Online-Nachricht - Montag, 29.07.2024

Körperschaft-/Gewerbesteuer | Zuordnung von erstmalig zuzurechnendem Einkommen einer Organgesellschaft im Rahmen der Spartenrechnung des Organträgers (BFH)

Bei Aufnahme einer weiteren Tätigkeit durch eine Kapitalgesellschaft, auf die § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG Anwendung findet, ist erst mit der getrennten Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte und mit dem Unterlassen einer Verlustverrechnung oder eines Verlustabzugs (§ 8 Abs. 9 Satz 2, 4 und 5 KStG) eine Entscheidung darüber verbunden, ob eine neue, gesonderte Sparte im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 3 Halbsatz 1 KStG vorliegt. Dies gilt entsprechend für den Veranlagungszeitraum, in dem eine Organschaft neu begründet wird (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Zwischen der Klägerin, einer GmbH, deren Alleingesellschafterin eine Stadt ist, und der A-GmbH, an der die Klägerin etwa 95 % der Anteile hielt und deren Unternehmensgegenstand die Beförderung von Personen und Gegenständen mit Kraftfahrzeugen und Bahnen war, bestand seit 2001 ein Gewinnabführungsvertrag und eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft. Zudem war die Klägerin ‑ neben weiteren Beteiligungen ‑ mit über 50 % an der im Bereich diverser Versorgungstätigkeiten tätigen B-AG beteiligt.

Nach Einführung der sog. Spartenrechnung durch das JStG 2009 bildete die Klägerin zum Beginn des Jahres 2009 für die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte die Sparte "Verkehr und Versorgung" (Sparte 1) einerseits sowie die Sparte "Immobilienwirtschaft" (Sparte 2) andererseits. Der Sparte 1 waren aus Sicht der Klägerin ‑ neben weiteren Beteiligungen ‑ das ihr im Rahmen der Organschaft zugerechnete Einkommen der A-GmbH sowie die von der B-AG bezogenen Dividenden zuzuordnen. Dementsprechend reichte die Klägerin ihre Steuererklärung für das Jahr 2009 im März 2011 ein. Mit Wirkung ab begründete sie durch den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft mit der B-AG.

Das zunächst zuständige Finanzamt A ging davon aus, dass im Jahr 2009 neben der "Immobilienwirtschaft" (Sparte 2) als weitere Sparte nur die Sparte "Verkehr" (Sparte 1) bestanden habe. Die Begründung der Organschaft zwischen der Klägerin und der B-AG im Jahr 2010 habe zur Bildung einer neuen und dabei die Bereiche "Verkehr und Versorgung" umfassenden Sparte (Sparte 3) geführt, da die Tätigkeit der Organgesellschaft nicht gleichartig im Sinne des § 8 Abs. 9 Satz 3 KStG zu einer bereits bestehenden Sparte der Organträgerin sei. Die Verlustvorträge aus der Sparte 1 seien einzufrieren und könnten erst dann aufleben, wenn wieder nur noch eine Sparte "Verkehr" bestehe. In der Folge erließ das FA A entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre 2009 bis 2011. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz überwiegend Erfolg ().

Während des Revisionsverfahrens fand ein Finanzamtswechsel zu Finanzamt B statt, infolgedessen das Verfahren mit Beschluss v. - V R 51/20 betreffend

  • Körperschaftsteuer 2009,

  • gesonderter Feststellung zur Körperschaftsteuer 2010 und 2011,

  • gesonderter Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer zum und in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG,

  • gesonderter Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den und sowie

  • Zerlegung der Gewerbesteuermessbeträge 2010 und 2011

gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 FGO unter dem hier vorliegenden Aktenzeichen abgetrennt wurde.

Die Richter des BFH hoben den Gerichtsbescheid der ersten Instanz auf und wiesen die Klage ab.:

  • Hinsichtlich des Bescheids über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum und des Bescheids über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den ist die Klage bereits unzulässig. Die Klägerin ist insoweit nicht beschwert (§ 40 Abs. 2 FGO), da die von ihr für das Streitjahr 2010 begehrte Verrechnung der Verluste aus der Sparte 1 mit den vom FA A für die Sparte 3 festgestellten - jeweils positiven - Beträgen für den Gesamtbetrag der Einkünfte sowie den Gewerbeertrag zur Folge hätte, dass für die Sparte 1 nur noch ein geringerer Verlustvortrag und ein geringerer vortragsfähiger Gewerbeverlust festzustellen wären

  • Ebenfalls unzulässig ist die Klage, soweit sie sich gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 und gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG zum sowie den Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den richtet. Eine Rechtsverletzung wurde nicht hinreichend geltend gemacht (§ 40 Abs. 2 FGO).

  • Soweit sich die Klägerin mit ihrer Klage gegen die Bescheide für 2010 und 2011 über die gesonderten Feststellungen im Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerfestsetzung richtet, in denen jeweils nach § 4h Abs. 4 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1, § 8a und § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG der verbleibende EBITDA-Vortrag zum Ende des Veranlagungszeitraums festgestellt wurde, ist eine Rechtsverletzung im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO nicht hinreichend geltend gemacht worden. Auch insoweit ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

  • Die gegen die Bescheide über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags 2010 und 2011 gerichtete Klage ist aufgrund der vorrangigen Anfechtung der Gewerbesteuermessbescheide unbegründet. Der Gewerbesteuermessbescheid ist insbesondere hinsichtlich des Steuermessbetrags Grundlagenbescheid für den Zerlegungsbescheid (, BStBl II 1993, 828; v. - VIII R 13/97, BStBl II 1999, 542; v. - I R 84/98, BStBl II 2001, 3). In der Folge ist eine Klage gegen den Zerlegungsbescheid unbegründet, die mit der Begründung erhoben wird, ein niedrigerer Gewerbesteuermessbetrag sei nach § 8 Abs. 9 Satz 5 KStG i.V.m. § 10a Satz 9 GewStG festzusetzen.

Hinweis:

Zur Revision des FA B in Bezug auf die Bescheide zur gesonderten Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Körperschaftsteuer zum in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG und zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den s. , s. hierzu Strahl, NWB 28/2024 S. 1881, Rätke, BBK online sowie unsere Online-Nachricht v. 29.7.2024 mit Anmerkung Martini).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
SAAAJ-71981