wiederholung (vgl. 4 A 16.16 - Buchholz 451.17 § 43e EnWG Nr. 2 Rn. 37 und vom - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 17).
36Der Einwand ist darüber hinaus - auch soweit der Kläger auf die Strömungsverhältnisse einschließlich deren Einfluss auf den Salzgehalt verweist - unbegründet. Hierzu hat der Senat im Parallelverfahren des NABU (9 A 18.21) ausgeführt:
Die gegen die vorgesehene Ausgleichsmaßnahme 8.9 A erhobenen fachlichen Einwände sind unbegründet.
Insoweit unterliegt der Planänderungsbeschluss einem eingeschränkten gerichtlichen Kontrollmaßstab. Die darin vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und daraus abgeleitete Kompensationsmaßnahmen sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (stRspr, vgl. 4 A 14.19 - BVerwGE 173, 132 Rn. 93). [...]
Die Kompensationsfestsetzung lässt auch in eingriffsrechtlicher Sicht keine Fehler erkennen.
Der Bestimmung des eingriffsrechtlichen Kompensationsumfangs liegt die Methodik des vom Wirtschafts- und vom Umweltministerium Schleswig-Holstein herausgegebenen Orientierungsrahmens zur Kompensationsermittlung Straßenbau (im Folgenden: Orientierungsrahmen) zugrunde. Das Vorhaben führt im Bereich der Tunneltrasse zu dauerhaften Verlusten der drei Riffflächen von insgesamt 7,6769 ha. Hinzu kommen temporäre Verluste im Bereich der Ankerzone von 1,5044 ha. Bezüglich Letzterer geht die Planung davon aus, dass eine Wiederbesiedlung durch die benthische Flora und Fauna innerhalb von maximal fünf Jahren erfolgt, weshalb sie mit einer Beeinträchtigungsintensität von 70 %, d. h. 1,0531 ha, rechnet. Weitere vorübergehende Beeinträchtigungen durch Sedimentation sind eingriffsrechtlich bereits durch Kompensationsmaßnahmen mit abgedeckt, die im Planfeststellungsbeschluss vom festgesetzt wurden. Betroffen hierdurch sind 19,9601 ha mit einer Beeinträchtigungsintensität von 10 %, d. h. rechnerisch 1,996 ha sowie 135,1504 ha mit einer Beeinträchtigungsintensität von 5 %, mithin 6,7575 ha. Abzüglich der bereits im Planfeststellungsbeschluss vom berücksichtigten Flächen belaufen sich die letztgenannten Werte auf 55,089 ha und 2,754 ha und beträgt die beeinträchtigte Fläche insgesamt 84,23 ha.
a) Der Methodik des Orientierungsrahmens im Grundsatz folgend, werden die vorgenannten Flächen mit zwei Faktoren multipliziert, um die naturschutzfachliche Wertstufe und die zeitliche Wiederherstellbarkeit (sogenannter Regelkompensationsfaktor; RKF) sowie die Lage der Biotope in Biotopkomplexen und geschützten Flächen (Lagefaktor) bei der Bemessung des Kompensationsbedarfs zu berücksichtigen. Der Planänderungsbeschluss geht von einem RKF von 3 und einem Lagefaktor von 2 aus. Da für die hier inmitten stehenden Flächen - wenngleich ohne deren Bewertung als Riffe - bereits im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss unter Zugrundelegung derselben Methodik ein Kompensationsbedarf planfestgestellt wurde, ermittelt der Planänderungsbeschluss die zusätzlich erforderliche Kompensation für dauerhafte und temporäre Verluste anhand der Differenz beider Berechnungen mit 35,996 ha.
Der eingriffsrechtlichen Bewertung der Maßnahme 8.9 A legt der Planänderungsbeschluss die Vorgaben des mit dem Planfeststellungsbeschluss vom planfestgestellten Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP) zugrunde. Danach führt die ökologische Aufwertung der Lebensraumfunktion im vorgesehenen Maßnahmengebiet zu mehreren, einander verstärkenden Effekten, die bei der Anrechenbarkeit und Aufwertung von Riffgebieten als Kompensationsmaßnahme additiv zu berücksichtigen sind. Der Kompensationsumfang wird demnach vorliegend bestimmt durch das Maß der ökologischen Aufwertung der Habitate sowie den Wert für die Aufwertung faunistischer Funktionen (Artenschutz). Diesen Einzelansätzen wird jeweils ein Faktor zugewiesen, der mit der Fläche der Kompensationsmaßnahme multipliziert wird. Hinsichtlich des "Maßes der ökologischen Aufwertbarkeit" wurden als Kompensationsflächen benthische Habitate mit dem Naturschutzfachwert (NFW) 3 ausgewählt, die innerhalb des (geologischen) Erhaltungszustands B-C liegen. Da eine Aufwertung der Flächen auf den NFW 5 angestrebt wird, ist hierfür nach dem LBP ein Wert von 2 anzusetzen. Die "Aufwertung faunistischer Funktionen" wird mit Blick auf die Schaffung neuer Aufwuchs- und Laichlebensräume, positive Auswirkungen auf den Meeresboden, die Biodiversität und die Wasserqualität sowie die Verbesserung des Nahrungsangebots für Wasservögel und Schweinswale ebenfalls mit dem Wert 2 bewertet. Unter Zugrundelegung des sich danach ergebenden Anrechnungsfaktors 4 kommt der Planänderungsbeschluss zu dem Ergebnis, dass die 17,5 ha herzustellende Rifffläche mit 70 ha im Sinne der Eingriffsregelung anzurechnen ist, sodass der ermittelte eingriffsrechtliche Kompensationsbedarf von 35,9959 ha erfüllt ist.
b) Die gegen die vorstehend beschriebene Bewertung der Kompensationsfläche erhobenen methodischen Einwände der Kläger sind unbegründet.
aa) Sie können bereits deshalb keine Berücksichtigung finden, weil die Methodik u. a. der Eingriffs- und Kompensationsbewertung der FFBQ bestandskräftig planfestgestellt ist.
Gemäß § 75 Abs. 1 VwVfG wird durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt und werden durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt. Diese umfassende Genehmigungs-, Konzentrations- und Gestaltungswirkung bestimmt den Umfang der materiellen Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses, die sich auch darin widerspiegelt, dass ein Kläger Änderungen oder Ergänzungen einer Planung trotz deren Verschmelzens mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich nur in dem Umfang angreifen kann, in dem die Änderungen eine eigene Regelung enthalten und er hierdurch erstmals oder weitergehend als bisher betroffen wird (stRspr, vgl. 9 A 10.20 - Buchholz 407.4 § 17d FStrG Nr. 3 Rn. 12).
Die Bestandskraft schließt vorliegend die Methodik zur Berechnung des Kompensationsbedarfs und -umfangs ein. Sie wurde aufwändig eigens für das Vorhaben der FFBQ entwickelt, im Planfeststellungsbeschluss vom näher erläutert und insbesondere mit dem damaligen LBP bestandskräftig planfestgestellt. Ihr liegen mehrjährige, umfangreiche Untersuchungen, Berechnungen und Modellierungen der naturräumlichen Bedingungen sowie der verschiedenen Auswirkungen des Vorhabens zugrunde. Könnte eine derartige für die Regelung der Umweltauswirkungen des Vorhabens zentrale Methode nach Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses anlässlich eines Planänderungsverfahrens noch zum Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemacht werden, würde das gerade im Planfeststellungsverfahren geltende besondere Bedürfnis nach Rechtsbeständigkeit und Planungssicherheit für den Vorhabenträger, das etwa in den Vorschriften zur erhöhten Bestandskraft (§ 75 Abs. 2 VwVfG) und den Regelungen zur Planerhaltung in § 75 Abs. 1a VwVfG zum Ausdruck kommt (vgl. 9 A 8.19 - BVerwGE 169, 78 Rn. 31), erheblich beeinträchtigt.
bb) Dessen ungeachtet, begegnet die Eingriffs- und Kompensationsbewertung auch in der Sache keinen Bedenken.
(1) Dem Ansatz des Faktors 2 für die Aufwertung des für die Ausgleichsmaßnahme vorgesehenen Gebiets steht nicht entgegen, dass der Orientierungsrahmen für die ökologische Aufwertbarkeit der Kompensationsflächen einen Faktor von höchstens 1,0 - und auch dies nur für Ausgleichsflächen des niedrigsten naturschutzfachlichen Ausgangswertes 1 - vorsieht. Die mündliche Verhandlung hat zur Überzeugung des Senats ergeben, dass - anders als im Landbereich, auf den sich der Orientierungsrahmen insoweit bezieht - im marinen Bereich der Naturschutzfachwert 3 der geringstmögliche ist, mithin auch vorliegend eine Anhebung vom schlechtesten auf den besten Wert erfolgt. Darüber hinaus basiert der Orientierungsrahmen auf der Annahme einer 25jährigen Entwicklungsdauer, wohingegen im marinen Bereich mit deutlich kürzeren Zeitspannen zu rechnen ist. Es ist naturschutzfachlich vertretbar, dem durch eine Anhebung des Faktors für die Aufwertung Rechnung zu tragen.
(2) Darüber hinaus durfte die Planung einen weiteren Faktor 2 für die Aufwertung faunistischer Funktionen in Ansatz bringen. Hierin liegt entgegen der Kritik der Kläger keine doppelte Anrechnung, weil diese nicht bereits in der Berücksichtigung der ökologischen Aufwertung enthalten ist. Der Faktor trägt vielmehr dem Umstand Rechnung, dass die Riffe in einem wegen des geringeren Schiffsverkehrs deutlich störungsärmeren Raum wiederhergestellt werden. Damit entsteht für Meeressäuger, Fische, Wasservögel und die benthische Fauna ein im Vergleich zum Umfeld der Riffflächen 1 bis 3 verbesserter Lebens-, Laich- und Nahrungsraum. Der Einwand der Kläger, auch im Bereich der Sagas-Bank bestünden Störungen, etwa durch Freizeitnutzung und Fischerei, steht dem nicht entgegen. Die durch das Vorhaben betroffenen Riffe liegen in unmittelbarer Nähe des Fährhafens Puttgarden und teilweise sogar im Bereich der Fährroute Puttgarden - Rødby. Auf dieser verkehren fast rund um die Uhr in beide Richtungen halbstündlich Fähren. Hinzu kommt in nördlicher Richtung der Verkehr auf der stark befahrenen sogenannten T-Route, dessen Unterwasserlärm ebenfalls auf das Gebiet der Riffflächen ausstrahlt. Zwar führen auch über das für die Ausgleichsmaßnahmen vorgesehene Gebiet Schiffsrouten, insbesondere in Richtung Travemünde. Die dortige Verkehrsdichte bleibt jedoch ausweislich der auch in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Erhebungen der Schiffsverkehrsdichte (www.marinetraffic.com) deutlich hinter derjenigen des Fehmarnbelts zurück. Auch der Planänderungsbeschluss geht nicht davon aus, dass dort kein, sondern dass dort ein geringerer Schiffsverkehr erfolgt.
Insoweit ist zudem zu berücksichtigen, dass gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Anlage 1 der schleswig-holsteinischen Landesverordnung über das Ökokonto, die Einrichtung des Kompensationsverzeichnisses und über Standards für Ersatzmaßnahmen vom (GVBl. S. 233) auch bei der Bestimmung der Höhe der Anrechnung einer Maßnahme aus dem Ökokonto als Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme die Schaffung von Biotopen nach § 30 Abs. 2 BNatSchG sowie Maßnahmen zur Förderung des Artenschutzes jeweils mit einem Zuschlag berücksichtigt werden. Damit werden auch dort - wie vorliegend - die Aufwertung des Habitats und der faunistischen Funktion additiv, d. h. durch zwei gesonderte Zuschläge, berücksichtigt.
(3) Doch auch dann, wenn der eingriffsrechtlichen Bewertung der Ausgleichsmaßnahme nicht der Faktor 4, sondern der Faktor 2 zugrunde gelegt würde, wäre eine hinreichende Kompensation gegeben. Die Anrechnung von dann 35 ha bliebe nur derart unwesentlich hinter dem Kompensationsbedarf von 35,9959 ha zurück, dass hierdurch die gleichartige Wiederherstellung nicht in Zweifel stünde.
Letztlich ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass die eingriffsrechtliche Bewertung unter Einbeziehung unterschiedlicher sowie verschieden gewichteter Faktoren das Ausmaß der Beeinträchtigung (und deren Kompensation) zwar als Flächengröße ausdrückt, es sich hierbei jedoch um einen rechnerischen Wert handelt, der nicht mit der tatsächlich betroffenen Fläche, der Bewertung von deren Betroffenheit nach anderen Kriterien oder der realen Größe der Kompensationsmaßnahme verwechselt bzw. verglichen werden darf, auch wenn diese ebenfalls als Flächenmaß angegeben werden. Daher geht der Einwand der Kläger fehl, die vollständige Vernichtung einer Habitatfläche von 35,9959 ha solle durch die Aufwertung einer mit 17,5 ha nur halb so großen Fläche ausgeglichen werden. Denn sie vergleichen das rein rechnerische - und damit letztlich fiktive - eingriffsrechtliche Flächenmaß mit der tatsächlichen Größe der Ausgleichsmaßnahme. Stellt man indes allein auf Letztere ab, so soll mit der Wiederherstellung von Riffstrukturen auf 17,5 ha ein Verlust von 17,4835 ha ausgeglichen werden. Legt schon dies - wenngleich nur als Kontrollüberlegung - eine gleichartige Wiederherstellung nahe, so kommt hinzu, dass auch der letztgenannte Wert letztlich ein rechnerischer ist, da er nicht nur endgültige, sondern auch bloß temporäre Zerstörungen berücksichtigt. Dauerhaft verloren gehen durch den Bau des Tunnels lediglich 7,6769 ha Riffflächen. Bei der Differenz von 9,8066 ha handelt es sich um vorübergehende Beeinträchtigungen, deren vollständige natürliche Wiederherstellung innerhalb von höchstens fünf Jahren erfolgt. Der Planänderungsbeschluss geht nachvollziehbar von einem vollständigen Wirksamwerden der Ausgleichsmaßnahme innerhalb von fünf bis zehn Jahren aus. Ab diesem Zeitpunkt steht somit einem Verlust von 7,6769 ha die Wiederherstellung von 17,5 ha Riffstrukturen gegenüber. Dies stellt die Richtigkeit der eingriffs- wie auch der biotopschutzrechtlichen Berechnung nicht in Frage, verdeutlicht jedoch ergänzend hierzu, dass der Einwand einer unzureichenden Kompensation unbegründet ist.
37Letztlich ins Blaue hinein erfolgt die Behauptung des Klägers, die Beeinträchtigungen durch Ankerwürfe seien zu niedrig angesetzt worden, da zu erwarten sei, dass die Bagger nicht mithilfe von Trossen, sondern mit schwereren Ketten positioniert würden, und die Anker zwischenzeitlich gelöst werden müssten, um ein Manövrieren des Saugbaggers zu ermöglichen. Der Kläger weist selbst darauf hin, dass er diesen Einwand - erfolglos - bereits im mit Urteil vom rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren 9 A 7.19 erhoben hat. Die Beigeladene zu 1 hat im Übrigen klargestellt, dass in der Bauausführung die in den Planfeststellungsunterlagen beschriebenen Ankertrossen verwendet werden. Die Beeinträchtigung des Meeresbodens durch Ankerwürfe ist darüber hinaus Gegenstand des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom , S. 590 f.; Anlage 27.1 S. 55 ff.). Der Planänderungsbeschluss berücksichtigt lediglich, dass der Boden in einzelnen Bereichen nunmehr als Riff zu berücksichtigen ist. Vermeintlich schwerwiegendere Auswirkungen durch Ankerwürfe können daher im gerichtlichen Verfahren gegen den Planänderungsbeschluss nicht mehr geltend gemacht werden.
38Der weitere Einwand, in die Ausgleichsberechnung habe auch die Beeinträchtigung der auf der Abdeckung eines Schiffswracks aus dem 17. Jahrhundert entstandenen sogenannten Rifffläche 4 einbezogen werden müssen, ist schon deshalb unbegründet, weil der Planänderungsbeschluss eine Befreiung allein für die Riffflächen 1 bis 3 enthält und daher nur den durch deren Beeinträchtigung ausgelösten Kompensationsbedarf berücksichtigen musste. Im Übrigen nimmt auch die Kartieranleitung des Bundesamts für Naturschutz künstliche oder standortuntypische Hartsubstrate sowie sonstige künstliche Strukturen von der Kartierung als Riff aus (vgl. Boedeker et al., BfN-Kartieranleitung für "Riffe" in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone, 2018, S. 10). Dies ist vorliegend zusätzlich dadurch gerechtfertigt, dass die Abdeckung des Wracks zur Sicherung des Denkmals erfolgte. Diesem Zweck liefe es zuwider, die Abdeckung als gesetzlich geschütztes Biotop anzuerkennen und damit weitere Untersuchungen des Schiffs unter naturschutzrechtliche Vorbehalte zu stellen.
39bb) Soweit der Kläger weiter rügt, der Planänderungsbeschluss gehe zu Unrecht davon aus, ein Teil der Beeinträchtigungen sei bereits durch die im Planfeststellungsbeschluss vom vorgesehene multifunktionale Kompensation ausgeglichen, ist die Kritik überwiegend unverständlich und lässt keine Auseinandersetzung mit den Annahmen des Planänderungsbeschlusses erkennen. Der Einwand, der Planänderungsbeschluss prüfe nicht, ob eine konkrete Funktionalität zwischen den einzelnen Elementen bestehe, ist jedenfalls unbegründet. Diesbezüglich weisen der Beklagte und die Beigeladene zu 1 zutreffend darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen dem Eingriff in die Riffflächen durch Sedimentation einerseits und der Maßnahme 8.7 des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses sowie der Ökokontomaßnahmen zur Nährstoffreduktion andererseits, die sich ebenfalls positiv auf benthische Habitate und faunistische Funktionsbeziehungen im marinen Bereich auswirken, ohne Weiteres zu bejahen ist.
40cc) Die Kritik, hinsichtlich der Schädigung der Riffe sei kein Monitoring vorgesehen, tatsächlich seien die Sedimentablagerungen dort höher als in der Planung unterstellt, führt auf keine Rechtswidrigkeit des Planänderungsbeschlusses. Sie wurde erstmals mit Schriftsatz vom und damit nach Ablauf der Klagebegründungsfrist am erhoben. Im Übrigen ist die vorhabenbezogene aufwändige Modellierung und Berechnung der Sedimentverdriftung und -ablagerung nicht Gegenstand des angefochtenen Planänderungs-, sondern des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses. Sie nimmt hier - wie vorstehend dargelegt - an dessen Bestandskraft teil und ist keiner erneuten Überprüfung zugänglich. Gegenstand des Planänderungsbeschlusses ist lediglich, in welchem räumlichen Umfang die Riffflächen 1 bis 3 durch diese Ablagerungen beeinträchtigt werden und welcher Kompensationsbedarf sich hieraus ergibt. Etwaige Mehrablagerungen sind gemäß den Nebenbestimmungen 2.2.4 Nr. 8 und 24 des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses im Rahmen des Monitorings zu erfassen und gegebenenfalls bei der vorgeschriebenen Nachbilanzierung zu berücksichtigen. Der Einwand, diese bestandskräftig planfestgestellten Maßnahmen seien unzureichend, kann im vorliegenden Verfahren nicht mehr erhoben werden.
41dd) Soweit der Kläger unter wörtlicher Wiedergabe einer Stellungnahme des NABU im Verwaltungsverfahren die vermeintlich ungünstigen Bedingungen für die Entwicklung neuer Riffstrukturen an der vorgesehenen Stelle rügt, genügt dies erneut nicht den Anforderungen an die Klagebegründung nach § 18e Abs. 5 AEG i. V. m. § 67 Abs. 4 VwGO. Im Übrigen hat der Senat im Parallelverfahren des NABU - 9 A 18.21 - hierzu festgestellt:
Der Einwand der Kläger, die geringere Wassertiefe, die stärkere Nährstoffbelastung sowie die unterschiedliche hydrografische Situation (Strömung, Salzgehalt, Lichtdurchlässigkeit) in dem für die Ausgleichsmaßnahme vorgesehenen Gebiet nördlich des FFH-Gebiets "Sagas-Bank" verhinderten die Entstehung hochwertiger Riffe, die den beeinträchtigten Flächen vergleichbar seien, ist unbegründet. Die Kläger messen die naturräumlichen Rahmenbedingungen des für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Gebiets nicht an denjenigen der Riffflächen, die Gegenstand des Planänderungsbeschlusses sind, sondern an denjenigen der deutlich tiefer und rund 20 km entfernt im FFH-Gebiet "Fehmarnbelt" gelegenen Riffe. In der mündlichen Verhandlung hat der Gutachter Herr Bachmann für den Beklagten zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass insbesondere die Wassertiefe, der Sauerstoffgehalt, die Salinität und das Artenspektrum der betroffenen Riffflächen und der Sagas-Bank einander entsprechen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass als Ausgleich keine identische, sondern eine gleichartige Wiederherstellung erforderlich ist (§ 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG, vgl. Guckelberger, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 15 Rn. 46).
Der weitere Einwand, aufgrund der Schwankungsbreiten der Werte könne kein verlässlicher Vergleich gezogen werden, steht dem nicht entgegen. Wassertiefen sowie die - insbesondere den Salzgehalt berücksichtigende - Einstufung der Gewässer nach der Wasserrahmenrichtlinie als meso- und polyhalin, in deren Übergangsbereich sich die betroffenen Riff- und die Kompensationsflächen befinden, unterliegen keinen Schwankungen. Auch die Verbreitung von Makrozoobenthos verändert sich regelmäßig nicht kurzfristig. Der Sauerstoffgehalt, der ausweislich der vorgelegten Übersicht im September 2022 in der Umgebung sowohl der Eingriffs- als auch der Kompensationsflächen mit "gut" bewertet wurde, ist hingegen zwar jeweils eine Momentaufnahme. Anhaltspunkte dafür, dass er sich in den hier zu vergleichenden Bereichen in anderen Monaten jeweils erheblich unterschiedlich entwickeln könnte, sind jedoch nicht ersichtlich. Insoweit hat der Sachverständige Bachmann dargelegt, dass die Problematik des Sauerstoffmangels in der Regel jenseits der 15 m-Linie und besonders im Sommer/Herbst auftritt. Da in dem für die Wiederherstellung der Riffstrukturen vorgesehenen Gebiet die Wassertiefe nicht mehr als 15 m beträgt und sich die Sauerstoffsituation dort selbst in einem problematischen Zeitraum als "gut" darstellt, rechtfertigen die naturräumlichen Rahmenbedingungen auch insoweit die Prognose einer vollständigen Kompensation.
Hierfür spricht auch, dass die Nähe zu vorhandenen Riffen eine Besiedlung mit benthischen Gemeinschaften erwarten lässt, welche für die Entwicklung eines Riffs i. S. d. § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 BNatSchG grundlegend ist (vgl. 9 A 9.19 - BVerwGE 170, 210 Rn. 144 ff.). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige Dipl.-Biol. B. für die Beigeladene zu 1 plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass der vorgesehenen Steingröße hierfür eine Schlüsselfunktion zukommt, weil sie sowohl eine hinreichend große Oberfläche als auch Nischen bietet, welche eine Besiedlung fördern. Aufgrund der großflächigen Beeinträchtigung und Zerstörung von Riffen durch die sogenannte Steinfischerei, in deren Zuge größere Steine entnommen wurden, lassen sich aus einer geringeren Dichte hochwertiger Riffe im Bereich der Sagas-Bank keine Rückschlüsse auf eine fehlende Eignung des Gebiets für die vorgesehene Kompensationsmaßnahme ziehen, zumal Untersuchungen der Vorhabenträger auch das Vorhandensein derartiger Riffe bestätigt haben. Aufgrund des Abstands von 700 m zur nächsten Sandbank sind auch durch diese keine Einschränkungen zu erwarten. Hinzu kommt, dass die Ausgleichsmaßnahme mit den Naturschutzbehörden des Landes - dem vormaligen Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung sowie dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume - abgestimmt wurde (zur Bedeutung der Einbeziehung von und der Abstimmung mit unabhängigen Fachbehörden in der Planung für die Bewertung der Tragfähigkeit planerischer Konzepte vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 156) und der Planänderungsbeschluss, um den Klägern entgegenzukommen, vorsorglich ein langjähriges Monitoring anordnet, in welches die Kläger einbezogen werden.
42Auch der weitere Einwand, es sei unzulässig, dass die Eignung der Ausgleichsfläche erst im Rahmen der Ausführungsplanung geprüft werden solle, ist unbegründet. Der geeignete - 65,85 ha große - Bereich der Sagas-Bank ist planfestgestellt. Vor Durchführung der Maßnahme ist lediglich zu kontrollieren, dass die konkreten Flächen innerhalb dieses Bereichs für eine Versenkung der Steine geeignet sind. Die neuen Riffe sollen im Umfeld vorhandener Riffe hergestellt werden, um eine zeitnahe rifftypische Besiedlung zu ermöglichen. Daher ist es geboten, bei der Absenkung darauf zu achten, dass hierdurch keine vorhandenen Strukturen wie insbesondere Muschelbänke zerstört und Steine nicht dort versenkt werden, wo bereits Riffe vorhanden sind.
43Ebenfalls unbegründet ist die Kritik, der Planänderungsbeschluss befasse sich nicht mit langlebigen Arten wie der Pferdemuschel (Modiolus modiolus), die besonders empfindlich gegenüber Populationseinbrüchen sei. Die Beigeladene zu 1 hat unter Verweis auf diesbezügliche Studien (Jaeckel, Zur Oekologie der Molluskenfauna in der westlichen Ostsee. Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins, Schleswig-Holstein, Band 26 <1952>, Heft 1, S. 18 ff. <19>) zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die Salzverhältnisse im Fehmarnbelt für die Pferdemuschel von vornherein nicht geeignet sind, ein fortpflanzungsfähiges Alter zu erreichen. Deshalb sind in der westlichen Ostsee nur einzelne Tiere im Jugendstadium zu finden, die dorthin durch Einstrom aus dem Kattegat gelangen, aufgrund der natürlichen Rahmenbedingungen im Fehmarnbelt aber nicht alt genug werden, um überlebensfähige Gemeinschaften zu bilden.
44ee) Schließlich handelt es sich bei der Wiederherstellung der Riffflächen um keine Maßnahme, die aufgrund Art. 2 Abs. 2 FFH-RL ohnehin hätte durchgeführt werden müssen. Dies ist schon deshalb der Fall, weil die Maßnahme 8.9 A außerhalb des FFH-Gebiets "Sagas-Bank" liegt. Dass darüber hinaus die Wiederherstellung von Riffen selbst innerhalb des Schutzgebiets als Ausgleichsmaßnahme berücksichtigungsfähig ist, hat der Senat bereits mit Urteil vom - 9 A 9.19 - (BVerwGE 170, 210 Rn. 195 ff.) dargelegt.
45B. Die Klage ist unzulässig, soweit beantragt wird, den Planfeststellungsbeschluss vom aufzuheben bzw. für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.
46Ihr steht insoweit gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Senats vom - 9 A 7.19 - (BVerwGE 170, 138) entgegen, mit welchem die Klage des Klägers gegen den genannten Planfeststellungsbeschluss als unbegründet abgewiesen wurde. Dass der Planänderungsbeschluss mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss verschmilzt, eröffnet nicht die Möglichkeit, diesen erneut einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Vielmehr kann ein Planänderungsbeschluss - wie bereits dargelegt - nur in dem Umfang angegriffen werden, in dem die darin planfestgestellte Änderung eine eigene Regelung enthält und Belange, welche der Kläger geltend zu machen befugt ist, erstmals oder weitergehend als bisher betroffen werden (stRspr, vgl. 9 A 10.20 - juris Rn. 12 und - 9 A 12.20 - UPR 2022, 95 Rn. 11; Beschluss vom - 9 B 13.05 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 189 Rn. 5).
47Da die Klage bezüglich des Planfeststellungsbeschlusses vom wegen der entgegenstehenden Rechtskraft, nicht aber aufgrund der damaligen Präklusion von Teilen des Klagevortrags unzulässig ist, bestand kein Anlass, dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob sich eine prozessuale Präklusion in einem Folgeprozess fortsetzt.
48C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Da sich die Beigeladene zu 2 in der Sache nicht am Verfahren beteiligt und keinen Antrag gestellt hat, waren ihre außergerichtlichen Kosten nicht aus Billigkeit dem Kläger aufzuerlegen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:141222U9A17.21.0
Fundstelle(n):
EAAAJ-72171