Instanzenzug: LG Landshut Az: 15 S 1310/22vorgehend AG Erding Az: 105 C 3691/21
Tatbestand
1Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht auf eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung in Anspruch.
2Die Zedenten verfügten über eine bestätigte Buchung für einen von der Beklagten durchzuführenden Flug, der planmäßig am um 7:20 Uhr (Ortszeit) in Reykjavik starten und um 12:05 Uhr (Ortszeit) in München landen sollte. Der Flug wurde aufgrund einer Blizzardwarnung annulliert.
3Der vorhergesagte Blizzard führte ab dem zu Beeinträchtigungen des Flugverkehrs im Bereich des Flughafens Reykjavik. Die Nutzung der Fluggastbrücken wurde für den Zeitraum vom um 20:38 Uhr bis um 10:50 Uhr aus Sicherheitsgründen eingestellt.
4Die Zedenten erreichten ihr Ziel mit einem Ersatzflug am um 6:05 Uhr (Ortszeit).
5Die Klägerin macht geltend, es habe eine frühere Ersatzbeförderungsmöglichkeit zur Verfügung gestanden, mit der die Zedenten den Zielort München am um 22:00 Uhr (Ortszeit) erreicht hätten.
6Das Amtsgericht hat die auf Ausgleichszahlung in Höhe von 800 Euro gerichtete Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
7Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Gründe
8Die zulässige Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
9I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
10Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen gemäß Art. 7 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Buchst. c FluggastrechteVO. Die Beklagte könne sich auf das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes gemäß Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO berufen.
11Die in Rede stehende Annullierung sei auf außergewöhnliche Umstände zurückgegangen, da für die Beklagte nicht beherrschbare, extreme Wetterbedingungen zu einer Schließung der Fluggastbrücken geführt hätten.
12Die Beklagte hätte die Annullierung des Fluges auch nicht vermeiden können, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach bei der Beurteilung dieser Frage die früheste Umbuchungsmöglichkeit zu berücksichtigen sei. Solche Umbuchungsmöglichkeiten könnten keine Berücksichtigung mehr finden, wenn auch damit weder die Annullierung noch eine Verspätung von mindestens drei Stunden zu vermeiden sei. Aufgrund der im konkreten Fall herrschenden Umstände habe für die Beklagte offenkundig keine Möglichkeit bestanden, die Zedenten derart umzubuchen, dass sie ihr Endziel innerhalb einer höchstens dreistündigen Verspätung erreicht hätten.
13II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
14Wie der Senat bereits in einer denselben Flug betreffenden Entscheidung dargelegt und näher begründet hat, kommen als zumutbare Maßnahmen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch solche Ersatzbeförderungen in Betracht, mit denen die Verspätung am Endziel nicht auf weniger als drei Stunden begrenzt werden kann (, NJW-RR 2024, 51 = RRa 2024, 23 Rn. 18 ff.).
15Das Berufungsgericht wird deshalb zu klären haben, ob eine andere zumutbare Möglichkeit der Ersatzbeförderung bestand, mit der die Zedenten das Endziel früher erreicht hätten.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:040624UXZR3.23.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-70035