BGH Beschluss v. - 6 StR 579/23

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 21 KLs 213 Js 33674/22

Gründe

1Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten (B.    ) beziehungsweise drei Jahren und fünf Monaten (A.   ) verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten haben Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.

2Nach den Feststellungen trafen die Angeklagten in den frühen Morgenstunden des auf den erheblich alkoholisierten K.     und fassten den Entschluss, diesem unter Anwendung von Gewalt Wertgegenstände abzunehmen. Zu dritt fuhren sie in einem Taxi nach Nürnberg. Nach dem Aussteigen wollte der Angeklagte B.    K.     zum „Weiterfeiern“ überreden. Als dieser sein iPhone 13 Pro zum Telefonieren entsperrte, entriss B.   , wie zuvor mit A.   abgesprochen, es ihm „mit Gewalt“, steckte es ein und entfernte sich. Dem gemeinsamen Tatplan entsprechend versetzte sodann A.   dem Geschädigten, der laut um Hilfe rufend B.   nachlief, einen Schlag gegen den Kopf, um die Verfolgung zu verhindern und die Entwendung weiterer Gegenstände zu ermöglichen. In weiterer Umsetzung des gemeinsamen Tatplans trat einer der Angeklagten wuchtig mit dem beschuhten Fuß in Richtung Oberkörper und Kopf des nunmehr am Boden liegenden Geschädigten und „traf ihn“. Die Angeklagten durchsuchten den Geschädigten und entwendeten Bargeld in Höhe von mindestens 30 Euro sowie dessen Schlüssel, um die Sachen – ebenso wie das Mobiltelefon – für sich zu behalten. Durch die Misshandlungen erlitt der Geschädigte schwere Kopfverletzungen.

II.

3Zwar tragen die Feststellungen die Schuldsprüche wegen schweren Raubes (§ 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c StGB). Die ihnen zugrundeliegende Beweiswürdigung ist aber – auch eingedenk des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Püfungsmaßstabs (vgl. mwN) – rechtsfehlerhaft.

41. Das Tatgericht ist verpflichtet (vgl. §§ 261 und 267 StPO), in den Urteilsgründen darzulegen, dass seine Überzeugung von den die Anwendung des materiellen Rechts tragenden Tatsachen auf einer umfassenden, von rational nachvollziehbaren Überlegungen bestimmten Beweiswürdigung beruht (vgl. mwN). Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht. Die erforderliche finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz von Gewalt und der Wegnahme (vgl. , Rn. 5 mwN) ist nicht beweiswürdigend belegt.

5a) Ausweislich der Darstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme kann als äußeres Tatgeschehen noch nachvollzogen werden, dass B.   dem Geschädigten das Mobiltelefon entriss, dieses einsteckte und sich entfernte. A.   brachte den Geschädigten, der B.   verfolgte, durch einen Schlag zu Boden, und nach einem Tritt eines der Angeklagten wurden dem Geschädigten Bargeld und seine Schlüssel weggenommen.

6b) Unklar ist, auf welcher Grundlage das Landgericht die Feststellung getroffen hat, die Angeklagten hätten von Beginn an aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses (§ 25 Abs. 2 StGB) die Gewalt gegen den Geschädigten zum Zweck der Wegnahme ausgeübt. Dass der nach der Wegnahme des Mobiltelefons geführte Schlag A.   s und der anschließende Tritt eines der Angeklagten zumindest auch der Wegnahme des Geldes und der Schlüssel dienten, versteht sich nicht von selbst, zumal es B.    nach der Einlassung A.   s von vornherein auf das „schöne Handy“ angekommen sei. Entgegen § 267 Abs. 1 StPO verhalten sich die Urteilsgründe nicht zu Tatsachen, die für eine solche – gegebenenfalls konkludent getroffene – Übereinkunft sprechen könnten.

7aa) Denn nach den Einlassungen der Angeklagten misshandelte nur der jeweils andere den Geschädigten und entwendete die Wertgegenstände. Das Landgericht hat die Einlassungen zwar zu Recht kritisch gewürdigt (vgl. Rn. 21) und mit tragfähigen Erwägungen als reine Schutzbehauptungen bewertet. Ob es aber der Einlassung A.   s, B.  habe ihm nach der Wegnahme des Mobiltelefons „in Zeichensprache zu verstehen gegeben, den Geschädigten nun gemeinsam zu schlagen und auszurauben“, nur insoweit keinen Glauben geschenkt hat, als er sich trotz der Aufforderung B.   s nicht am weiteren Geschehen beteiligt haben will, lässt sich den Urteilsgründen auch ihrem Gesamtzusammenhang nach nicht entnehmen.

8bb) Die wiedergegebenen Tatsachen rechtfertigen ferner nicht den Schluss, die Angeklagten hätten das Mobiltelefon unter Anwendung von Gewalt entwendet (§ 249 Abs. 1 StGB).

9(1) Die dem Schuldspruch zugrundeliegende Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte B.   dem Geschädigten dessen Mobiltelefon nicht durch List und Schnelligkeit wegnehmen konnte, sondern in einem solchen Maße Kraft einsetzen musste, dass die Tat durch die Gewalt gegen eine Person geprägt wurde (vgl. , BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 4; Beschluss vom – 4 StR 328/99), wird von den Urteilsgründen nicht getragen. Die Bekundungen des Geschädigten, der Angeklagte B.   habe ihm unmittelbar nach dem Entsperren sein „fest in seiner Hand“ gehaltenes Mobiltelefon entrissen, legen mit Blick auf den für den Geschädigten unerwarteten Zugriff nicht ohne Weiteres nahe, dass B.   den möglichen Widerstand des erheblich alkoholisierten Geschädigten brechen wollte.

10(2) Da die Wegnahme zum Zeitpunkt der Gewalthandlung bereits vollendet, wenn auch nicht beendet war, konnte A.   einen Raub (§ 249 Abs. 1 StGB) – gegebenenfalls in Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) – durch seinen Schlag nicht mehr verwirklichen (vgl. , NStZ 2020, 417, 418). Er konnte auch nicht Täter eines räuberischen Diebstahls sein (§ 252 StGB), weil er im Zeitpunkt der Vornahme der Nötigungshandlung weder selbst im Besitz der Tatbeute noch zumindest als Mittäter am Diebstahl des Mobiltelefons beteiligt war (vgl. − 3 StR 373/14, NStZ 2015, 276). Denn ein entsprechender Tatbeitrag A.   s ist nicht belegt.

112. Auf diesen Erörterungsmängeln beruht das Urteil. Der Senat kann angesichts der aufgezeigten Mängel nicht sicher ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Beweiswürdigung zu einem anderen Beweisergebnis gekommen wäre. Die Aufhebung erfasst auch den für sich gesehen rechtsfehlerfreien Schuldspruch wegen der tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzung.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:050324B6STR579.23.0

Fundstelle(n):
DAAAJ-64764