BGH Beschluss v. - XIII ZB 24/21

Instanzenzug: Az: 34 T 47/21vorgehend AG Bergisch Gladbach Az: 40a XIV(B) 17/21

Gründe

1I. Der Betroffene, ein aserbaidschanischer Staatsangehöriger, reiste Anfang Februar 2020 mit einem für den Schengenraum ausgestellten Kurzaufenthaltsvisum in das Bundesgebiet ein, das einen Aufenthalt für touristische Zwecke von maximal 90 Tagen innerhalb des Zeitraums vom bis zum erlaubte. Bei einer Verkehrskontrolle am wurde der Betroffene ohne Ausweisdokumente angetroffen und vorläufig festgenommen. Mit Bescheid vom stellte die beteiligte Behörde fest, dass er nach §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vollziehbar zur Ausreise verpflichtet ist. Ihm wurde die Abschiebung nach Aserbaidschan angedroht.

2Auf Antrag der beteiligten Behörde vom hat das Amtsgericht mit Beschluss vom gleichen Tag Abschiebungshaft bis längstens zum angeordnet. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Betroffene die Feststellung, dass ihn der in seinen Rechten verletzt hat.

3II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

41. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Haftantrag der beteiligten Behörde sei zulässig und begründet. Entgegen der Ansicht der Beschwerde enthalte der Beschluss des Amtsgerichts eine eigenständige Prognose im Hinblick auf die Durchführbarkeit der Abschiebung innerhalb der beantragten Haftzeit. Dem stehe nicht das Zurückgreifen auf Formulierungen aus dem Haftantrag entgegen. Das Amtsgericht habe mit seiner einleitenden Formulierung deutlich gemacht, den Sachverhalt selbst geprüft zu haben. Außerdem habe es seine Ausführungen im Nichtabhilfebeschluss ergänzt.

52. Diese Beurteilung hält rechtlicher Überprüfung stand.

6Die Rechtsbeschwerde rügt zu Unrecht einen Begründungsmangel bei der vom Haftrichter vorzunehmenden Prognose, ob die Abschiebung innerhalb der beantragten Haftdauer durchgeführt werden kann.

7a) Die Sicherungshaft ist nach § 62 Abs. 3 S. 3 AufenthG unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann. Haft zur Sicherung der Abschiebung darf daher nur angeordnet werden, wenn eine Prognose ergibt, dass die Abschiebung innerhalb des beantragten Haftzeitraums gelingen kann. Diese Prognose ist auch bei Anordnung einer kürzeren Haftdauer vorzunehmen, um die es hier ging (vgl. , FGPrax 2011, 201 Rn. 9). Sie erfordert eine Feststellung der rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der zu sichernden Abschiebung und ist nach § 26 FamFG von dem Richter von Amts wegen vorzunehmen (, juris Rn. 10).

8b) Diesen Anforderungen genügt der Beschluss des Amtsgerichts. Die Beschlussgründe enthalten eine knapp zusammengefasste Darstellung der Umstände, mit denen die erforderliche Haftdauer im Haftantrag begründet wurde. Entgegen der Auffassung der Beschwerde spricht das Zurückgreifen auf Darlegungen aus dem Haftantrag nicht dafür, dass der Haftrichter keine eigene Prognose vorgenommen hat. Insbesondere beschränkt sich der Beschluss nicht auf eine schlichte wörtliche Wiedergabe des Haftantrags. Im Nichtabhilfebeschluss hat das Amtsgericht auch ausdrücklich bestätigt, eine eigene Prognose vorgenommen zu haben.

9c) Selbst wenn man von einem Prognosemangel ausgehen wollte, hat sich dieser jedenfalls nicht ausgewirkt. Aus dem späteren tatsächlichen Geschehensablauf kann nämlich auf den mutmaßlichen Inhalt einer gebotenen, aber unterlassenen Prognose geschlossen werden (BGH, Beschlüsse vom - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27 Rn. 24; vom - V ZB 226/10, InfAuslR 2011, 202 Rn. 19). Kommt es innerhalb der von der beteiligten Behörde beantragten Frist zur Abschiebung, kann unterstellt werden, dass eine entsprechende Prognose die Haft und ihre Dauer gerechtfertigt hätte (, juris Rn. 15). Nach dem Haftantrag war beabsichtigt, für den Betroffenen den frühestmöglichen Sammelcharterflug am zu buchen. Die Abschiebung wurde an diesem Tag planmäßig durchgeführt.

103. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:200224BXIIIZB24.21.0

Fundstelle(n):
FAAAJ-65274