Verfahrensrecht | Verspätungszuschlag nach § 152 Abs. 2 AO (BFH)
§ 152 Abs. 2 AO verstößt nicht gegen die Unschuldsvermutung gemäß Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gegen denjenigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommt, kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden (§ 152 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Vorschrift gewährt im Grundsatz Ermessen. Abweichend von Abs. 1 ist gemäß § 152 Abs. 2 AO ein Verspätungszuschlag u.a. festzusetzen, wenn eine Steuererklärung, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt bezieht, nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 14 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt, beziehungsweise in den Fällen des § 149 Abs. 2 Satz 2 nicht binnen 19 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs oder nicht binnen 19 Monaten nach dem Besteuerungszeitpunkt abgegeben wurde.
Sachverhalt: Die Kläger werfen die Frage auf, ob § 152 Abs. 2 AO in der gemäß Art. 97 § 8 EGAO anwendbaren Fassung vom eine Strafnorm im Sinne von Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist und ‑ bejahendenfalls ‑ ob eine konventionskonforme Auslegung von § 152 Abs. 2 AO erfordert, dass die Norm eine Entschuldigungsmöglichkeit beziehungsweise in der Rechtsfolge ein überprüfbares Ermessen vorsieht.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Die Frage der Beschwerdeführer ist nicht klärungsbedürftig.
Das in § 152 Abs. 2 AO vorgesehene Verspätungsgeld ist nicht dem Bereich des Strafrechts zuzurechnen. Allein die Nichterfüllung der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung innerhalb der dafür vorgesehenen gesetzlichen Frist stellt keine "Tat" dar, die ihrer Natur nach als strafbar angesehen werden könnte.
Auch die Art und Schwere der in § 152 Abs. 2 AO angedrohten Höchstsanktion sprechen gegen eine Zuordnung zum Strafrecht. Typische strafrechtliche Sanktionen wie die Freiheitsentziehung oder die Eintragung ins Strafregister sieht die Norm nicht vor. Die Höhe der - allein möglichen - finanziellen Sanktion lässt auch unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des EGMR einen strafrechtlichen Charakter nicht erkennen.
Darüber hinaus erfüllt die von den Klägern pauschal gerügte Verletzung von Art. 48 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht die Darlegungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Quelle: ; NWB Datendank (il)
Fundstelle(n):
BAAAJ-69331