Reichweite der Vorlageverweigerung bei Sicherheitsüberprüfungsakten
Leitsatz
Die in § 99 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 und 3 VwGO genannten Geheimhaltungsgründe können bei Sicherheitsüberprüfungsakten regelmäßig nur die Zurückhaltung bestimmter Aktenteile und die Schwärzung von Passagen rechtfertigen, keine komplette Vorlageverweigerung.
Gesetze: § 14 Abs 4 S 2 SÜG, § 23 Abs 3 SÜG, § 99 Abs 1 S 3 Alt 3 VwGO, § 99 Abs 1 S 3 Alt 1 VwGO
Gründe
I
1Der Kläger begehrt in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren eine Neubescheidung seiner Bewerbung für den mittleren nichttechnischen Dienst im Bundesnachrichtendienst (BND).
21. Der in ... geborene, über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügende Kläger hatte erfolgreich an einem Auswahlverfahren für die angestrebte Ausbildung teilgenommen. Nachdem die Sicherheitsüberprüfung Bedenken der im BND hierfür zuständigen Stelle ergeben hatte, wurde ihm mitgeteilt, er könne trotz Bestehens des Auswahlverfahrens nicht für eine Laufbahnausbildung im BND berücksichtigt werden. Sein Widerspruch wurde unter Verweis auf das Fehlen der sicherheitsrechtlichen Eignung zurückgewiesen. Die konkreten Ablehnungsgründe könnten nicht mitgeteilt werden, um eine Ausforschung des Erkenntnisstandes des BND zu vermeiden.
3Mit der daraufhin erhobenen Klage macht der Kläger geltend, der BND habe kein die gerichtliche Kontrolle ausschließendes Letztentscheidungsrecht über die sicherheitsrechtliche Eignung eines Bewerbers. Tatsächliche Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko seien nicht ersichtlich. Der BND gehe von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Die Beklagte tritt dem unter Hinweis auf § 14 Abs. 4 Satz 2 SÜG entgegen. Für das Fehlen der sicherheitsrechtlichen Eignung eines Bewerbers treffe die Nachrichtendienste des Bundes kein Darlegungserfordernis. Damit sei eine gerichtliche Überprüfung der Erwägungen ausgeschlossen. Es handele sich um eine Prognoseentscheidung im Bereich der Gefahrenabwehr, bei der dem BND eine Einschätzungsprärogative zukomme. Gehe das Gericht von einer Überprüfbarkeit aus, werde eine Sperrerklärung vorgelegt werden.
42. Mit Beschluss vom - 2 A 2.22 - gab das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache der Beklagten auf, diejenigen Aktenbestandteile vorzulegen, aus denen sich die von ihr gesehenen tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko i. S. v. § 5 SÜG bei einer Tätigkeit des Klägers beim Bundesnachrichtendienst ergeben.
5Die Vorlage sei entscheidungserheblich, weil der Senat nur so über das Rechtsschutzbegehren des Klägers befinden könne. Zwar liege ein behördlicher Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über ein Sicherheitsrisiko nahe. Dem BND stehe insoweit aber weder aus § 14 Abs. 4 Satz 2 SÜG noch aus sonstigen Bestimmungen des Gesetzes ein gerichtlich nicht nachprüfbares Letztentscheidungsrecht zu. Aus den bisher vorgelegten Akten lasse sich nicht eindeutig entnehmen, aus welchen tatsächlichen Anhaltspunkten der BND ein Sicherheitsrisiko im Falle einer Beschäftigung des Klägers in seinem Geschäftsbereich ableite. Es bedürfe daher der Vorlage der bisher nicht zur Verfügung gestellten Teile der Unterlagen.
63. Unter dem verweigerte das im Zwischenverfahren beigeladene Bundeskanzleramt mit einer Sperrerklärung die Vorlage der Aktenbestandteile, aus denen sich die tatsächlichen Anhaltspunkte für ein Sicherheitsrisiko i. S. v. § 5 SÜG bei einer Tätigkeit des Klägers für den BND ergeben. Dies schließe insbesondere die Namen der Referenz- und Auskunftspersonen, die jeweiligen Berichte zu deren Angaben über den Kläger sowie den Schlussbericht der Sicherheitsüberprüfung mit ein.
7Die Vorlage der Akten würde dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten. Die Vorgänge seien ihrem Wesen nach geheim zu halten. Ein Bekanntwerden würde die Aufgabenerfüllung des BND gefährden. Ausländische Nachrichtendienste könnten unter Manipulation der Sicherheitsüberprüfungsmechanismen Personen in den BND einschleusen. Die Akten seien zudem wegen des Informantenschutzes und des Schutzes personenbezogener Daten Dritter schutzwürdig. Dem Schutz des Erkenntnisstandes der Nachrichtendienste und ihrer Einstellungspraktiken gegen Ausforschungsversuche ausländischer Nachrichtendienste trügen § 14 Abs. 4 Satz 2 SÜG und § 23 Abs. 3 SÜG Rechnung. Die Überprüfung von mit sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten zu betrauenden Personen sei eine öffentliche Aufgabe zum Schutz gewichtiger Rechtsgüter. Das nachrichtendienstliche Mittel der Anbahnung und Führung menschlicher Quellen verlange besonderen Schutz. Nachrichtendienstliche Verbindungen müssten auf absolute Verschwiegenheit der Kontakte zur Vermeidung von Gefahren für Leib und Leben vertrauen können. Auch auf Seiten der Referenz- und Auskunftspersonen gebe es ein grundrechtlich gesichertes Interesse an der Geheimhaltung persönlicher Daten. Neben der Identität der genannten Personen müsse auch der Inhalt der Gespräche zum Schutz der Auskunfts- und Referenzpersonen und für die Sicherung ehrlicher und offener Angaben in künftigen Sicherheitsüberprüfungen vertraulich bleiben. Eine Offenlegung der internationalen Kooperation könne dazu führen, dass der BND daran nicht mehr teilhabe. Die Offenlegung bestimmter technischer Erfassungsmethoden könne zu Schutzmaßnahmen betroffener Stellen führen, so dass vergleichbare Informationen nicht mehr erlangt werden könnten.
8Das Geheimhaltungsinteresse sei mit den Interessen des Klägers, namentlich dem an der Auskunftserteilung und an einer möglichst umfassenden gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Entscheidung abzuwägen. Dem Auskunftsinteresse des Klägers werde abstrakt durch die Erläuterungen des SÜG-AVV zu § 5 SÜG Rechnung getragen. Damit könne er abschätzen, welche tatsächlichen Umstände ihrer Art nach im Einzelfall zur Annahme eines Sicherheitsrisikos führen könnten. Im konkreten Einzelfall gebe es nach § 14 Abs. 4 Satz 2 SÜG keine Begründung. Daneben sei die gesetzgeberische Wertung des § 106 Abs. 1 Satz 6 BBG zu beachten. Die Möglichkeit eines In-camera-Verfahrens sei berücksichtigt worden.
9Unter dem beantragte der Kläger nach § 99 Abs. 2 VwGO die Feststellung der Rechtwidrigkeit der Sperrerklärung vom . Dass die Vorlage der vom Beweisbeschluss erfassten Vorgänge dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten oder dass die Vorgänge ihrem Wesen nach geheim zu halten seien, sei weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt. Nach der Argumentation der Beklagten sei die Vorlage von Sicherheitsüberprüfungsakten in keinem Fall möglich. Die Sperrerklärung leide auch an Ermessensfehlern. Sie lasse nicht erkennen, dass dem Maßstab des § 99 Abs. 1 Satz 3 VwGO entsprochen und die Folgen der Verweigerung mit Blick auf den Prozessausgang gewichtet worden seien. Die Ausführungen beschränkten sich auf pauschale Erwägungen. Die Beklagte habe nicht geprüft, ob einzelne Aktenteile vorgelegt werden könnten.
104. Mit Schreiben vom hat der Vorsitzende des 2. Senats des Bundesverwaltungsgerichts die Sache dem Fachsenat vorgelegt.
II
11Der Antrag des Klägers, die Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung des Beigeladenen vom festzustellen, ist zulässig und begründet.
121. Die Entscheidungserheblichkeit der von der Sperrerklärung erfassten Unterlagen ist ordnungsgemäß verlautbart.
13Die Zulässigkeit des Antrags auf Entscheidung des Fachsenats im Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass das Gericht der Hauptsache die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Unterlagen ordnungsgemäß bejaht hat (vgl. 20 F 13.20 - juris Rn. 7 m. w. N.). Auch wenn dies zunächst in einem Beweisbeschluss geschehen ist, kann das Hauptsachegericht verpflichtet sein, die Entscheidungserheblichkeit nach Abgabe der Sperrerklärung erneut zu überprüfen (vgl. 20 F 8.17 - juris Rn. 5 m. w. N.).
14Diesen Anforderungen genügt der Beweisbeschluss vom noch. Vor dem Hintergrund des Vortrages der Beklagten im Hauptsacheverfahren war dem vorlegenden Senat eine genauere Bestimmung der vorzulegenden Dokumente im Beweisbeschluss nach Aktenlage nicht möglich. Die Sperrerklärung vom gab keine Möglichkeit, den Umfang der Beweiserhebung einzugrenzen und die heranzuziehenden Dokumente konkret zu bezeichnen. Daher war keine erneute Beschlussfassung zu der Frage veranlasst, ob die Sperrerklärung Anlass zu Änderungen am Beweisbeschluss gab.
152. Der Antrag ist begründet, weil der Beigeladene in seiner Sperrerklärung die Gründe der Vorlageverweigerung nicht ordnungsgemäß dargelegt hat (vgl. 20 F 6.19 - juris Rn. 15; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 6, 15 und vom - 20 F 11.22 - juris Rn. 14 ff.). Er wird durch die vorliegende Entscheidung indes nicht daran gehindert, eine neue Sperrerklärung abzugeben (BVerwG, Beschlüsse vom - 20 F 4.14 - juris Rn. 18 m. w. N. und vom - 20 F 11.22 - juris Rn. 14).
16a) Der Beigeladene scheint davon auszugehen, dass der Bundesnachrichtendienst zur Zurückhaltung der gesamten, im Sicherheitsüberprüfungsverfahren angefallenen Akten berechtigt sei, weil das Sicherheitsüberprüfungsgesetz die Nachrichtendienste des Bundes bei Einstellungsbewerbern von der Pflicht zur Unterrichtung vom Ergebnis der sicherheitsrechtlichen Überprüfung befreit und den Auskunftsanspruch beschränkt (§ 14 Abs. 4 Satz 2, § 23 Abs. 3 SÜG). Diese Annahme trifft schon deswegen nicht zu, weil durch diese Vorschriften die Informationswege und -ansprüche der Betroffenen zwar erheblich eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen werden. Vor allem sind diese Vorschriften keine gesetzlichen Geheimhaltungsgründe i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 VwGO und können daher eine komplette Zurückhaltung der im Sicherheitsüberprüfungsverfahren angefallenen behördlichen Akten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht rechtfertigen. Diese fachgesetzlichen Ausschlussgründe beschränken nur die Bekanntgabe- und Informationspflichten der Nachrichtendienste des Bundes gegenüber dem Einzelnen, nicht die Befugnis der Verwaltungsgerichte aus § 99 Abs. 1 Satz 3 VwGO, bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Nachrichtendienste Akten aus einem Sicherheitsüberprüfungsverfahren anzufordern. Die im Gewaltenteilungsprinzip wurzelnde Kontrollbefugnis der Verwaltungsjustiz besteht auch dann, wenn die Sicherheitsüberprüfungsakte insgesamt als Verschlusssache eingestuft ist. Denn die Verwaltungsgerichte sind keine unbefugten Personen i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 2 SÜG, wenn sie zur Erfüllung ihrer Rechtsschutzaufgaben (§ 4 Abs. 1a SÜG) als Verschlusssachen eingestufte Unterlagen anfordern ( 20 F 11.22 - juris Rn. 18). Für die Zurückhaltung von im Sicherheitsüberprüfungsverfahren angefallenen Akten im Verwaltungsprozess ist allein maßgeblich, in welchem Umfang im jeweiligen Einzelfall zum Zeitpunkt der Abgabe der Sperrerklärung ein materieller Geheimhaltungsgrund nach § 99 Abs. 1 Satz 3 VwGO besteht (BVerwG, Beschlüsse vom - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 23 und vom - 20 F 2.19 - NVwZ-RR 2020, 909 Rn. 29). Die in § 99 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 und 3 VwGO genannten Staatswohlgründe und wesensmäßigen Geheimnisse können bei Sicherheitsüberprüfungsakten regelmäßig - wie hier - nur die Zurückhaltung bestimmter Aktenteile und die Schwärzung von Passagen rechtfertigen, keine komplette Vorlageverweigerung.
17b) Grundsätzlich muss eine Sperrerklärung eine differenzierende Zuordnung der Geheimhaltungsgründe zu den jeweiligen Aktenbestandteilen enthalten (BVerwG, Beschlüsse vom - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 12, vom - 20 F 1.10 - NVwZ 2010, 1495 Rn. 11, vom - 20 F 7.11 - NVwZ 2012, 1488 Rn. 5, vom - 20 F 11.13 - juris Rn. 11, vom - 20 F 9.17 - juris Rn. 12 f. und vom - 20 F 11.22 - juris Rn. 14 f.). Sie muss hinreichend deutlich erkennen lassen, auf welche Weigerungsgründe die oberste Aufsichtsbehörde sie stützt ( 20 F 11.13 - juris Rn. 11). Eine konkrete Zuordnung von Geheimhaltungsgründen durch die oberste Aufsichtsbehörde ist von zentraler Bedeutung, weil der Fachsenat ausschließlich prüft, ob die von ihr in der Sperrerklärung behaupteten Gründe tatsächlich vorliegen; erst durch die Darlegung der konkreten Gründe wird somit effektiver Rechtsschutz ermöglicht ( 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 12). Eine differenzierende Aufbereitung der Unterlagen - unter Angabe von Blattzahlen, gegebenenfalls auch der Bezifferung von Absätzen oder der Gliederungspunkte eines Dokuments - erweist sich nur ausnahmsweise dann als entbehrlich, wenn der Umfang der Unterlagen überschaubar ist und sich bei Durchsicht der Akte die Zuordnung der Geheimhaltungsgründe ohne Weiteres erschließt ( 20 F 5.12 - juris Rn. 8 m. w. N.).
18c) Diesen Anforderungen genügt die Sperrerklärung nicht, weil sie lediglich in allgemeiner Form erläutert, welche Bestandteile von Akten aus Sicherheitsüberprüfungen nach Maßgabe von § 99 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 und 3 VwGO grundsätzlich geheimhaltungsbedürftige Inhalte haben können. Die Sperrerklärung enthält aber keinen Hinweis darauf, welche Dokumente sich in dem von ihr ausweislich des Schriftsatzes des Beigeladenen vom erfassten orangenen Hefter befinden und sie ordnet die von ihr in Anspruch genommenen Schutzinteressen daher auch nicht einzelnen Dokumenten oder deren Teilen zu. Es reicht nicht aus, dass die oberste Aufsichtsbehörde abstrakt denkbare Verweigerungsgründe aufführt, ohne zu bezeichnen, bei welchem konkreten Dokument welcher konkrete Umstand einen Verweigerungsgrund tatbestandlich erfüllen soll. Denn ein Verweigerungsgrund - wie etwa vorliegend insbesondere die Staatswohlgefährdung nach § 99 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 VwGO - kann durch unterschiedliche Umstände - wie etwa Informantenschutz, Schutz von Mitarbeitern einer Sicherheitsbehörde oder Schutz der Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten - begründet werden. Dabei obliegt es der Beurteilung der obersten Aufsichtsbehörde, innerhalb des breiten Spektrums eines Verweigerungsgrundes eine Zuordnung von verweigerungsbegründenden Umständen vorzunehmen und auf sie bezogen darzulegen, dass nicht die bloße Möglichkeit eines erheblichen Nachteils besteht, sondern eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht (BVerwG, Beschlüsse vom - 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 12 sowie vom - 20 F 5.20 - NVwZ 2021, 415 Rn. 19). Hieran fehlt es aber im vorliegenden Fall.
19Dass die abstrakten Erwägungen der Sperrerklärung zu dem vorliegenden Fall keinen hinreichend konkreten Bezug aufweisen, hat die Einsicht in die gesperrten Unterlagen bestätigt. Denn die Sperrerklärung referiert ganz überwiegend Erwägungen zu Gefahren für die Aufgabenerfüllung des BND durch das Bekanntwerden von Aktenbestandteilen, die jedenfalls nicht ohne Erläuterung bestimmter Akteninhalte zugeordnet werden können und auch nicht alle Akteninhalte erfassen.
20Denn nicht nur die Sicherheitserklärung des Klägers, sondern auch die übrige Akte enthält überwiegend Unterlagen, deren Existenz dem Kläger bekannt ist, weil er sie selbst vorgelegt oder unterzeichnet hat oder weil ihre Existenz sich aus Ermittlungsschritten ergibt, an denen er unmittelbar mitgewirkt hat. Dass Sicherheitsüberprüfungen grundsätzlich in einen Schlussbericht mit einem - dem Kläger hier auch eröffneten - Ergebnis münden, ist ebenfalls nicht geheimhaltungsbedürftig und lässt sich sogar der in Rede stehenden Sperrerklärung noch entnehmen.
21Eine differenzierende Aufbereitung der Unterlagen - unter Angabe von Blattzahlen, gegebenenfalls auch der Bezifferung von Absätzen oder der Gliederungspunkte eines Dokuments - war hier trotz des geringen Umfanges der gesperrten Dokumente nicht entbehrlich. Dies folgt zum einen aus dem Umstand, dass die Mehrzahl der von der Sperrerklärung abstrakt geltend gemachten Gefährdungen jedenfalls nicht ohne Erläuterung nachvollziehbar einzelnen Inhalten zuzuordnen war. Zum anderen hat die oberste Aufsichtsbehörde nach § 99 Abs. 1 Satz 3 VwGO auch bezogen auf die einzelnen Akteninhalte, für die ein Geheimhaltungsgrund besteht, eine Ermessensentscheidung zu treffen, ob sie die Information wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven Rechtsschutzes willen absieht. Ihr ist auch in den Fällen ein Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt ( 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 30). Maßstab ist dabei neben dem privaten Interesse an effektivem Rechtsschutz und dem - je nach Fallkonstellation - öffentlichen oder privaten Interesse an Geheimnisschutz auch das öffentliche Interesse an der Wahrheitsfindung ( u. a. - BVerfGE 115, 205 <241>). Diese Ermessensentscheidung ist hier insbesondere bei der Frage zu treffen, inwieweit dem Gericht der Hauptsache neben den dem Kläger ohnedies bekannten Unterlagen die für das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen offen zu legen sind.
223. Einer eigenständigen Kostenentscheidung bedarf es im Verfahren nach § 99 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht, weil es sich im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren um einen unselbstständigen Zwischenstreit handelt.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2024:010324B20F14.23.0
Fundstelle(n):
NJW 2024 S. 10 Nr. 19
OAAAJ-65485