Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5-28 KLs 4/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt, von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe mit einer Strafe aus einer früheren Verurteilung abgesehen und „die Einziehung eines Geldbetrages“ in Höhe von 7.000 Euro angeordnet. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch und zur Einziehungsentscheidung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
32. Der Strafausspruch hat dagegen keinen Bestand. Die Strafzumessung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom unter anderem ausgeführt:
„a) Bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat das Landgericht hinsichtlich der Einzelstrafen „die Gesamtmenge der gehandelten Betäubungsmittel (mehr als 1,8 kg Tetrahydrocannabinol, etwa 0,7 kg Cocainhydrochlorid, mehr als 490 Gramm Amphetamin-Base, 919,8 Gramm MDA/MDMA/MDE-Base sowie 100 Gramm Wirkstoffgehalt bezüglich des LSD)“ zu Lasten des Angeklagten gewertet (UA S. 42).
Die zuletzt erreichte Gesamtmenge des Handeltreibens war bei der Begehung der Einzeltaten jedoch nicht von vornherein absehbar. Auch sonst kann sie hier nicht bereits bei der Bewertung der Einzeltaten als Gesichtspunkt der Schuld im Sinne von § 46 Abs. 1 Satz 1 StGB berücksichtigt werden. In den Fällen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG hat der Gesetzgeber der im Einzelfall gehandelten Betäubungsmittelmenge ein bestimmtes Unrechtsgewicht beigemessen. Für die Strafbemessung kommt es dabei vor allem auf die Menge der Betäubungsmittel an, mit der bei der Einzeltat Handel getrieben wurde. Die Gesamtmenge aus mehreren Einzeltaten ist erst für die Gesamtstrafenbildung bestimmend ( –, juris Rn. 6 mwN). […]
b) Überdies erweist sich die Wertung des Landgerichts als rechtsfehlerhaft, gegen den Angeklagten spreche – ebenfalls bei der Bemessung der Einzelstrafen – „seine hierarchische Stellung bei den stattgefundenen Betäubungsmittelgeschäften, die zwar leicht unterhalb der des A. K. , aber weit oberhalb des klassischen Kurierstatus einzuordnen“ sei und dass „er – teilweise eigenverantwortlich teilweise nach Rücksprache mit seinem Bruder – die gemeinsamen Geschäfte“ koordiniert habe, etwaige Rückgaben organisiert und den Abnehmern hierbei auch Anweisungen gegeben sowie wirtschaftlich selbst an den Geschäften partizipiert habe (UA S. 42 f.).
Die Berücksichtigung der Tatbeiträge des Angeklagten als solche, auf die das Landgericht bereits seine mittäterschaftliche Tatbeteiligung im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB gestützt hat (UA S. 35 ff.), verstößt gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Dabei lässt insbesondere der Vergleich mit der Stellung eines „klassischen“ Betäubungsmittelkuriers besorgen, dass die Strafkammer das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes in Form lediglich untergeordneter Unterstützungshandlungen, die gegebenenfalls als niederschwelligere Beteiligungsform etwa im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB einzuordnen wären, strafschärfend gewichtet hat.
Auch die straferhöhende Berücksichtigung des Umstands, dass der Angeklagte selbst wirtschaftlich an den Geschäften partizipiert hat, stellt sich gemessen an § 46 Abs. 3 StGB als rechtsfehlerhaft dar. Denn das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln setzt tatbestandlich voraus, dass der Täter im Sinne eigennützigen Handelns von einem Streben nach Gewinn geleitet wird oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht, durch den er materiell oder – objektiv messbar – immateriell bessergestellt wird (st. Rspr.; Senat, Beschluss vom – 2 StR 244/23 –, juris Rn. 5 mwN). Die Formulierung im Urteil legt nahe, dass die Strafkammer das Eigeninteresse des Angeklagten an den Taten aufgrund der ihm zugeflossenen wirtschaftlichen Vorteile (Provisionen [UA S. 7, S. 35) zu seinen Lasten gewertet hat. Gerade in der Gesamtschau mit der vorangestellten Rollenbeschreibung des Angeklagten bei der Tatausführung ist zudem zu besorgen, dass das Landgericht die wirtschaftliche Teilhabe des Angeklagten an den Taten in Abgrenzung zur uneigennützigen Unterstützung im Sinne einer bloßen Beihilfe zum Handeltreiben strafschärfend gewertet hat.
c) Es ist nicht auszuschließen, dass sich diese rechtsfehlerhaften Erwägungen auf die Strafzumessung hinsichtlich der Einzelstrafen ausgewirkt haben. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht den Wegfall der Gesamtstrafe nach sich. Die Feststellungen sind hiervon nicht betroffen, da es sich um bloße Wertungsfehler handelt.“
4Dem tritt der Senat bei.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140324B2STR49.24.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-66434