BGH Beschluss v. - 6 StR 365/23

Instanzenzug: Az: 6 StR 365/23 Urteilvorgehend Az: 39 Ks 18/22

Gründe

11. Mit Schriftsatz vom hat sich R.    H.         dem Verfahren gemäß § 396 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StPO als Nebenkläger angeschlossen. In dem in der Revisionsinstanz anhängigen Verfahren, das unter anderem den Vorwurf des Totschlags zum Gegenstand hat, gehört er als Bruder des Getöteten nach § 395 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 StPO zu dem zum Anschluss befugten Personenkreis. Der Anschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zulässig (§ 395 Abs. 4 Satz 1 StPO; vgl. ) und formwirksam übermittelt worden (§ 32d Abs. 1 Satz 2 StPO).

2Der Entscheidung steht nicht entgegen, dass das Landgericht den Antragsteller bereits mit Beschluss vom als Nebenkläger zugelassen hatte. Zwar wirkt die Zulassung der Nebenklage grundsätzlich über die jeweilige Instanz hinaus und umfasst damit auch die Revisionsinstanz (vgl. ). Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Anschlusserklärung in den Fällen des § 396 Abs. 2 Satz 1 StPO ist jedoch lediglich feststellend (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 470/95, BGHSt 41, 288, 289; vom – 5 StR 523/11, NStZ 2012, 466) und kann, etwa bei fehlender Anschlusserklärung, die Stellung als Nebenkläger nicht wirksam begründen (vgl. ).

3Hier lag der landgerichtlichen Entscheidung keine eindeutige und zweifelsfreie Anschlusserklärung des Antragstellers zugrunde, die seinen Anschluss als Nebenkläger nach § 396 Abs. 2 Satz 2 StPO hätte bewirken können. Mit dem im Ermittlungsverfahren elektronisch im Dateiformat PDF mittels beA an das Empfangspostfach der Staatsanwaltschaft (vgl. , NStZ-RR 2023, 54, 55) übermittelten Schreiben vom wurde lediglich angezeigt, dass Rechtsanwalt V.     die Vertretung des „Nebenklägers“ übernommen habe. Dem kann indes auch im Wege der Auslegung (§ 300 StPO) nicht mit der notwendigen Gewissheit entnommen werden, dass hiermit die Stellung als Nebenkläger für den Fall der Anklageerhebung bewirkt werden sollte (vgl. OLG Celle, DAR 1958, 245; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 396 Rn. 3). Soweit sein Rechtsanwalt den Anschluss mit Schriftsatz vom ausdrücklich erklärt hat, entsprach diese Erklärung nicht den formellen Vorgaben des § 32d Abs. 1 Satz 2 StPO.

42. Dem Antragsteller wird gemäß § 397a Abs. 1 Nr. 2 StPO Rechtsanwalt V.      als Beistand bestellt. Auch insoweit liegt eine bindende Entscheidung des Landgerichts nicht vor. Zwar hat das Landgericht dem Antragsteller mit Beschluss vom Rechtsanwalt V.     als Beistand bestellt. Diese Entscheidung geht allerdings bereits deshalb ins Leere, weil der Antragsteller zum Zeitpunkt der Entscheidung mangels wirksamer Anschlusserklärung bislang zu keinem Zeitpunkt im Verfahren die Stellung eines Nebenklägers hatte.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:160424B6STR365.23.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-66943