BFH Beschluss v. - I B 66/17

Tatbestand

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine liquidierte Aktiengesellschaft luxemburgischen Rechts (Société Anonyme –S.A.–), die ihren Sitz und den Ort der Geschäftsleitung im Großherzogtum Luxemburg (Luxemburg) hatte. Einzige Gesellschafterin ist die inländische E GmbH. Mit Gesellschafterbeschluss vom im Rahmen einer außerordentlichen Hauptversammlung wurde die Liquidation der Klägerin beschlossen. Die E GmbH wurde zur Liquidatorin bestellt und die Liquidation am selben Tag im Rahmen eines vereinfachten Liquidationsverfahrens abgeschlossen.

Am stellte die Klägerin, vertreten durch die E GmbH, beim Beklagten und Beschwerdegegner (Bundeszentralamt für Steuern -BZSt-) einen Antrag auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr für den Veranlagungszeitraum 2009 gemäß § 27 Abs. 8 Satz 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Das BZSt lehnte den Antrag als unzulässig ab, weil aufgrund der beendeten Liquidation niemand mehr für die Klägerin wirksam handeln könne.

Die daraufhin erhobene Verpflichtungsklage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln hat sie mit (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1375) als unbegründet abgewiesen. Seiner Auffassung nach war die Klägerin zum Zeitpunkt der Antragstellung aufgrund der abgeschlossenen Liquidation hinsichtlich einer aktiven Antragstellung nach § 27 Abs. 8 Satz 3 KStG nicht mehr steuerrechtsfähig. Nach dem insoweit maßgeblichen Personalstatut der S.A. (Recht Luxemburgs) sei die Klägerin nach Beendigung der Liquidation nur noch für einen Zeitraum von fünf Jahren „passiv rechtsfähig” gewesen. Diese passive Rechtsfähigkeit umfasse nicht die Möglichkeit, neue Verwaltungsverfahren einzuleiten.

Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.

Das BZSt beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.

1. Eine die Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ermöglichende Abweichung des FG-Urteils von den von der Klägerin angeführten Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt nicht vor.

Die Klägerin macht eine Divergenz des angefochtenen Urteils zu den (BFHE 102, 174, BStBl II 1971, 540) und (BFHE 150, 293, BStBl II 1988, 316) geltend. Eine Rechtsprechungsdivergenz liegt vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt von einer in beiden Fällen entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Rechtsauffassung vertritt als das andere Gericht (z. B. , BFH/NV 2018, 39, m. w. N.).

Vorliegend fehlt es an vergleichbaren Sachverhalten. Die beiden von der Klägerin benannten BFH-Urteile befassen sich mit der Umsatzsteuerrechtsfähigkeit von aufgelösten inländischen Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Das FG hat die fehlende Steuerrechtsfähigkeit der Klägerin jedoch gerade daraus abgeleitet, dass diese in Luxemburg gegründet worden ist, weshalb nach der Unionsrechtslage (sog. Gründungstheorie) das luxemburgische Personalstatut der S.A. maßgeblich sei, welches vollbeendeten Kapitalgesellschaften nur eine „passive Rechtsfähigkeit” zubillige. In diesem vom FG als entscheidungserheblich angesehenen Punkt liegt hier folglich ein wesentlich anderer Sachverhalt vor als in den Fällen, über die der BFH in den beiden zitierten Urteilen entschieden hat.

2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat die Klägerin nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.

a) Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss der Beschwerdeführer zunächst eine für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Erforderlich ist des Weiteren ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus welchen Gründen im Einzelnen die Klärung durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Darüber hinaus sind Darlegungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen die Rechtsfrage streitig ist, was wiederum ggf. eine Auseinandersetzung mit den in Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage vertretenen Auffassungen gebietet (z. B. Senatsbeschluss , BFH/NV 2011, 833). Schließlich muss der Beschwerdeführer auch die Klärungsfähigkeit der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage darlegen (vgl. z. B. Senatsbeschluss , juris).

b) Diesen Maßgaben werden die Ausführungen in der Beschwerdebegründung nicht gerecht.

aa) Die Klägerin stellt als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung heraus: „Verfügt eine Gesellschaft auch nach ihrer Liquidation über die notwendige Steuerrechtsfähigkeit, um steuerliche Rechte geltend zu machen oder beschränkt sich die Steuerrechtsfähigkeit der Gesellschaft auf die Erfüllung von steuerlichen Pflichten und der Anfechtung von gegen sie ergangenen Steuerbescheiden?”

In ihren Ausführungen zu Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Frage geht die Klägerin jedoch nicht auf den Umstand ein, dass es sich bei ihr um eine Auslandsgesellschaft handelt. Dies war hier deshalb unerlässlich, weil das FG die seiner Auffassung nach fehlende Steuerrechtsfähigkeit mit der mangelnden Handlungsfähigkeit der Klägerin i. S. von § 79 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung begründet hat, welche die Vorinstanz wiederum ausschließlich aus dem Luxemburger Gesellschaftsrecht (Personalstatut der S.A.) und der dazu ergangenen Rechtsprechung der Luxemburger Gerichte abgeleitet hat. Das FG hat demzufolge nicht – wie die Beschwerdebegründung suggeriert – einen allgemein für vollbeendete Gesellschaften aller Nationalitäten und Rechtsformen geltenden Rechtssatz aufgestellt, sondern bezieht sich in seiner Argumentation ausschließlich auf den konkreten Einzelfall der Luxemburger S.A. In der Beschwerdebegründung fehlt es an jeglicher Auseinandersetzung mit dieser entscheidungstragenden Argumentation der Vorinstanz.

bb) Des Weiteren möchte die Klägerin in dem angestrebten Revisionsverfahren die Rechtsfrage geklärt wissen, ob „die gesetzliche Antragspflicht gemäß § 27 Abs. 8 S. 3 und 4 KStG gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten, hier insbesondere gegen die Kapitalverkehrsfreiheit”, verstößt.

Es ist aber nicht ersichtlich -und wird in der Beschwerdebegründung nicht erläutert-, inwiefern eine Unionsrechtswidrigkeit des in § 27 Abs. 8 KStG für Körperschaftssubjekte aus anderen EU-Mitgliedstaaten vorgesehenen antragsgebundenen Feststellungsverfahrens zur Einlagenrückgewähr der vorliegenden, auf Erteilung eines Feststellungsbescheids in eben jenem Verfahren gerichteten Verpflichtungsklage zum Erfolg verhelfen könnte. Würde die Implementierung des Feststellungsverfahrens zur Einlagenrückgewähr nach § 28 Abs. 8 Satz 3 ff. KStG gegen Unionsrecht verstoßen, wäre ein Feststellungsinteresse der Klägerin nicht gegeben, weil dann das Feststellungsverfahren auf Ebene der leistenden Körperschaft nach § 27 Abs. 8 Satz 3 ff. KStG obsolet und die Frage der Einlagenrückgewähr entsprechend dem Fall einer im Inland unbeschränkt steuer-pflichtigen Körperschaft (s. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes) im Besteuerungsverfahren des die Leistungen empfangenden Gesellschafters zu klären wäre.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

4. Von einer weiter gehenden Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
WAAAJ-64454