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BPatG Urteil v. - 3 Ni 20/20 (EP)

Leitsatz

Quaternäre Zusammensetzungen auf Basis von Zirkonium-, Cer-, Yttrium- und Lanthanoxiden

1. Die Voraussetzung, der zufolge ein nach oben offener Bereich nicht ausführbar offenbart ist, wenn die Erfindung über die Eröffnung eines bestimmten Bereichs hinaus keine verallgemeinerbare Lehre aufzeigt, die es dem Fachmann ermöglicht, bei der Suche nach weiteren Verbesserungsmöglichkeiten den im Patent konkret aufgezeigten Höchstwert zu übertreffen (, GRUR 2021, 1043 – Cerdioxid; Urteil vom – X ZR 32/17, GRUR 2019, 713 Rn. 45 – Cer-Zirkonium-Mischoxid I; X ZR 34/17, GRUR 2019, 718 Rn. 26 – Cer-Zirkonium-Mischoxid II; Urteil vom – X ZR 36/17 Rn. 104, juris), liegt auch dann vor, wenn eine Erfindung zwar ein Beispiel für die beanspruchten Mindestwerte der von ihr als erfindungswesentlich bezeichneten Merkmale (hier: spezifische Oberfläche von mindestens 25 m2/g nach 4-stündigem Kalzinieren bei 1100°C sowie Reduktionsfähigkeit von mindestens 95 % nach 2-stündigem Kalzinieren unter Luftzufuhr bei 600°C oder 700°C oder mindestens 85 % nach 2-stündigem Kalzinieren unter Luftzufuhr bei 900°C) zwar ein die Mindestwerte (geringfügig) übertreffendes Beispiel (hier: spezifische Oberflächen von bis zu 27 m2/g bei 1100°C sowie eine Reduktionsfähigkeit von 96 % für die 2-stündige Kalzinierung bei 600°C und von 88% für die 2-stündige Kalzinierung bei 900°C) nennt, aber keine Angaben dazu enthält, wie der Fachmann über die im beschriebenen Beispiel konkret dargelegten Werte hinaus höhere Werte erreichen könnte.

2. Eine beschränkte Verteidigung des angegriffenen Stoffanspruchs durch Aufnahme von Verfahrensmerkmalen aus einem (hier mit der Nichtigkeitsklage nicht angegriffenen) Verfahrensanspruch ist mangels wirksamer Beschränkung des Schutzgegenstandes i.S.d. Art. 139 EPÜ i.V.m. § 64 PatG unwirksam, wenn die Aufnahme der Verfahrensmerkmale nicht zu einem gegenüber der geltenden Fassung eingeschränkten product-by-process-Anspruch führt.

Ein product-by-process-Anspruch liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dabei nur vor, wenn - was ggf. durch Auslegung zu ermitteln ist - ein Stoffanspruch, der grundsätzlich nicht auf die Art seiner Herstellung beschränkt ist, mit denen das Erzeugnis gewonnen werden kann, zumindest teilweise nur auf Merkmale des zu seiner Herstellung allein notwendigen Verfahrens beschränkt ist (vgl. , GRUR 1960, 483, 484 – Polsterformkörper; Beschl. v. – X ZB 9/70, GRUR 1972, 80, 87 f. – Trioxan; Beschl. v. – X ZR 8/95, BlPMZ 1997, 398, 400 – Polyäthylenfilamente; , GRUR 2001, 1129, 1133 – Zipfelfreies Stahlband; , GRUR 2005, 749, 751 – Aufzeichnungsträger). Auf den Wortlaut des Patentanspruchs kommt es dabei nicht an, insbesondere kann weder aus der vermeintlich enger erscheinenden Formulierung „erhalten durch …“ noch aus der vermeintlich weiter erscheinenden Wortwahl „erhältlich durch …“ auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Beschränkung des Sachanspruchs auf allein durch das beanspruchte Verfahren gewonnene Erzeugnisse gefolgert werden.

Die Voraussetzungen eines Product-by-process-Anspruchs liegen allerdings nicht vor, wenn der beanspruchte Stoff nach den ursprünglich angemeldeten und/oder erteilten Patentansprüchen bereits durch körperliche Merkmale hinreichend charakterisiert ist und sich auch aus den sonstigen Angaben im Streitpatent die Gewinnung des beanspruchten Stoffs allein aus dem angegebenen Verfahren nicht ergibt. Dies gilt erst recht, wenn der Patentinhaber selbst betont, dass eine solche Beschränkung des Stoffanspruchs auf die Gewinnung durch ein bestimmtes Verfahren nie beabsichtigt war und für ihn „selbstverständlich“ unter den Schutz des Stoffanspruchs auch solche Produkte fielen, welche die körperlichen Merkmale erfüllten, auch wenn sie nach einem anderen Herstellungsverfahren gewonnen worden seien.

Darauf, ob durch die Aufnahme der Verfahrensmerkmale ggf. der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Ausführbarkeit der erteilten Fassung beseitigt würde, kommt es dabei nicht an, denn die Beseitigung des Nichtigkeitsgrundes der fehlenden Ausführbarkeit stellt keine Einschränkung des Schutzgegenstandes dar, so dass sich hieraus keine zulässige Beschränkung des unter Schutz zu stellenden Erfindungsgegenstandes ergibt.

Tatbestand

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BPatG:2024:060224U3Ni20.20EP.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-70294

Preis:
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Nutzungsdauer:
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BPatG, Urteil v. 06.02.2024 - 3 Ni 20/20 (EP)

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