BGH Beschluss v. - II ZB 13/23

Beschwerderecht vom Anreger eines Firmenmissbrauchsverfahrens gegen Ablehnung von Verfahrenseinleitung

Leitsatz

Der ein Firmenmissbrauchsverfahren Anregende hat weder ein Beschwerderecht gegen die eine Verfahrenseinleitung ablehnende Entscheidung des Registergerichts noch gegen die Beendigung eines auf seine Anregung hin eingeleiteten Verfahrens.

Gesetze: § 58 Abs 1 FamFG, § 59 Abs 1 FamFG, § 392 Abs 1 FamFG, § 392 Abs 2 FamFG, § 2 Abs 2 PartGG, § 37 Abs 1 HGB

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 20 W 137/22 Beschlussvorgehend AG Frankfurt Az: PR 2404

Gründe

I.

1Aufgrund der Anmeldung vom ist für die Beteiligte zu 1 als neuer, geänderter Name der Gesellschaft in ihrem Registerblatt eingetragen worden: "A.                             Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung", wie im Verschmelzungsvertrag mit der übertragenden D.        & P.      Rechtsanwälte PartGmbB vom vereinbart.

2Die Beteiligte zu 2 ist Alleinerbin von Dr. H.   D.       , der zum aus der Rechtsvorgängerin der übertragenden Rechtsanwaltssozietät unter der Einwilligung zur Fortführung seines im Sozietätsnamen enthaltenen Namens ausgeschieden ist.

3Mit Schriftsatz an das Registergericht vom hat die Beteiligte zu 2 beantragt, die Beteiligte zu 1 zur sofortigen Unterlassung des Namensgebrauchs "D.       " durch Festsetzung von Ordnungsgeld anzuhalten. Mit Schreiben vom hat das Registergericht mitgeteilt, dass auf diesen Schriftsatz nichts zu veranlassen sei. Mit Schriftsatz vom hat die Beteiligte zu 2 um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebeten. Daraufhin hat das Registergericht mit Schreiben vom mitgeteilt, dass keine rechtsmittelfähige Entscheidung erfolge. Mit Schriftsatz an das Registergericht vom hat die Beteiligte zu 2 ausgeführt, im Unterschied zum Schreiben des Rechtspflegers vom müsse dessen Schreiben vom so verstanden werden, dass er nunmehr ein Verfahren eingeleitet habe, jedoch zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Name der Gesellschaft rechtmäßig sei. Mit Schreiben vom hat das Registergericht ausgeführt, nach entsprechender Würdigung der rechtlichen Aspekte lägen keine registerrechtlichen Anhaltspunkte vor, das Firmenverbotsverfahren fortzuführen. Mit Schriftsatz vom hat die Beteiligte zu 2 eine erste, hier nicht verfahrensgegenständliche, Beschwerde eingelegt, gerichtet gegen die "Endentscheidung" des Registergerichts mit Schreiben vom , gegen den Gebrauch des Namens "D.       " durch die Beteiligte zu 1 nicht vorzugehen. Unter dem hat das Registergericht die Beteiligte zu 1 um Stellungnahme zu der Anregung, ein Firmenmissbrauchsverfahren durchzuführen, gebeten. Am hat das Registergericht beschlossen, dass der Beschwerde vom stattgegeben und ein amtswegiges Firmenmissbrauchsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 392 FamFG eingeleitet wird. Mit Beschluss vom hat das Registergericht den Antrag vom auf Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens zurückgewiesen.

4Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen. Der Beteiligten zu 2 fehle die Beschwerdebefugnis gemäß § 59 Abs. 1 FamFG. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen zur Klärung der Frage, ob gegen eine auf eine Anregung hin ergangene Entscheidung des Registergerichts, ein Verfahren bei unbefugtem Firmen-/Namensgebrauch gemäß § 392 Abs. 1, 2 FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB nicht durchzuführen, der Anregende ein Beschwerderecht habe.

II.

5Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

61. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2 folgt aus der Verwerfung ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Registergerichts (, BGHZ 191, 84 Rn. 5; Beschluss vom - II ZB 12/16, ZIP 2018, 1591 Rn. 7; Beschluss vom - II ZB 18/19, ZIP 2020, 73 Rn. 7; Beschluss vom - II ZB 18/22, ZIP 2023, 1744 Rn. 6 mwN).

72. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde zu Recht als unzulässig verworfen, weil der Beteiligten zu 2 die Beschwerdebefugnis gemäß § 59 Abs. 1 FamFG fehlt.

8a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 als gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde behandelt. Das Registergericht hat nicht bereits die Einleitung eines Verfahrens wegen unbefugten Firmen-/Namensgebrauchs abgelehnt, sondern ein solches mit dem Beschluss vom eröffnet. Mit dem Beschluss vom hat das Registergericht entschieden, das bereits eingeleitete Verfahren nicht weiterzuführen, indem es den als Anregung ausgelegten Antrag der Beteiligten zu 2 vom auf Einleitung eines Firmenmissbrauchsverfahrens zurückgewiesen hat. Zur Begründung hat es nicht nur auf die fehlende Antragsbefugnis der Beteiligten zu 2 abgestellt, sondern auch darauf, dass die Prüfung keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen firmenrechtliche Vorschriftenergeben habe. Damit hat das Registergericht in dem bereits eingeleiteten Firmenmissbrauchsverfahren, wie für § 58 Abs. 1, § 38 Abs. 1 Satz 1 FamFG erforderlich, aber auch ausreichend, eine den Verfahrensgegenstand erledigende ablehnende Sachentscheidung getroffen (vgl. , ZIP 2012, 1097 Rn. 12; Beschluss vom - II ZB 18/22, ZIP 2023, 1744 Rn. 8).

9b) Das Beschwerdegericht ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 2 nicht beschwerdebefugt ist.

10aa) Gemäß § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde nur demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Erforderlich ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes subjektives Recht. Die angefochtene Entscheidung muss ein bestehendes Recht des Beschwerdeführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Beschwerdeführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Die tatsächlichen Grundlagen der Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, sind schlüssig vorzutragen (, ZIP 2023, 1744 Rn. 10 mwN).

11bb) Die Beteiligte zu 2 hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie durch die Entscheidung des Registergerichts, das auf ihre Anregung eingeleitete Firmenmissbrauchsverfahren nicht fortzuführen, in einem eigenen Recht beeinträchtigt ist. Der ein Firmenmissbrauchsverfahren gemäß § 392 Abs. 1, 2FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB Anregende hat weder ein Beschwerderecht gegen die eine Verfahrenseinleitung ablehnende Entscheidung des Registergerichts noch gegen die Beendigung eines auf seine Anregung hin eingeleiteten Verfahrens.

12(1) Teilweise wird allerdings ein Beschwerderecht des ein Firmenmissbrauchsverfahren Anregenden angenommen (Bahrenfuss/Steup, FamFG, 3. Aufl., § 392 Rn. 40; Sternal/Eickelberg, FamFG, 21. Aufl., § 392 Rn. 34; Sternal/Göbel, FamFG, 21. Aufl., § 58 Rn. 65; Sternal/Jokisch, FamFG, 21. Aufl., § 59 Rn. 90; Krafka, Registerrecht, 12. Aufl., Rn. 2460; Müther in Dutta/Jacoby/Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 59 Rn. 34), wofür die Beeinträchtigung des eigenen Firmen- oder Namenrechts ausreichend sein soll. Dagegen verneint eine andere Ansicht ein solches Beschwerderecht (RGZ 132, 314, 317 f.; BeckOK FamFG/Ahr, Stand: , § 392 Rn. 51; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 7. Aufl., § 392 Rn. 71; Reuschle in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 37 Rn. 15).

13(2) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an.

14(a) Es besteht bereits kein subjektives Recht für den das Firmenmissbrauchsverfahren Anregenden auf ein Einschreiten des Registergerichts, so dass es für ihn auch kein Beschwerderecht gegen eine das Tätigwerden ablehnende Entscheidung des Registergerichts geben kann, selbst wenn ein Verfahren auf seine Anregung hin zunächst eingeleitet wurde.

15Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinem Urteil vom entschieden, dass der Anwendungsbereich des § 37 Abs. 2 HGB sich nicht nur auf die Verletzung absoluter Rechte beschränke, da anderenfalls ein großer Teil der durch eine unzulässige Firmierung in Mitleidenschaft gezogenen Betroffenen lediglich auf das Einschreiten des Registergerichts - gemeint nach § 37 Abs. 1 HGB i.V.m. § 140 FGG - angewiesen bleibe, das sie zwar anregen könnten, auf das sie aber keinen Anspruch hätten (BGH, Urteil vom10. November 1969 - II ZR 273/67, BGHZ 53, 65, 70). Das Verfahren bei unbefugtem Firmen-/Namensgebrauch gemäß § 392 Abs. 1, 2 FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB, in dem das Registergericht von Amtswegen tätig wird, dient nicht dem Schutz von Individualinteressen. § 37 Abs. 1 HGB vermittelt kein subjektives Recht auf Einschreiten des Registergerichts. Das gilt auch für einen gemäß § 37 Abs. 2 HGB in seinen Rechten Verletzten (OLG Hamm, ZIP 1983, 1198, 1202; Heymann/Förster, HGB, 3. Aufl., § 37 Rn. 25; Holzer in Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl., § 392 Rn. 11a; Hopt/Merkt, HGB, 43. Aufl., § 37 Rn. 6; BeckOGK HGB/Maierhofer, Stand: , § 37 Rn. 54; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 15; Roth/Stelmaszczyk in Koller/Kindler/Drüen, HGB, 10. Aufl., § 37 Rn. 6; Wamser in Henssler/Strohn, 6. Aufl., § 37 HGB Rn. 5).

16Zweck des § 37 Abs. 1 HGB ist es, den Gebrauch einer dem Verwender nach formellen firmenrechtlichen Grundsätzen nicht zustehenden Firma zu unterbinden. Das vom Registergericht nach § 37 Abs. 1 HGB unter den dort genannten Voraussetzungen einzuleitende Missbrauchsverfahren wird allein zur Wahrung öffentlicher Interessen geführt; die Vorschrift hat ordnungsrechtlichen Charakter (BeckOK HGB/Bömeke, Stand: , § 37 Rn. 1; Ries in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas/Mock/Wöstmann, HGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 1; Reuschle in Ebenroth/Boujong, HGB, 5. Aufl., § 37 Rn. 1). Mit der Möglichkeit zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen der unzulässigen Verwendung einer Firma gemäß § 392 FamFG wird die privatrechtliche Möglichkeit nach § 37 Abs. 2 HGB, aus wettbewerbsrechtlichen Gründen oder wegen des Bestehens von Ausschließlichkeitsrechten Unterlassung zu verlangen, um eine öffentlich-rechtliche Sanktionsmöglichkeit durch das Registergericht ergänzt (BeckOK FamFG/Ahr, Stand: , § 392 Rn. 3; Müther in Dutta/Jacoby/ Schwab, FamFG, 4. Aufl., § 392 Rn. 2). Das Verfahren gemäß § 392 FamFG hat keinen unmittelbar drittschützenden Charakter (BeckOK FamFG/Ahr, Stand: , § 392 Rn. 3; Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 7. Aufl., § 392 Rn. 71), weshalb der Verletzte nicht von dem für ihn kostenintensiven Zivilprozess auf das Firmenmissbrauchsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 HGB bei dem Registergericht ausweichen kann (vgl. K. Schmidt, Handelsrecht, 6. Aufl., § 12 IV Rn. 141). Nur die in § 37 Abs. 2 HGB enthaltene Anspruchsgrundlage hat darüber hinaus zur Verwirklichung desselben Normzwecks drittschützende Funktion (BeckOK FamFG/Ahr, Stand: , § 392 Rn. 3; Hopt/Merkt, HGB, 43. Aufl., § 37 Rn. 1, 9). Die Streitigkeiten, die mit einem Unterlassungsverfahren nach § 37 Abs. 2 HGB zusammenhängen, können somit auch nicht durch ein Beschwerderecht in das Amtsverfahren des Registergerichts, dessen Aufgabenkreis auf der Registerführung liegt, verlagert werden (vgl. RGZ 132, 311, 317 f.).

17(b) Der einzelne Betroffene ist hierdurch nicht schutzlos gestellt, denn § 37 Abs. 2 HGB gewährt ihm einen eigenen, privatrechtlichen Unterlassungsanspruch. Die Befugnis, bei unberechtigtem Firmen-/Namensgebrauch Unterlassung zu verlangen, steht nach § 37 Abs. 2 HGB - hier i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG - jedem zu, der dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Dafür reicht es aus, dass der auf Unterlassung Klagende unmittelbar in rechtlichen Interessen wirtschaftlicher Art verletzt ist. Der Anspruch setzt, wie bereits ausgeführt, keine Verletzung eines eigenen Firmenrechts oder sonstigen absoluten Rechts voraus (, BGHZ 53, 65, 70; Urteil vom - II ZR 259/90, NJW 1991, 2023; Staub/Burghard, HGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 55 mwN).

18Der Weg, einen das Firmen-/Namensrecht Missbrauchenden aus privatem Interesse zur Unterlassung anzuhalten, führt somit, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, nicht über § 392 Abs. 1, 2FamFG i.V.m. § 2 Abs. 2 PartGG und § 37 Abs. 1 HGB und das der Amtsermittlung unterliegende Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sondern übereinen in einem Zivilprozess mit dessen Parteimaxime und Beibringungsgrundsatz zu erstreitenden Rechtstitel und dessen anschließender Vollstreckung nach dem 8. Buch der Zivilprozessordnung (Nedden-Boeger in Schulte-Bunert/ Weinreich, FamFG, 7. Aufl., § 392 Rn. 71).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:050324BIIZB23.23.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-65453