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BGH Urteil v. - V ZR 132/23

Vergemeinschaftung von Mängelrechten gegen Bauträger durch Gesamtgemeinschaft

Leitsatz

1a. Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet, kann nur die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; dies gilt auch dann, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil der Anlage betreffen.

1b. Die Kompetenz, durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen (hier: Aufnahme von Vergleichsverhandlungen und Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung der Prozesskosten) zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer zu.

2. Grundsätzlich muss in einem Beschluss über die Erhebung einer Sonderumlage die auf den einzelnen Eigentümer entfallende Summe betragsmäßig bestimmt sein. Es reicht aber aus, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist und von den Wohnungseigentümern selbst ohne Weiteres errechnet werden kann.

Gesetze: § 10 Abs 1 S 2 WoEigG, § 28 WoEigG

Instanzenzug: Az: 25 S 83/22vorgehend AG Solingen Az: 15a C 37/21

Tatbestand

1    Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Sie teilte das Grundstück als Bauträgerin nach der Sanierung der beiden Häuser der Anlage unter Bildung der Untergemeinschaften G.     straße 54 und G.     straße 56 in Wohnungs- und Teileigentum auf. Die Untergemeinschaft G.     straße 54 besteht aus acht Einheiten mit insgesamt 635 Miteigentumsanteilen, die Untergemeinschaft G.     straße 56 aus fünf Einheiten mit 365 Miteigentumsanteilen.

2    Die Gemeinschaftsordnung enthält dazu folgende Regelungen:

„§ 3 Abs. 5:

Bei den Regelungen dieser Gemeinschaftsordnung als auch der zugrunde liegenden Teilungserklärung ist immer davon auszugehen, dass die auf dem Grundstück aufstehenden Wohngebäude … im Ergebnis so weit wie möglich getrennt und unabhängig voneinander behandelt werden, so dass die Einheiten 1 bis mit 8 (G.     straße 54) und die Einheiten 9 bis mit 13 (G.     straße 56) jeweils eine gesonderte Wirtschaftsgemeinschaft und hinsichtlich ihres Gebäudes eine eigene, getrennte Eigentümergemeinschaft bilden. Dazu gilt folgendes:

a)

Der jeweiligen (Unter-) Eigentümergemeinschaft der beiden genannten Häuser … steht die Nutzung ihres jeweiligen Gebäudes jeweils gemeinschaftlich unter Ausschluss der Nutzung durch die Miteigentümer des anderen Hauses zu. Diesem Sondernutzungsrecht unterliegen das gesamte gemeinschaftliche Eigentum des jeweiligen Hauses, insbesondere die konstruktiven Teile des Gebäudes sowie die technischen Einrichtungen und gemeinschaftlichen Anlagen, soweit diese nicht im Sondereigentum eines Wohnungseigentümers stehen oder diesem zur Sondernutzung zugewiesen sind. Die Miteigentümer eines Hauses besitzen sämtliche Rechte und Pflichten an ihrem Gebäude so, wie wenn es sich um eine eigene Eigentümergemeinschaft handelt, mithin die beiden betreffenden Grundstücke real geteilt wären. Die Miteigentümer eines Hauses entscheiden allein über bauliche Maßnahmen an ihrem Gebäude. Im Zweifel entscheidet der Verwalter für die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft über die Zulässigkeit einer solchen Veränderung. …

c)

Jede Untergemeinschaft hält eine gesonderte Eigentümerversammlung ab, die über die Belange entscheidet, die nur diese Gemeinschaft betrifft. In dieser Versammlung haben nur die Eigentümer der in dem Haus gelegenen Einheiten Stimmrecht. Das Stimmrecht bestimmt sich auch insoweit nach den Miteigentumsanteilen, bezogen auf das jeweilige Teilobjekt … ."

3    Am fand eine außerordentliche Eigentümerversammlung der Gesamtgemeinschaft statt, bei der zu TOP 5 beschlossen wurde, die Ausübung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüche sowie die sonstigen primären Mängelrechte, die den Erwerbern gegen die Klägerin als Bauträgerin zustehen, an sich zu ziehen. Auf der Grundlage dieses Beschlusses nimmt die GdWE die Klägerin vor dem Landgericht auf Zahlung von Vorschuss für die Beseitigung behaupteter Mängel am Gemeinschaftseigentum in Anspruch. Die in dem Rechtsstreit geltend gemachten Mängel beziehen sich ausschließlich auf das Objekt G.     straße 54. Darüber wird vor dem Landgericht Beweis erhoben.

4    In der Eigentümerversammlung vom beschloss die Gesamtgemeinschaft zu TOP 14, den Prozess vor dem Landgericht zunächst fortzuführen, das Ergebnis des gerichtlich beauftragten Gutachters abzuwarten und im Anschluss einen Vergleich mit der Klägerin anzustreben. Zu TOP 15 wurde beschlossen, eine einmalige Sonderumlage in Höhe von 6.000 € zur Finanzierung der Prozesskosten anteilig entsprechend den Miteigentumsanteilen der Wohnungseigentümer zu erheben.

5    Gestützt auf die Ansicht, der Gesamtgemeinschaft fehle die Beschlusskompetenz, da der Rechtsstreit vor dem Landgericht allein die Untergemeinschaft G.     straße 54 betreffe, und die Beschlüsse entsprächen zudem nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wendet sich die Klägerin gegen die zu TOP 14 und 15 gefassten Beschlüsse mit der Beschlussmängelklage. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der beklagten GdWE hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Gründe

I.

6    Das Berufungsgericht meint,

7    

II.

8    Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

9    1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht

10    war infolgedessen auch befugt, in der Wohnungseigentümerversammlung am über die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Folgeangelegenheiten zu entscheiden.

11    

12    

13    

14    

15    

16    

17    bb) Anders als die Revision meint, fehlt es der GdWE selbst dann nicht an einer Beschlusskompetenz für die Vergemeinschaftung der Mängelrechte durch den Beschluss zu TOP 5 der Eigentümerversammlung vom , wenn die Klägerin mit drei Wohnungseigentümern nicht durch Bauträgerverträge, sondern durch Kaufverträge verbunden sein sollte.

18    b) Der Beschluss zu TOP 14 widerspricht nicht deshalb ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Verwalter die Wohnungseigentümer in einer für deren Willensbildung ursächlichen Weise fehlerhaft über die Tatsachengrundlage der Entscheidung unterrichtet haben soll. Dies verneint das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler; die darauf bezogene Verfahrensrüge hat der Senat geprüft und nicht als durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

19    2. Ferner ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den zu TOP 15 gefassten Beschluss vom über die Erhebung einer Sonderumlage zur Prozessfinanzierung für rechtmäßig erachtet. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, dass dem Beschlussinhalt keine Rückwirkung zukommt, da die Wohnungseigentümer am die Erhebung einer erst zum fälligen Sonderumlage beschlossen haben.

20    a) Zwar wird im Schrifttum vertreten, dass Auslegung

21    b) EErhebung der Sonderumlage

22    aa) (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 104/15, NJW-RR 2016, 985 Rn. 9). ie Sonderumlage

23    bb) Nach diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss über die Erhebung der Sonderumlage zweifellos hinreichend bestimmt. Die Wohnungseigentümer haben beschlossen, eine Sonderumlage in Höhe von insgesamt 6.000 € zu erheben, die von den aufgeführten Wohnungseigentümern anteilig entsprechend den in den Beschlusstext aufgenommenen Miteigentumsanteilen zu tragen ist. Auf der Grundlage dieses Maßstabs kann jeder Wohnungseigentümer

III.

24    Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:230224UVZR132.23.0

Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 2039 Nr. 28
NJW 2024 S. 2042 Nr. 28
NJW 2024 S. 8 Nr. 25
JAAAJ-68164