BGH Beschluss v. - X ZR 70/22

Instanzenzug: Az: X ZR 70/22 Urteilvorgehend Az: I-15 U 38/21 Urteilvorgehend Az: 4c O 32/20 Urteilnachgehend Az: X ZR 70/22 Beschluss

Gründe

1I.    Die Beklagte ist wegen Verletzung von Sortenschutzrechten zur Unterlassung verurteilt worden. Ihre Berufung ist erfolglos geblieben.

2Die gegen das Berufungsurteil gerichtete Revision hat der Senat zurückgewiesen ( GRUR 2024, 127 - Erntegut). Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit der Anhörungsrüge.

3II.    Der gemäß § 321a ZPO statthafte Rechtsbehelf ist teils unzulässig und im Übrigen unbegründet.

41.    Im Ansatz zutreffend macht die Beklagte allerdings geltend, dass sie sich entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil (Abs. 17) gegen die von den Vorinstanzen getroffene Feststellung gewendet hat, ihre Lieferanten hätten für die Erzeugung des Ernteguts geschützte Sortenbestandteile verwendet.

5Die Beklagte hat auch insoweit geltend gemacht, sie habe den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin wirksam mit Nichtwissen bestritten.

6Ob die abweichenden Ausführungen des Senats einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG begründen, kann offenbleiben. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich jedenfalls, dass sie für die Entscheidung nicht erheblich sind.

7Der Senat hat im Anschluss an die beanstandete Passage ausgeführt, dass die Beklagte den Vortrag, ihre Lieferanten und Vorlieferanten hätten das von ihr veräußerte Erntegut ohne Zustimmung der Berechtigten aus Saatgut der Klagesorten erzeugt, nicht wirksam mit Nichtwissen bestreiten kann (Rn. 21 ff.). Diese Ausführungen beziehen sich nicht nur auf die Frage, ob die Berechtigten zugestimmt haben, sondern auch auf die Frage, ob geschützte Sortenbestandteile eingesetzt worden sind.

82.    Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Senat bei seinen Ausführungen zu den Darlegungsobliegenheiten eines Verletzungsbeklagten das Vorbringen der Revision zu den Besonderheiten von Sortenschutzstreitsachen und den begrenzten Überprüfungsmöglichkeiten bei der Anlieferung von Erntegut nicht übergangen. Er hat diese Umstände vielmehr als nicht entscheidungserheblich angesehen.

9Der Senat hat offen gelassen, ob die Beklagte gehalten ist, die angelieferte Ware selbst zu untersuchen, und welche Bemühungen hierbei zumutbar sind. Er hat als entscheidend angesehen, dass es der Beklagten jedenfalls möglich und zumutbar ist, sich bei ihren Lieferanten zu erkundigen (Rn. 34). Besonderheiten der Liefersituation sind in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht von Bedeutung, weil Erkundigungen zum Zwecke substantiierten Vorbringens in einem Rechtsstreit auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich sind.

103.    Vor diesem Hintergrund waren Ausführungen zur Rüge der fehlenden Sachkunde des Tatrichters nicht veranlasst.

11Diese Rüge bezog sich auf den Vortrag der Beklagten, die Prüfung der Sortenzugehörigkeit von Getreide erfordere eine aufwendige Untersuchung per Elektrophorese. Dieser Vortrag wäre allenfalls dann relevant, wenn die Beklagte zu einer solchen Untersuchung gehalten wäre. Wie bereits oben dargelegt wurde, hat der Senat indes offen gelassen, ob die Beklagte zu eigenen Untersuchungen verpflichtet ist und welche Bemühungen hierbei zumutbar sind.

124.    Entgegen der Auffassung der Beklagten beruht die Ansicht des Senats, die Erfüllung des Anspruchs auf Vergütung vermöge nicht dazu zu führen, dass die unerlaubte Handlung nachträglich als rechtmäßig anzusehen sei, ebenfalls nicht auf einem grundrechtsrelevanten Missverständnis.

13Dass der Senat der rechtlichen Argumentation der Beklagten nicht beigetreten ist, begründet keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.

14Die Rüge unzureichender Aufklärung des Sachverhalts durch die Vorinstanzen beruhte auch insoweit auf der Prämisse, das Bestreiten mit Nichtwissen sei wirksam. Diese Prämisse trifft aus den oben aufgezeigten Gründen nicht zu.

155.    Entgegen der Auffassung der Beklagten bedurfte es keiner ausdrücklichen Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der englischen und französischen Fassung von Art. 13 Abs. 3 GemSortV.

16Der Senat hat den Wortlaut der Vorschrift im Zusammenhang mit der Frage herangezogen, ob eine rechtliche Möglichkeit zur Geltendmachung von Rechten genügt oder ob erforderlich ist, dass der Berechtigte auch tatsächlich über hinreichende Möglichkeiten verfügt hat (Rn. 43 ff.). Insoweit ergeben sich aus der englischen und französischen Fassung keine anderen Erkenntnisse als aus der deutschen.

17Hinsichtlich der weitergehenden Schlussfolgerung, dass der Berechtigte schon im Vorfeld die Möglichkeit haben muss, sicherzustellen, dass Benutzungshandlungen in Bezug auf die betroffenen Sortenbestandteile nur mit seiner Zustimmung erfolgen (Rn. 56 ff.), gilt nichts anderes. Die englische und die französische Fassung weichen auch insoweit nicht von der deutschen Fassung ab. Unabhängig davon hat der Senat sich für sein Verständnis, dass es nach Art. 13 Abs. 2 GemSortV einer vorherigen Zustimmung bedarf, auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezogen (Rn. 61: , GRUR 2020, 176 Rn. 43 und 47 - Club de Variedades Vegetales Protegidas/Adolfo Juan Martínez Sanchís).

186.    Die Rüge, der Senat habe unter Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union abgesehen, ist unzulässig.

19Mit einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO kann nur eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht werden. Die Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte kann nicht Gegenstand einer solchen Rüge sein. Dies gilt auch für die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (, NJW 2011, 1516 Rn. 8).

20Unabhängig davon ist Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt. Der Senat hat dargelegt, weshalb es eines Vorabentscheidungsersuchens nicht bedarf (Rn. 80, Rn. 61).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:190324BXZR70.22.0

Fundstelle(n):
XAAAJ-66989