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LSG Bayern Beschluss v. - L 5 KR 22/24 B ER

Leitsatz

Leitsatz:

1. Bei einer Entscheidung über einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer (reinen) Anfechtungsklage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegen einen Widerlegungsbescheid über eine Mindestmengenprognose kommt es für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Verwaltungsentscheidung an. Dieser Zeitpunkt entspricht damit demjenigen der (reinen) Anfechtungsklage als dem (akzessorischen) Hauptsacheverfahren.

2. Diese (rein) prozessuale Betrachtung entspricht auch den Regelungen und den ihnen zugrundeliegenden Wertungen des Fachrechts. Sinn und Zweck der Verfahrensregelungen in § 136b Abs. 5 Sätze 3 bis 8 SGB V besteht darin, eine verbindliche Klärung der Berechtigung des Krankenhauses zur Erbringung und Abrechnung der mindestmengenbelegten Leistungen vor Beginn des maßgeblichen Kalenderjahres herbeizuführen. Dies dient zum einen der effektiven Durchsetzung des Leistungserbringungsverbots gemäß § 136b Abs. 5 Satz 1 SGB V und damit der Qualitätssicherung. Zum anderen verschafft es den Krankenhäusern Rechtssicherheit. Um diesen Zweck effektiv zu erreichen, sind die Entscheidungen nach § 136b Abs. 5 Satz 6 SGB V mit verbindlicher Wirkung im Verhältnis zwischen dem einzelnen Krankenhaus und sämtlichen Krankenkassen ausgestattet. Wirksame Widerlegungsentscheidungen suspendieren die Leistungsberechtigung, die das Krankenhaus durch die Prognose des Krankenhausträgers nach § 136b Abs. 5 Satz 3 SGB V gegenüber sämtlichen Krankenkassen erlangt. Hält der Krankenhausträger die Widerlegung für rechtswidrig, kann er hiergegen Anfechtungsklage erheben (und Antrag auf Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung stellen) und so eine gerichtliche Klärung herbeiführen.

3. Diesen Grundsätzen entspricht es, dass sich die Krankenkasse in ihrem Widerlegungsbescheid nach § 136b Abs. 5 Satz 6 SGB V mit allen bis zu diesem Zeitpunkt ihr bekannten die Prognose des Krankenhausträgers tragenden Argumenten/Elementen sorgfältig auseinandersetzen muss. Das verfassungsrechtliche Recht auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG, 103 Abs. 1 GG) und seine einfachgesetzliche Ausprägung in § 24 Abs. 1 SGB X mit der dort geregelten Pflicht zur vorherigen Anhörung vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts, von der nur ausnahmsweise unter den engen Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB X abgesehen werden kann, erfordern zudem, den Krankenhausträger vor Erlass der Widerlegungsentscheidung anzuhören. Dies gilt in besonderer Weise, wenn die Widerlegung der vom Krankenhausträger abgegebenen Prognose von den Krankenkassenverbänden wie hier mit einer Unplausibilität der (bisherigen) Angaben begründet wird. Dann müssen die Krankenkassenverbände die ihnen möglichen und zumutbaren Anstrengungen unternehmen, dem Krankenhausträger ggf. unter Setzung einer kurzen Frist eine Ergänzung des für unvollständig gehaltenen Vorbringens zu ermöglichen.

4. Es spricht daher wegen Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 103 Abs. 1 GG und deren Anforderungen an Ausschlussfristen mit weitreichenden materiell-rechtlichen Folgen mehr dagegen, als dafür, die (ausschließlich) in § 5 Abs. 1 Satz 1 Mm-R und damit in einer Verfahrensnorm des G-BA vorgesehene Frist zur Übermittlung der Prognose des Krankenhausträgers bis spätestens 7. August des laufenden Kalenderjahres als Ausschlussfrist anzusehen (mit Blick auf die Reichweite der Regelungskompetenz des G-BA zweifelnd auch , BSGE 132, 55 = BeckRS 2021, 17173, Rn. 27).

Fundstelle(n):
KAAAJ-65589

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LSG Bayern, Beschluss v. 19.03.2024 - L 5 KR 22/24 B ER

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