Unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung infolge fehlenden Hinweises auf die elektronische Kommunikation nach § 52d FGO
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund unrichtiger Informationen der Steuerberaterkammer zum Beginn der Nutzungspflicht
des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs (beSt) durch Steuerberater
Klärschlammtrocknungsanlage eines österreichischen Unternehmens als inländische Betriebsstätte nach § 13b UStG
Leitsatz
1. Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung auch Angaben, die nicht nach § 55 Abs. 1 FGO zwingend vorgeschrieben sind, muss sie
diese richtig, vollständig und unmissverständlich darstellen; ansonsten ist sie unrichtig im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1
FGO. Wird z. B. nicht nur auf bloße technische Möglichkeiten hingewiesen, indem zu den Voraussetzungen zur elektronischen
Einreichung auf § 52a FGO verwiesen wird, sondern enthält die Rechtsbehelfsbelehrung eine alternative Aufzählung, in welcher
Form die Klage einzureichen ist (schriftlich oder als elektronisches Dokument oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle),
ohne allerdings auf die für vertretungsberechtigte Personen aus § 52d FGO folgende Pflicht zur elektronischen Kommunikation
hinzuweisen, ist die – nach § 55 Abs. 1 FGO nicht zwingend erforderliche – Belehrung über die Form der Klageerhebung insoweit
unvollständig und damit unrichtig im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO. Unerheblich ist nach dem Wortlaut des § 55 FGO, ob
die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung im konkreten Fall missverstanden wurde.
2. Einem Steuerberater ist bei Erhalt einer Einspruchsentscheidung im Dezember 2022 und Ablauf der Klagefrist im Januar 2023
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO infolge eines unverschuldeten Rechtsirrtums in die versäumte Klagefrist
zu gewähren, wenn die zuständige Steuerberaterkammer ihm wie auch ihren übrigen Mitgliedern im Dezember 2022 mitgeteilt hat,
eine Verpflichtung zur Nutzung des beSt bestehe erst mit Erhalt des Registrierungsbriefs der BStBK, wenn darauf der Steuerberater
die Klage innerhalb der Klagefrist lediglich per Fax eingelegt, seinen Registrierungsbrief erst nach Ablauf der Klagefrist
erhalten, umgehend sein persönliches beSt eingerichtet und fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist (§ 56 Abs. 2 FGO) über
sein beSt die für eine Wiedereinsetzung erforderlichen Maßnahmen durchführt hat.
3. Der Begriff der (inländischen) Betriebsstätte im Sinne des § 13b UStG richtet sich nicht nach der Legaldefinition des §
12 AO, sondern nach den Vorgaben des Unionsrechts. Eine Betriebsstätte entspricht bei unionsrechtskonformer Auslegung des
§ 13b UStG einer festen Niederlassung im Sinne des Unionsrechts. Eine in Deutschland belegene Klärschlammtrocknungsanlage
samt Wendewolf, in der ein österreichisches Unternehmen mithilfe von Subunternehmern Klärschlammentwässerungs-, Klärschlammtrocknungs-
und Klärschlammverwertungsleistungen an eine deutsche Kommune erbringt, stellt eine „feste Niederlassung” des österreichischen
Unternehmens im Sinne von § 13b UStG dar, sodass die deutsche Gemeinde die auf diese Leistungen entfallende Umsatzsteuer nicht
nach § 13b Abs. 5 Satz 1 UStG in Verbindung mit § 13b Abs. 1 UStG schuldet.
4. Bei den Entwässerungs-, Trocknungs- und Entsorgungsleistungen (siehe 3.) handelt es sich um sonstige Leistungen, insbesondere
liegt keine Werklieferung im Sinne des § 3 Abs. 4 UStG vor.
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