BVerwG Beschluss v. - 1 WB 21/23

Unzulässiger Fortsetzungsfeststellungsantrag; Konkurrentenstreit; Rechtshängigkeit

Gesetze: § 19 Abs 1 S 3 WBO, § 21 Abs 2 S 1 WBO

Tatbestand

1Das Verfahren betrifft einen Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Gruppenleiters ... im ... (S-ID: ...).

2Der ... geborene Antragsteller war Berufssoldat und Stabsoffizier mit der Befähigung zum Richteramt (Stabsoffizier Recht). Seine Dienstzeit endete mit Ablauf des . Zuletzt wurde er am 21. Februar ... zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom 1. November ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Oktober ... wurde er zunächst als Dezernatsleiter im Personalamt der Bundeswehr und sodann als Referatsleiter ... im ... verwendet. Mit Dienstantritt zum wurde er auf den Dienstposten eines Stabsoffiziers zur besonderen Verwendung in diesem Referat versetzt.

3Unter dem beantragte der Antragsteller seine Versetzung auf den streitgegenständlichen Dienstposten und legte mit Schriftsatz vom Untätigkeitsbeschwerde ein.

4Am entschied in Vertretung der Präsidentin die Vizepräsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, den streitgegenständlichen Dienstposten mit einem anderen Oberstleutnant zu besetzen. Dieser ist ebenfalls Berufssoldat und Stabsoffizier Recht. Mit Verfügung vom (Nr. ...) wurde der Ausgewählte zum mit Dienstantritt am auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt und in der Folge zum Oberst befördert. Zum wurde er auf einen mit A 16 bewerteten Dienstposten an das ... versetzt.

5Der Besetzungsentscheidung liegt die am getroffene Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" zugrunde. Der Planungsbogen für das Auswahlverfahren weist folgende Hauptaufgaben des Dienstpostens aus:

"1. Steuern, Koordinieren und Überwachen der abteilungsübergreifenden fachlichen Informationssteuerung, der Terminüberwachung, des Berichtswesens sowie Sicherstellen der Qualitätssicherung bei ausgehenden Produkten.

2. Steuern, Koordinieren und Überwachen der abteilungsübergreifenden fachlich operativen Nutzung des Internet sowie Entscheiden über den Einsatz/der Durchführung ONI.

3. Wahrnehmung des Beauftr AngelMilPers mit dem besonderen Aufgabenbereich der Wahrung der militärischen Ordnung und Disziplin für die unterstellten militärischen Angehörigen der Abt ... gem. vorl. ... sowie Ausüben der Disziplinarbefugnis nach Anordnung ..."

6Im Anforderungsprofil werden die dienstpostenbezogenen Kriterien wie folgt aufgezählt:

"Ref ... mit nachrichtendienstlicher Schnittstellenfunktion und Bezug zu Sicherheitsbehörden/Nachrichtendiensten ... oder ...

Führungserfahrung als Disziplinarvorgesetzter

Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem Militärischen Abschirmdienst (wünschenswert)".

7Ausweislich des Planungsbogens wurde neben dem Ausgewählten vierzehn weitere Oberstleutnante darunter der Antragsteller mitbetrachtet, aber nicht in die vergleichende Betrachtung zwischen dem ausgewählten Kandidaten und zwei weiteren Oberstleutnanten einbezogen. Die mitzubetrachtenden Dauerverwender MAD seien entweder nicht im Wesentlichen leistungsgleich mit dem bestbeurteilten Offizier im Kandidatenfeld oder würden das zwingende Kriterium der Führungserfahrung als Disziplinarvorgesetzter nicht erfüllen und kämen daher nicht in die engere Betrachtung. Der als Bestgeeigneter zur Auswahl empfohlene Soldat wurde 2021 mit "A+" bewertet. In der Personalentwicklungsbewertung 2021 wurde ihm "B6+" zugesprochen.

8Mit Bescheid vom lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Versetzungsantrag vom ab. Ausgewählt worden sei ein mit "A+" bewerteter, leistungsstärkerer Kandidat, gegen den sich der mit "C+" bewertete Antragsteller nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG nicht habe durchsetzen können.

9Unter dem beschwerte sich der Antragsteller gegen die Auswahlentscheidung. Mit Schriftsatz vom legte er Untätigkeitsbeschwerde ein. Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat der Senat mit Beschluss vom mangels eines Anordnungsgrundes abgelehnt (1 W-VR 2.23). Eine Anhörungsrüge hiergegen ist ohne Erfolg geblieben.

10Den Untätigkeitsantrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Bundesministerium der Verteidigung mit einer Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.

11Der Antragsteller ist mit Schriftsatz vom wegen der Wegversetzung des Ausgewählten zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen und hat zugleich laufbahn-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung beantragt. Im Übrigen bestehe ein Rehabilitationsinteresse. Seinem Feststellungsinteresse könne nicht entgegengehalten werden, dass sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung erst nach seiner Versetzung in den Ruhestand vorgelegt worden sei. Er habe diesen im September 2022 auch dem Senat übersandt. Dieser sei für die Prüfung eines Konkurrentenstreitverfahrens unter Soldaten das sachnähere Gericht. Die im Eil- und Hauptsacheverfahren erzielten Früchte dürften ihm nicht genommen werden. Nach dem Beschluss im Eilverfahren und einer Anfrage der Berichterstatterin sei der Senat bislang selbst von der Zulässigkeit des Fortsetzungsfeststellungsantrages ausgegangen, der auch begründet sei. Der Ausgewählte erfülle anders als er selbst eine zwingende Voraussetzung für eine Führungsverwendung im MAD nicht, weil er entgegen Abschnitt 3.3. Nr. 309 und Abschnitt 6.3 Fußnote 1 des Zentralerlasses (ZE) B-1310/4 nicht über eine Vorverwendung im MAD oder die Ausbildung zum MAD-Stabsoffizier verfüge. Die Erlasslage könne nicht durch ein Anforderungsprofil des nachgeordneten Bereichs außer Kraft gesetzt werden. Der Verweis auf nachrichtendienstliche Tätigkeiten des Ausgewählten im Rahmen seiner Referententätigkeit beim Bundesministerium der Verteidigung rechtfertige die Entscheidung nicht. Für diesen Dienstposten gebe es keine Dienstpostenbeschreibung. Die Auswahlentscheidung basiere auf einem Ermessensfehlgebrauch. Sie sei auch deshalb rechtswidrig, weil er seine letzte Beurteilung angefochten habe. Für die Erstellung dieser Beurteilung existiere keine rechtmäßige Grundlage.

12Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass die streitgegenständliche Auswahlentscheidung rechtswidrig war.

13Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

14Der Antrag sei mangels eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Auswahlentscheidung sei rechtmäßig. Der Ausgewählte sei nach der aktuellen Regelbeurteilung deutlich besser bewertet als der Antragsteller. Dass dieser gegen seine Beurteilung Beschwerde erhoben habe, sei mangels aufschiebender Wirkung des Rechtsbehelfes unerheblich. Ob der Ausgewählte über eine Vorverwendung im MAD oder die Ausbildung zum MAD-Stabsoffizier verfüge, sei ohne Belang. Beides werde vom Auswahlprofil nicht gefordert. Der streitgegenständliche Dienstposten sei organisatorisch für Dauer- und für Zeitverwender eröffnet. Die vom Antragsteller in Bezug genommenen Regelungen des Zentralerlasses B-1310/4 würden für Dauerverwender gelten. Zeitverwender könnten aber auf allen Ebenen, auch für Führungsverwendungen, ohne Erfüllung der vom Antragsteller angeführten Erfordernisse eingesteuert werden. Dass der ausgewählte Bewerber die vom Anforderungsprofil geforderten Kenntnisse erworben habe, ergebe sich aus seiner aktuellen Beurteilung. Ob die Beschreibung seines Dienstpostens beim Bundesministerium der Verteidigung entsprechende nachrichtendienstliche Aufgaben vorgesehen habe, sei unerheblich.

15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Gründe

16Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

171. Er ist bereits unzulässig, denn dem nach Erledigung des Verpflichtungsbegehrens allein noch statthaften Fortsetzungsfeststellungsantrag fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse.

18a) Ein auf eine Neubescheidung gerichteter Verpflichtungsantrag hat sich entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers zwar nicht mit der Wegversetzung des ausgewählten Konkurrenten, jedoch mit dem Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand erledigt. Mit dem Ablauf des fehlt einem Bescheidungsantrag das Rechtsschutzinteresse und die Antragsbefugnis. Der Antragsteller steht nicht mehr im aktiven Dienst und gehört daher auch nicht mehr zum Kandidatenfeld für die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens. Eine Neubescheidung kann er also ebenso wenig erreichen wie seine Versetzung auf den Dienstposten.

19b) Hat sich ein Antrag auf eine truppendienstliche Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob deren Ablehnung oder Unterbleiben rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

20Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich das berechtigte Interesse an der Feststellung aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint; ein Feststellungsinteresse kommt auch in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 26 und vom - 1 WB 6.13 - juris Rn. 24).

21Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich u. a. aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Wird das Feststellungsinteresse auf diese Absicht gestützt, so gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats einschränkend, dass die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sein darf; nur in einem solchen Fall entspricht es dem Gedanken der Prozessökonomie, das ursprünglich anhängige Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehren mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme bzw. der Unterlassung fortzusetzen, um die im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht gewonnenen Erkenntnisse für den nachfolgenden Schadensersatzprozess zu erhalten. Ist die Erledigung dagegen bereits vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten, so ist der Beschwerdeführer gehalten, seine Schadensersatzklage unmittelbar beim zuständigen (Verwaltungs- oder ordentlichen) Gericht zu erheben, das - neben den übrigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs - inzident die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme bzw. der Unterlassung überprüft ( 1 WB 33.17 - juris Rn. 10; vgl. ferner 1 WB 12.22 u. a. - BVerwGE 178, 23 Rn. 28).

22c) Aus der im Schriftsatz vom erfolgten Geltendmachung eines Anspruches auf laufbahn-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung folgt kein Feststellungsinteresse.

23Der um diese Auswahlentscheidung geführte Rechtsstreit hat sich bereits mit dem und damit vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung erledigt. Denn der Antrag ist dem Bundesverwaltungsgericht erst am vorgelegt worden (zur Vorlage als Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit s. 1 WB 46.73 - BVerwGE 46, 294 <296 f.>; ebenso BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 33.17 - juris Rn. 11 und vom - 1 WB 47.22 - juris Rn. 22). Hiernach ist es dem Antragsteller möglich und zumutbar, die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung durch das für den Schadensersatzanspruch zuständige Gericht inzident prüfen zu lassen.

24Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers auf den gerichtlichen Hinweis vom hin.

25Dass der Senat am über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in dem Konkurrentenstreit über den streitgegenständlichen Dienstposten entschieden hat, rechtfertigt auch unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie nicht die Annahme eines Feststellungsinteresses. Denn der Antrag ist allein wegen des Fehlens eines Anordnungsgrundes abgelehnt worden. Ob die Auswahlentscheidung rechtmäßig ist, ist im Eilverfahren durch den Senat auch nicht summarisch geprüft worden, da es auf das Bestehen eines Anordnungsanspruches hierfür nicht ankam. Das Eilverfahren hatte daher keine für das Hauptsacheverfahren nutzbaren Erkenntnisse erbracht.

26In dem Beschluss vom ist auch nicht entschieden, dass für einen noch zu stellenden Fortsetzungsfeststellungsantrag ein Feststellungsinteresse besteht. Unerheblich ist, ob aus Formulierungen des Beschlusses vom oder der Verfügung der Berichterstatterin vom geschlossen werden konnte, dass der Senat von der Zulässigkeit des auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellten Hauptsacheverfahrens ausging. Der Antragsteller verkennt, dass er gerade zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung wegen entsprechender Formulierungen den Hinweis vom erhalten hat.

27Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller dem Senat seinen Antrag vom nachrichtlich übersandt hatte. Für die Rechtshängigkeit kommt es wie ausgeführt auf die Vorlage durch das Bundesministerium der Verteidigung nach § 21 Abs. 3 WBO an, bei dem er nach § 21 Abs. 1 Satz 2 WBO zu stellen ist. Einen früheren Eintritt der Rechtshängigkeit hätte der Antragsteller nur erreichen können, wenn er in entsprechender Anwendung von § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO beim Senat einen Untätigkeitsantrag gestellt hätte, weil die nach § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO zwingend vorgesehene Vorlage durch das Bundesministerium der Verteidigung sich über einen Zeitraum von einem Monat hinaus verzögerte ( 1 WB 32.21 - juris Rn. 24 m. w. N.). Dies ist aber vorliegend nicht geschehen.

28d) Etwas Anderes ergibt sich auch nicht unter dem von Antragsteller angeführten Aspekt des Rehabilitationsinteresses.

29Das Rehabilitierungsinteresse setzt voraus, dass der angefochtenen Maßnahme selbst eine diskriminierende Wirkung zuzuschreiben ist oder dass der Antragsteller Umstände vorträgt, die entweder objektiv gesehen im Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung auf eine Diskriminierungsabsicht oder auf eine tatsächlich durch die angegriffene Maßnahme eingetretene Diskriminierung schließen lassen ( 1 WB 59.13 - juris Rn. 21 m. w. N.).

30Hieran fehlt es vorliegend. Die Nichtauswahl des Antragstellers ist mit der besseren Beurteilung des ausgewählten Kandidaten begründet worden. Diese Begründung ist objektiv nicht geeignet, das Ansehen des Antragstellers im Kameradenkreis zu beeinträchtigen oder den Eindruck entstehen zu lassen, er sei den Anforderungen seines bisherigen Dienstpostens nicht gerecht geworden (vgl. 1 WB 14.20 - juris Rn. 40). Sie verletzt auch die Ehre des Antragstellers nicht in sonstiger Weise.

312. Wäre der Antrag zulässig, so wäre er jedenfalls unbegründet.

32a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 6 Satz 1 SG stellt klar, dass die Soldatinnen und Soldaten sich auf dieses staatsbürgerliche Recht berufen können und § 3 Abs. 1 SG macht deutlich, dass die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG auch auf Verwendungsentscheidungen Anwendung finden. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 37.83 - BVerwGE 76, 336 ff. und vom - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m. w. N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend 1 WB 1.13 - juris Rn. 32).

33Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 44.16 u. a. - juris Rn. 29 und vom - 1 WB 3.18 - NVwZ-RR 2019, 58 Rn. 31). Der Dienstherr ist auch berechtigt, dem Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Dies muss jedoch ausschließlich auf leistungsbezogene Auswahlkriterien abstellen, die zudem in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen müssen ( 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils kann wegen der damit teilweise verbundenen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachlicher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen; die Einhaltung der der Organisationsgewalt des Dienstherrn gezogenen Schranken unterliegt der gerichtlichen Kontrolle ( - NVwZ 2011, 746 Rn. 13).

34b) Hiernach ist unter Berücksichtigung der Einwände des Antragstellers die streitgegenständliche Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden. Formelle Fehler sind weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere genügen die oben angeführten Planungsbögen den Anforderungen an die Dokumentationspflicht. Die Auswahlentscheidung ist zudem materiell-rechtlich rechtsfehlerfrei. Dem ausgewählten Kandidaten wurde ohne Verletzung des Leistungsgrundsatzes der Vorzug vor dem Antragsteller gegeben.

35c) Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers durfte der ausgewählte Kandidat in den Leistungsvergleich einbezogen werden, weil er alle zwingenden Kriterien des im Planungsbogen niedergelegten Anforderungsprofils erfüllt und eine Vorverwendung beim MAD oder die Ausbildung zum MAD-Stabsoffizier nicht verlangt werden musste.

36aa) Dass der ausgewählte Kandidat auch das Erfordernis einer Vorverwendung im Bundesministerium der Verteidigung mit nachrichtendienstlicher Schnittstellenfunktion und Bezug zu Sicherheitsbehörden/Nachrichtendiensten erfüllt, ergibt sich aus seiner Regelbeurteilung 2022. Dass die Zusammenarbeit mit dem BAMAD zu den wesentlichen Aufgaben des Ausgewählten im Beurteilungszeitraum zählte, ist dort ausdrücklich niedergelegt und in der Leistungsbeurteilung sowie der Begründung des Gesamturteils gesondert gewürdigt. Haben mithin Erst- und Zweitbeurteiler die besonderen Leistungen des Ausgewählten in diesem Aufgabenfeld als beurteilungsrelevant eingestuft und besonders hervorgehoben, so durfte im Rahmen des Auswahlverfahrens auch zugrunde gelegt werden, dass der Kandidat in ausreichendem Umfang im fraglichen Aufgabenfeld faktisch tätig gewesen ist und die notwendigen Qualifikationen erworben hat.

37bb) Zwar weist der Antragsteller zutreffend darauf hin, dass Nr. 309 Satz 1 und die Fußnote 1 zur Anlage 6.3 des Zentralerlasses (ZE) B-1310/4 "Modell für die Verwendungsplanung der Offiziere des Truppendienstes im Militärischen Abschirmdienst" für Führungsverwendungen im MAD ab der Ebene A 15 Vorverwendungen im MAD selbst vorsehen.

38Allerdings enthält der Erlass nach seiner Nr. 301 einen "idealtypischen Verwendungsaufbau" für eine Dauerverwendung im MAD und schließt damit weitere Formen der Verwendung im MAD jenseits der Idealvorstellungen des Erlassgebers nicht aus. Vielmehr stellt Nr. 310 Satz 1 ZE B-1310/4 für die auch hier in Rede stehende Verwendung als Gruppenleiter ausdrücklich der durch eine Vorverwendung im MAD erworbenen Qualifikation eine durch eine Verwendung im Bundesministerium der Verteidigung erworbene Qualifikation als Alternative zur Seite. Nach Nr. 314 ZE B-1310/4 können Zeitverwender auf allen Verwendungsstufen eingesteuert werden. Wie Nr. 316 ZE B-1310/4 zeigt, gibt es dafür keine starren Grenzen, so dass das Absehen von der Forderung einer Vorverwendung im MAD auch mit der Erlasslage vereinbar war. Dass hier ein Einzelfall nach Nr. 316 ZE B-1310/4 in Rede stand, hinsichtlich dessen die Ausgestaltung der Anforderungen und die Besetzung im Einvernehmen mit dem MAD erfolgt sind, ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Präsidentin des BAMAD am nach Maßgabe der im Planungsbogen niedergelegten Anforderungen ein Votum für den ausgewählten Kandidaten abgegeben hat.

39d) Im Vergleich der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellen Beurteilungen ist der Antragsteller mit einer Bewertung von "C+" nach seiner Sonderbeurteilung für den Zeitraum bis mit Recht als weniger leistungsstark als der nach dessen Regelbeurteilung für den Zeitraum bis mit "A+" bewertete ausgewählte Kandidat eingeschätzt worden. Die Einwendungen des Antragstellers gegen die Sonderbeurteilung greifen aus den mit Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 1 WB 68.22 dargelegten Gründen nicht durch.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:240424B1WB21.23.0

Fundstelle(n):
UAAAJ-67988