Einkommensteuer | Abzug von Steuerberatungskosten für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. von § 17 EStG (FG)
Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Ermittlung eines nach § 17 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns angefallen sind, sind Veräußerungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG und mindern daher den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn (, vorläufig nicht rechtskräftig).
Hintergrund: Zu den der Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bei einer Mindestbeteiligung von 1 %. Der Veräußerungsgewinn ist nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Einen darüber hinausgehenden Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) bzw. Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) sieht § 17 EStG – anders als andere Einkunftsarten – nicht vor (vgl. , BStBl 2014 II S. 102).
Sachverhalt: Streitig zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Steuerberatungskosten bei den Einkünften aus § 17 EStG in der im Jahr 2021 geltenden Fassung.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt (§§ 26, 26b EStG). In der gemeinsamen Steuererklärung für das Jahr 2021 (Streitjahr) v. erklärten sie Einkünfte der Klägerin aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i. S. des § 17 EStG. Die Einkünfte der Klägerin aus Kapitalvermögen wurden nach § 32d Abs. 1 EStG besteuert (sog. Abgeltungsteuer).
Den Einkünften aus § 17 EStG lag zugrunde, dass die Klägerin am ihre in den Jahren 2009 und 2020 erworbenen Anteile an der A (Beteiligungsquote von 5,93 %) an die B zu einem anteiligen Kaufpreis veräußerte hatte. Als Kosten der Veräußerung machten die Kläger, neben Notarkosten, Fahrtkosten und Kosten der rechtlichen Beratung, auch Steuerberatungskosten geltend.
Mit Bescheid v. setzte der Beklagte – unter Ansatz eines Veräußerungsgewinns nach § 17 EStG – Einkommensteuer für 2021 fest. In den Erläuterungen des Bescheids heißt es: Die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zur Erstellung der Einkommensteuerklärung entstandenen Steuerberatungskosten können nicht als Veräußerungskosten berücksichtigt werden, da diese nicht durch die Anteilsveräußerung, sondern durch die Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen veranlasst sind.
Hiergegen legten die Kläger am Einspruch und am Klage ein.
Die Richter des Hessischen FG sahen die Klage als begründet an:
Der Begriff der Veräußerungskosten ist gesetzlich nicht definiert, obgleich er im Ertragsteuerrecht in mehreren Normen verwendet wird. Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung definiert den Begriff der Veräußerungskosten nicht einheitlich, obgleich nach ständiger Rechtsprechung des BFH eine inhaltlich übereinstimmende Auslegung des Begriffs in den unterschiedlichen Normen geboten ist (vgl. , BStBl 1998 II S. 102; und , BStBl 2014 II S. 719).
Der IX. Senat des BFH hat in seinem Urteil v. - IX R 25/12 (BStBl 2014 II S. 102, Rz. 10) unter Verweis auf das (BFH/NV 1993 S. 520) entschieden, dass Veräußerungskosten i. S. des § 17 EStG Aufwendungen in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang (Beziehung) mit der Veräußerung sind, d. h. durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlasste Aufwendungen. Damit hat er den Begriff der Veräußerungskosten auf Aufwendungen mit einer unmittelbaren veräußerungsbedingten Kausalität beschränkt.
Dies entspricht jedoch nicht der Rechtsprechungsentwicklung anderer Senate des BFH, wonach Veräußerungskosten (i. S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG 2002) von den laufenden Betriebsausgaben nicht (mehr) danach abzugrenzen sind, ob sie „in unmittelbarer sachlicher Beziehung“ zu dem Veräußerungsgeschäft stehen, sondern danach, ob ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen ist hiernach auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und ihre größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn (, BStBl 2010 II S. 736, Rz. 11; , BStBl 2000 II S. 458, Rz. 12 f.; und , BFH/NV 2013 S. 1768, Rz. 15).
Diese (nunmehr ständige) Rechtsprechung zum Veräußerungskostenbegriff i. S. des § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG wurde für die Bestimmung der Veräußerungskosten i. S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG übertragen. Entstehen diese Veräußerungskosten nachträglich, wirken sie stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt gewinnmindernd zurück (so , BStBl 2015 II S. 658).
Der vorstehenden Definition des Veräußerungskostenbegriffs nach dem Veranlassungszusammenhang steht auch nicht der Wortlaut des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG entgegen, wonach bei der Ermittlung des Gewinns aus Veräußerung i. S. des § 20 Abs. 2 EStG diejenigen Aufwendungen abzuziehen sind, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Veräußerungsgeschäft stehen.
Unter Berücksichtigung dieser höchstrichterlich entwickelten Grundsätze handelt es sich bei den geltenden gemachten Aufwendungen um Veräußerungskosten i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG.
Quelle: ; NWB Datenbank (pz)
Fundstelle(n):
TAAAJ-70183