BAG Urteil v. - 6 AZR 174/23

Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Justizvollzugsdienst

Leitsatz

Eine Tätigkeit im Sanitätsdienst des Justizvollzugsdienstes im Sinne des § 47 Nr. 3 TV-L, die zu einem Anspruch auf vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Gewährung einer Übergangszahlung führt, liegt nur dann vor, wenn diese überwiegend "am Patienten selbst" erbracht wird. Zuarbeitende und unterstützende medizinische Tätigkeiten, die nicht "am Patienten selbst" ausgeübt werden, genügen dafür nicht.

Gesetze: § 47 Nr 1 Abs 1 TV-L, § 47 Nr 3 Abs 1 TV-L

Instanzenzug: Az: 9 Ca 4879/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) Az: 6 Sa 63/23 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Verlangen der Klägerin auf Basis der Regelungen des TV-L.

2Die 1959 geborene Klägerin ist seit dem als medizinisch-technische Laborassistentin bei dem beklagten Land beschäftigt. Nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag findet ua. der TV-L in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Das Arbeitsverhältnis besteht im Tarifgebiet West.

3Der Teil B des TV-L enthält in den §§ 40 bis 52 spezielle Bestimmungen für einzelne Beschäftigungsgruppen. § 47 Nr. 3 iVm. Nr. 1 TV-L enthält Sonderregelungen zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zur sog. Übergangszahlung für Beschäftigte des Justizvollzugsdienstes der Länder, die im Aufsichts-, Werk- oder Sanitätsdienst tätig sind. § 47 TV-L lautet auszugsweise:

4Das beklagte Land hält keine Beamtenlaufbahn für den Sanitätsdienst vor. Soweit Beamte in seinen Justizvollzugsanstalten im Sanitätsdienst tätig sind, haben diese die Laufbahnprüfung des allgemeinen Vollzugsdienstes mit entsprechender beruflicher Ausbildung oder Zusatzqualifikation absolviert. Diese treten nach § 117 Abs. 1 des Gesetzes über die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen vom (Landesbeamtengesetz - LBG NRW) idF vom mit Ende des Monats, in dem sie das 62. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand.

5Der Arbeitsplatz der Klägerin befindet sich innerhalb des Justizvollzugskrankenhauses, welches das beklagte Land rechtlich als Justizvollzugsanstalt führt. Die Klägerin unterliegt bei Zutritt, Tätigkeit und Verlassen des Gebäudes den gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie das übrige Vollzugspersonal. Ihre Tätigkeit besteht im Wesentlichen in der Untersuchung medizinischer Proben von inhaftierten Patienten. Daneben nimmt sie selbst in variierendem Umfang - durchschnittlich ca. 15 Minuten pro Tag - im Rahmen von venösen und kapillaren Blutabnahmen, Blutgasanalysen sowie Glukose- und Laktosetoleranztests Proben bei inhaftierten Patienten ab. Kontakt zu und Begleitung von inhaftierten Patienten im Rahmen von Blutentnahmen sind zwingend erforderlich. Nach der Tätigkeitsbeschreibung des beklagten Landes beinhaltet die Tätigkeit der Klägerin im Einzelnen Folgendes:

6Die Klägerin kann ab dem eine abschlagsfreie Rente nach § 236 Abs. 2 Satz 2 SGB VI als langjährig Versicherte in Anspruch nehmen.

7Nach - erfolgloser - außergerichtlicher Geltendmachung mit Schreiben vom hat die Klägerin mit Klage vom die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum verlangt und eine entsprechende Feststellungsklage erhoben.

8Die Klägerin meint, aufgrund ihres Verlangens habe ihr Arbeitsverhältnis in Anwendung von § 47 Nr. 3 TV-L am geendet. Dessen Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere übe sie Tätigkeiten im Sanitätsdienst im Sinn eines Krankenpflegedienstes aus. Dies umfasse die Gesamtheit aller Maßnahmen, die zur Pflege und Betreuung Kranker nötig seien, mithin auch Laboruntersuchungen und Probeentnahmen. Der zeitliche Umfang dieser Tätigkeiten sei nicht von Belang. Bei ihrer Tätigkeit sei sie aufgrund des Kontakts zu inhaftierten Personen erheblichen körperlichen Anforderungen ausgesetzt.

9Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

10Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt.

11Es hat die Ansicht vertreten, die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten unterfielen schwerpunktmäßig nicht dem Begriff des Sanitätsdienstes. Die Regelung des § 47 Nr. 3 TV-L wolle der besonderen, belastenden Situation der Angestellten, die aus dem Kontakt mit inhaftierten Personen resultiere, Rechnung tragen. Der nur ca. 15-minütige Kontakt am Tag bei der Probenentnahme genüge dem nach Sinn und Zweck der Norm nicht.

12Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat das beklagte Land Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil die tatbestandliche Feststellung getroffen, dass die Klägerin seit dem in Abstimmung mit dem beklagten Land nicht mehr für dieses tätig ist.

13Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Gründe

14Die zulässige Revision ist begründet. Das Arbeitsverhältnis ist nicht zum beendet worden. § 47 Nr. 3 TV-L findet entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der Parteien.

15I. Die Revision ist zulässig. Das beklagte Land hat ein anerkennenswertes Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Revisionsverfahrens.

16Das Rechtsschutzinteresse stellt grundsätzlich keine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Revisionseinlegung dar. Vielmehr ist mit dem Erfordernis der Beschwer im Allgemeinen gewährleistet, dass das Rechtsmittel nicht ohne ein sachliches Bedürfnis des Rechtsmittelklägers eingelegt wird. Ein Rechtsmittel ist deshalb nur ausnahmsweise wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn eine unnötige, zweckwidrige oder missbräuchliche Beschreitung des vom Gesetz vorgesehenen Rechtsmittelweges anzunehmen ist. Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Parteien keine rechtliche Wirkung mehr entfalten kann (vgl.  - Rn. 10; - 6 AZR 460/20 - Rn. 20, BAGE 175, 257). Dies ist hier nicht deshalb der Fall, weil das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, die Klägerin werde seit dem in Abstimmung mit dem beklagten Land nicht mehr für dieses tätig. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist damit nicht festgestellt. Darüber hinaus löst ein stattgebendes Urteil den Anspruch der Klägerin auf die sog. Übergangszahlung nach § 47 Nr. 3 Abs. 2 TV-L aus. Das beklagte Land hat damit nicht nur ein symbolisches Interesse an der Revision.

17II. Die Revision ist begründet. Die Klage auf Feststellung der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist zwar zulässig, aber unbegründet.

181. Die Feststellungsklage ist zulässig.

19a) Das von der Klägerin geltend gemachte Klagebegehren der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt kann Gegenstand einer Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO sein. Als sog. Elementenfeststellungsklage kann sich eine solche auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (st. Rspr., zB  - Rn. 44 mwN, BAGE 178, 201).

20b) Für den Antrag besteht auch das erforderliche Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO (vgl. hierzu  - Rn. 12;  - Rn. 13 ff.). An einem solchen mangelt es auch nicht wegen der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin werde seit dem in Abstimmung mit dem beklagten Land nicht mehr für dieses tätig, denn damit ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anerkennung des Anspruchs auf eine Übergangszahlung durch das beklagte Land nicht festgestellt (vgl. Rn. 16).

212. Die Klage ist jedoch unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Klägerin sei im Sanitätsdienst beschäftigt, womit die tatbestandlichen Voraussetzungen der - einzig ersichtlichen - Anspruchsgrundlage des § 47 Nr. 3 iVm. Nr. 1 TV-L erfüllt seien. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen in der Sache endentscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

22a) Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin finden aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Regelungen des TV-L in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

23b) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 Nr. 1 Abs. 1 und Nr. 3 Abs. 1 TV-L sind nicht erfüllt. Die Klägerin ist keine Beschäftigte im Sanitätsdienst. Das ergibt die Auslegung der Tarifregelung (zu den diesbezüglichen Grundsätzen  - Rn. 41 mwN).

24aa) Die Klägerin ist im Justizvollzugsdienst beschäftigt. Sie wird vom beklagten Land im Justizvollzugskrankenhaus in F in Nordrhein-Westfalen - und damit im Tarifgebiet West (§ 47 Nr. 1 Abs. 3 TV-L) - als medizinisch-technische Laborassistentin eingesetzt. Das Justizvollzugskrankenhaus wird nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtlich als Justizvollzugsanstalt geführt. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Formulierung: „Beschäftigte des Justizvollzugsdienstes … im Sanitätsdienst“, nicht zwischen den einzelnen Justizvollzugseinrichtungen unterschieden, sondern stellen allein darauf ab, dass die Tätigkeit im Sanitätsdienst erbracht wird (vgl.  - Rn. 23). § 47 Nr. 1 Abs. 1 TV-L verlangt auch nicht, dass die Beschäftigten die Laufbahnvoraussetzungen für den Justizvollzugsdienst erfüllen. Ausweislich der Überschrift der Norm („im Justizvollzugsdienst“) genügt ein tatsächlicher Einsatz in diesem Bereich (BeckOK TV-L/Sieberts § 47 Nr. 1 Stand Rn. 6).

25bb) Die Klägerin ist als medizinisch-technische Laborassistentin jedoch nicht im Sanitätsdienst iSv. § 47 Nr. 1 Abs. 1 und Nr. 3 Abs. 1 TV-L eingesetzt.

26(1) Die Tarifvertragsparteien haben zwar den Begriff des „Sanitätsdienstes“, der schon in den Sonderregelungen 2n zum BAT Verwendung gefunden hat, in § 47 TV-L nicht eigenständig definiert. Jedoch macht bereits der Wortlaut deutlich, dass damit der Krankenpflegedienst gemeint ist.

27(a) Nach der Rechtsprechung des Senats bringen die Tarifvertragsparteien mit dem Begriffsbestandteil „Sanität“, der ua. Krankenpflege bedeutet (Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch [1983] Stichwort „Sanität“), zum Ausdruck, dass der Sanitätsdienst umfassend im Sinn von Krankenpflegedienst zu verstehen ist ( - Rn. 23; vgl. auch BeckOK TV-L/Sieberts § 47 Nr. 1 Stand Rn. 7).

28(b) Dies korrespondiert mit dem allgemeinen Sprachgebrauch, wonach mit „Sanitätsdienst“ der Dienst als Sanitäter (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „Sanitätsdienst“), Krankendienst und Krankenpflege gemeint ist (Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch [1983] Stichwort „Sanitätsdienst“). Unter dem Begriff „Sanitäter“ wird gemeinhin jemand verstanden, der in Erster Hilfe und in Krankenpflege ausgebildet und auf diesem Gebiet tätig ist (Duden aaO; Brockhaus/Wahrig aaO, jeweils zum Stichwort „Sanitäter“). Unter „Krankenpflege“ wiederum wurde zwar ursprünglich nur die Verpflegung der Kranken verstanden (Grimm Deutsches Wörterbuch [1984] Stichwort „Krankenpflege“). Im modernen Sprachgebrauch ist damit jedoch die Pflege und Betreuung Kranker gemeint (vgl. Duden aaO Stichwort „Krankenpflege“).

29(2) Soweit im Schrifttum angenommen wird, Sanitätsdienst iSv. § 47 Nr. 1 Abs. 1 TV-L umfasse denjenigen Kranken- oder Krankenpflegedienst, der zur Aufrechterhaltung des Gesundheitszustandes der Insassen der Justizvollzugsanstalten erforderlich sei (Sponer in Sponer/Steinherr TV-L § 47 Nr. 1 Stand September 2008 Rn. 4), oder dass nur der Verwaltungsdienst der Justizvollzugsanstalten ausgeschlossen sein soll (BeckOK TV-L/Sieberts § 47 Nr. 1 Stand Rn. 7), wird ein solch weites Verständnis des Begriffs des „Sanitätsdienstes“ dem Zweck des § 47 Nr. 3 TV-L nicht gerecht. Dieser liegt in einem Ausgleich für besondere Belastungen, die Beschäftigte wegen ihrer Arbeit in den dort genannten speziellen Bereichen des Justizvollzugsdienstes - ua. dem Sanitätsdienst - zu ertragen haben (so bereits  - Rn. 22). Die Tarifvertragsparteien haben mit der Option, das Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze zu beenden und eine Übergangszahlung zu beziehen, den spezifischen körperlichen und mentalen Belastungen aufgrund der genannten Tätigkeiten des Justizvollzugsdienstes Rechnung getragen (vgl.  - Rn. 31). Eine Tätigkeit muss daher ausgehend vom Zweck der Norm überwiegend „am Patienten selbst“ erbracht werden, um als Sanitätsdienst im tariflichen Sinn charakterisiert werden zu können. Zuarbeitende und unterstützende medizinische Tätigkeiten, die nicht „am Patienten selbst“ ausgeübt werden und dann erst im Weiteren die Krankenpflege und -versorgung der inhaftierten Patienten ermöglichen, genügen dafür nicht, weil damit die von der Norm vorausgesetzte Belastung nicht verbunden ist. Entscheidend für die Qualifikation als Beschäftigter im Sanitätsdienst im tariflichen Sinn ist eine überwiegende krankenpflegerische Tätigkeit am Patienten.

30(3) Danach kann die Tätigkeit der Klägerin als medizinisch-technische Laborassistentin mit dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Inhalt nicht als Sanitätsdienst iSv. § 47 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3 Abs. 1 TV-L qualifiziert werden.

31(a) Bei den Tätigkeiten, welche die Klägerin ausübt, handelt es sich um Labortätigkeiten. Sie führt Laboruntersuchungen von Körperflüssigkeiten, ua. Blut und Urin, durch mit dem Ziel der Krankheitserkennung und -behandlung und der Krankheitsvorsorge. Dabei werden, auch mithilfe von Geräten, Proben vorbereitet, Kulturen angelegt und Tests durchgeführt. Nicht unwesentlicher Bestandteil der Tätigkeiten ist auch die Dokumentation der Ergebnisse bzw. deren Weitergabe sowie weitere administrative Arbeiten ebenso wie Reinigungsdienste im Labor zur Erhaltung der Hygiene und die Kontrolle und Bevorratung der erforderlichen Arbeitsmaterialien. Diese Labortätigkeiten dienen nicht der Pflege und Betreuung Kranker. Darum führt auch die Tatsache, dass die Klägerin Proben zum Teil nicht nur im Labor in Empfang nimmt, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts durchschnittlich etwa 15 Minuten pro Tag selbst an den inhaftierten Patienten Blut und Proben für Blutgasanalysen sowie Glukose- und Laktosetoleranztests abnimmt, nicht zur Zuordnung ihrer Tätigkeit zum Sanitätsdienst. Der bloße persönliche Kontakt zum Häftling, der - und das ist der Klägerin zuzugestehen - ein Risiko für die Sicherheit des Beschäftigten birgt, soll, wenn dieser Kontakt außerhalb der Krankenpflege erfolgt, nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Möglichkeit zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Gewährung einer Übergangszahlung nicht eröffnen. Diese haben nur bestimmten Berufsgruppen im Justizvollzugsdienst die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der in § 47 Nr. 3 TV-L geregelten Übergangszahlung eröffnen wollen.

32(b) Die von der Klägerin zu erfüllenden Aufgaben unterscheiden sich von denen eines medizinisch-technischen Laborassistenten, der in einem Labor außerhalb eines Justizvollzugskrankenhauses eingesetzt wird, zum ganz überwiegenden Teil nur darin, dass die Klägerin ihre Arbeit unter den Einschränkungen eines Einschlusses ausübt und insoweit den gleichen Sicherheitsvorkehrungen wie das übrige Vollzugspersonal unterliegt. Zum Ausgleich hierfür sieht der TV-L jedoch bereits eine sog. Vollzugszulage nach § 19a TV-L vor (im Sprachgebrauch der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auch „Gitterzulage“ genannt). Die von der Klägerin in geringem Umfang direkt am inhaftierten Patienten vorgenommenen Tätigkeiten dienen lediglich dazu, die Laboruntersuchungen überhaupt vornehmen zu können, auf deren Basis dann der Krankenpflegedienst am Patienten unter Berücksichtigung der im Labor gewonnenen Ergebnisse umgesetzt werden kann. Die von ihr ausgeführten Labortätigkeiten sind daher keine Krankenpflegetätigkeiten im tariflichen Sinn.

33(4) Dieses Verständnis spiegelt sich auch in der Systematik des Tarifvertrags wider. In den Entgeltgruppen der Anlage A zum TV-L - Entgeltordnung - wird unterschieden zwischen Eingruppierungsmerkmalen für Beschäftigte, die als medizinisch-technische Assistenten tätig sind (Teil II Ziff. 10.10 der Anlage A zum TV-L), und für Beschäftigte in der Pflege (Teil IV Ziff. 1 der Anlage A zum TV-L), worunter auch Krankenpfleger fallen.

34III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu tragen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:210324.U.6AZR174.23.0

Fundstelle(n):
BB 2024 S. 1470 Nr. 25
PAAAJ-68389