Umsatzsteuer | Besteuerung eines Leistungsbündels aus kombinierter Sportschwimmbad- und Saunanutzung (FG)
Ein Leistungsbündel aus Sportschwimmbad und Sauna kann sich aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers als eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung darstellen. Dies hat zur Folge, dass das Leistungsbündel umsatzsteuerlich einheitlich zu behandeln ist und nicht dem ermäßigten Steuersatz für die unmittelbar mit dem Betrieb von Schwimmbädern im Zusammenhang stehenden Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG unterliegt (; rechtskräftig).
Hintergrund: Umsatzsteuerrechtlich ist in der Regel jede Lieferung oder Dienstleistung als eigene, selbständige Leistung zu betrachten. Bei einem Bündel aus Einzelleistungen ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz, der einheitlich zu besteuern ist. Ein solcher einheitlicher Umsatz wird dabei für zwei Fallgruppen bejaht: Zum einen dann, wenn das Leistungsbündel aus Haupt- und Nebenleistungen besteht, wobei die Nebenleistungen das steuerliche Schicksal der Hauptleistung(en) teilen. Dabei ist eine Leistung insbesondere dann Neben- und nicht Hauptleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Zum anderen kann sich eine einheitliche Leistung daraus ergeben, dass zwei oder mehrere Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (vgl. zu alledem z. B. "Stadion Amsterdam"; , BStBl II 2019, 293 sowie v. - V R 31/10, BStBl II 2013, 352 (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 13.3.2013).
Sachverhalt: Geklagt hatte die Betreiberin eines Schwimmbads (Sportschwimmbecken und Multifunktionsbecken) und einer Sauna, die der Auffassung war, die Nutzungsmöglichkeit der Sauna stelle bei qualitativer und quantitativer Betrachtung eine Nebenleistung zur Hauptleistung, der Nutzung des Schwimmbads, dar, so dass sämtliche Umsätze aus Eintrittsgeldern dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG zu unterwerfen seien. Im Streitjahr war die Nutzung der Sauna im Eintrittspreis des Schwimmbads für Einzelpersonen enthalten. Die Klägerin hat die Kombination von Schwimmbad und Sauna zu einem einheitlichen Eintrittspreis werbemäßig als besonderes Angebot besonders hervorgehoben. Im Normaltarif betrug der nicht ermäßigte Eintrittspreis bis 2 Stunden 4 Euro und ab 2 Stunden 8 Euro. Der Erwerb von getrennten Eintrittsberechtigungen für Schwimmbad und Sauna war im Streitjahr nicht möglich, auch fand keine separate Einlasskontrolle zu den jeweiligen Bereichen statt.
Das FG Niedersachsen wies die auf die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gerichtete Klage ab:
Die einheitliche Eintrittsberechtigung für die kombinierte Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads und der Sauna bildet eine einheitliche Leistung.
Allerdings ist die Saunanutzung nicht als Nebenleistung zur Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads anzusehen. Denn aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers besteht gerade in der Saunanutzung ein eigenständiger Zweck.
Die Nutzungsmöglichkeit der Sauna ist insoweit - anders als zum Beispiel die Nutzung der Dusch- und Umkleidekabinen - kein Mittel, um die Nutzung des Schwimmbads (als etwaige Hauptleistung) unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Vielmehr bilden diese kombinierten Leistungen in Gestalt der Nutzungsmöglichkeit des Schwimmbads und der Sauna vorliegend eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung durch das Zusammenwirken der sportlichen Betätigung „Schwimmen" und der Erholungskomponente „Saunieren", deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Dies ist aufgrund der Besonderheiten des Streitfalles insbesondere auch deshalb anzunehmen, weil sich das angebotene Gesamtpaket durch den einheitlichen, im Vergleich zu marktüblichen Preisen für eine Saunanutzung günstigen Eintrittspreis und die auf die kombinierte Nutzungsmöglichkeit bezogenen Werbemaßnahmen aus der insoweit maßgebenden Sicht des Durchschnittsverbrauchers als einheitliche Leistung darstellt.
Diese einheitliche Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz und nicht der Besteuerung zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG. Denn nach dem Wortlaut der Vorschrift ist die Steuersatzermäßigung nur für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze anzuwenden, so dass die Steuersatzermäßigung ausscheidet, wenn die Überlassung des Schwimmbads - wie im Streitfall - mit weiteren, nicht begünstigten Einrichtungen, die nicht Nebenleistung sind, im Rahmen einer einheitlichen Leistung erfolgt.
Quelle: Niedersächsisches FG, Pressemitteilung v. (il)
Fundstelle(n):
LAAAJ-63370