BGH Beschluss v. - 2 StR 451/23

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/6 KLs 3/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und die sichergestellten Betäubungsmittel nebst Verpackungsmaterial sowie ein Mobiltelefon und eine sichergestellte Hieb- und Stichwaffe eingezogen. Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Einziehung der sichergestellten Betäubungsmittel nebst Verpackungsmaterial aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift dargestellten Gründen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

32. Hingegen haben die Anordnung der Maßregel und die weitergehende Einziehungsentscheidung keinen Bestand.

4a) Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterfällt der Aufhebung. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt:

„1. Gemäß § 2 Abs. 6 StGB ist die Unterbringungsentscheidung an der Neufassung des § 64 StGB zu messen (vgl. , juris Rn. 14; Beschluss vom – 6 StR 405/23, juris Rn. 6).

2. Den danach geltenden Anforderungen werden die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Unterbringungsanordnung begründet hat, nicht gerecht. Es ist weder sicher festgestellt noch belegt, dass die Substanzkonsumstörung des – berufstätigen (UA S. 3) – Angeklagten zu einer dauernden und schwerwiegenden Beeinträchtigung seiner Lebensgestaltung, seiner Gesundheit, seiner Arbeits- oder seiner Leistungsfähigkeit geführt hat und daher die Voraussetzungen eines Hangs nach § 64 Satz 1 StGB n.F. erfüllt (vgl. BT-Drs. 20/5913, S. 45 f.). Auch ein symptomatischer Zusammenhang dergestalt, dass die Anlasstat überwiegend auf den Hang zurückgeht (vgl. BT-Drs. 20/5913, S. 46 ff., 69), kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden. Schließlich genügt auch die Erfolgsprognose des Landgerichts nicht den strengen Anforderungen der gesetzlichen Neufassung (vgl. BT-Drs. 20/5913, S. 49, 70), zumal der Angeklagte therapieunwillig ist und sich sogar einem Drogenscreening verweigert hat (UA S. 19).“

5Die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bedarf somit erneuter Prüfung und Entscheidung. Der Senat hebt auch die der Maßregel zugrundeliegenden Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht – mit Blick auf den nunmehr anzuwendenden Maßstab – widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.

6b) Die Einziehung des Mobiltelefons      sowie der Hieb- und Stichwaffe als Tatmittel (§ 74 Abs. 1 StGB) unterfällt ebenfalls der Aufhebung. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, ob sich das Landgericht bewusst war, dass es insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte (st. Rspr.; vgl. etwa , juris Rn. 5 mwN). Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts vermag der Senat für die Hieb- und Stichwaffe, ein selbst gebauter, etwa 16,5 cm langer, metallischer Gegenstand, auf dem mittig ein aus Klebeband hergestellter Griff aufgebracht war, auf dem auf der Vorderseite eine Pfeilspitze von ca. 2,5 cm und hinten ein annähernd keilförmiges Endstück herausragte, nicht auszuschließen, dass die Strafkammer bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung diesen Gegenstand wieder freigegeben hätte. Denn sie hat festgestellt, dass der Angeklagte diesen zwar im Tatzeitpunkt mit der Zweckbestimmung bei sich führte, ihn im Fall eines Angriffs auf seine körperliche Unversehrtheit zu seiner Verteidigung einzusetzen, ihn im Übrigen aber bei der Beseitigung von Schmutz und Pflanzenmaterial auf dem Hof der von ihm als Reinigungskraft betreuten Schule verwendete.

7Die Sache bedarf daher auch hinsichtlich der Einziehung – mit Ausnahme der eingezogenen Betäubungsmittel nebst Verpackungsmaterial – neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen zur Einziehungsentscheidung sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140224B2STR451.23.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-65358