BGH Urteil v. - VI ZR 230/22

Abtretung eines Anspruchs auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen den Unfallgegner an Sachverständigen: Wirksamkeit der formularmäßigen Klausel

Leitsatz

Zur Wirksamkeit einer formularmäßigen Klausel, wonach der Geschädigte aufgrund der Abtretung seines Anspruchs auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen den Unfallgegner an den Sachverständigen nur dann auf Zahlung des Honorars in Anspruch genommen werden kann, wenn eine Durchsetzung des Anspruchs "nicht möglich" ist.

Gesetze: § 305c Abs 2 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB

Instanzenzug: LG Freiburg (Breisgau) Az: 3 S 136/21 Urteilvorgehend AG Freiburg (Breisgau) Az: 11 C 1691/20

Tatbestand

1Die Klägerin ist eine sogenannte Verrechnungsstelle, die über eine Erlaubnis zur Erbringung von Inkassodienstleistungen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verfügt. Sie nimmt die Beklagte, einen Kfz-Haftpflichtversicherer, aus abgetretenem Recht auf Ersatz weiterer Sachverständigenkosten in Anspruch.

2Nach einem Verkehrsunfall, der von dem Versicherungsnehmer der Beklagten jedenfalls mitverursacht wurde, beauftragte der Unfallgeschädigte ein Sachverständigenbüro mit der Begutachtung der Schäden an seinem Fahrzeug. Das Auftragsformular enthielt unter der Überschrift "Abwicklung der Vergütung des Sachverständigen; Abtretungen der Ansprüche" folgende Regelungen:

3Die Beklagte erstattete von den von der Klägerin geltend gemachten Sachverständigenkosten in Höhe von 612,13 € nur die Hälfte. Die Klage, mit der die Klägerin den Restbetrag nebst Zinsen geltend gemacht hat, hat das Amtsgericht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Gründe

I.

4Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei, weil es schon an einer wirksamen (Erst-)Abtretung der streitgegenständlichen Forderung von dem Geschädigten an den Sachverständigen fehle. Ziffer 2 der Klausel sei wegen unangemessener Benachteiligung des Geschädigten, insbesondere wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot, gemäß § 307 Abs. 1 ZPO unwirksam. Die Klausel sei in ihrer Gesamtheit aufgrund der Regelung gleich mehrerer Rechtsverhältnisse überaus komplex, weshalb es einer besonders klaren und verständlichen Formulierung hinsichtlich der Voraussetzungen der Abtretungen und deren Rechtsfolgen bedürfe. Vor diesem Hintergrund sei Ziffer 2 intransparent, weil der Durchschnittskunde nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermessen könne, wann die erste Bedingung seiner Haftung für den Werklohnanspruch des Sachverständigen eintrete, nämlich die Voraussetzung, dass die (vollständige) Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs gegen die Anspruchsgegner "nicht möglich" sei. Hier kämen drei mögliche Varianten in Betracht, nämlich die erfolglose außergerichtliche Aufforderung der Anspruchsgegner zur Begleichung der Forderung, der erfolglose Versuch einer gerichtlichen Auseinandersetzung oder die fruchtlose Vollstreckung eines erwirkten Titels gegen die Anspruchsgegner. Nach dem Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung sei von der ungünstigsten, ernsthaft in Betracht zu ziehenden Auslegungsvariante auszugehen, dass der Zessionar den Geschädigten schon dann in Anspruch nehmen könne, wenn nur ein außergerichtliches Aufforderungsschreiben scheitere.

5Mit der Abtretungskonstruktion seien nicht unerhebliche Risiken für den Geschädigten verbunden, woraus sich für diesen eine unangemessene Benachteiligung ergebe. So könne der Schadensersatzanspruch vor der Honorarforderung des Sachverständigen verjähren. Eine Verpflichtung oder eine klare und verständliche Regelung, unter welchen Voraussetzungen von Seiten der Klägerin der Versuch einer (verjährungshemmenden) gerichtlichen Geltendmachung der Schadensersatzforderung unternommen werde, enthalte die Klausel nicht.

6Aber auch in ihrer systematischen Gesamtkonstruktion genüge Ziffer 2 der Klausel dem Transparenzgebot nicht. Bereits der Einleitungssatz, wonach sich der Geschädigte nicht an den Anspruchsgegner wenden müsse, sei irreführend und intransparent, weil der Geschädigte vom Sachverständigen oder der Klägerin in verschiedenen Konstellationen gleichwohl in Anspruch genommen werden könne und sich dann doch noch an den Anspruchsgegner wenden müsse. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot folge zudem aus der Stellung der Ziffer 2. Eigentlich gehörten Ziffern 1 und 3 zusammen, weil sie den Schadensersatzanspruch und dessen Abtretungen an den Sachverständigen und an die Klägerin beträfen. Dagegen befasse sich Ziffer 2 mit dem Werklohnanspruch des Sachverständigen gegen den Geschädigten. Die Differenzierung zwischen den einzelnen Rechtsverhältnissen sei angesichts der Stellung der Ziffer und deren Einleitungssatz für den juristischen Laien kaum zu leisten. Weiter werde durch Verwendung des Passivs ("kann der Geschädigte … in Anspruch genommen werden") bewusst offengehalten, wer der Zessionar sei, der den Geschädigten wegen des Werklohnanspruchs des Sachverständigen in Anspruch nehmen könne. Diese Unklarheit werde durch Ziffer 4 der Klausel noch verstärkt, denn es bleibe offen, wer feststelle, dass die Abtretung aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei oder sich die erste Abtretung als unwirksam erweise. Damit entstehe ein zeitlich unabsehbarer Schwebezustand, dessen Ende für den durchschnittlichen Verbraucher nicht absehbar sei. Schließlich sei für den Verbraucher allein aus der Formulierung der Ziffer 2 nicht ohne weiteres ersichtlich, dass er ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen könne, wenn die (intransparenten) Voraussetzungen seiner Inanspruchnahme durch den Zessionar nicht vorliegen. Ziffer 4 sei ebenfalls wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, worauf es aber nicht ankomme, weil die Klägerin ihre Aktivlegitimation auf die in dieser Klausel geregelte Direktabtretung an sie nicht stütze.

II.

7Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klausel, bei der es sich nach den dem Berufungsurteil zugrundeliegenden Feststellungen um vom Sachverständigen oder von der Klägerin dem Geschädigten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist nicht wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

81. Unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom - VI ZR 257/22, juris Rn. 16 und , BGHZ 232, 344 Rn. 43; jeweils mwN).

9Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Transparenzgebot). Die eindeutige und durchschaubare Vermittlung der mit einem beabsichtigten Vertragsschluss verbundenen Rechte und Pflichten ist Voraussetzung für eine informierte Sachentscheidung. Der Verwender muss daher einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann und nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird. Dagegen ist der Verwender nicht verpflichtet, aus dem Gesetz oder aus der Rechtsnatur eines Vertrages folgende Rechte ausdrücklich zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren; das Transparenzgebot will den Verwender nicht zwingen, jede AGB-Regelung gleichsam mit einem umfassenden Kommentar zu versehen. Der Vertragspartner soll aber davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Die Klausel muss deshalb nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit wie möglich verdeutlichen (vgl. nur , juris Rn. 9; vom - VI ZR 257/22, juris Rn. 21; vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 30 mwN).

10Eine Intransparenz kann sich nicht nur bei einzelnen Klauseln aus ihrer inhaltlichen Unklarheit, mangelnden Verständlichkeit oder der unzureichenden Erkennbarkeit der Konsequenzen ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung. Abzustellen ist dabei auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden. Für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in erster Linie ihr Wortlaut relevant (vgl. nur , juris Rn. 10; vom - VI ZR 257/22, juris Rn. 22; vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 31 mwN). Ist dieser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften der in Rede stehenden Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner zu beachten ist. Verbleiben nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel und sind zumindest zwei Auslegungsergebnisse rechtlich vertretbar, geht die Unklarheit nach § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Dabei ist die kundenfeindlichste Auslegung maßgeblich, also diejenige Auslegung, die zur Unwirksamkeit der Klausel und zur Anwendung des dispositiven Rechts führt. Allerdings bleiben solche Auslegungsmöglichkeiten außer Betracht, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend und daher nicht ernstlich in Betracht zu ziehen sind (st. Rspr., vgl. nur , WRP 2022, 994 Rn. 21 mwN).

112. Es ist nicht ungewöhnlich und grundsätzlich auch für beide Seiten interessengerecht, dass ein Geschädigter zur Sicherung des vertraglich vereinbarten Vergütungsanspruchs im Rahmen des Auftrages zur Erstellung des Gutachtens seinen Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abtritt. Dies liegt zunächst im Interesse des Sachverständigen, der einen in der Regel zahlungsfähigen Schuldner, den Haftpflichtversicherer des Schädigers, erhält und diesem gegenüber seinen Vergütungsanspruch für seine eigene Leistung rechtfertigen kann. Die Abtretung entspricht - wenn sie erfüllungshalber oder an Erfüllungs statt erfolgt - regelmäßig auch dem Interesse des geschädigten Auftraggebers, der unter Beschränkung des eigenen Aufwandes möglichst schnell einen Ausgleich vom Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer erhalten will. Eröffnet sich ihm die Möglichkeit einer Stundung der Honorarforderung des Sachverständigen oder deren Erfüllung ohne eigene finanzielle Vorlage und eigenes Zutun, ist er bereit, seinen Schadensersatzanspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten an den Sachverständigen abzutreten, damit dieser der Sache nach seine Honorarforderung selbst geltend machen kann (vgl. , juris Rn. 12; vom - VI ZR 257/22, juris Rn. 17; vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 33 mwN).

12Eine solche Klausel muss für den durchschnittlichen Unfallgeschädigten aber hinreichend deutlich erkennen lassen, unter welchen Voraussetzungen er vom Sachverständigen trotz erfolgter Abtretung weiterhin wegen der Gutachterkosten in Anspruch genommen werden kann und welche Rechte er im Zusammenhang mit der Abtretung hat (vgl. Senatsurteil vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 34).

133. Nach diesen Grundsätzen fehlt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht schon an einer wirksamen Erstabtretung der Schadensersatzforderung des Geschädigten an den Sachverständigen. Auch die Weiterabtretung an die Klägerin ist wirksam.

14a) Gemäß Ziffer 1 der Klausel tritt der Geschädigte seinen Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen die Unfallgegner in Höhe des Honoraranspruchs des Sachverständigen an diesen ab. Ziffer 2 der Klausel, wonach sich der Geschädigte aufgrund der Abtretung dieses Schadensersatzanspruchs nicht selbst an die Unfallgegner wenden muss und nur dann, wenn eine (vollständige) Durchsetzung des Anspruchs gegen diese nicht möglich ist, auf Zahlung des (Rest-)Honorars in Anspruch genommen werden kann, regelt der Sache nach eine Abtretung erfüllungshalber unter Stundung der Honorarforderung des Sachverständigen. Rechtlich bedeutet dies, dass der Sachverständige auf seine Honorarforderung gegenüber dem Geschädigten erst zurückgreifen darf, wenn der Versuch der anderweitigen Befriedigung aus der ihm erfüllungshalber übertragenen Schadensersatzforderung gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer fehlgeschlagen und damit die Stundung der Honorarforderung entfallen ist (vgl. , juris Rn. 13; vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 35; , BGHZ 116, 278, 282, juris Rn. 20; Beschluss vom - II ZR 70/16, NJW-RR 2019, 524 Rn. 35; Fetzer in MünchKomm, BGB, 9. Aufl. § 364 Rn. 13; Looschelders in BeckOGK, BGB, Stand , § 364 Rn. 38). Das Fehlschlagen dieser Verwertungsobliegenheit des Zessionars wird in Ziffer 2 umschrieben mit den Worten: "wenn eine (vollständige) Durchsetzung des Anspruchs gegen die Anspruchsgegner nicht möglich ist." Dies verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 BGB.

15aa) In Rechtsprechung (, NJW-RR 2019, 524 Rn. 35; OLG Nürnberg, MDR 1976, 841, 842, juris Rn. 41, 43; OLG Dresden, MDR 2002, 817, 818, juris Rn. 43) und Literatur (Looschelders in BeckOGK, BGB, Stand , § 364 Rn. 38; Fetzer in MünchKomm, BGB, 9. Aufl., § 364 Rn. 13; jeweils mwN) ist anerkannt, dass dem Zessionar nur zumutbare Verwertungsmöglichkeiten entgegengehalten werden können; insbesondere ist er im Regelfall nicht gehalten, eine ihm erfüllungshalber abgetretene Forderung mit unsicheren Erfolgsaussichten einzuklagen. Er soll sich mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt um Verwertung bemühen (Looschelders in BeckOGK, BGB, Stand , § 364 Rn. 38; Fetzer in MünchKomm, BGB, 9. Aufl., § 364 Rn. 13). Welche Maßnahmen ihm zum Zweck der Befriedigung aus der Abtretung erfüllungshalber zuzumuten sind, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten (, NJW-RR 2019, 524 Rn. 36).

16bb) Diese Einschränkungen der Verwertungsobliegenheit des Zessionars auf zumutbare Maßnahmen und auf die Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt enthält der in Ziffer 2 der Klausel verwendete Begriff "nicht möglich" nicht. "Nicht möglich", also unmöglich, ist eine "(vollständige) Durchsetzung des Anspruchs gegen die Anspruchsgegner" nach dem eindeutigen Wortlaut und dem Verständnis des durchschnittlichen Unfallgeschädigten erst, wenn die Möglichkeiten der Durchsetzung der Forderung ausgeschöpft sind. Damit ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts klar, dass beispielsweise allein das Scheitern einer außergerichtlichen Geltendmachung der Forderung es nicht rechtfertigt, wegen der Honorarforderung des Sachverständigen auf den Geschädigten zurückzugreifen.

17Der Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung mit dem vom Berufungsgericht angenommenen Ergebnis, dass schon die fruchtlose außergerichtliche Geltendmachung der Schadensersatzforderung zur Inanspruchnahme des Geschädigten berechtigen würde, kommt hier schon deshalb nicht zur Anwendung, weil der Wortlaut "nicht möglich" eindeutig ist und dieses Auslegungsergebnis zweifellos ausschließt. Darüber, welche Möglichkeiten (von der außergerichtlichen Geltendmachung über die gerichtliche Geltendmachung bis zur Vollstreckung eines erwirkten Titels) grundsätzlich bestehen, muss der Geschädigte nicht aufgeklärt werden. Durch den weiten Begriff "nicht möglich" ist der Geschädigte zugleich bessergestellt als er es nach der allgemeinen Rechtslage wäre, so dass auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt.

18b) Eine unangemessene Benachteiligung ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht aus dem Risiko, dass die Schadensersatzforderung vor der gestundeten Honorarforderung verjähren kann, wenn es der Zessionar bei der außergerichtlichen Geltendmachung der Schadensersatzforderung belässt; denn dazu ist er nach dem Wortlaut der Klausel nicht berechtigt.

19c) Ferner lässt die Klausel, wie vom Berufungsgericht zutreffend gesehen, den Zeitpunkt der Rückabtretung der Schadensersatzforderung klar erkennen, wobei der Geschädigte auch hier bessergestellt ist, als er es nach der allgemeinen Rechtslage wäre. Denn die Rückabtretung soll nicht erst, wie rechtlich geboten, Zug um Zug mit der Erfüllung der Honorarforderung (vgl. hierzu , juris Rn. 14; vom - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 35), sondern schon vor dieser ("zuvor") erfolgen.

20d) Der Senat teilt ferner nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, dass Ziffer 2 der Klausel im Hinblick auf die systematische Gesamtkonstruktion der Klausel intransparent sei.

21aa) So ist der Einleitungssatz der Ziffer 2: "Durch diese Abtretung muss sich der Geschädigte nicht selbst an die Anspruchsgegner wenden" nicht irreführend und intransparent. Von einem durchschnittlichen Unfallgeschädigten muss erwartet werden, dass er einzelne Sätze einer Klausel nicht isoliert zur Kenntnis nimmt, sondern im Zusammenhang liest. Bereits der Folgesatz, eingeleitet mit "nur dann", zeigt an, dass es eine Ausnahme gibt, dann nämlich, wenn dem Zessionar die (vollständige) Durchsetzung des ihm abgetretenen Anspruchs gegen die Anspruchsgegner nicht möglich ist. In diesem Fall wird dem Geschädigten, wie sich aus dem weiteren Inhalt der Ziffer 2 ergibt, die Schadensersatzforderung rückabgetreten, so dass er daraus anschließend selbst gegen den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer vorgehen kann.

22bb) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot ergibt sich auch nicht aus der systematischen Stellung der Ziffer 2. Auch hier ist davon auszugehen, dass der durchschnittliche Unfallgeschädigte die Ziffern 1 bis 4 in ihrem Zusammenhang und im Kontext mit dem Gutachtensauftrag als solchen sieht. Das vom Berufungsgericht in Bezug genommene einseitige Auftragsformular vom ist überschrieben mit "Gutachtenauftrag und Vergütungsvereinbarung". In der oberen Hälfte des Formulars sind der Gegenstand des Auftrags und die Vergütung des Sachverständigen geregelt. In der unteren Hälfte findet sich sodann unter der Überschrift "Abwicklung der Vergütung; Abtretungen der Ansprüche" die streitgegenständliche Klausel. Bereits im einleitenden Absatz erfährt der Geschädigte, dass der Sachverständige die Leistungen einer Verrechnungsstelle - der Klägerin - nutzt und dass es im Ergebnis diese ist, die für den Geschädigten und den Sachverständigen die Abwicklung des Schadensersatzanspruchs in Höhe der Honorarforderung gegen den Unfallgegner übernimmt. Die folgenden Ziffern regeln sodann die Vereinbarungen, die die drei Beteiligten (Geschädigter, Sachverständiger, Verrechnungsstelle) "hierzu" treffen. Ziffern 1 und 2 betreffen dabei das Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen, nämlich die Abtretung des Schadensersatzanspruchs des Geschädigten erfüllungshalber an den Sachverständigen und die Folgerungen, die dies für die Geltendmachung der Honorarforderung des Sachverständigen gegenüber dem Geschädigten hat. Ziffer 3 betrifft im Wesentlichen das Verhältnis zwischen dem Sachverständigen und der Verrechnungsstelle, nämlich die Abtretung der Honorarforderung und die Weiterabtretung der Schadensersatzforderung von dem Sachverständigen an die Verrechnungsstelle. Damit ist es, was Ziffer 3 Satz 2 klarstellt, nicht der Sachverständige, der die Maßnahmen zur Regulierung des Schadens ergreift, sondern, wie im einleitenden Absatz als Ergebnis vorweggenommen, die Verrechnungsstelle. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die Regelung in Ziffer 4: Mit der hilfsweisen Direktabtretung der Schadensersatzforderung vom Geschädigten an die Verrechnungsstelle soll sichergestellt werden, dass sich diese als Inhaberin des Schadensersatzanspruchs um dessen Durchsetzung kümmern kann. Der Aufbau der Regelungen in den Ziffern 1 bis 4 ist damit in sich logisch, verständlich und nachvollziehbar.

23cc) Zentral für den Geschädigten ist dabei die Regelung in Ziffer 2, weil sie seine Rechtsposition in dem Gefüge beschreibt. Danach ist er schon wegen der Abtretung der Schadensersatzforderung (in Höhe der Honorarforderung) an den Sachverständigen nicht mehr mit deren Durchsetzung gegenüber dem Unfallgegner befasst und kann wegen der Honorarforderung des Sachverständigen erst und nur insoweit in Anspruch genommen werden, als die Schadensersatzforderung nicht durchgesetzt werden konnte und an den Geschädigten zurückabgetreten wurde. Die vom Berufungsgericht kritisierte Verwendung des Passivs in Ziffer 2 erklärt sich daraus, dass eine vorherige oder darüber hinausgehende Inanspruchnahme weder durch den Sachverständigen (als ursprünglichen Inhaber der Honorarforderung) noch durch die Verrechnungsstelle (als Zessionarin, s. Ziffer 3) noch durch eine sonstige Person (denkbar: einen weiteren Zessionar) erfolgen darf. Eine Inanspruchnahme - durch wen auch immer - droht dem Geschädigten eben erst dann, wenn die in Ziffer 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

24Ein Verstoß der Klausel gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB lässt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht damit begründen, dass bewusst offengehalten werde, wer der Zessionar sei, der den Geschädigten wegen des Honoraranspruchs des Sachverständigen in Anspruch nehmen könne. Der Geschädigte kann Ziffer 3 entnehmen, dass die Verrechnungsstelle, die die Abwicklung der Schadensersatzforderung gegenüber dem Unfallgegner übernimmt, auch Inhaberin der Honorarforderung sein soll. Abgesehen davon besteht nach der allgemeinen Rechtslage keine Verpflichtung, den Schuldner einer Forderung über deren Abtretung und die Person des neuen Gläubigers zu informieren. Eine etwaige Ungewissheit hierüber könnte deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Geschädigten (als Schuldner der Honorarforderung) nicht begründen.

25dd) Einer Belehrung darüber, welche Rechte dem Geschädigten nach dem Gesetz zustehen, wenn er auf Zahlung des Honorars in Anspruch genommen wird, obwohl die Voraussetzungen der Ziffer 2 (noch) nicht erfüllt sind, bedarf es in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht.

26e) Ob die Regelung in Ziffer 4 der Klausel (Hilfsabtretung direkt vom Geschädigten an die Verrechnungsstelle für den Fall, dass die Abtretung an den Sachverständigen rechtlich nicht möglich oder unwirksam sein sollte) wirksam ist, kann dahinstehen. Auf diese Klausel stützt die Klägerin ihre Aktivlegitimation nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht. Selbst wenn sie unwirksam wäre, würde dies die Wirksamkeit der Ziffern 1 bis 3 nicht berühren.

27aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch dann Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein, wenn sie in einem äußeren sprachlichen Zusammenhang mit anderen - unwirksamen - Regelungen stehen. Nur wenn der als wirksam anzusehende Teil im Gesamtgefüge des Vertrages nicht mehr sinnvoll, insbesondere der als unwirksam beanstandete Klauselteil von so einschneidender Bedeutung ist, dass von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muss, ergreift die Unwirksamkeit der Teilklausel die Gesamtklausel. Die inhaltliche Trennbarkeit einer Klausel und damit die Möglichkeit ihrer Zerlegung in einen inhaltlich zulässigen und einen inhaltlich unzulässigen Teil ist immer dann gegeben, wenn der unwirksame Teil der Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. blue-pencil-test); ob beide Bestimmungen den gleichen Regelungsgegenstand betreffen, ist dabei unerheblich (st. Rspr., vgl. nur , BGHZ 229, 266 Rn. 64 mwN).

28bb) Vorliegend kann Ziffer 4 der Klausel ohne Weiteres gestrichen werden, ohne dass der Sinn der Ziffern 1 bis 3 darunter leidet. Wäre Klausel Ziffer 4 also unwirksam, würde dies die Wirksamkeit der Regelungen in den übrigen Ziffern nicht beeinträchtigen.

29f) Dem Berufungsgericht ist darin Recht zu geben, dass die Klausel für einen juristischen Laien nicht leicht zu verstehen ist, weil sie mehrere Rechtsverhältnisse zwischen mehreren Beteiligten und zwei Forderungen zum Gegenstand hat. Dies resultiert aber allein aus der Komplexität des Sachverhalts und nicht aus intransparenten Formulierungen. Die Klausel lässt für den Geschädigten deutlich erkennen, unter welchen Voraussetzungen er trotz erfolgter Abtretung weiterhin wegen der Gutachterkosten in Anspruch genommen werden kann und welche Rechte er im Zusammenhang mit der Abtretung hat. Dass der Geschädigte bei einer Inanspruchnahme auf Zahlung der Gutachterkosten von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werden könnte, ist nach alledem nicht ersichtlich.

III.

30Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, da Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Höhe des an die Klägerin abgetretenen Anspruchs auf Ersatz der Sachverständigenkosten gegen die Beklagte nicht getroffen sind.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:230124UVIZR230.22.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-63385