BGH Beschluss v. - 6 StR 536/23

Instanzenzug: LG Braunschweig Az: 9 KLs 5/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit „Besitz von Betäubungsmitteln“ unter Einbeziehung der durch Strafbefehl vom verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Sein auf die allgemeine Sachrüge gestütztes Rechtsmittel hat im Umfang der Entscheidungsformel Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

A.

2Am bewahrte der Angeklagte im Kellerraum Cannabisharzplatten und Cannabisblüten auf. Die für den Eigenkonsum bestimmten Blüten wiesen ein Trockengewicht von 1.070 Gramm und einen THC-Anteil von 163 Gramm auf; das Harz mit einem THC-Anteil von 223 Gramm wollte er gewinnbringend verkaufen. In Griffweite zur Handelsmenge lagerte der Angeklagte einen Teleskopschlagstock, eine einseitig geschliffene Machete mit einer Klingenlänge von 46 cm, ein einseitig geschliffenes Messer mit einer Klingenlänge von 15 cm, zwei Luftdruckgewehre sowie eine Pressluftpistole, die jeweils eine erzielbare Bewegungsenergie von weniger als 7,5 Joule aufwiesen und mit dem Prüfkennzeichen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt versehen waren, und schließlich eine Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistole, bei der die Pulvergase nach vorn austreten. Die Schusswaffen waren ungeladen; die jeweils passende Munition befand sich jedoch griffbereit daneben.

3Ferner wurde in der Wohnung des Angeklagten in einem Nachtschrank ein Faustdolch aufgefunden, den er – so seine Einlassung in der Hauptverhandlung – bis wenige Tage vor der Durchsuchung mit dem Cannabis und den anderen Waffen im Keller aufbewahrt, sodann anlässlich einer befürchteten Auseinandersetzung in einer Gaststätte außerhalb der Räumlichkeiten bei sich getragen und anschließend in den Nachtschrank gelegt habe. Der Besitz des Dolchs ist mit der einbezogenen Geldstrafe rechtskräftig geahndet worden.

B.

4Ein Verfahrenshindernis besteht nicht. Die Auffassung der Revision, aufgrund des wegen des Besitzes des Faustdolches ergangenen Strafbefehls vom sei Strafklageverbrauch hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Tat eingetreten, ist unzutreffend.

I.

5Nach Art. 103 Abs. 3 GG darf niemand wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrfach bestraft werden. Maßstab ist der prozessuale Tatbegriff des § 264 StPO; dieser bestimmt sich nach dem von der zugelassenen Anklage umschriebenen geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll, und erstreckt sich auf das gesamte Verhalten des Täters, das nach natürlicher Auffassung ein mit diesem geschichtlichen Vorgang einheitliches Geschehen bildet (st. Rspr.; vgl. nur , Rn. 10). Ein tateinheitliches Geschehen (§ 52 StGB) stellt in der Regel auch verfahrensrechtlich eine Tat dar; umgekehrt bilden im Sinne von § 53 StGB selbstständige Handlungen – von engen Ausnahmen abgesehen – auch mehrere Taten im prozessualen Sinne (vgl. , BGHSt 64, 1, 7 mwN).

II.

6Nach dieser Maßgabe war das vom Landgericht als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) gewertete Geschehen nicht Gegenstand des Strafbefehls. Denn diesem lag ausschließlich die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über den Faustdolch am zugrunde.

71. Dieser Besitz steht mit der durch die Strafkammer für denselben Tag abgeurteilten Tat nicht in Tateinheit, auch wenn der Angeklagte den Faustdolch zuvor mit den anderen Waffen bei den Cannabisprodukten im Keller aufbewahrte.

8a) Zwar lag zwischen beiden Delikten bis zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte den Faustdolch zu führen begann, Tateinheit vor (vgl. , NStZ-RR 2013, 82, 83). Der Besitz des Faustdolches am steht hierzu aber in Tatmehrheit (§ 53 Abs. 1 StGB) und stellt eine eigene prozessuale Tat dar.

9aa) Grundsätzlich stehen verschiedene Verstöße gegen das Waffengesetz, die zugleich Fortsetzung des Dauerdeliktes des Waffenbesitzes sind, zwar zueinander in Tateinheit nach § 52 Abs. 1 StGB, soweit es sich um dieselbe Waffe handelt (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 678/98, NStZ 1999, 513, 514; vom – 2 StR 552/90, BGHR § 52 Abs. 3 WaffG Konkurrenzen 2). Dies gilt auch im Verhältnis des Führens einer Waffe zu ihrem Besitz, wenn der Täter die tatsächliche Gewalt über eine Waffe sowohl außer- als auch innerhalb der eigenen Wohnung oder des eigenen befriedeten Besitztums ausübt (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 378/13, NStZ-RR 2013, 387, 388; vom – 3 StR 226/09).

10bb) Das Dauerdelikt des Waffenbesitzes (§ 52 Abs. 3 Nr. 1 WaffG) erfährt aber sachlich-rechtlich eine Zäsur, wenn sich der Täter entschließt, mit dieser Waffe ein Verbrechen zu begehen. Dann stellen die Abschnitte vor und nach dieser Tat jeweils eigene selbstständige Handlungen (§ 53 Abs. 1 StGB) dar und sind regelmäßig auch als eigenständige prozessuale Taten im Sinne von § 264 StPO zu qualifizieren (vgl. , BGHSt 36, 151, 153 f.; vom – 2 StR 670/97, NStZ-RR 1999, 8, 9; Beschluss vom − 4 StR 343/15, NStZ 2016, 159; Pauckstadt-Maihold/Lutz in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 249. Ergänzungslieferung September 2023, WaffG § 52 Rn. 100). Dies gilt auch im Verhältnis von Erwerb und Besitz einer Waffe zu ihrem Führen, wenn dieses auf einem neuen Entschluss des Täters beruht (vgl. , BGHSt 36, 151, 154; MüKo-StGB/Heinrich, 4. Aufl., § 52 WaffG Rn. 169; Steindorf/Heinrich, Waffenrecht, 11. Aufl., § 52 WaffG Rn. 98).

11b) Ebenso verhält es sich in der hiesigen Konstellation des Führens des Faustdolches. Auch dieses beruhte auf einem zäsurbegründenden neuen Tatentschluss. Die Mitnahme des Faustdolches für einen möglichen Einsatz in der Gaststätte ist im Vergleich zu dessen vorheriger Lagerung bei den Betäubungsmitteln ein qualitativ anderes Unrecht: Die Zäsurwirkung entfällt nicht dadurch, dass der Täter mit der geführten Waffe tatsächlich keine weitere strafbare Handlung beging (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 380/11, NStZ 2012, 452; vom – 5 StR 45/99, NStZ 1999, 347). Vielmehr bewirkt der neue, von anderen Beweggründen als der „Verteidigung“ des Cannabis getragene Entschluss zum Führen des Faustdolches eine Zäsur, so dass sein früherer nicht mehr mit dem späteren Besitz über eine Verklammerung zur Tateinheit im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB verbunden ist.

122. Sachlich-rechtliche Tateinheit besteht auch nicht aus anderen Gründen.

13a) Zwischen dem Besitz des Faustdolchs am Tag der Durchsuchung und dem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bestand über die Gleichzeitigkeit des Geschehensablaufs hinaus kein innerer Beziehungs- oder Bedingungszusammenhang (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 187/13, NStZ-RR 2013, 320, 321, und vom – 3 StR 566/08, NStZ 2009, 705, 706).

14b) Zwar wird durch die teilweise Gleichzeitigkeit des Besitzes mehrerer Waffen Tateinheit begründet. Dies gilt auch hinsichtlich verschiedenartiger Verstöße gegen das Waffengesetz, unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Waffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 536/98; vom – 1 StR 800/96, NStZ 1997, 446). Aber hier ist der bloße Besitz von Teleskopschlagstock, Machete, Messer und Schusswaffen nebst zugehöriger Munition nicht nach dem Waffengesetz strafbar.

15c) Schließlich ist eine andere Wertung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, dem das Rechtsinstitut des Strafklageverbrauchs neben anderen Zwecken dient (vgl. , NJW 1980, 2718, 2719), nicht gerechtfertigt. So lag es aus Sicht eines verständigen Empfängers in der Position des Angeklagten fern, dass der Strafbefehl vom auch Taten, die im Zusammenhang mit dem im Keller aufgefundenen Cannabis verwirklicht wurden, erfassen sollte.

C.

I.

16Der Schuldspruch ist nach § 354a i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO zu ändern.

171. Seit dem sind Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis nicht mehr nach dem Betäubungsmittelgesetz, sondern nach dem Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (BGBl. 2024 I Nr. 109; Konsumcannabisgesetz – KCanG) zu werten. Dies ist hier das nach § 2 Abs. 3 StGB mildere Gesetz. Das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Strafkammer einen minder schweren Fall nach § 30a Abs. 3 BtMG angenommen hat. Der Senat kann ausschließen, dass der Sonderstrafrahmen für minder schwere Fälle nach § 34 Abs. 4 KCanG nicht zur Anwendung gelangen würde, obgleich dem Umstand, dass es sich bei Cannabis um eine „weiche Droge“ handelt, unter dem KCanG keine strafmildernde Bedeutung beizumessen ist. Denn die Strafkammer hat bei der Verwirklichung des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG die Anwendung des Sonderstrafrahmens des § 30a Abs. 3 BtMG nicht vorrangig damit begründet, dass es sich bei Cannabis um eine Droge von geringerer Gefährlichkeit handelt (vgl. , Rn. 30 mwN).

182. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte sich des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis (§ 1 Nr. 8 KCanG) in Tateinheit mit verbotenem Besitz von Cannabis nach § 34 Abs. 4 Nr. 4, Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) KCanG, § 52 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.

19Die Grenze zur nicht geringen Menge, die der Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis (§ 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG) – wie das bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) – voraussetzt, wird mit 223 Gramm THC überschritten.

20a) In der Gesetzesbegründung wird zwar ausgeführt, dass der konkrete Wert einer nicht geringen Menge abhängig vom jeweiligen THC-Gehalt des Cannabis von der Rechtsprechung aufgrund der geänderten Risikobewertung neu zu entwickeln sein wird, wobei „im Lichte der legalisierten Mengen an der bisherigen Definition der nicht geringen Menge“ nicht mehr wird festgehalten werden können; der Grenzwert müsse folglich deutlich höher liegen als in der Vergangenheit (BT-Drucks. 20/8704, S. 132).

21b) Die mit der Verringerung der Strafwürdigkeit des Umgangs mit Cannabis einhergehende veränderte „Risikobewertung“ gilt aber nicht für das weiterhin uneingeschränkte Verbot des Handeltreibens mit Cannabisprodukten. Aufgrund der möglichen Gesundheitsgefahren ist der halben an dem Grenzwert von 7,5 Gramm THC (vgl. , BGHSt 42, 1, 3 ff.) festzuhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 106/24; vom – 5 StR 153/24; Hanseatisches ). Bei der zum weiterhin uneingeschränkt verbotenen Handeltreiben bestimmten Menge ist eine konsumnahe und nicht strafbare Freimenge (§ 2 Abs. 3 KCanG) nicht abzuziehen.

22aa) Da der Konsum von Cannabis, das auf dem Schwarzmarkt bezogen wird, häufig mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko einhergeht, hat der Gesetzgeber nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 KCanG den Eigenkonsum, den privaten Eigenanbau sowie den damit verbundenen Besitz der ungeernteten Cannabispflanze (vgl. § 9 KCanG) und – mit Wirkung ab dem (Art. 15 Abs. 2 CanG) – schließlich den gemeinschaftlichen Eigenanbau und die Weitergabe von Cannabis für den Eigenkonsum an Mitglieder in Anbauvereinigungen (§ 11 Abs. 1 KCanG) auch und gerade mit dem Ziel einer Eindämmung des illegalen Marktes für Cannabis entkriminalisiert (BT-Drucks. 20/8704, S. 68).

23bb) Handeltreiben birgt demgegenüber die Gefahr der Ansammlung einer erhöhten und unkontrollierten Drogenmenge (vgl. Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29a BtMG Rn. 35 mwN), und an seinem Verbotszweck hat sich durch die Neuregelung nichts geändert (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 94). Das Konsumcannabisgesetz bezweckt einen verbesserten Gesundheitsschutz, soll die cannabisbezogene Aufklärung und Prävention stärken, den illegalen Markt für Cannabis eindämmen sowie den Kinder- und Jugendschutz verbessern (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 68). Es zielt – wie das Betäubungsmittelgesetz – darauf ab, die menschliche Gesundheit sowohl des Einzelnen wie der Bevölkerung im Ganzen vor den von Cannabis ausgehenden Gefahren zu schützen und die Bevölkerung, vor allem Jugendliche, vor Abhängigkeit von Cannabis zu bewahren (vgl. zum BtMG BVerfGE 90, 145, 174).

243. Bei der Fassung des Schuldspruchs kann wegen der Verwendung der bereits aus dem Betäubungsmittelgesetz bekannten Begriffe grundsätzlich auf die bei der Anwendung dieses Gesetzes gebräuchlichen Formulierungen zurückgegriffen werden, wobei lediglich beim hier tateinheitlich verwirklichten Besitz der Zusatz „verboten“ zur Klarstellung geboten ist (§ 260 Abs. 4 StPO), weil diese Art des Umgangs mit Cannabis nicht stets unter Strafe steht oder eine Ordnungswidrigkeit darstellt (§§ 3, 34 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG). Da es sich bei § 34 Abs. 3 KCanG – anders als bei § 29a BtMG – um eine Strafzumessungsregel handelt, scheidet trotz des Umstands, dass mit 163 Gramm THC die Grenze zur nicht geringen Besitzmenge auch unter Berücksichtigung der „geänderten Risikobewertung“ offenkundig überschritten wird, die dem Senat ansonsten mögliche (vgl. , Rn. 11) „Verböserung“ des Schuldspruchs aus.

II.

25Der Strafausspruch hat indessen keinen Bestand.

261. Denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer aufgrund des milderen Strafrahmens des bewaffneten Handeltreibens mit Cannabis (§ 34 Abs. 4 Nr. 4 KCanG) auf eine niedrigere Freiheitsstrafe und damit auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bleiben aufrechterhalten (§ 353 Abs. 2 StPO) und können um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.

272. Sollte das neue Tatgericht bei der Strafzumessung die tateinheitliche Verwirklichung des verbotenen Besitzes (vgl. ) und dabei auch die Wirkstoffmenge in die Abwägung einstellen (§ 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG; vgl. , Rn. 24 mwN), wird es der „geänderten Risikobewertung“ des Gesetzgebers dadurch Rechnung zu tragen haben, dass es die für die verfahrensgegenständliche Umgangsform bestimmte Menge in dem Umfang außer Acht lässt, in dem ihr Besitz nicht strafbar ist.

28a) Strafbar ist der eigenkonsumnahe Besitz von mehr 30 Gramm Cannabis an einem Ort, der nicht der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt ist, am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt von insgesamt mehr als 60 Gramm Cannabis, von mehr als drei lebenden Cannabispflanzen, der gleichzeitige Anbau von mehr als drei Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KCanG) und – ab dem – im Zusammenhang mit den sogenannten Anbauvereinigungen (§ 11 Abs. 1 KCanG) der Erwerb sowie die Entgegennahme von mehr als 25 Gramm Cannabis pro Tag oder mehr als 50 Gramm Cannabis pro Kalendermonat (§ 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG).

29b) Bereits mit dem Erreichen der strafbaren Umgangsmenge wäre daher oftmals die (weiterhin) maßgebliche Grenze zur nicht geringen Menge von 7,5 Gramm überschritten und damit stets der Anwendungsbereich von § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG eröffnet. Mit Blick auf den durchschnittlichen Wirkstoffgehalt bei – wie hier – Cannabisharz von 22,5 % (vgl. für 2019 die Übersicht bei Patzak/Dahlenburg, NStZ 2022, 146, 147) wiese schon die straflose Besitzmenge von 60 Gramm (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b KCanG) bei durchschnittlicher Qualität einen Wirkstoffanteil von 13,5 Gramm THC auf; bei einem straflosen Besitz von 30 Gramm außerhalb des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a KCanG) wäre die Grenze zur nicht geringen Wirkstoffmenge bereits bei einem Wirkstoffgehalt von 25 % erreicht.

30c) Bei Abzug der jeweils erlaubten und vom Gesetzgeber als unbedenklich erachteten Freimengen von 30 beziehungsweise 60 Gramm oder – im Zusammenhang mit den Anbauvereinigungen – von 25 Gramm täglich oder 50 Gramm im Monat bleibt hingegen ein hinreichender, in den Normalstrafrahmen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG) einzuordnender Strafbarkeitsbereich. Denn bei einem Wirkstoffgehalt von 22,5 % wäre etwa die für die Anwendung des besonders schweren Falls (§ 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG) relevante Wirkstoffmenge von 7,5 Gramm erst ab einer Gesamtbesitzmenge von 93,33 Gramm Cannabisharz erreicht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:300424B6STR536.23.0

Fundstelle(n):
EAAAJ-68614