BVerwG Beschluss v. - 1 WB 35/23

Leitsatz

Wenn der zuständige Disziplinarvorgesetzte an der Hauptstelle angesiedelt ist, ist bei Soldaten einer verselbständigten Nebenstelle betreffenden Personalmaßnahmen der Gesamtpersonalrat zu beteiligen.

Tatbestand

1Der Antragsteller macht eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte bei einer Personalmaßnahme geltend.

2Aufgrund eines Verselbständigungsbeschlusses wurden 2016 beim Marinekommando an den Dienstorten Rostock und Glücksburg jeweils ein örtlicher Personalrat und in Rostock zudem ein Gesamtpersonalrat gewählt. Für den allgemeinen Dienstbetrieb der verselbständigten Dienststelle in Glücksburg ist der Leiter der Gruppe Maritime Operation Center (GL MOC) verantwortlich, der aber nicht Disziplinarvorgesetzter der dort verwendeten Soldaten ist. Ein Stabszugführer in Glücksburg verfügt über die Disziplinarstufe 1 für Mannschaften und Unteroffiziere, während die Offiziere disziplinar dem Chef des Stabes des Marinekommandos in Rostock unterstehen.

3In der am durch den Inspekteur der Marine in Kraft gesetzten 2. Änderung der Geschäftsordnung des Marinekommandos (im Folgenden: GO MarKdo) heißt es auszugsweise:

"Kapitel 1 Allgemeines

(...)

1.3 Dokumentenhierarchie

(...)

GL MOC ist verantwortlich für den allgemeinen Dienstbetrieb der Angehörigen des MarKdo am Dienstort (DO) Glücksburg. Dazu erstellt sie/er laufende Befehle MarKdo im Auftrag ChdSt, die den Besonderheiten des DO Glücksburg Rechnung tragen.

(...)

Kapitel 4 Zusammenarbeit

(...)

4.2 Personalräte

(...) Durch die Verselbständigung übernimmt der GL MOC die Aufgaben des Dienststellenleiters/der Dienststellenleiterin im Sinne des § 7 BPersVG für den Örtlichen Personalrat (ÖPR) MarKdo DO Glücksburg in allen Angelegenheiten, für die er entscheidungsbefugt ist. In den Angelegenheiten, bei denen die Entscheidungsbefugnis bei der Gesamtdienststelle MarKdo liegt, erfolgt die Beteiligung über den GPR.

(...)

4.2.2 ÖPR DO Glücksburg:

Der ÖPR DO Glücksburg wird bei beteiligungspflichtigen Maßnahmen, die den DO Glücksburg betreffen und bei denen der GL MOC entscheidungsbefugt ist, beteiligt.

4.2.3 Gesamtpersonalrat (GPR):

Beteiligungspflichtige Maßnahmen, bei denen das MarKdo mit DO Rostock und DO Glücksburg betroffen sind, fallen in die Zuständigkeit des GPR.

Beteiligungspflichtige Personalmaßnahmen am DO Glücksburg fallen in die Zuständigkeit des GPR.

4.2.4 Bezirkspersonalrat (BPR):

Beteiligungspflichtige Maßnahmen, bei denen nur Einheiten bzw. Dienststellen der Marine betroffen sind, fallen in die Zuständigkeit des BPR, sofern Beschäftigte betroffen sind. Bei soldatischen Angelegenheiten, die der Beteiligung des Ü-VPA Marine unterfallen, ist der BPR parallel zu beteiligen.

4.2.5 Hauptpersonalrat (HPR):

Beteiligungspflichtige Maßnahmen, bei denen Einheiten bzw. Dienststellen auch außerhalb der Marine betroffen sind, fallen in die Zuständigkeit des HPR. Eine Beteiligung des HPR ist nur bei Maßnahmen statthaft, bei denen Beschäftigte betroffen sind."

4Die zitierten Bestimmungen sind im Wesentlichen gleichlautend - bei Änderung einzelner Überschriften und Gliederungsnummern - auch in der 3. Änderung der GO MarKdo vom und der 4. Änderung der GO MarKdo vom enthalten.

5Mit Beschluss vom (1 WB 10.18) hat der Senat einen auf die Aufhebung von Bestimmungen der GO MarKdo gerichteten Antrag als unzulässig abgelehnt. Die Verletzung von Beteiligungsrechten könne nur in Bezug auf konkrete Personalangelegenheiten und nicht losgelöst vom Einzelfall abstrakt gerügt werden.

6Unter dem kündigte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr dem bislang in der Abteilung Einsatz des Marinekommandos am Dienstort Glücksburg verwendeten Fregattenkapitän ... eine Versetzung zur IV. Inspektion der Schule für Strategische Aufklärung in Flensburg an. Nachdem dieser die Anhörung des Beteiligungsorgans hierzu nicht abgelehnt hatte, hörte der Inspekteur der Marine den Gesamtpersonalrat des Marinekommandos (im Folgenden: GPR MarKdo) mit Schreiben vom zu der geplanten Versetzung an. Mit Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom wurde Fregattenkapitän ... zum wie angekündigt nach Flensburg versetzt und trat seinen Dienst dort unstreitig am an.

7Mit Schreiben vom informierte der Antragsteller den Inspekteur der Marine, dass er in seiner Sitzung vom beschlossen habe, Beschwerde gegen das Anhörungsverfahren in dieser Personalangelegenheit einzulegen. Die Beschwerde wurde in der Folge schriftlich begründet.

8Mit Bescheid vom , dem Antragsteller zugestellt am , wies der Generalinspekteur der Bundeswehr die Beschwerde zurück. Zwar bestehe wegen Wiederholungsgefahr ein Feststellungsinteresse und der Personalrat sei auch berechtigt, in ausschließlich Soldaten betreffenden Angelegenheiten die Rechte der Gruppe der Soldaten geltend zu machen. In Angelegenheiten, die in die alleinige Entscheidungskompetenz des Inspekteurs der Marine fielen, sei jedoch der GPR MarKdo und nicht der Antragsteller zu beteiligen. Dies ergebe sich aus § 82 Abs. 3 BPersVG. In personalratsfähigen Dienststellen wie dem MarKdo würden nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SBG nur Soldaten betreffende Angelegenheiten von den Soldatenvertretern im Personalrat wahrgenommen, die die Befugnisse der Vertrauenspersonen wahrnähmen. Wenn die beteiligungspflichtige Maßnahme den Zuständigkeitsbereich eines örtlichen Personalrats überschreite, sei der GPR zu beteiligen. Hier werde der Zuständigkeitsbereich des örtlichen Personalrates überschritten, da der GL MOC nach der GO MarKdo keine personalvertretungsrechtlich relevanten Entscheidungsbefugnisse besitze. Diese fielen vielmehr in die Kompetenz des Inspekteurs der Marine, so dass der GPR MarKdo zu beteiligen sei.

9Am legte der Antragsteller weitere Beschwerde hiergegen ein.

10Diese wies das Bundesministerium der Verteidigung unter dem zurück. Die Zuständigkeit des GPR MarKdo ergebe sich aus § 92 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 95 Abs. 1 BPersVG. In Angelegenheiten, in denen die Dienststelle nicht zur Entscheidung befugt sei, sei hiernach die bei der zuständigen Dienststelle gebildete Stufenvertretung zu beteiligen. Dem Personalrat eines verselbständigten Dienststellenteils stünden Beteiligungsrechte nur in Angelegenheiten zu, die die Beschäftigten der Nebenstelle betreffe und in denen diese entscheidungsbefugt sei. Bei einer Versetzung wäre die Zuständigkeit des örtlichen Personalrates in Glücksburg nur gegeben, wenn der GL MOC auch in Personalangelegenheiten entscheidungsbefugt wäre. Dies sei aber nach der GO MarKdo nicht der Fall. Diese übertrage die Entscheidungsbefugnis in Personalangelegenheiten aller Angehörigen des Marinekommandos dem Inspekteur der Marine.

11Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom dem Senat vorgelegt.

12Zur Begründung macht der Antragsteller geltend, für die Beteiligung bei Personalmaßnahmen nach § 24 Abs. 1 und 2 SBG sei die Vertrauensperson vor Ort zuständig, ohne dass es auf die Entscheidungszuständigkeit auf Amtsseite ankomme. Die Befugnisse der Vertrauenspersonen würden gemäß § 63 Abs. 1 SBG durch örtliche Personalräte in Angelegenheiten ihrer Wähler ausgeübt. Eine Auffangzuständigkeit von Gesamtpersonalräten und Stufenvertretungen sehe § 63 Abs. 2 Satz 4 SBG nur in Angelegenheiten nach der WBO und der WDO vor, nicht jedoch für Fälle des § 63 Abs. 1 SBG. Zudem gebe es vorliegend einen örtlichen Personalrat mit Soldatengruppe. Nach der Rechtsprechung des Senats - Beschluss vom (1 WB 50.07) - sei in Beteiligungsverfahren nach § 63 Abs. 1 SBG (§ 52 Abs. 1 SBG a. F.) eine Beteiligung der Gruppe der Soldaten in Stufenvertretungen nicht vorgesehen. Für den Gesamtpersonalrat werde auf die Regelungen für Stufenvertretungen verwiesen. § 63 Abs. 1 SBG sei nicht systemübergreifend mit § 95 BPersVG (§ 82 Abs. 1 BPersVG a. F.) verknüpft. Für die Zuständigkeiten des Gesamtpersonalrates werde gemäß §§ 95, 92 Abs. 1 und 2 BPersVG auf die Regelung über Stufenvertretungen verwiesen. Die Regelungslücke in § 63 Abs. 1 SBG für den Bereich der Stufenvertretungen erstrecke sich daher auf den Gesamtpersonalrat, für den die Regelungen für Stufenvertretungen gälten. Die Regelungslücke werde für den Hauptpersonalrat durch § 38 SBG und für Bezirkspersonalräte durch § 63 Abs. 4 und 5 SBG ausgeglichen. Für den Gesamtpersonalrat fehle eine entsprechende Regelung. Dass für Zuständigkeiten des Gesamtpersonalrates nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz auf die Entscheidungsbefugnis des jeweiligen Dienststellenleiters abgestellt werde, beruhe auf dem dort geltenden Partnerschaftsgrundsatz, nach dem jede Interessenvertretung nur an Maßnahmen des eigenen Dienststellenleiters beteiligt werde. Im Soldatenbeteiligungsgesetz gelte aber kein Partnerschaftsgrundsatz in dem Sinne, dass die Vertrauensperson nur an Entscheidungen des ihr zugeordneten örtlichen Disziplinarvorgesetzten beteiligt wird. Vielmehr richte sich die Beteiligungszuständigkeit nach der Wählergruppenzugehörigkeit des betroffenen Soldaten. Im Umkehrschluss folge aus § 33 Abs. 7 SBG, dass bei Personalmaßnahmen nach § 24 SBG nur die Vertrauensperson oder der örtliche Personalrat zu beteiligen sei, deren bzw. dessen Wählergruppe der betroffene Soldat angehöre. Dies werde dadurch bestätigt, dass auch bei Personalführungsmaßnahmen des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr oder des Bundesministeriums der Verteidigung eine örtliche Vertrauensperson beteiligt werde. Entsprechend werde bei Disziplinarangelegenheiten nach § 28 SBG verfahren. Der Vorrang der örtlichen Personalräte folge auch aus § 63 Abs. 2 SBG. Die untergesetzliche Geschäftsordnung des Marinekommandos könne nicht gesetzliche Vorrangsregelungen aushebeln.

13Der Antragsteller beantragt,

unter Aufhebung des Beschwerdebescheides des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom sowie des weiteren Beschwerdebescheides vom auf die Beschwerde vom festzustellen, dass die Versetzung des Fregattenkapitäns ... ... der Anhörung des Antragstellers unterlegen hat.

14Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

15Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen der Beschwerdebescheide. Der Gesamtpersonalrat sei von seiner gesetzlichen Konzeption her den Personalräten der rechtlich verselbständigten Dienststelle gleichgestellt und wie diese eine Personalvertretung der untersten Stufe. Er könne örtlichen Personalräten keine Anweisungen geben und sei im Verhältnis zu diesen nicht die nächsthöhere Instanz. Er habe keine Kompetenzen im Stufenverfahren. Damit sei er gerade keine Stufenvertretung, so dass die vom Antragsteller in Bezug genommene Rechtsprechung nicht anwendbar sei. Zudem sei fraglich, ob sie angesichts der Gesetzesänderungen in § 63 Abs. 4 und 5 SBG noch Bestand haben könne, da dort Bezirkspersonalräten nunmehr Beteiligungsrechte nach dem SBG zugewiesen seien. Die Argumentation des Antragstellers zur fehlenden Geltung des Partnerschaftsgrundsatzes im SBG vermische die Beteiligungssysteme nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz und dem Soldatenbeteiligungsgesetz. Soldaten würden durch Vertrauenspersonen oder in personalratsfähigen Dienststellen durch Personalräte vertreten. Beteiligungsrechte nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SBG seien Gruppenangelegenheiten im Sinne des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Beteiligungsgremium sei immer der Personalrat als Ganzes. Ihm sei als Ansprechpartner der Dienststellenleiter zugeordnet. In diesem Verhältnis gelte das Partnerschaftsprinzip.

16Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Gründe

17Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

181. Der Antrag ist zulässig.

19a) Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 17 SBG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 25.17 - juris Rn. 25 und vom - 1 WB 27.18 - NVwZ-RR 2020, 169 Rn. 18 jeweils zur bis zum geltenden Vorgängerregelung § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG (im Folgenden: a. F.). Dies ist hier der Fall, weil der Antragsteller geltend macht, in seinen Beteiligungsrechten aus §§ 21 und 24 SBG verletzt zu sein. Sachlich zuständig ist gemäß § 21 Abs. 1 WBO das Bundesverwaltungsgericht.

20b) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Der Personalrat als Gesamtgremium kann auch in Angelegenheiten, die ausschließlich Soldaten betreffen, deren Rechte im gerichtlichen Antragsverfahren geltend machen (vgl. 1 WB 29.13 - juris Rn. 20 m. w. N.). Angelegenheiten, die allein die Gruppe der Soldaten betreffen, werden zwar materiell nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz, formell aber nach § 38 Abs. 2, § 32 Abs. 3 BPersVG a. F. (vgl. jetzt § 40 Abs. 2, § 35 Abs. 2 BPersVG) behandelt. Dementsprechend macht der Antragsteller auch dann eine Verletzung eigener Beteiligungsrechte geltend, wenn es um Gruppenangelegenheiten der Soldaten geht, über die nach vorheriger gemeinsamer Beratung im Personalrat nur die Angehörigen der Gruppe abstimmen (§ 60 Abs. 3 Satz 3 SBG i. V. m. § 38 Abs. 2 BPersVG a. F., jetzt: § 40 Abs. 2 BPersVG). Hieran hat auch die Neufassung von § 63 Abs. 3 SBG nichts geändert (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 17.18 - juris Rn. 18 und vom - 1 WB 27.18 - NVwZ-RR 2020, 169 Rn. 19).

21c) Der Antrag wurde auch form- und nach § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO fristgerecht gestellt. Da der Vorsitzende des Personalrates beim Marinekommando, Dienstort Glücksburg, selbst der Gruppe der Soldaten angehört und deren Gruppensprecher ist, kann er diesen auch im gerichtlichen Antragsverfahren vertreten (§ 32 Abs. 3 BPersVG a. F., jetzt: § 35 Abs. 2 Satz 2 BPersVG; vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 60.10 - NZWehrr 2012, 75 <76 f.> Rn. 23, vom - 1 WB 25.17 - juris Rn. 27 und vom - 1 WB 10.18 - juris Rn. 17).

22d) Neben dem Antrag auf Aufhebung der Beschwerdebescheide ist auch zulässig ein Feststellungsantrag formuliert worden. Ein auf Wiederaufnahme und Fortsetzung des Beteiligungsverfahrens gerichtetes Verpflichtungsbegehren könnte der Antragsteller nicht mehr geltend machen. Zwar tritt Erledigung insoweit entgegen den Ausführungen des Bundesministeriums der Verteidigung noch nicht notwendigerweise mit dem Dienstantritt von Fregattenkapitän ... bei der Schule für ... in ..., jedoch spätestens mit Eintritt der Bestandskraft der Versetzung, die den Gegenstand der strittigen Anhörung bildete, ein (vgl. 1 WB 27.18 - NVwZ-RR 2020, 169 Rn. 21). Vorliegend ist zum einen nicht aktenkundig, dass Fregattenkapitän ... fristgerecht Beschwerde gegen die Versetzung erhoben hat, deren Bestandskraft kein Verfahrensbeteiligter bestreitet. Zum anderen wird Fregattenkapitän ... seit dem auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt beim Marineunterstützungskommando im Zentrum Einsatzprüfung in Wilhelmshaven geführt. Spätestens mit der Weiterversetzung ist die hier in Rede stehende Wegversetzung erledigt.

23Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist deshalb sachgerecht als Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO), gerichtet auf die Feststellung, dass die Durchführung des gegenständlichen Beteiligungsverfahrens rechtswidrig war (vgl. 1 WB 27.18 - NVwZ-RR 2020, 169 Rn. 21), auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3 VwGO) und als solcher zulässig.

24Da sich der vorliegende Beteiligungsfall vor dem Inkrafttreten der am in Kraft getretenen Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes erledigt hatte, ist im Übrigen nach Maßgabe bis zum geltenden Normen des Soldatenbeteiligungsgesetzes und des Bundespersonalvertretungsgesetzes in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom (BGBl. I S. 1614) zu entscheiden.

25e) Der Antragsteller hat insbesondere auch ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Überprüfung und der begehrten Feststellung (vgl. zum Folgenden 1 WB 25.17 - juris Rn. 28). Das Feststellungsinteresse ergibt sich einerseits daraus, dass die Rechtsschutzmöglichkeiten des Personalrats nicht dadurch verkürzt werden dürfen, dass die personalbearbeitende Stelle mit dem Erlass und Vollzug einer Personalmaßnahme vollendete Tatsachen schafft oder dass die Durchsetzbarkeit von Beteiligungsrechten letztlich davon abhängt, dass der von der Personalmaßnahme betroffene Soldat durch eigene Rechtsbehelfe das Verfahren offenhält. Zum anderen ist Zweck des Beschwerdeverfahrens nach § 17 SBG gerade auch die Klärung von vertretungsrechtlichen Zuständigkeiten, Befugnissen und Pflichten (vgl. zu § 16 SBG a. F. 1 WB 60.10 - NZWehrr 2012, 75 <77> Rn. 26 m. w. N. und zu § 17 SBG 1 WB 25.17 - juris Rn. 28). Vorliegend ist auch ein konkretes Anlassverfahren gegeben (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 1 WB 10.18 - juris Rn. 21 und vom - 1 WB 17.18 - Rn. 20).

262. Der Antrag ist aber unbegründet.

27In dem Verfahren zur Versetzung des Fregattenkapitäns ... von der Abteilung Einsatz des Marinekommandos am Dienstort Glücksburg zur IV. Inspektion der Schule für Strategische Aufklärung in Flensburg war der Gesamtpersonalrat des Marinekommandos Rostock und nicht der örtliche Personalrat am Standort in Glücksburg zu beteiligen. Dessen Rechte sind daher nicht durch eine unterbliebene unmittelbare Beteiligung verletzt.

28a) Gemäß § 24 SBG soll bei den dort abschließend aufgeführten Personalangelegenheiten, sofern der Betroffene nicht widerspricht, die Vertrauensperson angehört werden. Da hier der betroffene Soldat dies nicht ausdrücklich abgelehnt hatte, unterlag seine Versetzung der Beteiligung nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 SBG. In - wie hier - personalratsfähigen Dienststellen gemäß § 60 SBG werden nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SBG die Befugnisse der Vertrauensperson durch die Soldatenvertreterinnen und -vertreter im Personalrat wahrgenommen. In den Bereichen, in denen Personalvertretungen für Soldaten gewählt werden, stehen demnach in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, der Personalvertretung (nur) die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen zu, wobei deren Aufgaben (mit Ausnahme der Angelegenheiten nach der Wehrbeschwerdeordnung und der Wehrdisziplinarordnung - vgl. insoweit § 63 Abs. 2 SBG) von den Soldatenvertretern wahrgenommen werden. Einerseits sind die Beteiligungsrechte der Personalvertretung auf die im Soldatenbeteiligungsgesetz für die Vertrauenspersonen vorgesehenen Beteiligungsrechte beschränkt, andererseits können die Soldatenvertreter im Personalrat nur insoweit die Funktion der Vertrauensperson übernehmen, als in den Dienststellen und Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 bis 3 SBG Vertrauenspersonen tätig werden. Das ist grundsätzlich nur im jeweiligen örtlichen Bereich der Fall (vgl. 1 WB 50.07 - juris Rn. 28).

29b) Eine ausdrückliche Regelung der örtlichen Zuständigkeiten der Vertrauenspersonen für Personalangelegenheiten im Sinne von § 24 Abs. 1 SBG findet sich im Soldatenbeteiligungsgesetz nicht. Die Zuständigkeitsbestimmung kann wie in § 24 Abs. 4 SBG nur ausgehend von der Abgrenzung der Wahlbereiche nach § 4 SBG vorgenommen werden. Zuständig ist die Vertrauensperson, zu deren Wahlbereich, der von der in Rede stehenden Personalangelegenheit nach § 24 SBG betroffene Soldat gehört (vgl. 1 WB 3.23 - juris Rn. 34 ff.; Gronimus, Soldatenbeteiligungsrecht, 10. Aufl. 2023, vor §§ 21 bis 23 SBG Rn. 12). Nichts anderes gilt, wenn die Beteiligungsrechte der Vertrauensperson von den Soldatenvertretern im Personalrat einer personalratsfähigen Dienststelle wahrgenommen werden. Die Legitimation der jeweiligen Personalvertretung ergibt sich aus dem Mandat, dass ihr mit ihrer Wahl übertragen worden ist. Nach dem Repräsentationsprinzip wird der Personalrat für Beschäftigte tätig, die er aufgrund eines durch Wahl erworbenen Mandats repräsentiert (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 P 21.82 - juris Rn. 13 und vom - 6 P 1.04 - juris Rn. 20).

30Steht - wie hier - eine verselbständigte Nebenstelle im Sinne von § 59 Satz 1 SBG i. V. m. § 6 Abs. 3 BPersVG a. F. (§ 7 BPersVG) in Rede, für die nach § 59 Satz 1 SBG i. V. m. § 55 BPersVG a. F. (§ 93 BPersVG) ein Gesamtpersonalrat besteht, so gehören die von Personalangelegenheiten nach § 24 SBG an der Nebenstelle potentiell Betroffenen sowohl zum Wahlbereich des örtlichen Personalrates als auch zum Wahlbereich des Gesamtpersonalrates, da letzterer nach § 56, § 53 Abs. 2 und 3 BPersVG a. F. (§ 94, § 89 Abs. 1 und 2 BPersVG) durch die Beschäftigten der Haupt- wie der verselbständigten Nebenstelle gewählt wird (vgl. BPV TK 12/76 - juris LS 2, 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 Rn. 35). Damit sind grundsätzlich beide Personalvertretungen legitimiert, Soldaten der verselbständigten Nebenstelle zu repräsentieren und für diese zu sprechen.

31Auch der Gesamtpersonalrat ist keine Stufenvertretung, vielmehr dem örtlichen Personalrat gleichgeordnet (vgl. 6 P 3.13 - juris Rn. 9). Stehen mithin hier auf der Ebene der örtlichen Personalvertretungen gleichgeordnet für denselben Wählerkreis zwei Personalvertretungen nebeneinander, so bedarf es einer Abgrenzung ihrer Zuständigkeiten. Eine entsprechende Regelung ist im Soldatenbeteiligungsgesetz selbst nicht enthalten. Damit ist nach § 59 Satz 1 SBG ergänzend § 82 Abs. 3 BPersVG a. F. (§ 95 Abs. 1 BPersVG) in entsprechender Anwendung heranzuziehen. Dem steht - entgegen der Auffassung des Antragstellers - die Rechtsprechung des Senats zur fehlenden Übertragbarkeit des Modells der Stufenvertretung auf den militärischen Bereich ( 1 WB 50.07 - juris Rn. 29) nicht entgegen. Die verfahrenstechnische Anlehnung an ein Stufenvertretungsgremium (vgl. dazu auch Gronimus, Soldatenbeteiligungsrecht, 10. Aufl. 2023, § 63 SBG Rn. 7e) stellt als Regelung der Zuständigkeitsabgrenzung von örtlichem Personalrat der verselbständigten Dienststelle und des Gesamtpersonalrates keine Durchbrechung des Grundsatzes der dienststellengebundenen Beteiligung (vgl. 1 WB 50.07 - juris Rn. 29) dar.

32Nicht ohne Weiteres auf die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens nach dem SBG übertragbar ist allerdings, dass § 82 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 BPersVG a. F. (§ 95 Abs. 1 BPersVG i. V. m. § 92 Abs. 1 BPersVG) für die Abgrenzung der Zuständigkeiten auf die Entscheidungsbefugnis der Dienststelle abstellt. Dieses Kriterium ist im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens nach § 24 SBG systemfremd, da dessen Absatz 3 von einem Auseinanderfallen von entscheidungsbefugter Stelle und dem das Beteiligungsverfahren Durchführenden ausgeht. Ein solches Auseinanderfallen steht gerade bei Versetzungsentscheidungen, die regelmäßig - wie auch hier - durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr ausgesprochen werden, in Rede. Der Inspekteur der Marine, auf dessen Person das Bundesministerium der Verteidigung abstellt, hat jedenfalls die hier in Rede stehende Personalangelegenheit nicht entschieden. Demgegenüber wird das Beteiligungsverfahren nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz dadurch geprägt, dass grundsätzlich die Personalvertretung beteiligt wird, die an der zur Entscheidung befugten Dienststelle besteht und den von der Entscheidung betroffenen Wählerkreis repräsentiert (vgl. § 82 Abs. 1 BPersVG a. F. und § 92 Abs. 1 BPersVG). Da § 59 Satz 1 SBG aber eine entsprechende Geltung von Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes vorsieht, ist bei der Anwendung den Besonderheiten der Beteiligungsverfahren nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz und den im militärischen Bereich bestehenden organisatorischen Maßgaben zur Entscheidungszuständigkeit Rechnung zu tragen. Entsprechend modifiziert ist hiernach auch das Partnerschaftsprinzip zur Anwendung zu bringen. Nach diesem Prinzip ist bei Beteiligungsverfahren nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz der Personalrat zu beteiligen, der bei der für die Maßnahme zuständigen Dienststelle gebildet ist ( 6 P 1.04 - juris Rn. 20). Dieses Prinzip hat auch in Beteiligungsverfahren nach § 24 SBG Bedeutung (vgl. 1 WB 46.03 - NZWehrr 2005, 29 <31>). Das Partnerschaftsprinzip bei Beteiligungsverfahren nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz bezieht sich in seiner entsprechenden Anwendung auf das Verhältnis zwischen dem das Beteiligungsverfahren Durchführenden, der nicht notwendig zur Entscheidung berufen sein muss, und dem bei seiner Dienststelle gebildeten Personalrat.

33Bei der nach § 59 Satz 1 SBG gebotenen entsprechenden Anwendung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften kommt es mit anderen Worten in diesen Fällen ausnahmsweise nicht auf die Entscheidungsbefugnis, sondern auf die Anhörungsbefugnis an. Maßgeblich ist, wo der originär zur Anhörung berufene Vorgesetzte seinen Sitz hat. Nach § 24 SBG wird die Beteiligung einer Vertrauensperson durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten des oder der Betroffenen durchgeführt. Hat der nächste Disziplinarvorgesetzte in der unselbständigen Dienststelle seinen Dienstort, ist die Anhörungsbefugnis vor Ort angesiedelt mit der Folge, dass der örtliche Personalrat zu beteiligen ist. Ist der nächste Disziplinarvorgesetzte hingegen nicht vor Ort, ist der Gesamtpersonalrat zuständig.

34Etwas anderes folgt aus nicht daraus, dass der originär anhörungsberechtigte nächste Disziplinarvorgesetzte in personalratsfähigen Dienststellen diese Kompetenz aus § 24 SBG grundsätzlich nicht selbst wahrnimmt, sondern nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SBG i. V. m. § 7 BPersVG a. F. (§ 8 BPersVG) regelmäßig vom jeweiligen Dienststellenleiter personalvertretungsrechtlich vertreten wird ( 1 WB 16.06 - juris Rn. 41, 44; Gronimus, Soldatenbeteiligungsrecht, 10. Aufl. 2023, § 63 SBG Rn. 16, Dierßen, in: Altvater u. a., Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2023, Anhang V B § 63 SBG Rn. 4; Meder, in: Wolf/Meder; Soldatenbeteiligungsgesetz, § 63 Rn. 38). Denn diese Vertretungsmacht bezieht sich nur auf die in der jeweiligen Dienststelle vorhandenen Kompetenzen. Ist streitig, ob der örtliche Dienststellenleiter gegenüber dem örtlichen Personalrat oder ob der Gesamtdienststellenleiter gegenüber dem Gesamtpersonalrat zu handeln hat, kann als Abgrenzungskriterium nicht auf die beiden Dienststellenleiter zustehende Vertretungsbefugnis des § 7 BPersVG a. F. (§ 8 BPersVG) abgestellt werden, sondern nur auf die Zuständigkeitsverteilung zwischen der unselbständigen Dienststelle und der Gesamtdienststelle.

353. Danach ist dem Gruppenleiter des Maritime Operations Center (GL MOC) durch Punkt 1.3 Abs. 5 der GO MarKdo zwar die Verantwortung für den allgemeinen Dienstbetrieb am Dienstort Glücksburg übertragen; insoweit ist er auch Leiter dieser personalvertretungsrechtlich verselbständigten Dienststelle. Gleichwohl kommt ihm eine Anhörungsbefugnis für Personalmaßnahmen betreffend Offiziere der verselbständigten Nebenstelle nicht zu, da ausweislich des Schreibens des Marinekommandos an den Generalinspekteur der Bundeswehr vom der Disziplinarvorgesetzte der Offiziere der Chef des Stabes in Rostock ist. Die Anhörungsbefugnis des Dienststellenleiters setzt voraus, dass an seiner Dienststelle auch der primär für Aufgaben der Personalführung zuständige nächste Disziplinarvorgesetzte angesiedelt ist, denn die Wahrnehmung der Anhörungsbefugnis setzt die Übertragung von Personalverantwortung an die Dienststelle voraus. Da der hier zuständige Disziplinarvorgesetzte aber an der Hauptstelle in Rostock angesiedelt ist, ist die Personalratsbeteiligung durch den Dienstellenleiter der Gesamtdienststelle durchzuführen. Zuständig ist damit der Gesamtpersonalrat; der örtliche Personalrat in Glücksburg ist auf die Einbringung seiner Sicht über die Beteiligung nach Maßgabe von § 82 Abs. 2 Satz 1 BPersVG a. F. (§ 92 Abs. 2 Satz 1 BPersVG) verwiesen. Eine Rechtsverletzung durch Unterbleiben dieser mittelbaren Beteiligung ist nicht Gegenstand der im Beschwerde- oder gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Rügen.

36Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung des Antragstellers (vgl. auch Gronimus, Soldatenbeteiligungsrecht, 10. Aufl. 2023, § 63 SBG Rn. 7e) - auch nicht aus dem Rechtsgedanken in bzw. analoger Anwendung von § 33 Abs. 7 Satz 3 SBG. Diese Norm ist als Regelung für den Sonderfall der Beteiligung von Vertrauenspersonenversammlungen nicht analogiefähig.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:250124B1WB35.23.0

Fundstelle(n):
YAAAJ-65729