Instanzenzug: LG Dresden Az: 17 KLs 384 Js 2260/23
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Die nichtrevidierenden Mitangeklagten T. und Hö. sind wegen der nämlichen Tat mit dem gleichen Schuldspruch belegt und zu Freiheitsstrafen verurteilt worden, die nichtrevidierende Mitangeklagte L. wegen Beihilfe zur tateinheitlichen besonders schweren räuberischen Erpressung und gefährlichen Körperverletzung. Gegen den Mitangeklagten T. sind zudem wegen fünf weiterer Diebstahlstaten Freiheitsstrafen zwischen fünf Monaten und einem Jahr zehn Monate verhängt worden; seine Unterbringung in der Entziehungsanstalt wurde angeordnet und bestimmt, dass vor dem Vollzug der Maßregel fünf Monate der Gesamtfreiheitsstrafe in Höhe von sechs Jahren zu vollstrecken sind. Die Revision des Angeklagten H. führt – dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend – mit der Sachrüge zur Aufhebung seiner Verurteilung, was nach § 357 StPO insoweit auch auf die nichtrevidierenden Mitangeklagten T. , Hö. und L. zu erstrecken ist.
21. Nach den Feststellungen des Landgerichts war die Angeklagte L. mit den Angeklagten H. , T. und Hö. sowie dem Geschädigten E. über unterschiedliche Zeiträume liiert. Als der Geschädigte sie am Abend des zu einem abschließenden Gespräch über die zurückliegende Beziehung in ihrer Wohnung aufsuchte, signalisierte sie dem Angeklagten H. nach einer Weile telefonisch, dass es mit dem Geschädigten „mal wieder eskaliere“. Dem Angeklagten Hö. teilte sie per Chatnachricht mit, dass es mit dem Geschädigten Probleme gebe. Hö. machte sich mit dem Angeklagten T. auf den Weg zu ihrer Wohnung, wo sie vor der Haustür den Angeklagten H. trafen. Auf dem Weg nach oben fassten sie den gemeinsamen Entschluss, den Geschädigten E. jedenfalls aus der Wohnung, auch unter Anwendung von Gewalt, zu entfernen.
3Als sich der Geschädigte E. bereits zum Gehen verabschiedete, öffnete die Angeklagte L. den anderen die Tür. Der Angeklagte T. stürmte herein und versetzte dem Geschädigten mindestens zwei Faustschläge. Dem dadurch in die Küche gedrängten Geschädigten schlug der Angeklagte H. mit einer Bratpfanne auf den Kopf; er erlitt eine Kopfplatzwunde. Nach den Schlägen forderte der Angeklagte T. den Geschädigten auf, seine Taschen zu leeren, was der Angeklagte Hö. mit der Aufforderung „Zeug auf den Tisch!“ bekräftigte. „Wie von den Angeklagten T. , Hö. und H. vorhergesehen und beabsichtigt, übergab der Geschädigte E. noch unter dem Eindruck der Schläge sein Portemonnaie sowie sein Smartphone Huawei P30 Pro aus Angst vor weiteren körperlichen Misshandlungen.“ Der Angeklagte T. entnahm 37 Euro, der Angeklagte H. zerstörte das Smartphone, um etwaige Fotos der Angeklagten L. zu vernichten. Diese hatte während der Auseinandersetzung den Geschädigten lautstark beleidigt und ihn bedroht, um die anderen Angeklagten zu unterstützen. Beim Herausgehen schlug der Angeklagte Hö. den Geschädigten mit einem Fahrradkettenschloss.
4Die Strafkammer hat das Geschehen als von den Angeklagten H. , T. und Hö. gemeinschaftlich begangene besonders schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB gewertet und dabei die Bratpfanne aufgrund der Art ihrer Verwendung als gefährliches Werkzeug angesehen. Auch der Schlag beim Gehen mit dem Fahrradschloss durch den Angeklagten Hö. sei von dem einheitlichen, spätestens bei Beginn der Einwirkung auf das Opfer gefassten Entschluss der gefährlichen Körperverletzung getragen, „wonach dem Geschädigten E. insgesamt eine Abreibung verpasst werden sollte.“ Hierzu insgesamt habe die Angeklagte L. Beihilfe geleistet.
52. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nicht.
6a) Insoweit gilt (vgl. nur , NStZ 2017, 92 mwN): Die räuberische Erpressung (§§ 253, 255 StGB) erfordert ebenso wie der Raub (§ 249 StGB) einen finalen Zusammenhang zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung. Eine konkludente Drohung genügt; sie kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass der Täter dem Opfer durch sein Verhalten zu verstehen gibt, er werde zuvor zu anderen Zwecken angewendete Gewalt nunmehr zur Erzwingung der jetzt erstrebten vermögensschädigenden Handlung des Opfers oder dessen Duldung der beabsichtigten Wegnahme fortsetzen oder wiederholen. Das bloße Ausnutzen der Angst des Opfers vor erneuter Gewaltanwendung enthält dagegen für sich genommen noch keine Drohung. Erforderlich hierfür ist vielmehr, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht. Es reicht nicht aus, wenn das Opfer nur erwartet, der Täter werde es an Leib oder Leben schädigen. Erforderlich ist vielmehr die Aktualisierung der Nötigungslage durch ein im Urteil gesondert festzustellendes Verhalten des Täters.
7b) Das Landgericht hat nicht festgestellt, dass die Angeklagten Gewalt final zur Ermöglichung der vermögensschädigenden Handlung eingesetzt hätten. Gleiches gilt für eine konkludente Drohung mit der Anwendung von Gewalt gegen den Geschädigten nach den zunächst mit anderer Zielrichtung begonnenen Körperverletzungstaten. Der Senat vermag – wie im Ergebnis der Generalbundesanwalt – auch anderen Formulierungen des Urteils (vgl. etwa UA S. 17 f.) im Gesamtzusammenhang letztlich nicht zu entnehmen, dass ein konkretes Nötigungsmittel final zum Herbeiführen der vermögensschädigenden Handlung eingesetzt wurde. Der Schuldspruch wegen schwerer räuberischer Erpressung kann deshalb nicht bestehen bleiben.
8c) Dies zieht die Aufhebung des an sich rechtlich nicht zu beanstandenden Schuldspruchs wegen gefährlicher Körperverletzung nach sich. Wie vom Generalbundesanwalt beantragt, hebt der Senat die Feststellungen insgesamt auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie neue Feststellungen zu ermöglichen.
93. Weil dieser Rechtsfehler auch die Schuldsprüche der nichtrevidierenden Mitangeklagten betrifft, ist die Aufhebung nach § 357 StPO auf sie in gleichem Umfang zu erstrecken (vgl. Antragsschrift des Generalbundesanwalts).
104. Dies führt beim Angeklagten T. lediglich zur Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II.1. Der Wegfall der zugehörigen Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich. Die Maßregelanordnung kann bestehen bleiben, weil sich das Landgericht hierfür in erster Linie auf die Beschaffungstaten in den Fällen II.2 bis II.6 gestützt hat. Allerdings muss ein möglicher Vorwegvollzug der Strafe vor der Maßregel neu berechnet werden (vgl. zur Anwendung des alten Rechts dabei Art. 316o Abs. 1 EGStGB).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:270224B5STR19.24.0
Fundstelle(n):
SAAAJ-63307