Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 BewG) für ein Krankenhausgebäude für Zwecke der Grunderwerbsteuer durch ein
Sachverständigengutachten
Leitsatz
1. Der Bodenwert ist in den Fällen des Gemeinbedarfs (hier: Krankenhausgrundstück) auf der Grundlage der durch die vorgegebene
Nutzung eingeschränkten Rendite bzw. Renditeerwartungen zu ermitteln. Bei Berücksichtigung der ausnehmend schlechten Renditelage
und -erwartungen für ein Krankenhausgrundstück und der gesetzlich vorgegebenen nicht auskömmlichen Finanzierung der Krankenhäuser
ist eine in einem Sachverständigengutachten vorgenommene Bewertung der Grundstücksfläche ausgehend von durchschnittlichen
Gewerbeflächen in der näheren Umgebung keinesfalls zu niedrig angesetzt, sondern plausibel und nachvollziehbar.
2. Der Ertragswert von Krankenhausgrundstücken wird in der Regel im Wege des Pachtwertverfahrens ermittelt, bei dem auf der
Grundlage abgerechneter diagnosebezogener Fallgruppen (Diagnosis Related Group – DRG) ein branchenüblicher Pachtwertansatz
gewählt wird. Hat der Gutachter einen fiktiven Betreibergewinn in voller Höhe, also ohne Abzug eines Pächtergewinns, als für
eine nachhaltig erzielbare Pacht zur Verfügung stehend angesehen, obwohl das Krankenhaus in den Vorjahren nur Verluste erwirtschaftet
hat, so ist die sich aus dieser Berechnung ergebende nachhaltig erzielbare Pacht keinesfalls zu niedrig angenommen.
3. Bei der Ermittlung der Bewirtschaftungskosten im Gutachten ist der auf einem bestimmten Fachbeitrag beruhende Ansatz der
Verwaltungskosten mit 3 % vom Rohertrag, des Mietausfallwagnisses mit 6 % und der Betriebskosten mit 0,5 % vom Rohertrag sowie
ein Ansatz der Instandhaltungskosten in der Nähe der tatsächlichen Instandhaltungskosten nicht zu bestanden.
4. Hat der zuständige Gutachterausschuss Liegenschaftszinssätze für Krankenhausgrundstücke nicht ermittelt und veröffentlicht
und sind solche auch nicht aus vergleichbaren Gebieten bekannt, so ist es sachgerecht und plausibel, wenn der Gutachter ausgehend
von der in der Fachliteratur angegebenen Bandbreite von 5,0 % bis 8,5 % den Liegenschaftszinssatz im oberen Bereich der angegebenen
Spanne mit 8 % angesetzt hat (Ausführungen zur Ermittlung der Restnutzungsdauer eines Krankenhausgebäudes).
5. Hat das FG im Rahmen des § 198 Abs. 1 BewG ein als Nachweis vorgelegtes (Privat-)Gutachten des Klägers einer Beweiswürdigung
unterzogen und ist es nach entsprechender Beweiswürdigung davon überzeugt, dass das Gutachten den Nachweis eines geringeren
gemeinen Wertes erbringt, ohne dass ein zusätzliches Gutachten eingeholt werden muss, hat der Kläger also seine besondere
über die allgemeine Feststellungslast hinausgehende Nachweispflicht erfüllt, besteht keine Verpflichtung des FG zur weiteren
Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Fundstelle(n): ErbStB 2024 S. 255 Nr. 9 IAAAJ-71004
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FG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.09.2023 - 8 K 777/20
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