BGH Beschluss v. - 5 StR 44/24

Instanzenzug: Az: 611 KLs 7/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe der Marke Crvena Zastava, Kaliber 7,62 mm Tokarew, die Patronenmunition verschießt, sowie Besitz von acht Patronen 7,62 mm Tokarew und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und in Höhe von zwei Monaten aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für vollstreckt erklärt. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

21. Da sich das Handeltreiben in den Fällen II.3 und II.4 teilweise und im Fall II.2 ausschließlich auf Marihuana und damit Cannabis im Sinne von § 1 Nr. 8 KCanG bezieht, hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB die seit dem geltende Strafvorschrift des § 34 KCanG (BGBl. I 2024 Nr. 109) als milderes Recht zur Anwendung zu bringen (vgl. ).

3a) Nach den Feststellungen verkaufte der Angeklagte im Fall II.1 an einen gesondert Verfolgten mindestens 0,25 Gramm Kokain mit einer Wirkstoffmenge von 0,15 Gramm Kokainhydrochlorid (KHC); im Fall II.2 verkaufte er an einen anderen gesondert Verfolgten mindestens 1,55 Gramm Marihuana mit mindestens 0,02 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) und im Fall II.3 einmal mindestens 0,01 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 0,006 Gramm KHC und zum anderen mindestens 0,25 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 0,02 Gramm THC jeweils an zwei weitere gesondert Verfolgte. Im Fall II.4 bewahrte der Angeklagte am in den Geschäftsräumen des Kulturvereins „O.    “ und in einem auf dem Gelände des Vereins befindlichen, von ihm genutzten Pkw zum gewinnbringenden Verkauf insgesamt mindestens 599,31 Gramm Marihuana mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 4,23 Gramm THC, 4,19 Gramm kokainhaltiges Gemenge mit einer Wirkstoffmenge von 3,562 Gramm KHC, 30,31 Gramm amphetaminhaltiges Gemisch mit einer Wirkstoffmenge von 4,68 Gramm Amphetaminbase sowie ein MDMA-haltiges Tablettenstück auf. Im Fußraum des Pkw, in dem unter anderem das amphetaminhaltige Gemenge aufbewahrt war, befand sich eine ungeladene funktionsfähige Schusswaffe des Fabrikats Crvena Zastava, Kaliber 7,62 mm Tokarew und dazu passende acht Schuss Patronenmunition, derer sich der Angeklagte zur Abwehr von Angriffen und Durchsetzung von Forderungen aus Betäubungsmittelgeschäften jederzeit, ohne nennenswerten zeitlichen Aufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen konnte.

4b) Im Fall II.2 hat sich der Angeklagte damit gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht, weil sich seine Handelstätigkeit ausschließlich auf Marihuana bezog. In den Fällen II.1 und II.3 bleibt es beim Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, da der Angeklagte im erstgenannten Fall allein und im Fall II.3 auch mit Kokain Handel trieb. Im Fall II.3 hat er sich zudem tateinheitlich wegen Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht. Im Fall II.4 hat der Schuldspruch wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln Bestand, weil auch ohne Berücksichtigung des Marihuanas der Grenzwert der nicht geringen Menge durch die Wirkstoffmengen beim Kokain und Amphetamin überschritten ist (118 %). Tateinheitlich hat der Angeklagte sich auch bei dieser Tat wegen Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG strafbar gemacht.

52. Der Senat hat den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO umgestellt (zur Tenorierung des Verstoßes gegen das WaffG vgl. ). Dem steht § 265 StPO nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte insoweit nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

63. Der Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II.2 kann keinen Bestand haben, weil § 34 Abs. 1 KCanG einen milderen Strafrahmen als § 29 Abs. 1 BtMG vorsieht. Auch in den Fällen II.3 und II.4 sind die Einzelstrafen aufzuheben, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die Tathandlungen des Angeklagten in Bezug auf Cannabis für das Landgericht bei der Bestimmung des Schuldumfangs und damit bei der Findung der verhängten Strafe mitentscheidend waren. Auch wenn die Strafen in diesen Fällen aus den Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes zuzumessen sein werden (vgl. § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB), ist durch die gesetzgeberische Wertung, die in § 34 Abs. 1 KCanG gegenüber den genannten Strafrahmen eine mildere Strafdrohung vorsieht, den Strafen die jeweilige Grundlage entzogen. Der Wegfall der Einzelstrafen zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250424B5STR44.24.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-67516