BGH Beschluss v. - 2 StR 283/23

Instanzenzug: LG Aachen Az: 61 KLs 23/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung im Fall II. 2 der Urteilsgründe sowie des Gesamtstrafenausspruchs; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten sich der Angeklagte und die später Geschädigte T.   im Mai 2022 über die sozialen Medien kennen. Es kam in der Folge auch zu persönlichen Treffen mit einvernehmlichem Geschlechtsverkehr, wobei die Zeugin dem Angeklagten von Anfang an mitteilte, an einer festen Beziehung nicht interessiert zu sein. Im Verlauf des Juni 2022 veränderte sich das Verhalten des Angeklagten, er wirkte gestresst und fühlte sich schlecht behandelt. Er geriet in eine niedergeschlagene Stimmung, die durch eine psychotische Episode befördert wurde und ihn in eine aggressive rücksichtslosere Stimmung versetzte. In dieser Verfassung suchte er Unterstützung bei der Zeugin, wozu diese allerdings nicht bereit war. Er geriet in Wut, machte ihr Vorwürfe und drohte ihr. Die Zeugin T.   sah infolgedessen ihre Beziehung zu dem Angeklagten als beendet an. Der Angeklagte war nicht bereit, dies zu akzeptieren, und wollte die gewünschte Zuwendung gegebenenfalls mit Gewalt einfordern. Aus diesem Grund fuhr er am unter Mitnahme eines Messers zur später Geschädigten T.   nach A.   .

3Der Angeklagte klopfte am späten Abend gegen die Terrassentür ihres Einzimmerappartements. Die Zeugin öffnete, weil sie davon ausging, dass dieser seine Sachen bei ihr abholen wolle. Stattdessen forderte der Angeklagte, mit der Zeugin zu reden. Als sie darauf nicht sofort einging, erklärte er ihr, er sei bewaffnet. Darauf beschloss sie aus Angst und weil sie mit dem Angeklagten nicht alleine in ihrer Wohnung sein wollte, außerhalb mit ihm zu sprechen. Sie schloss die Terrassentür, zog sich etwas über und traf den Angeklagten vor dem Wohnhaus, wo dieser erneut darauf hinwies, bewaffnet zu sein, das mitgebrachte Küchenmesser herauszog und der Zeugin drohend vorhielt. Der Angeklagte forderte laut und wütend, die Zeugin dürfe die Beziehung nicht beenden, er wolle nur sie. Kamen Personen in die Nähe, versteckte er das Messer immer wieder unter der Kleidung. Es folgte schließlich ein längerer Spaziergang, bis sich beide auf eine Bank setzten. Währenddessen drohte der Angeklagte, den Bruder der Zeugin aufzusuchen und zu töten, irgendjemand müsse büßen. Die Zeugin T.   geriet zunehmend unter psychischen Druck und erbrach sich schließlich. Auf dem Rückweg zur Wohnung suchten beide noch einen Supermarkt auf, wobei sich die Zeugin nichts anmerken ließ. Zurück an der Wohnung forderte sie den Angeklagten auf, vor dem Haus zu warten, und begab sich in ihre Wohnung, um ihm noch dort befindliche Kleidung auszuhändigen. Sie öffnete die Terrassentür, woraufhin der Angeklagte die Wohnung betrat. Ob er ohne Weiteres von sich aus eintrat oder von ihr hereingebeten wurde, konnte die Strafkammer nicht feststellen. Die Zeugin T.  drängte den Angeklagten, seine Sachen mitzunehmen und zu gehen. Der Angeklagte lehnte dies ab, schloss die Terrassentür und forderte sie weiter auf, mit ihm zu reden. Dabei hielt er immer wieder das Messer in der Hand und legte es in Griffnähe ab. Die Zeugin hatte weiterhin Angst vor dem Angeklagten und versuchte vergebens, ihn zu beruhigen. Schließlich rauchte sie auf Aufforderung des Angeklagten mit ihm Marihuana, obwohl sie dies nicht wollte (Fall II. 1 der Urteilsgründe).

42. Irgendwann im Laufe der Nacht befanden sich die Zeugin und der Angeklagte, der ihr zuvor mit dem Bemerken, es sei warm in der Wohnung, den Pullover ausgezogen hatte, auf dem Bett. Schließlich äußerte der Angeklagte, es sei alles geklärt, er wolle noch einmal mit der Zeugin schlafen, dann lasse er sie in Ruhe. Die Zeugin lehnte ab. Als der Angeklagte hierauf beharrte, fand sich die Zeugin unter dem Eindruck der vorangegangenen Drohungen bereit, dem Angeklagten einen „herunterzuholen“. Sie manipulierte aus Angst mit der Hand an seinem entblößten Penis und stimulierte ihn schließlich auf Aufforderung mit dem Mund. Ob der Angeklagte zum Samenerguss kam, konnte nicht sicher festgestellt werden. Einige Zeit später forderte der Angeklagte erneut vaginalen Geschlechtsverkehr. Die neben ihm sitzende Zeugin, der der Angeklagte vorher Jogginghose und Slip ausgezogen hatte, lehnte dies weiter ab und wies ihn darauf hin, dass sie Ihre Periode habe und sie auch über kein Verhütungsmittel verfüge. Der Angeklagte erklärte, das sei ihm egal, und zeigte auf das Messer. Spätestens jetzt wollte er auch gegen ihren Willen mit der Zeugin Geschlechtsverkehr ausüben. Er packte sie deshalb an ihrer Hüfte, zog sie über seine Beine auf seinen Unterleib und stieß von unten in ihre Vagina. Sodann führte er mit wuchtigen Stößen den Geschlechtsverkehr aus, wobei die Geschädigte den Angeklagten immer wieder zum Aufhören aufforderte. Um die nicht erregte Geschädigte zu stimulieren, rieb der Angeklagte längere Zeit heftig mit einem Finger über und in ihrer Vulva, obwohl sie ihm sagte, es tue ihr weh. Nach wenigen Minuten gelang es ihr, von dem Penis des Angeklagten herunterzukommen. Sie manipulierte sodann neben ihm sitzend, bis er zum Samenerguss kam, um „ihre Ruhe zu bekommen“. Anschließend duschte sie, zog sich wieder an und begab sich zurück zum Bett, auf dem der Angeklagte im Besitz des Messers saß (Fall II. 2 der Urteilsgründe).

5Am Morgen des nächsten Tages wachten erst der Angeklagte und danach die Geschädigte auf. Der Aufforderung, die Wohnung zu verlassen, kam der Angeklagte, der immer wieder mit dem Messer herumfuchtelte, nicht nach. Auf sein Verlangen rauchten beide Marihuana. Kurz vor 10.30 Uhr ging auf dem Mobiltelefon eine Nachricht des Vaters der Geschädigten ein, der sich nach ihr erkundigte. Sie antwortete ihm, wenn er zu ihr stehe, solle er die Polizei rufen, aber nicht anrufen; auf eine weitere Nachricht von ihm teilte sie mit, „er sei bewaffnet“. Der Angeklagte war weiter wütend und schrie, sie solle bei ihm bleiben. Als er abgelenkt war, floh die Geschädigte durch die Terrassentür und veranlasste Passanten, die Polizei zu verständigen. Diese nahm den Angeklagten noch in der Wohnung fest; das Küchenmesser wurde im Wasser liegend im Spülbecken der Kochnische gefunden. Die Geschädigte wurde später im Krankenhaus gynäkologisch untersucht. Dabei wurden extreme Schwellungen an den Genitalien festgestellt.

63. Das Landgericht hat den Angeklagten im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen Nötigung und im Fall II. 2 der Urteilsgründe wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung verurteilt.

II.

7Die angefochtene Entscheidung ist im Hinblick auf die Verurteilung im Fall II. 1 der Urteilsgründe (im Ergebnis) nicht zu beanstanden; der Angeklagte hat die Zeugin zwar nicht – wie das Landgericht angenommen hat – zur Nichtbeendigung der Beziehung, stattdessen aber zu einem mit einer Unterredung verbundenem Spaziergang genötigt.

8Hingegen hält der Schuldspruch im Fall II. 2 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die dieser Verurteilung zugrundeliegende Beweiswürdigung ist rechtsfehlerhaft.

91. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts; ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (vgl. ‒ 2 StR 593/16, juris Rn. 11 und vom ‒ 1 StR 524/02, NStZ-RR 2003, 206, 207).

10Lückenhaft ist die Beweiswürdigung, wenn sich das Tatgericht nicht mit allen wesentlichen, den Angeklagten belastenden und entlastenden Indizien auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom ‒ 5 StR 524/09, NStZ-RR 2010, 152, 153 und vom ‒ 5 StR 278/09, NStZ-RR 2009, 377). Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass das Tatgericht die für den Schuldspruch bedeutsamen Beweise erschöpfend gewürdigt, dass es die entscheidungserheblichen Umstände erkannt, in seine Überlegungen einbezogen und in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat; eine Beweiswürdigung, die Feststellungen nicht in Betracht zieht, welche geeignet sind, die Entscheidung zu beeinflussen, oder naheliegende Schlussfolgerungen nicht erörtert, ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Beschlüsse vom ‒ 2 StR 354/20; vom – 2 StR 494/19, NStZ 2020, 693; ‒ 1 StR 94/16, juris Rn. 9 und vom ‒ 1 StR 524/02, NStZ-RR 2003, 206, 207).

112. Gemessen daran begegnet die Beweiswürdigung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

12Das Landgericht hat sich bei seiner Überzeugungsbildung insbesondere auf die Bekundungen der Geschädigten gestützt, die durch weitere Beweismittel bestätigt worden seien und in einigen Punkten mit der Einlassung des Angeklagten, der jedoch bestritten habe, die Zeugin mit einem Messer genötigt und zu sexuellen Handlungen gezwungen zu haben, übereinstimmten.

13Die Würdigung ihrer Zeugenaussage erweist sich als lückenhaft; zudem fehlt es an einer umfassenden Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Umstände.

14a) Die Strafkammer hat die Aussage der Geschädigten im Rahmen ihrer Glaubhaftigkeitsbeurteilung als konstant angesehen, obwohl es „Abweichungen, Widersprüche, Ergänzungen bzw. Auslassungen“ in den verschiedenen Aussagen im Laufe des Verfahrens gegeben habe. Diese ließen sich aber jeweils an sich und auch in ihrer Gesamtheit durch normale aussagepsychologische Vorgänge erklären und hätten nicht das Ausmaß erreicht, welches den Erlebnisbezug der Schilderungen insgesamt ausschließe.

15Zwar setzt sich das Landgericht nachfolgend mit den einzelnen Aussagen der Geschädigten unmittelbar am Tattag, in der Vernehmung am sowie in der Hauptverhandlung und mit ihrem Aussageverhalten und den Gründen für die sich aus dem Vergleich der Angaben ergebenden Inkonstanzen (insbesondere die das Kerngeschehen betreffenden Angaben zum Hand- und Oralverkehr sowie zur Ausführung des Geschlechtsverkehrs) auseinander. Besondere aussagepsychologische Erklärungen führt die Strafkammer dabei aber nicht an, sie beschränkt sich in der bloßen Feststellung großer Erinnerungslücken schon sechs Tage nach der Tat (s. dazu unten II.2.c), die die Vernehmungsbeamtin so noch nicht erlebt habe, merkt an, dass die Zeugin damals und auch in der Hauptverhandlung angegeben habe, sich nicht erinnern zu wollen, und erklärt Abweichungen in den Angaben unter anderem mit einem Missverständnis oder einem Irrtum der Vernehmungsperson (s. dazu gleich unter II.2.b). Hinweise auf aussagepsychologische Erklärungen wie etwa Erinnerungsverluste nach einem gewissen Zeitablauf finden sich in den Urteilsgründen nicht. Angesichts dessen kann der Senat nicht nachvollziehen, ob die Abweichungen in der Aussage der Zeugin – so wie von der Strafkammer angeführt – auf normalen aussagepsychologisch erklärbaren Vorgängen beruht.

16b) Das Landgericht geht auch mit Blick auf die von PKin L.    in der Strafanzeige festgehaltenen Angaben der Geschädigten nicht davon aus, dass diese der Konstanz ihrer Bekundungen „maßgeblich“ entgegenstehen. Zwar sei auffällig, dass in der Anzeige der vor dem Geschlechtsverkehr durchgeführte manuelle und orale Verkehr nicht enthalten und der Geschlechtsverkehr gänzlich abweichend dargestellt sei. Indes sei von einer Fehlinterpretation der Äußerungen der Geschädigten zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs durch die Polizeibeamtin auszugehen. Hinsichtlich des nicht erwähnten Oralverkehrs sei entweder anzunehmen, dass die Zeugin darüber angesichts des nachfolgenden, von ihr als „das Schlimmste“ bezeichneten Geschlechtsverkehrs nicht gesprochen habe oder aber habe PKin L.    deren Schilderung unvollständig aufgefasst oder notiert und sich bei Abfassung der Strafanzeige unzureichend erinnert. Dafür spreche im Übrigen auch, dass wenige Stunden später bei der gynäkologischen Untersuchung darüber gesprochen worden sei. Hinsichtlich weiterer Abweichungen in der Aussage findet das Landgericht die Ursache hierfür in der Missinterpretation oder falschen Erinnerung der Polizeibeamtin oder auch darin, dass bestimmte Umstände keine Erwähnung gefunden haben.

17Diese Erwägungen der Strafkammer erweisen sich als lückenhaft, weil sie Erklärungen für Abweichungen und Widersprüche allein in der Anzeigenaufnahme durch PKin L.       sieht, ohne sich hinsichtlich einzelner Punkte oder auch in der Gesamtheit mit der Frage zu befassen, ob diese womöglich ihre Ursache darin haben könnten, dass die geschilderten Erlebnisse so tatsächlich nicht stattgefunden haben. Eine ausdrückliche Auseinandersetzung damit wäre vor allem auch deshalb geboten gewesen, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder von der Strafkammer mitgeteilt sind, die Anlass für die Annahme von Missinterpretationen und Irrtümern in einem solchen Umfang sein könnten. Ob etwa die in der Hauptverhandlung vernommene PKin L.      selbst eine solch fehlerhafte Aufnahme der Angaben der Zeugin in der Strafanzeige auch nur für möglich gehalten hat, teilt das Landgericht nicht mit.

18Ähnliches gilt bezüglich der Würdigung von Angaben der Geschädigten (zum Betreten der Wohnung über die Terrasse gegen ihren Willen) gegenüber der Gynäkologin, die diese untersucht hat. Auch hier geht das Landgericht ohne Weiteres und ohne jeden konkreten Anhalt von einem Missverständnis der Ärztin bzw. einer ungenauen, weil verkürzten Schilderung durch die Geschädigte aus.

19c) Des Weiteren hat das Landgericht bei der Zeugin bereits sechs Tage nach der Tat große ungewöhnliche Erinnerungslücken festgestellt. Es ist davon ausgegangen, dass sich die Zeugin schon in der Vernehmung vom durch KHK F.   nicht habe erinnern wollen, weshalb die Aufklärung hinsichtlich der in der Strafanzeige niedergelegten abweichenden Schilderung „schwierig“ gewesen sei. Auch in der Hauptverhandlung sei deutlich geworden, dass die „Geschädigte in besonderem Maße Abstand zum Geschehen gesucht“ habe. Sie habe dort auch mitgeteilt, sich nicht erinnern zu wollen.

20In diesem Aussageverhalten hat das Landgericht noch keinen „sicheren“ Anhalt dafür gesehen, dass es sich nicht um eine erlebnisbasierte Aussage gehandelt habe, denn jede Geschädigte reagiere anders. Dies erweist sich im Ausgangspunkt allerdings als Zirkelschluss, denn das Verhalten der Zeugin könnte darauf hindeuten, dass das wiedergegebene Geschehen gerade nicht so wie geschildert stattgefunden habe und die Zeugin womöglich gerade nicht „Geschädigte“ eines Vergewaltigungsgeschehens geworden sei. Mögliche andere Ursachen dafür, warum sich die Zeugin bereits sechs Tage nach der Tat nicht mehr erinnern konnte und wollte, erörtert das Landgericht nicht. Ob solche ungewöhnlichen Erinnerungslücken gedächtnis- oder verhaltenspsychologisch zu erklären sein können, wird ebenso wenig erwogen wie in den Blick genommen wird, ob der Wunsch, sich nicht erinnern zu wollen, womöglich Ausdruck des Umstands sein könnte, dass sich die Zeugin nicht an etwas erinnern konnte, was nicht geschehen ist, und insofern von ihrem Tatvorbringen – trotz angenommener Glaubhaftigkeitsmerkmale der Aussage – der Sache nach abgerückt ist. Dabei wäre im Übrigen nicht nur zu bedenken gewesen, dass es für die Zeugin am bei normaler Erinnerungsfähigkeit ohne Weiteres möglich gewesen wäre, die Unklarheiten in der Tatschilderung vom in der Strafanzeige auszuräumen; es wäre zudem in den Blick zu nehmen gewesen, dass sich die Zeugin an schließlich von ihr am bekundete Umstände, die aus Sicht der Strafkammer für die Glaubhaftigkeit der Aussage sprechen, in der Hauptverhandlung nicht mehr erinnert hat.

21d) Das Landgericht hat sich ‒ wie im Einzelnen dargelegt ‒ mit den Inkonstanzen in der Aussage der Zeugin an verschiedenen Stellen in den Urteilsgründen auseinandergesetzt und diese isoliert hinsichtlich ihrer zeitlichen Abfolge gewürdigt. Es hat allerdings nicht – wie angesichts der abweichenden Angaben im Laufe des Verfahrens einerseits und der besonderen Persönlichkeit der sich nicht erinnern wollenden Zeugin andererseits geboten ‒ die erforderliche Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände vorgenommen. Dies war angesichts der schwierigen Beweislage auch trotz der den Angeklagten belastenden Umstände wie etwa des SMS-Austauschs mit dem Vater und der festgestellten Verletzungen nicht entbehrlich, zumal die Strafkammer zwar Feststellungen zum Kerngeschehen in der Wohnung, nicht aber zum weiteren Aufenthalt des Angeklagten im Appartement der Zeugin getroffen hat. So bleibt offen, ob der Angeklagte mit dem Einverständnis in die Wohnung gekommen ist, wie er „irgendwann im Laufe der Nacht“ auf das Bett der Zeugin gelangt ist und wie es schließlich dazu gekommen ist, dass der Angeklagte und die Zeugin nach der Vergewaltigung in der Wohnung geblieben sind und dort bis morgens geschlafen haben. Diese Umstände außerhalb des Kerngeschehens können hier für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben der Zeugin von Bedeutung sein.

22e) Der Senat kann trotz der den Angeklagten belastenden Umstände nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung der Angaben der Zeugin T.   zu einer für den Angeklagten günstigeren Entscheidung gelangt wäre. Dies betrifft allerdings nur den Fall II. 2 der Urteilsgründe, während die Beweiswürdigung im Übrigen von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen ist.

23f) Der Senat hebt deshalb die Verurteilung im Fall II. 2 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen auf. Dies bedingt einschließlich der zugehörigen Feststellungen die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu


ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:200224B2STR283.23.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-64386