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BGH Urteil v. - VIII ZR 122/23

Gestaltungsspielraum eines Fernwärmeversorgungsunternehmens bei Preisanpassungsklauseln

Gesetze: § 4 Abs 1 AVBFernwärmeV, § 4 Abs 2 AVBFernwärmeV, § 24 Abs 4 AVBFernwärmeV

Instanzenzug: Az: 9 U 19/20 Urteilvorgehend Az: 1 O 90/19

Tatbestand

1Die Beklagte ist ein Energieversorgungsunternehmen, das im Wohngebiet "Neues Schweizer Viertel" in Berlin Kunden mit Fernwärme beliefert. Sie bezieht die Fernwärme ihrerseits von der V.                  AG (ab 2018 umfirmiert in V.                  AG; nachfolgend: V.      AG).

2Die Kläger sind Eigentümer einer Doppelhaushälfte im vorgenannten Wohngebiet und wurden auf der Grundlage eines mit der Beklagten am 25. September/ geschlossenen Wärmelieferungsvertrags von dieser mit Fernwärme versorgt. Die jährlichen Abrechnungen für die von den Klägern abgenommene Fernwärme erstellte die Beklagte unter Zugrundelegung der in § 8 des Wärmelieferungsvertrags enthaltenen Preisbestimmung ("Wärmepreis"), die in Absatz 1 als auf das Jahr 2000 bezogene Basistarife einen Bereitstellungspreis für das Gebäude und einen Arbeitspreis für die gelieferte Wärme vorsah. Auf der Grundlage einer in Absatz 4 dieser Bestimmung enthaltenen Preisänderungsklausel passte die Beklagte den Bereitstellungs- und den Arbeitspreis jeweils rückwirkend für das gesamte abzurechnende Jahr an.

3Die Kläger zahlten für die von ihnen abgenommene Fernwärme die ihnen von der Beklagten jährlich in Rechnung gestellten - nach Maßgabe der Preisänderungsklausel angepassten - Entgelte. Mit Schreiben vom rügten sie unter Hinweis auf eine - ebenfalls Preisänderungen bei Fernwärmelieferungen der Beklagten in dem besagten Wohngebiet betreffende - Entscheidung des , juris) die Unwirksamkeit der Preisanpassung und forderten rückwirkend für die Abrechnungsjahre bis zum Vertragsbeginn, ausgehend von den zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Preisen, Rückzahlung des insoweit überzahlten Wärmeentgelts nebst Zinsen.

4Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte ihren Endkunden und auch den Klägern folgende, ab dem geltende Änderung der Preisanpassungsformel des Arbeitspreises der Wärmelieferungsverträge im Tarifgebiet "Neues Schweizer Viertel" an, die sie am öffentlich bekannt machte:

"APW = APW0 x (0,5 x B/B0 + 0,5 x BI/BI0)

Es bedeuten:

Die Berechnung des im Abrechnungszeitraum jeweils anzusetzenden Arbeitspreises erfolgt, wie auch bisher, nachschüssig und zzgl. Umsatzsteuer in jeweils geltender Höhe.

* Erläuternder Hinweis zur Veröffentlichung der Fundstelle B0 und B der vorstehenden Preisanpassungsformel: Das Statistische Bundesamt hat seine für den Verbraucherpreisindex (VPI) maßgebliche Klassifikation "Systematisches Verzeichnis der Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte" (SEA) verändert und baut seine Homepage mit den einschlägigen Indexveröffentlichungen derzeit neu auf. Somit geben die o.a. Fundstellen den Stand per wieder. Sollten sich bei den Fundstellen künftig Veränderungen ergeben, berührt das den Wärmepreisindex als maßgeblichen Wärmemarktindex der Preisanpassungsformel selbst nicht. Über vom Statistischen Bundesamt aktualisierte Fundstellen werden wir unsere Kunden im Tarifgebiet informieren."

5Im ersten Verfahrensdurchgang haben die Kläger - neben der nicht mehr streitgegenständlichen Rückzahlung des angeblich überzahlten Teils des Wärmelieferungsentgelts - die Feststellung begehrt, dass die in § 8 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags enthaltene (ursprüngliche) Preisänderungsklausel und die (angepasste) Preisänderungsklausel gemäß dem Schreiben der Beklagten vom unwirksam seien.

6Das Landgericht hat den Feststellungsanträgen vollumfänglich stattgegeben. Auf die Berufung beider Parteien hat das Kammergericht das erstinstanzliche Urteil - unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen - dahingehend abgeändert, dass es die Unwirksamkeit der in § 8 Abs. 4 des Wärmelieferungsvertrags enthaltenen (ursprünglichen) Preisänderungsklausel lediglich insoweit festgestellt hat, als sie den Arbeitspreis betrifft; im Übrigen hat es das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

7Mit Urteil vom (VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944) hat der Senat das vorgenannte (erste) Berufungsurteil aufgehoben, soweit darin festgestellt worden ist, dass die den Arbeitspreis betreffende Preisänderungsklausel im Schreiben der Beklagten vom nicht wirksam in den zwischen den Parteien bestehenden Wärmelieferungsvertrag einbezogen worden sei, und die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

8Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat die Beklagte beantragt, das erstinstanzliche Urteil abzuändern, soweit die geänderte (neue) Preisänderungsklausel dort für unwirksam erklärt worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen. Das Berufungsgericht hat daraufhin festgestellt, dass durch das Schreiben der Beklagten vom die den Arbeitspreis betreffende Preisänderungsklausel nicht wirksam in den zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrag einbezogen worden sei. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht erneut zugelassenen Revision, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.

Gründe

9Die Revision hat Erfolg.

I.

10Das Berufungsgericht (CuR 2023, 69) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das erneute Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

11Die Beklagte sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf der Grundlage von § 4 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) berechtigt, eine unwirksame Preisänderungsklausel - wie hier die zum Arbeitspreis in dem zwischen den Parteien bestehenden Wärmelieferungsvertrag - für künftige Preisänderungen einseitig durch eine neue Preisänderungsklausel zu ersetzen, indem sie diese, wie vorliegend, ordnungsgemäß veröffentlicht habe. Die neue Klausel müsse aber inhaltlich den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entsprechen.

12Diesen Vorgaben werde die Klausel zwar in ihrer abstrakten Form gerecht, indem sie mit dem Quotienten "B/B0" die Entwicklung ihrer konkreten Bezugskosten für die zur Verfügung gestellte Wärme (Kostenelement) und mit "BI/BI0" die allgemeine Entwicklung der Bezugskosten auf dem Wärmemarkt (Marktelement) abbilde. Auch erscheine die jeweils hälftige Berücksichtigung dieser beiden Quotienten zur Bemessung des Preisänderungsfaktors angemessen. Mit der konkreten Ausgestaltung der Preisanpassungsklausel überschreite die Beklagte aber den ihr nach § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zukommenden Gestaltungsspielraum mit der Folge, dass diese Klausel unwirksam sei (§ 134 BGB) und deshalb nicht Bestandteil des zwischen den Parteien bestehenden Wärmelieferungsvertrags geworden sei.

13Die Unangemessenheit der Klausel ergebe sich aus den von der Beklagten im Einzelnen konkret vorgegebenen Parametern "APW0", "B0" und "BI0". Mit diesen versuche die Beklagte, rückwirkend Preiserhöhungen durchzusetzen, derer sie wegen der von ihr verwendeten und nicht zeitig angepassten Preisänderungsklausel in dem fortbestehenden Wärmelieferungsvertrag endgültig verlustig gegangen sei.

14So knüpfe die Beklagte mit dem Parameter "APW0" mögliche Preisänderungen an den Arbeitspreis des Jahres 2015 und nicht an den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Klausel am im Vertragsverhältnis der Parteien gültigen niedrigeren Arbeitspreis. Die Beklagte habe diesen nicht erneut erhöhen dürfen, nachdem sie ihn in den Jahren 2016 und 2017 gesenkt habe. Soweit der Bundesgerichtshof demgegenüber die Auffassung vertrete, eine Preiserhöhung sei aufgrund der sogenannten Dreijahreslösung bis zur Höhe des danach maßgeblichen Ausgangspreises zulässig, sei dem nicht zu folgen. Eine solche Regelung könne nicht Ergebnis einer ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) sein. Sie laufe vielmehr auf eine partielle geltungserhaltende Reduktion der unwirksamen Preisänderungsklausel hinaus und sei daher mit Art. 6 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie nicht zu vereinbaren.

15Darüber hinaus führten die von der Beklagten eingefügten Preisänderungsparameter zur Unwirksamkeit der Klausel. Bei diesen habe die Bezugnahme auf die Preisindizes des Jahres 2018 zur Folge, dass für Preisänderungen nicht der Arbeitspreis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Klausel zum maßgeblich sei, sondern ein früherer, höherer Arbeitspreis. Zur Vermeidung einer unangemessenen rückwirkenden Ausgestaltung der neuen Klausel hätte die Beklagte für die Preisparameter "B0" und "BI0" daher auf die Preisindizes des Jahres 2019 abstellen müssen.

II.

16Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

17Die vom Berufungsgericht getroffene Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO), dass die den Arbeitspreis betreffende (neue) Preisänderungsklausel aus dem Schreiben der Beklagten vom nicht wirksam in den zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrag einbezogen worden sei, ist rechtsfehlerhaft. Mit der in diesem Schreiben enthaltenen - entsprechend den Vorgaben des § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV öffentlich bekanntgemachten - Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis hat die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandener Weise von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die ursprüngliche, unwirksame Preisänderungsklausel mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen.

181. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass ein Fernwärmeversorgungsunternehmen nach ständiger Senatsrechtsprechung gemäß § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV berechtigt und - soweit das Kundeninteresse dies erfordert - sogar verpflichtet ist, eine von ihm gegenüber Endkunden verwendete - von Vertragsbeginn an unwirksame oder ab einem bestimmten Zeitpunkt danach unwirksam gewordene - Preisänderungsklausel auch während des laufenden Versorgungsverhältnisses mit Wirkung für die Zukunft einseitig anzupassen, wenn und soweit dadurch sichergestellt wird, dass die Klausel den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV entspricht. Denn nur auf diesem Wege kann die mit dieser Vorschrift bezweckte kosten- und marktorientierte Preisbemessung und damit ein angemessener Ausgleich der Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrags erreicht werden (vgl. , BGHZ 232, 312 Rn. 30 ff.; vom - VIII ZR 295/20, NJW 2022, 1944 Rn. 64 ff.; vom - VIII ZR 28/21, ZIP 2022, 2279 Rn. 32 f., und VIII ZR 155/21, juris Rn. 42 f.; vom - VIII ZR 232/21, juris Rn. 28 f.; vom - VIII ZR 91/21, juris Rn. 31 f.; vom - VIII ZR 75/21, juris Rn. 39 f.; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 54).

192. Gleichfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen, um den gesetzlichen Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV zu genügen, so ausgestaltet sein müssen, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme durch das Unternehmen (Kostenelement) als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt (Marktelement) angemessen berücksichtigen. Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet werden, zum anderen aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise "nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann" (BR-Drucks. 90/80, S. 56 [zu § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF]). Mit diesen Vorgaben wollte der Verordnungsgeber den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen und zugleich die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden in einen angemessenen Ausgleich bringen (vgl. , BGHZ 189, 131 Rn. 33; vom - VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 19 ff.; vom - VIII ZR 175/19, aaO Rn. 44; vom - VIII ZR 295/20, aaO Rn. 70; vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 28). Diesen zwei Bemessungsfaktoren weist § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV den gleichen Rang zu und lässt Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu (, aaO Rn. 44 mwN; vom - VIII ZR 344/13, aaO Rn. 21; vom - VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 27; vom - VIII ZR 209/18, NJW 2020, 1205 Rn. 22; vom - VIII ZR 249/22, BGHZ 238, 239 Rn. 28, und VIII ZR 263/22, RdE 2024, 39 Rn. 29; vom - VIII ZR 309/21, juris Rn. 57).

20Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass den Versorgungsunternehmen bei der Verwendung von Preisanpassungsklauseln ein eigener - vom Berufungsgericht zu eng gefasster - Gestaltungsspielraum zukommt. Denn § 24 Abs. 4AVBFernwärmeV legt die für eine Preisanpassung maßgeblichen Berechnungsfaktoren nicht selbst fest, sondern überlässt es dem Versorgungsunternehmen - unter Einhaltung von Transparenzerfordernissen, Kosten- und Marktorientierung - entsprechende Preisänderungsklauseln zu entwickeln und zu verwenden. Für das Bestehen beziehungsweise die Reichweite einer diesbezüglichen Anpassungsbefugnis nach § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV im laufenden Versorgungsverhältnis ist deshalb entscheidend, ob und inwieweit dies mit den Vorgaben der AVBFernwärmeV und dabei maßgeblich mit den Anforderungen und dem Regelungszweck des § 24 Abs. 4AVBFernwärmeV zu vereinbaren ist (, BGHZ 232, 312 Rn. 53; vom - VIII ZR 309/21, aaO Rn. 58). Die Vorgaben des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV sind dabei darauf angelegt, eine kosten- und marktorientierte Preisbemessung unter Verhinderung unangemessener Preisgestaltungsspielräume der Versorgungsunternehmen zu sichern und über das so zu wahrende Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung während der gesamten Dauer des Versorgungsvertrages die Interessen von Versorgungsunternehmen und Wärmekunden angemessen auszugleichen (vgl. , aaO Rn. 56; vom - VIII ZR 344/13, aaO Rn. 35; vom - VIII ZR 249/22, aaO Rn. 29, und VIII ZR 263/22, aaO Rn. 30; vom - VIII ZR 309/21, aaO).

213. Diesen sich aus § 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 24 Abs. 4AVBFernwärmeV ergebenden Anforderungen wird die von der Beklagten ab dem verwendete und den Vorgaben des § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV entsprechend öffentlich bekanntgemachte Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis - wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils für eine identische Preisänderungsklausel in den Allgemeinen Versorgungsbedingungen der Beklagten bereits entschieden hat - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur ab-strakt, sondern auch in ihrer konkreten Ausgestaltung gerecht (siehe dazu im Einzelnen , BGHZ 238, 239 Rn. 31 ff., und VIII ZR 263/22, RdE 2024, 39 Rn. 32 ff.; vom - VIII ZR 309/21, aaO Rn. 59 ff.; siehe auch Büdenbender, EWiR 2024, 16 ff.).

22a) Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, war der Gestaltungsspielraum der Beklagten nicht in der Weise verengt, dass sie zur Vermeidung einer unangemessenen Ausgestaltung der Klausel als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement das Jahr der Einführung - vorliegend das Jahr 2019 - hätte wählen müssen. Die Revision weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, diese Sichtweise lasse außer Betracht, dass durch die Wahl des Jahres 2019 als Bezugsjahr für das Markt- und das Kostenelement nicht nur eine Preiserhöhung, sondern jegliche Preisänderung - und damit auch eine Preissenkung ab dem Wirksamwerden der Klausel für das erste Jahr ihrer Anwendbarkeit - ausgeschlossen wäre. Die Beklagte konnte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Klausel im April 2019 jedoch nicht voraussehen, ob die maßgeblichen Parameter für das Markt- und das Kostenelement im Jahr 2019 im Vergleich zum Vorjahr 2018 zu einer Preiserhöhung oder -senkung führen würden, da jedenfalls der von dem Statistischen Bundesamt veröffentlichte Wärmepreisindex erst nach Ablauf des jeweiligen Betrachtungszeitraums, mithin erst im Jahr 2020 ermittelt wurde (, aaO Rn. 44, und VIII ZR 263/22, aaO Rn. 46).

23b) Die Wahl des Arbeitspreises des Jahres 2015 als Ausgangspreis (APW0) in der von der Beklagten angepassten Preisänderungsklausel ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch dazu hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils bereits entschieden, dass es unter Berücksichtigung des dem Fernwärmeversorger insoweit zustehenden Gestaltungsspielraums keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, wenn die Beklagte sich bei der Bestimmung des Ausgangspreises in ihrer angepassten Preisänderungsklausel zum Arbeitspreis an der Dreijahreslösung des Senats orientiert hat (, BGHZ 238, 239 Rn. 47 ff., und VIII ZR 263/22, RdE 2024, 39 Rn. 49 ff.).

24Daran hält der Senat ungeachtet der vom Berufungsgericht und der Revisionserwiderung erneut vorgebrachten Kritik, die Dreijahreslösung sei mit den Vorgaben des Unionsrechts, namentlich mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95, S. 29; im Folgenden: Klausel-Richtlinie), unvereinbar, fest. Mit sämtlichen hiergegen vom Berufungsgericht und der Revisionserwiderung vorgebrachten unionsrechtlichen Gesichtspunkten hat sich der Senat in seinem Urteil vom (VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 45 ff.) - unter Bestätigung und Fortführung der diesbezüglichen Senatsrechtsprechung (, NJW 2013, 991 Rn. 32 ff., und VIII ZR 52/12, juris Rn. 30 ff.; vom - VIII ZR 79/15, BGHZ 209, 337 Rn. 22 ff.; vom - VIII ZR 241/15, NJW-RR 2017, 557 Rn. 23 ff.) - bereits eingehend befasst und sie für nicht durchgreifend erachtet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird umfassend auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen (siehe auch , juris Rn. 31 ff., VIII ZR 133/21, juris Rn. 33 ff., sowie VIII ZR 393/21, juris Rn. 39 ff.; jeweils mwN).

25Demzufolge ist der Senat - entgegen der von der Revisionserwiderung vertretenen Auffassung - auch nicht gehalten, den Rechtsstreit nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Auslegung der Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 der Klausel-Richtlinie vorzulegen, da die Auslegung dieser Richtlinienbestimmungen, soweit für die Beurteilung des vorliegenden Falles von Bedeutung, durch die dargestellte (umfangreiche) Rechtsprechung des Gerichtshofs im Sinne eines acte éclairé geklärt und vorliegend lediglich auf den Einzelfall anzuwenden ist (so bereits Senatsurteil vom - VIII ZR 287/20, BGHZ 233, 339 Rn. 60; vgl. auch EuGH, C-561/19, NJW 2021, 3303 Rn. 33, 36 ff. - Consorzio Italian Management; BVerfGE 149, 222 Rn. 143; jeweils mwN).

26c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich die Unangemessenheit der Preisänderungsklausel schließlich auch nicht daraus, dass für den Ausgangspreis (APW0) einerseits und für das Markt- und Kostenelement (B0 und BI0) andererseits unterschiedliche Bezugsjahre, nämlich das Jahr 2015 für den Ausgangspreis und das Jahr 2018 für das Markt- und Kostenelement, gewählt wurden. Auch damit hat sich der Senat bereits eingehend befasst (, BGHZ 238, 239 Rn. 38 ff., und VIII ZR 263/22, RdE 2024, 39 Rn. 40 ff.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vollumfänglich auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen.

III.

27Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt auf die Berufung der Beklagten zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils dahingehend, dass die auf die Unwirksamkeit der in dem Schreiben der Beklagten vom enthaltene Preisanpassungsklausel gerichtete Feststellungsklage insgesamt abzuweisen ist.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:270324UVIIIZR122.23.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-66285