Bewertung eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft für Zwecke der Erbschaft-und Schenkungsteuer;
Anwendung des -
Bezug: BStBl 2024 II S. 246
I. Bewertungsrechtlicher Begriff „Betrieb der Land- und Forstwirtschaft“
1Mit Urteil vom - II R 39/20 -, BStBl 2024 II S. 246, hat der Bundesfinanzhof unter anderem entschieden, dass der bewertungsrechtliche Begriff "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft" tätigkeitsbezogen ist. Zivilrechtliches Eigentum an Grund und Boden oder am Besatz sei unerheblich.
2Nach § 158 Absatz 1 Satz 1 BewG ist Land- und Forstwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbst gewonnenen Erzeugnisse. Nach der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs knüpft diese Vorschrift an eine bestimmte Nutzung des Bodens, aber nicht an das Eigentum am Boden an. Einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft habe demnach derjenige inne, der Land-und Forstwirtschaft betreibt. Der Betriebsbegriff sei tätigkeitsbezogen. Zivilrechtlichen Eigentums an Grund und Boden oder am Besatz bedürfe es nicht.
3Aus § 158 Absatz 1 Satz 2 BewG, wonach alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu diesem Zweck auf Dauer zu dienen bestimmt sind, zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören, ergibt sich nach der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs nichts anderes. Die land- und forstwirtschaftliche Zweckbestimmung für den Betrieb eines Dritten reiche nicht aus, land- und forstwirtschaftliches Vermögen beim Eigentümer zu begründen. Dies widerspräche dem tätigkeitsbezogenen Betriebsbegriff.
4Insoweit ist das - über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.
5§ 158 Absatz 1 BewG sieht eine zweistufige Regelung vor. Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wird durch die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung von Pflanzen und Tieren sowie die Verwertung der dadurch selbst gewonnenen Erzeugnisse nach § 158 Absatz 1 Satz 1 BewG begründet. Darüber hinaus begründen nach § 158 Absatz 1 Satz 2 BewG alle Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu diesem Zweck auf Dauer zu dienen bestimmt sind, einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft. Dabei ist es unerheblich, ob die Wirtschaftsgüter einem eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dienen oder Dritten zur Nutzung überlassen werden. Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft kann auch ein einzelnes land- und forstwirtschaftlich genutztes Grundstück sein, das gemäß § 159 BewG nicht zum Grundvermögen zu rechnen ist (R B 158.1 Absatz 2 ErbStR 2019).
6Im Fall der Nutzungsüberlassung entstehen folglich zwei wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Beim Eigentümer des Grund und Bodens liegt ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vor, weil der Pächter den Grund und Boden land- und forstwirtschaftlich bewirtschaftet. Beim Pächter liegt zumindest tätigkeitsbezogen ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft vor.
7Entgegen der o. g. Entscheidung des Bundesfinanzhofs können land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen, bei denen die Wirtschaftsgebäude oder die Betriebsmittel oder beide Arten von Wirtschaftsgütern nicht dem Eigentümer des Grund und Bodens gehören, auch dann einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden, wenn sie weniger als 15 Jahre lang einem anderen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen bestimmt sind (sog. unechte Stückländereien; R B 160.1 Absatz 6 Satz 7 ErbStR 2019). Derartige Flächen bilden nur dann eine eigene wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, wenn sie nicht als Teilfläche einem bestehenden Betrieb der Land- und Forstwirtschaft des Überlassenden zugeordnet werden können. Der Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und die Abgrenzung zum Betriebs- und Grundvermögen richten sich nach den §§ 158, 159 BewG und können nicht aus § 160 Absatz 7 BewG abgeleitet werden. Der Gesetzgeber hat die zeitliche Komponente des § 160 Absatz 7 BewG insbesondere im Hinblick auf die Bewertungsmethode eingeführt (§ 162 Absatz 2 BewG). Darüber hinaus hat sie in der Praxis Bedeutung für die Frage einer etwaigen Steuerentlastung nach §§ 13a, 13b, 13c, 28a ErbStG.
II. Verfassungsrechtliches Übermaßverbot
8Darüber hinaus hat der Bundesfinanzhof mit dem o. g. Urteil entschieden, dass im Fall der Maßgeblichkeit des Liquidationswerts (§ 166 Absatz 1 BewG) für die Bewertung des Wirtschaftsteils eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausnahmsweise der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts entsprechend § 165 Absatz 3 Halbsatz 1 BewG geführt werden könne, wenn der festgestellte Wert das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verletze. Dies setze aber regelmäßig voraus, dass der festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteige.
9Extrem über das normale Maß hinaus gehe laut Bundesfinanzhof beispielsweise das Dreifache des gemeinen Werts bzw. das rund 1,4-fache eines sich aus dem Bodenrichtwert errechneten Verkehrswerts.
10Diese Grundsätze des o. g. BFH-Urteils finden weiterhin allgemein Anwendung.
Inhaltlich gleichlautend
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Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2024 I Seite 380
UAAAJ-65243