BSG Urteil v. - B 1 KR 36/22 R

(Krankenversicherung - Arzneimittelversorgung - Rezepturarzneimittel g-Strophanthin-8-Hydrat- Erlaubnisvorbehalt des Gemeinsamen Bundesausschusses - Wirksamkeit und Unbedenklichkeit - Feststellung durch Krankenkassen bzw Sozialgerichte - tödlicher Krankheitsverlauf erst in zwei Jahren)

Gesetze: § 2 Abs 1a SGB 5, § 27 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 5, § 31 Abs 1 S 1 SGB 5, § 135 Abs 1 S 1 SGB 5, § 103 SGG

Instanzenzug: Az: S 44 KR 2075/17 Gerichtsbescheidvorgehend Bayerisches Landessozialgericht Az: L 12 KR 685/19 Urteil

Tatbestand

1Die Beteiligten streiten über die Versorgung mit einem Rezepturarzneimittel und die Erstattung der für die Selbstbeschaffung entstandenen Kosten.

2Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin leidet unter anderem an einer Herzinsuffizienz mit Vorhofflimmern. Zur Behandlung dieser Erkrankung beantragte sie bei der Beklagten die Versorgung mit dem Wirkstoff g-Strophanthin-8-Hydrat (im Folgenden: g-Strophanthin) als Rezepturarzneimittel, das eine Apotheke in Form von Kapseln herstellte. Die der Klägerin verordnete Art des Wirkstoffs sowie die Wirkstoffmenge (3 mg/Kapsel) sind mit dem Fertigarzneimittel Strodival®mr vergleichbar, das bis 2011 fiktiv zugelassen war.

3Die Klägerin ist mit ihrem Antrag auf Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel bei der Beklagten (Bescheide vom 29.3. und vom ; Widerspruchsbescheid vom ) und mit ihrer Klage beim SG erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid vom ). Das LSG hat ihre Berufung zurückgewiesen: Die Behandlung einer Herzinsuffizienz mit g-Strophanthin sei zwar nicht "neu". Sie unterfalle nicht dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V. Das Rezepturarzneimittel sei gleichwohl nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungsfähig. Seit dem Erlöschen der fiktiven Altzulassung für Fertigarzneimittel mit diesem Wirkstoff fehle es an einem Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Weder ein Seltenheitsfall noch ein Systemversagen noch die Voraussetzungen einer Notstandssituation iS des § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V lägen vor. Nach dem vom SG eingeholten Befundbericht der Ärztin R () sei ein tödlicher Verlauf der Herzinsuffizienz bei der Klägerin ohne Behandlung innerhalb von zwei Jahren und mit Behandlung innerhalb von fünf bis zehn Jahren zu erwarten. Dies schließe eine lebensbedrohliche Situation iS des § 2 Abs 1a SGB V aus. Die allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung sei bei der Klägerin zudem nicht ausgeschöpft, denn für die Behandlung einer Herzinsuffizienz stünden ausreichend zugelassene Fertigarzneimittel zur Verfügung (Urteil vom ).

4Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 27 iVm § 31 SGB V, §§ 103, 128 Abs 1 SGG, § 2 Abs 1a SGB V iVm Art 2 Abs 2 Satz 1 GG, Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 GG sowie von § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Eine Umgehung des Verordnungsausschlusses per Rezeptur liege nicht vor. Der Wirkstoff sei hinlänglich erforscht. Er erfülle das Qualitätsgebot. Die Klägerin rügt insoweit die Verletzung der Amtsermittlungspflicht. Jedenfalls liege bei ihr eine lebensbedrohliche Situation iS des § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V vor. Bei dem Rezepturarzneimittel handele es sich um die einzige wirksame, von ihrem Körper tolerierte Therapieoption zur Behandlung ihrer Herzinsuffizienz. Die Auffassung des LSG, wonach ein Zeitraum von zwei Jahren verbleibender Lebenserwartung bei fehlender Behandlung kein lebensbedrohlicher Zustand sei, verletze Bundesrecht. Die Feststellungen des LSG, wonach die allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung in ihrem Fall nicht ausgeschöpft sei, seien in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen. Das LSG sei ihrem Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung ohne ausreichende Begründung nicht gefolgt.

7Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Gründe

8Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend über den Anspruch der Klägerin auf das begehrte Rezepturarzneimittel mit dem Wirkstoff g-Strophanthin entscheiden.

9Ob die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel nach § 27 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 3 iVm § 31 Abs 1 Satz 1 SGB V als Bestandteil der Regelversorgung hat, hängt davon ab, ob dessen Anwendung zur Behandlung der bei der Klägerin vorliegenden Herzinsuffizienz dem allgemeinen Qualitätsgebot entspricht. Hierzu fehlt es an Feststellungen des LSG (dazu 1.). Über den Leistungsanspruch nach § 2 Abs 1a SGB V kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des LSG ebenfalls nicht abschließend entscheiden (dazu 2.). Infolgedessen ist es dem Senat bei Ausschluss eines Anspruchs nach § 13 Abs 3a Satz 7 SGB V auch verwehrt, über den allein verbleibenden Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 2 SGB V zu entscheiden (dazu 3.).

101. Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst auch die Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit diese nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen sind (§ 31 Abs 1 Satz 1 SGB V).

11a) Die bei der Beklagten versicherte Klägerin hat aufgrund ihrer Herzerkrankung grundsätzlich gegen diese einen Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Dies umfasst sowohl Fertig- als auch Rezepturarzneimittel. Während Fertigarzneimittel insbesondere solche Arzneimittel sind, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden (§ 4 Abs 1 Arzneimittelgesetz - AMG), werden Rezepturarzneimittel in der Apotheke im Einzelfall aufgrund einer Verschreibung oder auf sonstige Anforderung einer einzelnen Person und nicht im Voraus hergestellt (§ 1a Abs 8 Apothekenbetriebsordnung <ApBetrO>, eingefügt mWv durch die Vierte Verordnung zur Änderung der ApBetrO vom , BGBl I 1254; vgl zur Abgrenzung Rehmann in Rehmann, AMG, 5. Aufl 2020, § 4 RdNr 1). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG erfolgte die Verordnung von g-Strophanthin vorliegend jeweils durch ärztliche Privatrezepte als Rezeptur zur Herstellung in der Apotheke. Strophantine - und damit auch der Wirkstoff g-Strophanthin - sind gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 1, Abs 2 AMG iVm der Anlage 1 zu § 1 Nr 1 der Verordnung über die Verschreibungspflicht von Arzneimitteln (Arzneimittelverschreibungsverordnung - AMVV) verschreibungspflichtig und damit auch apothekenpflichtig (§ 43 Abs 3 AMG).

12b) Die Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel zulasten der GKV ist nicht nach § 34 Abs 1 oder Abs 3 SGB V bzw durch eine Richtlinie des GBA nach § 92 Abs 1 SGB V ausgeschlossen. Wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, ist der Wirkstoff g-Strophanthin weder in der Anlage III der Arzneimittel-Richtlinie des GBA (AMRL) aufgeführt (§ 92 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGB V iVm § 16 Abs 1 und 2 AMRL), noch in der nach § 34 Abs 3 Satz 1 SGB V in die AMRL überführten Anlage 2 der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der GKV vom (BGBl I 301, zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der GKV vom , BGBl I 4554). Letztere regelt in Nr 2 (Arzneimittel der besonderen Therapierichtung Homöopathie) nur einen Verordnungsausschluss für homöopathische Arzneimittel mit dem Wirkstoff Strophanthus kombe (siehe auch die auf der Grundlage von § 93 SGB V erstellte Übersicht des damaligen Bundesausschusses der Ärzte und KKn über die die von der Verordnung in der GKV ausgeschlossenen Arzneimittel nach der Verordnung zur Änderung der Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der GKV vom , sog "Negativliste", BAnz Nr 170 vom ). Die vorliegend streitige Versorgung mit dem (allopathischen) g-Strophanthin in der Wirkstoffmenge 3 mg je Kapsel ist davon nicht umfasst.

13c) Der Anspruch Versicherter auf Versorgung mit Arzneimitteln unterliegt jedoch - wie jeder andere Anspruch auf Krankenbehandlung - grundsätzlich den sich aus dem Qualitäts- und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Einschränkungen (vgl § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V; vgl dazu allgemein - BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 13 mwN; zu Arzneimitteln - SozR 4-2500 § 137c Nr 13 RdNr 11 ff) und den im SGB V und im AMG dafür vorgesehenen Sicherungsmechanismen. Er besteht nur für solche Pharmakotherapien, die sich bei dem vorhandenen Krankheitsbild als zweckmäßig und wirtschaftlich erwiesen haben und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht (vgl - BSGE 89, 184, 185 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29 = juris RdNr 11).

14aa) Grundsätzlich verzichtet das SGB V bei der Arzneimittelversorgung, anders als bei den übrigen Leistungen der Krankenbehandlung (siehe dazu §§ 135 bis 139e SGB V), im Hinblick auf die Zulassungsverfahren nach dem nationalen und europäischen Arzneimittelrecht weitgehend auf eigene Vorschriften zur Qualitätssicherung. Es knüpft insoweit an das Arzneimittelrecht an, das für Fertigarzneimittel eine staatliche Zulassung vorschreibt (vgl - juris RdNr 44 mwN). Mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung verfügen die KKn über ein eindeutiges und zugängliches Kriterium bei der Entscheidung über die Verordnungsfähigkeit von pharmazeutischen Produkten. Dieses Kriterium ist auch zuverlässig, denn die Zulassungsentscheidung ergeht auf der Grundlage aufwendiger Zulassungsunterlagen des Antragstellers mit sachangemessener behördlicher Kompetenz (so BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 1071/95 - juris RdNr 10; - juris RdNr 44). Bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung kann davon ausgegangen werden, dass damit zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinne des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind (vgl - BSGE 89, 184, 185 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29 = juris RdNr 11). Eine allein die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels betreffende arzneimittelrechtliche Entscheidung begründet im GKV-Leistungsrecht aber noch keinen zwingenden Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel. Denn eine rechtsgebietsübergreifende Bindung in dem Sinne, dass all dasjenige, was arzneimittelrechtlich zulässig ist, zwingend auch zur krankenversicherungsrechtlichen Leistungspflicht der KKn führen müsste, ist gesetzlich nicht angeordnet worden. Ausgeschlossen ist es nicht, dass das SGB V zusätzliche, über das Arzneimittelrecht hinausgehende Anspruchsvoraussetzungen für die Pflicht zur Leistungsgewährung aufstellt. Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die GKV immer nur ein "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt (vgl - BSGE 89, 184, 185 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29 = juris RdNr 11 mwN; - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3, RdNr 16 = juris RdNr 22 mwN). Ist die nach § 21 Abs 1 AMG erforderliche Zulassung nicht erteilt worden, fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§ 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 SGB V; stRspr; vgl - SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 10 f = juris RdNr 19, verfassungsrechtlich unbeanstandet gelassen durch BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 1071/95 - juris RdNr 3; - BSGE 82, 233, 235 - SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 16 f = juris RdNr 15; - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3, RdNr 8 mwN = juris RdNr 14).

15Bei Rezepturarzneimitteln ist dies dagegen nicht der Fall. Für diese besteht keine Zulassungspflicht nach § 21 Abs 1 AMG. Für die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit des Rezepturarzneimittels reicht eine Herstellungserlaubnis (§ 13 AMG; zu personenbezogenen Ausnahmen vgl § 13 Abs 2, 2b, 2c AMG; vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 30; - juris RdNr 13; Krüger in Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 3. Aufl 2020, § 14 RdNr 52 mwN). Insofern kann aus der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit eines Rezepturarzneimittels nicht auf eine vorbehaltlich spezieller Regelungen grundsätzlich eröffnete Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV geschlossen werden (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 30; - RdNr 13). Die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit kann nicht einmal als Erfüllung des "Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernisses" verstanden werden. Denn nach den arzneimittelrechtlichen Vorgaben hat keine fundierte Überprüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit stattgefunden.

16bb) Das Rezepturarzneimittel g-Strophanthin unterliegt nicht dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V, da es jedenfalls keine "neue" Arzneimitteltherapie ist. Soweit neue Arzneimitteltherapien als Rezepturarzneimittel nach dem AMG zulassungsfrei sind, unterliegen sie nach der Rechtsprechung des BSG als Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V (vgl - BSGE 82, 233, 238 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 20 = juris RdNr 16; - BSGE 86, 54, 57 = SozR 3-2500 § 135 Nr 14 S 63 f = juris RdNr 12 f, 16 ff; - BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1, RdNr 14 = juris RdNr 21; - juris RdNr 12; - SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 24 ff). Da solche Präparate - anders als Fertigarzneimittel - keine Zulassung nach dem AMG benötigen, bliebe die Qualitätskontrolle in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung lückenhaft, wenn ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit weder nach Arzneimittelrecht noch nach Krankenversicherungsrecht geprüft würden (vgl - BSGE 82, 233, 238 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 19 f - juris RdNr 19; - BSGE 89, 184, 186 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 30 ff = juris RdNr 24).

17Eine Behandlungsmethode ist nach der Rechtsprechung des Senats "neu", wenn sie (bisher) - gemeint ist: vor Inkrafttreten des SGB V - nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) enthalten war oder wenn sie zwar im EBM-Ä aufgeführt ist, ihre Indikation aber wesentliche Änderungen oder Erweiterungen erfahren hat (stRspr; vgl - SozR 4-2500 § 27 Nr 8 RdNr 20 mwN; zuletzt - juris RdNr 25). Auch Arzneimitteltherapien, bei denen kein Raum für die Schaffung einer Leistungsposition im EBM-Ä ist, sind "neu", wenn sie erst nach Inkrafttreten des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V - also erst in der Zeit seit dem - praktiziert wurden (vgl - SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 26; s ferner - zu Heilmitteln - - BSGE 94, 221 = SozR 4-2400 § 89 Nr 3, RdNr 38; - SozR 4-2500 § 27 Nr 10 RdNr 19). So liegt der Fall hier nicht.

18Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG waren Strophanthus-Glykoside k- und g-Strophanthin unter der Sammelbezeichnung "Strophanthin" bis in die 1970er Jahre in Deutschland Standardmedikamente zur Behandlung von Herzerkrankungen. Das Fertigarzneimittel Strodival®mr verfügte bis 2011 über eine fiktive Zulassung. Sowohl der Wirkstoff als auch das Anwendungsgebiet sind aufgrund des jahrzehntelangen - bereits weit vor dem praktizierten - Einsatzes auch in Fertigarzneimitteln lange bekannt und damit nicht neu.

19cc) Sofern ein Rezepturarzneimittel - wie hier - nicht zugleich dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V unterliegt, muss dessen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit für die Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV erwiesen sein; dies ist von den KKn und - im Streitfall - von den Sozialgerichten festzustellen. Denn der Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist für die Verordnungsfähigkeit des Medikaments zulasten der GKV unverzichtbar, um die Gesundheit der Patienten und die Beiträge der Versicherten zu schützen (vgl - BSGE 82, 233, 236 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 17 = juris RdNr 14; zu § 135 Abs 1 SGB V vgl - juris RdNr 25).

20Hierzu genügt es nicht, dass die Arzneimitteltherapie im Einzelfall nach Ansicht der behandelnden Ärzte positiv gewirkt haben soll und ggf herkömmlichen Arzneimitteln vorzuziehen sei. Der individuelle Behandlungserfolg ist unerheblich. Vielmehr muss es zur Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg einer Behandlung in einer ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zB - BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 = juris RdNr 14; - BSGE 95, 132 = SozR 4-2500 § 31 Nr 3, RdNr 24; - juris RdNr 17; - juris RdNr 11). Hierzu hat das LSG - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

21Das LSG ist insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Erlöschen der fiktiven Altzulassung eines Fertigarzneimittels mit einem bestimmten Wirkstoff auch jegliche Verordnungsfähigkeit eines Rezepturarzneimittels mit diesem Wirkstoff von vornherein ausschließe. Ob etwas anderes dann gilt, wenn ein Neuzulassungsantrag aufgrund der Studienlage nicht erfolgreich war oder das Zulassungsverfahren nicht weiterbetrieben wurde, bedarf hier keiner Entscheidung, weil sich aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen - in Übereinstimmung mit dem Revisionsvorbringen der Klägerin - ergibt, dass ein Neuzulassungsantrag nach Erlöschen der fiktiven Altzulassung nicht gestellt wurde.

22dd) Eine Ausnahme von den Anforderungen des allgemeinen Qualitätsgebots ergibt sich nicht aus dem Vorliegen eines sogenannten Seltenheitsfalls. Ein solcher liegt nach der Rechtsprechung des BSG vor, wenn das festgestellte Krankheitsbild aufgrund seiner Singularität medizinisch nicht erforschbar ist (stRspr; vgl - BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 = juris RdNr 31; - juris RdNr 28 mwN). Entgegen der Ansicht der Klägerin fällt darunter nicht der individuelle gesundheitliche Zustand im Zusammenspiel mit anderen Erkrankungen oder Unverträglichkeiten. Das festgestellte Krankheitsbild - hier die Herzerkrankung - ist nicht selten und medizinisch erforscht.

23ee) Das eventuelle Fehlen valider Studien zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels stellt kein in den Verantwortungsbereich der GKV fallendes Systemversagen dar (vgl zum Systemversagen - BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 17; Schifferdecker in BeckOGK SGB V, § 13 RdNr 83 mwN, Stand ). Die Verantwortung für den Nachweis der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels hat der Gesetzgeber grundsätzlich in die Hände der pharmazeutischen Unternehmer bei Fertigarzneimitteln und der Hersteller bei Rezepturarzneimitteln gelegt.

24ff) Unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und allgemein zugänglicher Quellen bestehen ernsthafte Zweifel, dass das Rezepturarzneimittel mit dem Wirkstoff g-Strophanthin die Voraussetzungen des allgemeinen Qualitätsgebots und des Wirtschaftlichkeitsgebots erfüllt. Die insoweit gebotenen Feststellungen wird das LSG dann nachzuholen haben, wenn die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 2 Abs 1a SGB V schon wegen einer fehlenden Lebensbedrohlichkeit nicht erfüllt.

252. Ob die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel nach § 2 Abs 1a SGB V erfüllt, kann der Senat ebenfalls nicht abschließend entscheiden. Die gebotenen Feststellungen wird das LSG unter Beachtung der nachfolgenden rechtlichen Vorgaben nachzuholen haben.

26a) Nach § 2 Abs 1a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, auch eine vom Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Vorschrift trägt der sich aus Art 2 Abs 2 Satz 1 GG ergebenden Schutzpflicht des Staates für das Leben Rechnung (zur Rechtslage vor deren Inkrafttreten vgl - BVerfGE 115, 25, 41 f - juris RdNr 65). Der Anspruch aus § 2 Abs 1a SGB V erfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (stRspr; vgl - RdNr 27 mwN).

27Nach ständiger Rechtsprechung des BSG und des BVerfG ist eine Erkrankung lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich, wenn sie in überschaubarer Zeit das Leben beenden kann und dies eine notstandsähnliche Situation herbeiführt, in der Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen. Nach den konkreten Umständen des Falles muss bereits drohen, dass sich mit großer, also hoher Wahrscheinlichkeit der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums verwirklichen wird, sodass Versicherte nach allen verfügbaren medizinischen Hilfen greifen müssen (stRspr; vgl BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 452/17 SozR 4-2500 § 137c Nr 8 RdNr 25; vgl - RdNr 21 und 22 mwN). Charakteristikum der von § 2 Abs 1a Satz 1 SGB V geforderten notstandsähnlichen Extremsituation ist eine unmittelbare und kurzfristige Behandlungsnotwendigkeit zur Lebenserhaltung (vgl - BSGE 135, 226 = SozR 4-2500 § 2 Nr 21, RdNr 35 mwN). Es genügt für eine durch nahe Lebensgefahr gekennzeichnete individuelle Notlage dagegen nicht, dass die Erkrankung unbehandelt zum Tode führt. Dies trifft auf nahezu jede schwere Erkrankung ohne therapeutische Einwirkung zu. Die Erkrankung muss trotz des Behandlungsangebots mit vom Leistungskatalog der GKV regulär umfassten Mitteln lebensbedrohlich sein. Die notstandsähnliche Situation muss sich nach den konkreten Umständen des einzelnen Falles ergeben. Ein nur allgemeines mit einer Erkrankung verbundenes Risiko eines lebensgefährlichen Verlaufs genügt hierfür nicht (siehe zum Ganzen - juris RdNr 22 mwN).

28Je kürzer die verbleibende Handlungsfrist und je näher der zu erwartende Eintritt des Todes ist, desto weniger bedarf es sonstiger Umstände zur Begründung der notstandsähnlichen Lage. Je länger die Handlungsfrist und je ferner der zu erwartende Eintritt des Todes ist, desto mehr kommt es auf sonstige besondere Umstände an, um zum Schluss gelangen zu können, dass schon eine notstandsähnliche Situation vorliegt. Eine notstandsähnliche Lage kann aber in aller Regel nicht bereits durch die Überschreitung einer abstrakt-generell festzulegenden kalendarischen Grenze der prognostizierten verbleibenden Lebenserwartung ausgeschlossen werden. Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung wird nicht allein schon dadurch ausgeschlossen, dass sich ein tödlicher Krankheitsverlauf nach ärztlicher Einschätzung nicht vor Ablauf von zwei Jahren verwirklichen wird. Zur Beurteilung einer notstandsähnlichen Extremsituation sind vielmehr stets die konkreten Umstände des Einzelfalles heranzuziehen. Dabei kommt es nicht allein auf die voraussichtliche Dauer der verbleibenden Lebenserwartung an. Einzubeziehen ist etwa auch der durch die Unumkehrbarkeit des tödlichen Krankheitsverlaufs verursachte spezifische Zeitdruck. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des § 2 Abs 1a SGB V, einen Anspruch auf Behandlung mangels Zeitdrucks zu verneinen, wenn jede spätere Behandlung zu spät käme und den Eintritt eines wahrscheinlich deutlich vorzeitigen Todes nicht mehr verhindern könnte.

29So ist der Senat etwa bei einer Krebserkrankung trotz eines seit etwa 14 Monaten bestehenden Remissionszustandes vom Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung ausgegangen, weil dieser jederzeit in einen sich dann schnell entwickelnden und unumkehrbaren Prozess hätte umschlagen können, der unweigerlich binnen kurzer Zeit zum Tode geführt hätte. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Todes ohne die streitige Behandlung binnen vier Jahren lag nach den Feststellungen der Vorinstanz bei 70 Prozent. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass sich der Versicherte aufgrund des Umstandes, dass die noch vorhandenen Krebszellen noch nicht wieder aktiv geworden waren, innerhalb eines engen therapeutischen Zeitfensters befand, in dem nur die in Rede stehende Behandlung (eine allogene Stammzelltransplantation) mit der Aussicht auf Heilung der Erkrankung noch möglich war ( - BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 18, RdNr 26 f). Bei einem 2004 geborenen Kläger hat der Senat im Falle der Duchenne-Muskeldystrophie eine notstandsähnliche Situation schon deswegen bejaht, weil nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft diese Krankheit rasch voranschreitet und nach dem Verlust der Gehfähigkeit über weitere körperliche Funktionsverluste schließlich zum Versterben im frühen bis mittleren Erwachsenenalter führt. Maßgeblich war dort, dass je später eine möglicherweise wirksame Behandlung erfolgt, desto geringer die Chancen einer zusätzlichen Lebensverlängerung neben der Standardbehandlung sind ( - juris RdNr 23; vgl zu weiteren Sachverhalten die Zusammenfassung bei - SozR 4-2500 § 2 Nr 12 RdNr 23 mwN).

30b) Das LSG stützt die Verneinung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder einer hiermit zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung der Klägerin allein darauf, dass nach den Angaben der behandelnden Ärztin ein tödlicher Verlauf der Herzinsuffizienz der Klägerin innerhalb von zwei Jahren und mit Behandlung innerhalb von fünf bis zehn Jahren zu erwarten wäre. Der tödliche Verlauf sei damit - unabhängig von der Art der Behandlung - jedenfalls nicht innerhalb eines kürzeren Zeitraums zu erwarten. Dies hält unter Berücksichtigung der vorstehenden Maßgaben einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

31c) Das Urteil des LSG kann, soweit es einen Anspruch auf § 2 Abs 1a SGB V verneint, auch nicht aus anderen Gründen bestätigt werden.

32aa) Die vom LSG getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um aus anderen Gründen eine notstandsähnliche Situation verneinen zu können. Das LSG hat sich in seiner Entscheidung auf nicht näher begründete Angaben der die Klägerin behandelnden Ärztin R gestützt. Es fehlen konkrete Feststellungen zum - im Zeitpunkt der Entscheidung und der Selbstbeschaffungen - aktuellen Zustand der Herzerkrankung, der Verlaufsprognose und zum Behandlungszeitfenster für die angestrebte Lebenserhaltung.

33bb) Soweit das LSG Feststellungen dazu getroffen hat, dass die allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung im Falle der Klägerin nicht ausgeschöpft sei, ist der Senat an diese Feststellungen nicht gebunden.

34Die Feststellungen des LSG sind unklar und widersprüchlich. Das Revisionsgericht ist in einem solchen Fall auch ohne Rüge eines Beteiligten an die getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht gebunden (vgl - SozR 4-2500 § 2 Nr 12 RdNr 24 mwN). Das LSG führt einerseits aus, es könne dahinstehen, welche allgemein anerkannten, dem aktuellen medizinischen Standard entsprechenden Behandlungsmethoden hier ggf zur Verfügung stünden und wie die von der Klägerin geltend gemachte Unverträglichkeit alternativer vertragsärztlicher Standardbehandlungsmethoden einzuschätzen sei. Die Einholung des von der Klägerin beantragten medizinischen Sachverständigengutachtens zur Ausschöpfung der Standardtherapie lehnt es mit Verweis auf die Verneinung einer lebensbedrohlichen Erkrankung ab. Andererseits stellt es - im Widerspruch hierzu - ausdrücklich fest, die allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung sei im Falle der Klägerin nicht ausgeschöpft. Dies leitet es aus den Stellungnahmen der behandelnden Ärzte her, die jedoch auf möglicherweise bestehende Unverträglichkeiten und Kontraindikationen hinweisen.

35Zudem hat die Klägerin gegen die Feststellungen des LSG zulässige und begründete Verfahrensrügen vorgebracht (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Das LSG ist von einer Beweislast der Klägerin ausgegangen, bevor alle Ermittlungsmöglichkeiten - hier ua in Form des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens - ausgeschöpft waren. Neben dem Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) liegt insofern auch eine Verkennung der Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) vor.

36d) Sollte das LSG in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren eine Notstandssituation bejahen, wären auch noch Feststellungen zur Ausschöpfung der Standard-Behandlungsmöglichkeiten und dazu zu treffen, ob mit dem Rezepturarzneimittel eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (vgl speziell in Bezug auf Arzneimittel - juris RdNr 25 ff).

37Eine andere Standardtherapie steht dann nicht zur Verfügung, wenn es sie generell nicht gibt, sie im konkreten Einzelfall kontraindiziert ist, oder sie trotz ordnungsgemäßer Anwendung im Hinblick auf das beim Patienten angestrebte Behandlungsziel ohne Erfolg geblieben ist (vgl - BSGE 135, 198 = SozR 4-2500 § 137c Nr 18, RdNr 24, 26; - BSGE 135, 89 = SozR 4-2500 § 31 Nr 31, RdNr 22 mwN). Eine Kontraindikation liegt vor, wenn die Therapie bei dem konkreten Patienten wegen des Bestehens gravierender gesundheitlicher Risiken nicht angewandt werden kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn schwerwiegende Nebenwirkungen (vgl deren Definition in § 4 Abs 13 Satz 2 AMG) auftreten, die eine weitere Anwendung der Standard-Arzneimitteltherapie ausschließen, und auch die Anwendung eines (weiteren) anderen anerkannten Arzneimittels ausscheidet (vgl - BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 31). Besteht eine solche absolute Kontraindikation nicht, erwägt der Senat, dass der Verweis auf eine grundsätzlich zur Verfügung stehende Standardtherapie in eng begrenzten Einzelfällen unzumutbar sein kann. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn ein Arzneimittel für eine von seiner Zulassung nicht erfasste Indikation eine so hohe Evidenz für seine Wirksamkeit aufweist, dass eine Zulassungserweiterung in naher Zukunft zu erwarten ist, und danach im Vergleich zur Standardtherapie ein deutlicher zusätzlicher Nutzen als möglich erscheint, dh eine vergleichbar hohe oder sogar höhere Wirksamkeit bei geringeren Nebenwirkungen. Erforderlich wäre ferner, dass die Standardtherapie zu Nebenwirkungen führt, die sich zu einer wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung iS des § 2 Abs 1a SGB V entwickeln können oder gar Bestandteil der Behandlung sind (zB Amputationen bei Sepsis oder Gasbrand). Der vorliegende Sachverhalt bietet für eine solche Fallgestaltung aber keine Anhaltspunkte.

383. Da nicht feststeht, ob die Klägerin einen Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel auf der Basis von g-Strophanthin hatte und hat, kann der Senat auch über das Bestehen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V für die auf privatärztliche Verordnung erfolgten Selbstbeschaffungen nicht abschließend entscheiden. Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich jedenfalls nicht aufgrund einer Genehmigungsfiktion (§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V; vgl dazu - SozR 4-2500 § 13 Nr 56 RdNr 11 ff mwN). Die Beklagte hat über den Antrag rechtzeitig - wenn auch unzutreffend unter Hinweis auf die ihrer Ansicht nach einschlägige Negativliste - entschieden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2024:200324UB1KR3622R0

Fundstelle(n):
VAAAJ-71270