Online-Nachricht - Donnerstag, 27.06.2024

Verfahrensrecht | "in camera"-Verfahren (§ 86 Abs. 1 FGO) bei Umsatzsteuersatzermäßigung (BFH)

Der bei einer Konkurrentenklage beigeladene Steuerpflichtige ist Dritter im Sinne des § 86 Abs. 1 FGO, wobei die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Daten im Rahmen von § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO zulässig ist, wenn dabei das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt wird (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 86 Abs. 1 FGO besteht die Verpflichtung zur Vorlage von Urkunden und Akten und zur Erteilung von Auskünften, soweit nicht durch das Steuergeheimnis (§ 30 AO) geschützte Verhältnisse Dritter unbefugt offenbart werden. Im in camera-Verfahren stellt der BFH ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss fest, ob die Verweigerung der Vorlage von Urkunden oder Akten, der Übermittlung elektronischer Dokumente oder die Verweigerung der Erteilung von Auskünften rechtmäßig ist (§ 86 Abs. 3 Satz 1 FGO ).

Sachverhalt: Im Rahmen einer Konkurrentenklage ist streitig, ob die Beigeladene für ihre Umsätze im Streitjahr 2013 zu Recht den ermäßigten Umsatzsteuersatz für Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs gemeinnütziger Körperschaften angewendet hat. Die Klägerin ist der Meinung, dass das FA verpflichtet sei, dem FG die von diesem angeforderten Teile der Steuerakten der Beigeladenen vorzulegen. Das FA hatte die Vorlage der Akten unter Berufung auf das Steuergeheimnis abgelehnt. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Weigerung des FA, weitere Aktenbestandteile vorzulegen, rechtswidrig ist.

Die Richter des BFH erachteten den Feststellungsantrag der Klägerin als teilweise begründet:

  • Der bei einer Konkurrentenklage beigeladene Steuerpflichtige ist Dritter im Sinne des § 86 Abs. 1 FGO, wobei die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Daten im Rahmen von § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO zulässig ist, wenn dabei das Verhältnismäßigkeitsprinzip gewahrt wird.

  • Bei einer Konkurrentenklage gegen die Steuersatzermäßigung der Umsätze eines gemeinnützigen Steuerpflichtigen sind Akten nach § 86 Abs. 1 FGO nur insoweit vorzulegen, als § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG eine drittschützende Wirkung - wie etwa in Bezug auf das Vorliegen eines Zweckbetriebs oder die in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen - zukommt.

  • Danach sind im Streitfall aus den vom beigeladenen Finanzministerium übersandten Akten und Aktenbestandteilen grundsätzlich die Unterlagen, die Daten zur Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung für Januar 2013 und zur Umsatzsteuerjahreserklärung 2013 als Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung enthalten, vorzulegen.

  • Gleiches gilt für den Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Beigeladenen für das Jahr 2013, der die Prüfung der Voraussetzungen eines Integrationsbetriebs als Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr. 3 Buchst. c AO a.F. zum Gegenstand hat.

  • Allerdings ist die Aktenvorlage zur Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) und der dabei gebotenen Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Umfang des Tenors zu beschränken sowie der darauf bezogene weitergehende Antrag der Klägerin insoweit abzulehnen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
SAAAJ-69762