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BGH Beschluss v. - 2 StR 157/24

Untreuehandlung eines Rechtsanwalts durch Tilgung eigener Verbindlichkeiten mit für Mandanten bestimmten Geldern

Gesetze: § 263 Abs 1 StGB, § 266 Abs 1 StGB

Instanzenzug: LG Marburg Az: 12 KLs - 2 Js 12645/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Untreue, sowie wegen Untreue zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Einziehung des „Wertersatzes des Erlangten“ in Höhe von 267.477,34 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils führt lediglich in den Fällen II. B. 1. und 2. der Urteilsgründe zur Änderung des Schuldspruchs, soweit der Angeklagte in diesen Fällen auch wegen Betruges verurteilt worden ist.

3a) Das Landgericht hat insoweit – rechtsfehlerfrei – folgende Feststellungen getroffen:

4Der Angeklagte nahm als Rechtsanwalt im Auftrag des Geschädigten F.    einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer in Anspruch. Nachdem der Versicherer im Mai bzw. Juni 2020 auf das Geschäftskonto des Angeklagten zur Auszahlung an seinen Mandanten bestimmte Beträge in Höhe von insgesamt 108.692 Euro geleistet hatte, entschloss sich der Angeklagte aufgrund seiner erheblichen finanziellen Schwierigkeiten spätestens am , die Zahlungseingänge gegenüber seinem Mandanten zu verschweigen und damit eigene Verbindlichkeiten zu tilgen. Seinem Mandanten spiegelte der Angeklagte vor, dass eine Auszahlung noch ausstünde. Infolgedessen unterließ der Geschädigte F.    die Geltendmachung von Auszahlungsansprüchen gegenüber dem Angeklagten (Fall II. B. 1. der Urteilsgründe).

5Nachdem der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer Anfang 2021 auf das Geschäftskonto des Angeklagten einen weiteren Beitrag in Höhe von 14.785,34 Euro geleistet hatte, der ebenfalls zur Auszahlung an den Geschädigten F.    bestimmt war, entschloss sich der Angeklagte spätestens am , auch diesen Zahlungseingang gegenüber seinem Mandanten zu verschweigen und damit eigene Verbindlichkeiten zu tilgen. Seinem Mandanten spiegelte der Angeklagte erneut vor, dass eine Auszahlung noch ausstünde. Infolgedessen unterließ der Geschädigte F.    die Geltendmachung des Auszahlungsanspruchs gegenüber dem Angeklagten (Fall II. B. 2. der Urteilsgründe).

6b) Soweit der Angeklagte in diesen beiden Fällen neben § 266 Abs. 1 StGB jeweils auch wegen Betruges verurteilt worden ist, hält das revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Der durch die Untreue verursachte Schaden ist mit dem Betrugsschaden wirtschaftlich identisch; die Schäden sind weder durch die verfahrensgegenständlichen Täuschungen geschaffen noch vertieft worden. Der Betrug tritt als mitbestrafte Nachtat hinter der vollendeten Untreue zurück, weil es letztlich nur um die Sicherung der bereits durch die Untreuehandlung erlangten Gelder ging (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 418/91, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschung 10; vom – 5 StR 36/08, BGHR StGB § 266 Abs. 1 Konkurrenzen 3, jeweils mwN).

7c) Der Senat hat den Schuldspruch gemäß § 354 Abs. 1 StPO entsprechend geändert. Die Regelung des § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

82. Die Änderung des Schuldspruchs zwingt nicht zur Aufhebung der Einzelstrafaussprüche in den Fällen II. B. 1. und 2. der Urteilsgründe. Der Senat kann ausschließen, dass die Strafkammer insoweit niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte, wenn die jeweils mitbestrafte Nachtat von vornherein nicht Gegenstand des Schuldspruchs gewesen wäre. Dies gilt umso mehr, als die mitbestraften Nachtaten durch eigenständiges „Sicherungs-Unrecht“ gekennzeichnet sind; diese Handlungen sind unter dem Gesichtspunkt „Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat“ nach § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB strafzumessungsrechtlich relevant (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 259/10, NStZ 2011, 160, 161, und vom – 1 StR 383/15, NStZ-RR 2016, 140, 141; s. a. LK-StGB/Rissing-van Saan, 13. Aufl., Vor § 52 Rn. 185 mwN).

93. Angesichts des nur geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:050624B2STR157.24.0

Fundstelle(n):
wistra 2024 S. 3 Nr. 10
wistra 2024 S. 416 Nr. 10
wistra 2025 S. 66 Nr. 2
FAAAJ-72149