Instanzenzug: LG Duisburg Az: 36 KLs 4/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in fünf Fällen, Betrugs in Tateinheit mit Unterschlagung, Beihilfe zum Betrug in zwei Fällen und versuchten Betrugs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 81.950 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
2Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3Der Angeklagte verkaufte gebrauchte Fahrzeuge, bei denen zuvor der Wegstreckenzähler und teilweise auch die zum Fahrzeug gehörenden Dokumente manipuliert worden waren, mit der Folge, dass eine deutlich geringere Laufleistung angezeigt wurde sowie ein jüngeres Baujahr dokumentiert war, um einen höheren Verkaufserlös erzielen zu können. In zwei Fällen unterstützte er andere Personen dabei, entsprechend manipulierte Fahrzeuge bzw. Fahrzeuge mit manipulierten Dokumenten zu verkaufen.
4In zwei weiteren Fällen (Fälle II. 2. a) und II. 2. h) der Urteilsgründe) übergab er das Fahrzeug nicht an die Käufer, sondern entfernte sich mit diesem. In dem Fall II. 2. h) der Urteilsgründe hatte der Käufer zuvor bereits verschiedene, ihm gehörende Gegenstände mit einem Gesamtwert von 450 € in das Auto verbracht.
5In den Fällen II. 2. e) und II. 2. i) der Urteilsgründe, in denen das Landgericht jeweils eine Strafbarkeit wegen versuchten Betruges angenommen hat, entsprach der gezahlte Kaufpreis dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs (Fall II. 2. e) der Urteilsgründe) bzw. lag über diesem (Fall II. 2. i) der Urteilsgründe). In beiden Fällen ging der Angeklagte davon aus, dass das Fahrzeug mit den tatsächlichen Parametern weniger wert sei als der geforderte Kaufpreis.
II.
6Die Revision des Angeklagten führt zu einer Aufhebung der Verurteilung und der Einziehungsentscheidung in den Fällen II. 2. e) und II. 2. i) der Urteilsgründe sowie des Ausspruchs über die Gesamtstrafe und einer Änderung des Schuldspruchs in Fall II. 2. h) der Urteilsgründe. Zudem hat die Revision Erfolg, soweit eine Entscheidung über den Maßstab für die Anrechnung der in Belgien erlittenen Auslieferungshaft unterblieben ist.
71. Der Schuldspruch in den Fällen II. 2. e) und II. 2. i) der Urteilsgründe wegen versuchten Betruges hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten bezüglich eines Vermögensschadens reichen nicht aus. Das Landgericht hat jeweils lediglich pauschal ohne nähere Erläuterung ausgeführt, der Angeklagte sei davon ausgegangen, dass das Fahrzeug mit den tatsächlichen Parametern weniger wert sei als der geforderte Kaufpreis. Vor dem Hintergrund, dass der von den Käufern gezahlte Kaufpreis dem tatsächlichen Wert des jeweiligen Fahrzeugs entsprach (Fall II. 2. e) der Urteilsgründe) bzw. höher war (Fall II. 2. i) der Urteilsgründe) und damit kein Vermögensschaden eingetreten ist, wäre darzulegen gewesen, warum und in welcher Höhe gleichwohl ein entsprechender Schädigungsvorsatz beim Angeklagten vorlag.
82. Zudem bedarf der Schuldspruch in dem Fall II. 2. h) der Urteilsgründe der Änderung. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift insoweit das Folgende ausgeführt:
9„Soweit die Kammer die Tat II 2 h) der Urteilsgründe als Betrug in Tateinheit mit Unterschlagung geahndet hat, hält dies der Sachrüge nicht stand. Eine Verurteilung wegen Unterschlagung scheidet aus, wenn die Tat in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist (Subsidiaritätsklausel). Der bei Tat II 2 h) tateinheitlich begangene Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) verdrängt als Delikt mit höherer Strafandrohung den innerhalb derselben prozessualen Tat mitverwirklichten Tatbestand der Unterschlagung (vgl. BGHSt 47, 243 f.; Senat, Beschluss vom - 3 StR 331/10).“
10Dem schließt sich der Senat an.
113. Die Aufhebung des Schuldspruchs und der Einzelstrafen in den Fällen II. 2. e) und II. 2. i) der Urteilsgründe zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
12Hinsichtlich Fall II. 2. h) der Urteilsgründe ist auszuschließen, dass das Landgericht bei Entfallen des rechtsfehlerhaften zusätzlichen Schuldspruchs wegen Unterschlagung eine geringere Einzelstrafe verhängt hätte. Zwar hat die Strafkammer die tateinheitliche Verwirklichung des Tatbestands der Unterschlagung ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. Allerdings kann das Tatgericht bei der Strafzumessung auch die Verwirklichung solcher Tatbestände, die aufgrund ihrer formellen Subsidiarität zurücktreten, zu Lasten des Täters einstellen (st. Rspr.; vgl. , BGHSt 19, 188, 189; vom - 4 StR 112/95, NStZ-RR 1996, 20, 21; Beschluss vom - 3 StR 331/10, juris Rn. 2).
134. Die Feststellungen zu den Fällen II. 2. e) und II. 2. i) der Urteilsgründe sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Das Landgericht wird gegebenenfalls insbesondere zum subjektiven Tatbestand ergänzende Feststellungen treffen können, die den bisherigen nicht widersprechen.
145. Aufgrund der Aufhebung der Verurteilungen in den Fällen II. 2. e) und II. 2. i) der Urteilsgründe hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 12.000 € keinen Bestand.
156. Das Urteil des Landgerichts ist auch insoweit aufzuheben, als eine Entscheidung über den Maßstab für die Anrechnung der in Belgien erlittenen Auslieferungshaft unterblieben ist (§ 51 Abs. 4 Satz 2 StGB). Die Anrechnungsanordnung ist im Urteil ausdrücklich auszusprechen (vgl. , NStZ-RR 2021, 387 mwN).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:060324B3STR435.23.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-68160