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BGH Beschluss v. - XII ZB 489/23

Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefristbegründung in einer Unterhaltssache: Anforderungen an die Fristenkontrolle durch den Verfahrensbevollmächtigten

Gesetze: § 522 Abs 1 S 4 ZPO, § 574 Abs 1 S 1 Nr 1 ZPO, § 112 Nr 1 FamFG, § 117 Abs 1 S 4 FamFG

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 6 UF 131/23vorgehend AG Darmstadt Az: 50 F 1273/21

Gründe

I.

1Das Familiengericht hat den Antragsgegner mit am zugestelltem Beschluss zur Zahlung von rückständigem Kindesunterhalt sowie familienrechtlichem Ausgleich verpflichtet. Am hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, diese aber nicht bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungfrist am begründet.

2Auf entsprechenden richterlichen Hinweis hat der Antragsgegner am die Beschwerde begründet und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die versäumte Beschwerdebegründungsfrist beantragt. Der sachbearbeitenden Rechtsanwältin sei die Akte zwar zur notierten Vorfrist eine Woche vor Ablauf der Hauptfrist vorgelegt worden, jedoch habe die ansonsten zuverlässige Kanzleiangestellte es weisungswidrig versäumt, die Verfahrensbevollmächtigte am Vormittag des - korrekt im Fristenkalender notierten - Fristablaufs durch Anbringen eines Aufklebers „Fristablauf“ erneut an die anstehende Erledigung der Akte zu erinnern.

3Das Beschwerdegericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Beschwerde als unzulässig verworfen.

II.

4Die nach §§ 112 Nr. 1, 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Beschwerdegericht hält sich mit seiner Entscheidung im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

51. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben eines Verfahrensbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass die fristgebundene Maßnahme rechtzeitig ergriffen wird. Ist dies geschehen, darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (Senatsbeschluss vom - XII ZB 559/12 - FamRZ 2013, 695 Rn. 6; vgl. auch Senatsbeschluss vom - XII ZB 354/20 - NJW 2021, 1467 Rn. 12 mwN).

6Die zuverlässige Fristenkontrolle muss der Verfahrensbevollmächtigte selbst organisieren. Er muss sicherstellen, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen oder in anderer Weise als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristgebundene Maßnahme durchgeführt worden ist. Dabei muss der Verfahrensbevollmächtigte auch Vorkehrungen treffen, die geeignet sind, versehentliche Erledigungsvermerke im Fristenkalender zu verhindern (Senatsbeschluss vom - XII ZB 559/12 - FamRZ 2013, 695 Rn. 6 mwN).

72. Nach diesen Maßstäben hat der Antragsgegner die Fristversäumung nicht ausreichend entschuldigt. Denn nach seinem eigenen Vorbringen waren sowohl eine Vorfrist als auch noch einmal der Tag des eigentlichen Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist als Hauptfrist korrekt im Fristenkalender eingetragen. Zwar mag durch ein Versehen der Kanzleiangestellten entschuldigt sein, dass die Verfahrensbevollmächtigte nicht am Morgen des Fristablaufs erneut durch Anbringen eines Aufklebers „Fristablauf“ an die anstehende Erledigung der Akte erinnert worden ist. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält jedoch keine entschuldigenden Ausführungen dazu, weshalb zusätzlich am Ende des Tages versäumt worden ist, die Erledigung aller fristgebundener Sachen anhand des Fristenkalenders zu überprüfen. Hätte diese Überprüfung pflichtgemäß stattgefunden, wäre die unerledigte Frist aufgefallen und hätte sie noch rechtzeitig erledigt werden können.

8Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:140224BXIIZB489.23.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-63572