BGH Beschluss v. - 3 StR 466/23

Instanzenzug: LG Oldenburg (Oldenburg) Az: 5 Ks 4/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags, Vergewaltigung und Störung der Totenruhe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen vergewaltigte der geständige und zum Tatzeitpunkt unterhalb der Grenze des § 21 StGB alkoholisierte Angeklagte zunächst seine Lebensgefährtin. Später in derselben Nacht erwürgte er sie und verübte auf Grund eines neuen Tatentschlusses an dem Leichnam zudem beschimpfenden Unfug. Diese Taten hat die Strafkammer mit Einzelfreiheitsstrafen von fünf, 13 und zwei Jahren belegt. Zu der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren hat sie lediglich ausgeführt, diese folge aus einer nochmaligen zusammenfassenden Abwägung aller Strafzumessungsgesichtspunkte der Taten und der Person des Angeklagten.

32. Während der Schuldspruch und die Einzelstrafaussprüche des angefochtenen Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen lassen, hält die Gesamtfreiheitsstrafe sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Ohne eingehendere Begründung erschließt sich nicht, weshalb die Strafkammer den Fall trotz durchaus vorhandener strafmildernder Umstände als derart außergewöhnlich eingestuft hat, dass sie ihn mit der höchsten zeitigen Gesamtfreiheitsstrafe geahndet hat, die das Gesetz in § 38 Abs. 2 StGB vorsieht.

4Strafen, die sich der oberen Strafrahmengrenze nähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 278/10, NStZ-RR 2011, 5; vom - 3 StR 455/14, juris Rn. 5; Urteil vom - 1 StR 136/21, juris Rn. 8; ferner Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 1445, alle mwN). Maßstab sind das durch den Straftatbestand geschützte Rechtsgut und der Grad seiner schuldhaften Beeinträchtigung (, juris Rn. 12). Das Vorliegen einzelner Milderungsgründe schließt die Verhängung der Höchststrafe dabei nicht aus; diese bedarf aber - auch und gerade dann - sorgfältiger Begründung unter Berücksichtigung aller Umstände (, juris Rn. 23; Beschluss vom - 3 StR 217/23, juris Rn. 9; s. auch , NStZ 1983, 268, 269; Beschlüsse vom - 5 StR 587/83, StV 1984, 152; vom - 5 StR 172/07, juris Rn. 8).

5Eine solche Begründung, die diesen besonderen Sorgfaltsanforderungen genügt und damit das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe rechtfertigt, lassen die Urteilsgründe - von der genannten lediglich formelhaften Wendung abgesehen - vollends vermissen.

63. Der Gesamtstrafenausspruch beruht auf dem aufgezeigten Rechtsfehler. Die zugehörigen Feststellungen bleiben bestehen, weil sie von diesem nicht betroffen werden (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können um solche Feststellungen ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:200224B3STR466.23.0

Fundstelle(n):
TAAAJ-63833