Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: OVG 9 L 8/23 Beschlussvorgehend Az: 14 K 29/23 Beschluss
Gründe
I
1Die Klägerin betrieb mehrere Testeinrichtungen zur Durchführung von Testungen auf das Coronavirus SARS-CoV-2. Sie reichte bei der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Berlin Anträge auf Abrechnung und Vergütung nach Maßgabe der Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Testverordnung - TestV) ein, die die Beklagte nicht beschieden hat. Mit ihrer beim Verwaltungsgericht Berlin erhobenen Klage begehrt sie, die Beklagte zu verurteilen, die Anträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
2Nach Anhörung der Beteiligten hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Berlin verwiesen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Beklagten durch Beschluss vom zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
II
3Die weitere Beschwerde der Beklagten hat Erfolg.
41. Sie ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG, § 152 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
52. Die Beschwerde ist begründet. Der von der Klägerin beschrittene Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO zulässig. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
6a) Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nach der Natur der Rechtsnormen, die das Rechtsverhältnis prägen, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 B 162.18 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 97 Rn. 7 und vom - 1 B 65.22 - Buchholz 402.242 § 58 AufenthG Nr. 2 Rn. 5, jeweils m. w. N.). Öffentlich-rechtlicher Natur sind diejenigen Rechtsnormen, welche einen Träger öffentlicher Gewalt gerade als solchen berechtigen oder verpflichten, die also einen öffentlichen Verwaltungsträger zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Befugnissen ausstatten oder besonderen Regeln unterwerfen (stRspr, vgl. 10 B 1.20 - Buchholz 404 IFG Nr. 39 Rn. 6 m. w. N.). Danach ist die Streitigkeit um die von der Klägerin begehrte Bescheidung ihrer Anträge auf Abrechnung und Vergütung nach der Coronavirus-Testverordnung öffentlich-rechtlicher Art. Die streitentscheidenden Vorschriften der Coronavirus-Testverordnung (in der jeweils maßgeblichen Fassung) sind Normen des öffentlichen Rechts. Sie berechtigen und verpflichten die Beklagte als Trägerin öffentlicher Gewalt (vgl. § 77 Abs. 5 SGB V) zur Abrechnung von Leistungen gegenüber Leistungserbringern nach § 6 Abs. 1 TestV in der bis zum geltenden Fassung (im Folgenden: TestV a. F.). Gemäß § 7 Abs. 1 TestV vom (BAnz AT V1), die zuletzt durch Verordnung vom (BGBl. I Nr. 13) geändert worden ist, rechnen die nach § 6 Abs. 1 der TestV a. F. berechtigten Leistungserbringer die von ihnen erbrachten Leistungen und die Sachkosten nach den §§ 9 bis 11 jeweils mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab, in deren Bezirk der Leistungserbringer tätig ist. Die Klägerin ist Leistungserbringerin im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV a. F. (BA VG-Berlin S. 2, 4). Zur Leistungserbringung berechtigt sind nach dieser Bestimmung die von den Stellen nach Nummer 1 als weitere Leistungserbringer beauftragten Dritten. Die in Bezug genommenen Stellen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TestV a. F. sind die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die zugelassene Handlungsform des Verwaltungsakts (vgl. § 7a Abs. 5 Satz 5 TestV) zeigt, dass der Beklagten bei der Abrechnung von Leistungen nach der Coronavirus-Testverordnung eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition eingeräumt ist (vgl. 3 B 40.21 - NVwZ-RR 2022, 946 Rn. 11).
7Es liegt auch eine nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit vor. Verfassungsorgane sind am Rechtsstreit nicht beteiligt.
8b) Die Streitigkeit ist nicht im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO durch Bundesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen. Die Voraussetzungen einer krankenversicherungs- oder sonstigen sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeit nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 5 SGG, für die der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist, liegen nicht vor.
9aa) Gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Entscheidend für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs von § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG zum Verwaltungsrechtsweg ist, ob das streitige Rechtsverhältnis dem speziellen Recht der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, die Streitigkeit also ihre Grundlage im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hat und die maßgeblichen Normen dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind (vgl. 3 B 40.21 - NVwZ-RR 2022, 946 Rn. 15 m. w. N.; BSG, Beschlüsse vom - B 6 SF 1/20 R - juris Rn. 34 und vom - B 6 SF 1/23 R - GesR 2023, 601 Rn. 15). Ob die Vorschriften der Coronavirus-Testverordnung über die Abrechnung von Leistungen gegenüber vom öffentlichen Gesundheitsdienst beauftragten Leistungserbringern dem gesetzlichen Regelungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind, lässt sich nicht eindeutig beantworten; es handelt sich um einen Grenzfall (vgl. - a. a. O. Rn. 14 m. w. N. zum Streitstand; Schifferdecker, NZS 2023, 387; Flint, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK - SGG, Stand Februar 2024, § 51 Rn. 154.11). Nach Auffassung des Senats spricht Überwiegendes gegen ihre Zuordnung zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung.
10(1) Der Umstand, dass die Ermächtigungsgrundlage für die Coronavirus-Testverordnung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch normiert ist, ist für die Rechtswegabgrenzung nicht entscheidend.
11(a) Der Erlass der Coronavirus-Testverordnung ist nach ihrer Eingangsformel (u. a.) gestützt auf § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 i. V. m. Satz 13 Nr. 1 und 2 SGB V i. d. F. des Gesetzes vom (BGBl. I S. 1174) - SGB V a. F. -.
12Gemäß § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b SGB V a. F. wird das Bundesministerium für Gesundheit, sofern der Deutsche Bundestag nach § 5 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festgestellt hat, ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass Versicherte Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit einem bestimmten Krankheitserreger oder auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen diesen Krankheitserreger haben. § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB V a. F. ermächtigt den Verordnungsgeber zu bestimmen, dass Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, Anspruch auf Leistungen nach Nummer 1 haben. Gemäß § 20i Abs. 3 Satz 13 SGB V a. F. kann in der Rechtsverordnung nach Satz 2 auch das Nähere geregelt werden zu den Voraussetzungen, zur Art und zum Umfang der Leistungen nach Satz 2 Nummer 1 (Nr. 1) und zu den zur Erbringung der in Satz 2 genannten Leistungen berechtigten Leistungserbringern, einschließlich der für die Leistungserbringung eingerichteten Testzentren, zur Vergütung und Abrechnung der Leistungen und Kosten sowie zum Zahlungsverfahren (Nr. 2).
13(b) Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs in erster Linie an formalen Kriterien zu orientieren sei und es danach für das Bejahen einer Streitigkeit im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG ausreiche, dass die Verordnungsermächtigung für die streitentscheidenden Normen der Coronavirus-Testverordnung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch geregelt sei. Das greift im Ergebnis zu kurz.
14Allerdings ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Rechtswegabgrenzung sei vorrangig anhand formaler Gesichtspunkte vorzunehmen, im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Die Bestimmung des zur Entscheidung berufenen gerichtlichen Spruchkörpers muss den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügen. Die Garantie des gesetzlichen Richters verlangt, dass im Voraus, abstrakt-generell und hinreichend klar bestimmt ist, wer als gesetzlicher Richter zur Entscheidung berufen ist. Die Festlegung muss anhand von Kriterien erfolgen, die subjektive Wertungen weitgehend ausschließen und unnötige Spielräume vermeiden (vgl. BVerfG, Beschluss des Plenums vom - 1 PBvU 1/95 - BVerfGE 95, 322 <327 ff.>). Es liegt deshalb nahe, die Bestimmung des zulässigen Rechtswegs, wenn die Streitigkeit ihre Grundlage möglicherweise in verschiedenen Regelungssystemen findet und die Rechtswegzuordnung danach nicht eindeutig ist, an formalen Kriterien zu orientieren (vgl. 3 B 40.21 - NVwZ-RR 2022, 946 Rn. 27 f.). Nach dem Kriterium der gesetzlichen Verortung der Ermächtigungsgrundlage - hier im Fünften Buch Sozialgesetzbuch - wäre dann aber (auch) für Streitigkeiten über die Beauftragung weiterer Leistungserbringer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 TestV a. F. der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Das ist kein überzeugendes Ergebnis, weil Bescheide über die Beauftragung als Leistungserbringer und über eine etwaige Aufhebung von den zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes erlassen werden (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Nr. 1 TestV a. F.), die außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung stehen. Dem entspricht, dass für Streitigkeiten dieser Art die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs - soweit ersichtlich - nicht in Frage gestellt wird (vgl. z. B. VGH Mannheim, Beschluss vom - 1 S 1224/22 - juris; VG Würzburg, Urteil vom - W 8 K 23.240 - juris; VG Schleswig, Beschluss vom - 1 B 85/21 - juris; Bockholdt, in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19 - Corona-Gesetzgebung - Gesundheit und Soziales, 2. Aufl. 2022, § 14 Rn. 51).
15Nach Auffassung des Senats kann daher der Verortung der Verordnungsermächtigung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch keine ausschlaggebende Bedeutung für die Frage zukommen, ob der Rechtsstreit seine Grundlage im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hat.
16(2) Anders als im Fall der Klage eines Privatarztes gegen die Heranziehung zur Finanzierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes durch eine Kassenärztliche Vereinigung (vgl. 3 B 40.21 - NVwZ-RR 2022, 946 Rn. 28) liegt die Zuordnung zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung auch nicht deshalb nahe, weil das Klagebegehren gegen eine Kassenärztliche Vereinigung gerichtet ist. Die der Beklagten durch §§ 7 f. TestV übertragenen Aufgaben sind keine Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 77 Abs. 1, §§ 72 ff. SGB V ( - GesR 2023, 601 Rn. 30 ff.).
17(3) Regelungsgegenstand, Systematik und Zielsetzung der Coronavirus-Testverordnung sprechen dafür, dass das streitige Rechtsverhältnis überwiegend vom Infektionsschutzrecht geprägt ist.
18(a) Leistungen im Sinne des § 7 TestV sind Leistungen nach § 1 Abs. 1 TestV a. F. Nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 und der §§ 2 bis 5 TestV a. F. besteht ein Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2. Die Testungen dienten dem Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der übertragbaren Krankheit COVID-19. Durch die Testungen sollten Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 frühzeitig erkannt und die Weiterverbreitung der Krankheit verhindert werden. Ziel war es, umfassender als bisher insbesondere Personengruppen zu testen, bei denen noch keine Symptome für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 vorlagen, bei denen aber dennoch eine Infektion naheliegend erschien oder bei denen eine hohe Gefahr bestand, dass sie oder andere Personen in ihrem Umfeld bei Infektion mit dem Virus besonders gefährdet wären (Bundesministerium für Gesundheit, Begründung zum Entwurf der Coronavirus-Testverordnung vom , S. 10 ff.). Mit der Regelung des § 4a TestV a. F. ("Bürgertestung") sollte grundsätzlich jede Person mindestens einmal pro Woche PoC-Antigen-Tests in Anspruch nehmen können (Bundesministerium für Gesundheit, Begründung zum Entwurf der Coronavirus-Testverordnung vom , S. 1, 17).
19Dementsprechend besteht der Anspruch auf Testung nach der Coronavirus-Verordnung sowohl für Versicherte (§ 1 Abs. 1 Satz 1 TestV a. F.) als auch für Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind (§ 1 Abs. 2 TestV a. F.), das heißt im Ausgangspunkt für jeden. Das spricht dagegen, den Anspruch auf Testung als sozialversicherungsrechtlichen Anspruch anzusehen oder die Leistungen nach § 1 Abs. 1 TestV a. F. als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu betrachten (vgl. - GesR 2023, 601 Rn. 21; Kießling, SGb 2021, 730 <733>; Twachtmann/Baum, MedR 2024, 59 <61>). Für die hier in Streit stehende Abrechnung und Vergütung dieser Leistungen gilt nichts Anderes.
20(b) Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV a. F. sind keine Leistungserbringer im herkömmlichen Sinne des Regelungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung.
21Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 SGB V schließen die Krankenkassen über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels (§§ 69 ff. SGB V) Verträge mit den Leistungserbringern. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB V regeln dieses Kapitel sowie die §§ 63 und 64 abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern und ihren Verbänden. Leistungserbringer nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 TestV a. F. erbringen weder Leistungen im ausdrücklichen Auftrag der Krankenkassen noch werden sie von diesen zur Erfüllung von Sachleistungsansprüchen eingesetzt. Sie sind vielmehr von den zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes als (weitere) Leistungserbringer beauftragt worden ( - GesR 2023, 601 Rn. 35).
22(4) Aus der in § 68 Abs. 1a IfSG getroffenen Rechtswegregelung ergibt sich nichts Abweichendes.
23(a) Nach dieser Bestimmung - eingefügt in das Infektionsschutzgesetz durch Gesetz vom (BGBl. I S. 370) - ist für Streitigkeiten über Ansprüche nach einer auf Grund des § 20i Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Nummer 2, des Fünften Buches Sozialgesetzbuch der Verwaltungsrechtsweg gegeben. § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a SGB V i. d. F. vom (BGBl. I S. 1454) ermächtigt das Bundesministerium für Gesundheit, bis zum durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Versicherte Anspruch auf bestimmte Schutzimpfungen, einschließlich einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, oder auf bestimmte andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe haben. § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB V erstreckt die Verordnungsermächtigung darauf zu bestimmen, dass Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, Anspruch auf Leistungen nach Nummer 1 haben.
24Das Bundesministerium erließ gestützt auf § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 SGB V die Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfungen gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronavirus-Impfverordnung - CoronaImpfV) vom (BAnz AT V3). Zuletzt hat es aufgrund von (u. a.) § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 SGB V die Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 und auf weitere Schutzimpfungen (Coronavirus-Impfverordnung - CoronaImpfV) vom (BAnz AT V1) erlassen, die in der Fassung vom (BAnz AT V1) gilt.
25(b) Daraus, dass § 68 Abs. 1a IfSG den Verwaltungsgerichten Streitigkeiten (über Ansprüche) nach der aufgrund von § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a SGB V erlassenen Coronavirus-Impfverordnung und nicht auch Streitigkeiten nach der aufgrund von § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b SGB V erlassenen Coronavirus-Testverordnung zuweist, lässt sich nicht ableiten, für Letztere sei nicht der Verwaltungs-, sondern der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Für einen solchen Umkehr- oder Rückschluss gibt es keine Grundlage. Der Gesetzgeber hat die ausdrückliche Zuweisung der in § 68 Abs. 1a IfSG benannten Streitigkeiten an die Verwaltungsgerichte damit begründet, im Rahmen der Entscheidung über Ansprüche auf Zugang zu Schutzimpfungen nach der Coronavirus-Impfverordnung habe in der Praxis Unklarheit darüber bestanden, ob der Rechtsweg zu den Sozialgerichten oder zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit <14. Ausschuss> zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Fortgeltung der die epidemische Lage von nationaler Tragweite betreffenden Regelungen, BT-Drs. 19/27291 S. 22, 63). Zum Rechtsweg für Streitigkeiten nach der Coronavirus-Testverordnung verhalten sich die Gesetzgebungsmaterialien nicht. Es ergeben sich auch sonst keine Hinweise, weshalb der Normgeber die Regelung des § 68 Abs. 1a IfSG nicht auf Rechtsverordnungen nach § 20i Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b SGB V erstreckt hat. Danach bestehen keine Anhaltspunkte, er habe mit der in § 68 Abs. 1a IfSG getroffenen Regelung zugleich klarstellen wollen, dass für Streitigkeiten über Ansprüche nach der Coronavirus-Testverordnung der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sein soll ( - GesR 2023, 601 Rn. 39).
26bb) Danach liegen die Voraussetzungen einer sonstigen Angelegenheit der Sozialversicherung im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 5 SGG gleichfalls nicht vor ( - GesR 2023, 601 Rn. 42).
273. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtskosten sind nicht angefallen, weil die Beschwerde Erfolg hat (vgl. Nr. 5502 der Anlage 1 zum GKG). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht, weil eine Gegenpartei, der Kosten auferlegt werden könnten, nicht vorhanden ist. Die Klägerin hat weder die Verweisung des Rechtsstreits beantragt noch ist sie der weiteren Beschwerde der Beklagten entgegengetreten (vgl. 4 C 15.2471 - NVwZ-RR 2016, 399 Rn. 9).
28Der Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es danach ebenfalls nicht.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:210324B3B1.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-66004