BGH Beschluss v. - 4 StR 450/23

Instanzenzug: Az: I KLs 104 Js 9304/19 (108)

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten K.   unter Freispruch im Übrigen wegen Diebstahls in sieben Fällen, davon in einem Fall als Versuch, Beihilfe zum Diebstahl, gewerbsmäßiger Hehlerei in zwei Fällen, Betruges sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit vorsätzlichem „Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten A.      hat die Strafkammer wegen Diebstahls in zehn Fällen, davon in drei Fällen als Versuch, sowie wegen Urkundenfälschung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher „Straßenverkehrsgefährdung“ und vorsätzlichem „Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz“, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt, ihm seine – ausländische – Fahrerlaubnis „für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland“ entzogen und eine Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis bestimmt. Ferner hat das Landgericht eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und sind im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch gegen den Angeklagten K.   hält rechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand. Der Schuldspruch wegen – vollendeter – gewerbsmäßiger Hehlerei (§ 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB) wird in den Fällen zu II.12. der Urteilsgründe (angeklagte Taten 16 und 17) von den – rechtsfehlerfrei getroffenen – Feststellungen nicht getragen.

3Hiernach verbrachte der Angeklagte jeweils einen durch gesondert verfolgte Dritte betrügerisch erlangten Pkw von Deutschland nach Dänemark, indem er die Fahrzeuge entweder selbst dorthin fuhr oder die Verbringungsfahrt in seinem eigenen Pkw begleitete, von wo aus sie veräußert werden sollten. Der Angeklagte kannte die deliktische Herkunft beider Pkw und wollte – gewerbsmäßig handelnd – am Veräußerungserlös partizipieren. Beide Fahrzeuge konnten an ihren Abstellorten gefunden und sichergestellt werden.

4Der Angeklagte leistete durch das Verbringen der Fahrzeuge Absatzhilfe im Sinne von § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Der Straftatbestand der gewerbsmäßigen Hehlerei ist indes – wie das Landgericht in den Urteilsgründen selbst zutreffend ausgeführt hat – nicht vollendet, weil der auch für die Begehungsform der Absatzhilfe erforderliche Absatzerfolg ausgeblieben ist (vgl. Rn. 10; Beschluss vom – 3 StR 4/19, NStZ-RR 2019, 180). Erfüllt sind in beiden Fällen lediglich die Voraussetzungen eines – fehlgeschlagenen – Versuchs der gewerbsmäßigen Hehlerei. Der Senat ändert den Schuldspruch daher entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift des § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, denn der Angeklagte hätte sich nicht anders als geschehen verteidigen können.

52. Die für die Taten zu II.12. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen (von einem Jahr und zehn Monaten bzw. zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe) können bestehen bleiben. Die Strafkammer hat eine Strafrahmenverschiebung in Anwendung von § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB geprüft und mit rechtsfehlerfreier Begründung verneint.

63. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung insgesamt nicht stand. Die Urteilsausführungen zu ihrer Begründung leiden unter durchgreifenden Darstellungsmängeln.

7a) Das Landgericht hat die Einziehung einer Vielzahl von körperlichen Gegenständen, insbesondere von Werkzeugen, Motorrädern und Motorradteilen, Fahrzeugkennzeichen sowie von Mobiltelefonen, angeordnet, die in der Wohnung des Angeklagten K.   und in einer von diesem angemieteten Halle gefunden und sichergestellt wurden. Die Einziehung hat es teils auf § 74 Abs. 1 StGB, teils auf § 73 Abs. 1 StGB und im Übrigen auf § 73a Abs. 1 StGB gestützt. Eine Zuordnung der eingezogenen Gegenstände zu diesen Vorschriften hat die Strafkammer allerdings nur beispielhaft und zum Teil unter bloß gattungsmäßiger Bezeichnung der jeweiligen Gegenstände vorgenommen (z.B. „OBD-Zubehör“, „die weiteren Werkzeuge“, „Motorräder und Motorradrahmen“). Anders verhält es sich zwar hinsichtlich eines der eingezogenen Motorräder („BMW RS1200“), bezüglich dessen die Einziehung ausdrücklich auf § 73 Abs. 1 StGB gestützt worden ist, weil die Angeklagten es wie andere Gegenstände „aus den jeweiligen Diebstahlstaten“ erlangt hätten. Jedoch steht insoweit nicht sicher fest, ob sich diese Ausführungen in den Urteilsgründen auf das im Einziehungsausspruch (unter Angabe einer Identifikationsnummer) ausdrücklich bezeichnete Motorrad gleichen Typs beziehen. Denn die Strafkammer hat die eingezogenen Gegenstände im Urteilstenor nur zum Teil konkret, im Übrigen pauschal durch Verweis auf eine in Bezug genommene Liste „nacherfasster“ Gegenstände bezeichnet, die ihrerseits nicht Bestandteil der Urteilsurkunde geworden ist. Diese Tenorierung ist – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – schon für sich genommen rechtsfehlerhaft, weil ein Verweis auf nur bei den Akten befindliche Verzeichnisse den rechtlichen Anforderungen an die Verständlichkeit der Einziehungsentscheidung aus der Urteilsurkunde selbst nicht genügt (vgl. Rn. 5 mwN). Sie hat hier auch zur Folge, dass das Urteil im Unklaren lässt, ob das in der Begründung der Einziehungsentscheidung genannte, aus einer hier verfahrensgegenständlichen Straftat (Fall II.7. der Urteilsgründe, angeklagte Tat 11) herrührende Motorrad dasjenige ist, welches im Tenor ausdrücklich aufgelistet ist, oder ob es sich tatsächlich auf der Liste der „nacherfassten“ Gegenstände aus der Halle des Angeklagten K.   befinden könnte, während es sich bei dem ausdrücklich genannten um ein anderes Motorrad desselben Fabrikats handelt.

8Aufgrund dieser Darstellung kann somit insgesamt nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden, auf welche Rechtsgrundlage das Landgericht welche Teile seiner Einziehungsentscheidung gestützt hat. Auch dies stellt einen Rechtsfehler dar, weil eine revisionsgerichtliche Nachprüfung der Einziehungsentscheidung nicht möglich ist, wenn – wie somit hier – offenbleibt, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt die betroffenen Gegenstände der Einziehung unterliegen sollen (vgl. Rn. 7 mwN).

9b) Überdies belegen die knappen und pauschal gehaltenen Ausführungen des Landgerichts das Vorliegen der Voraussetzungen der jeweiligen Einziehungsvorschriften auch ungeachtet deren zweifelhafter Zuordnung zu den einzelnen Gegenständen nicht vollständig.

10Soweit das Landgericht Werkzeuge und Mobiltelefone als Tatmittel eingezogen hat, kann den Urteilsgründen ein Beleg dafür, dass es sich bei den sichergestellten Gegenständen, auf die sich der Einziehungsausspruch bezieht, gerade um diejenigen handelte, die bei den – in wechselnder Beteiligung der Angeklagten begangenen – urteilsgegenständlichen Diebstahlstaten gebraucht worden sind (§ 74 Abs. 1 StGB), nicht entnommen werden. Ebenso wenig ist festgestellt und belegt, dass die Sachen im Eigentum eines der Angeklagten standen und dieser an derjenigen Tat, bei der sie – gegebenenfalls – verwendet wurden, beteiligt war. Das ihr nach § 74 Abs. 1 StGB zustehende Ermessen hat die Strafkammer zudem nicht erkennbar ausgeübt.

11Hinsichtlich des in den Urteilsgründen ebenfalls angeführten § 73a StGB ist nicht belegt, dass die nach Auffassung des Landgerichts hiervon erfassten Gegenstände („Motorräder und Motorradrahmen“, die „nicht nachweislich aus den hier abgeurteilten Taten stammen“) aus anderen rechtswidrigen Taten herrührten. Die Erwägung des Landgerichts, dass hinsichtlich dieser – ohnehin nur beispielhaft angeführten – Sachen konkrete Anhaltspunkte für eine legale Herkunft nicht bestünden, lässt unerörtert, warum es sich hierbei nicht um Gegenstände gehandelt haben kann, die die Angeklagten (legal) erworben haben könnten, um durch den Austausch von Teilen die Herkunft gestohlener Motorräder zu verschleiern, wie dies nach der wiedergegebenen Einlassung des Angeklagten A.     der Absicht der Angeklagten entsprach und nach den Urteilsfeststellungen jedenfalls bei einem entwendeten Kfz (Peugeot Boxer) auch tatsächlich praktiziert wurde. Schließlich lässt das Urteil insoweit auch die erforderliche Feststellung vermissen, dass die der erweiterten Einziehung gemäß § 73a Abs. 1 StGB unterstehenden Sachen bei Begehung der hier abgeurteilten Taten im Vermögen der Angeklagten gegenständlich vorhanden war (vgl. Rn. 6 mwN).

12c) Der Einziehungsausspruch kann danach insgesamt keinen Bestand haben und bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

134. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:180624B4STR450.23.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-71260