Ohne Netz und doppelten Boden
Steuerliche Stolperfallen im Gemeinnützigkeits- und betrieblichen Erbschaftsteuerrecht
Das steuerliche Gemeinnützigkeitsrecht ist komplex und voller Tücken. Diese Erfahrung machte jüngst eine Stiftung hinsichtlich der Verwendung ihrer angesammelten Mittel. Streitig war, ob Ausschüttungen aus GmbH-Beteiligungen vollständig als zeitnah zu verwendende Mittel zu erfassen sind – so die Ansicht des Finanzamts – oder ob dies nur für die darin enthaltenen Zinserträge, nicht aber für die Veräußerungsgewinne gilt. Die Stiftung jedenfalls ordnete nur die Zinserträge den zeitnah zu verwendenden Mitteln zu. Die Veräußerungserlöse hingegen führte sie als Umschichtungsgewinne dem Stiftungsvermögen zu. Das aber, so urteilte das Niedersächsische FG, ist nicht korrekt. Zwar unterliegen – nach Maßgabe des Kapitalerhaltungsgebots – Erträge aus Umschichtungen des Stiftungsvermögens nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. Diese Ausnahme gelte allerdings nur für Erträge aus einer unmittelbaren Vermögensumschichtung auf Ebene der Stiftung selbst und nicht für Erträge aus einer Vermögensumschichtung bei einer Beteiligungsgesellschaft (mittelbare Vermögensumschichtung). Fiand nimmt dieses Urteil zum Anlass, um auf einen Überblick zu geben, wie mit Umschichtungsgewinnen bzw. -verlusten aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht umzugehen ist.
Komplex und voller Tücken ist auch das betriebliche Erbschaftsteuerrecht – unter anderem wegen der sog. Optionsfalle, auf die zuletzt Stenert/Walter in anlässlich eines Urteils des FG Münster aufmerksam gemacht haben. Das Finanzgericht wiederum hatte nahtlos an die Rechtsprechung des BFH zur Vorgängerregelung angeknüpft. Auch die Finanzverwaltung hat inzwischen auf die Vorlage des BFH reagiert und – so Saecker auf – den Ball dankbar aufgenommen. In ihren Ende Dezember 2023 veröffentlichten gleich lautenden Erlassen wird nunmehr ausgeführt: „Wurde die Erklärung zur optionalen Vollverschonung für eine wirtschaftliche Einheit abgegeben, die die Anforderungen hierfür nicht erfüllt, ist für diese wirtschaftliche Einheit auch nicht die Regelverschonung zu gewähren. Ein Rückfall auf die Regelverschonung kommt nicht in Betracht. Dies gilt selbst dann, wenn nur eine wirtschaftliche Einheit Übertragungsgegenstand ist.“ Bisher konnte das nur bei der Übertragung mehrerer Einheiten geschehen, wenn für mindestens eine Einheit die Optionsverschonung gewährt werden konnte und für die anderen damit der Weg für die Regelverschonung zwecks Verhinderung unterschiedlicher Zeitverläufe versperrt war. Nun gilt das auch, wenn nur eine Einheit übertragen wird. Damit aber – so Saecker – werfen die Erlassgeber ihr Regelwerk in R E 13a.21 Abs. 4 ErbStR komplett um. Der Antrag auf Optionsverschonung ist nun zu einem Antrag ohne Netz und doppelten Boden geworden, weshalb man wohl zurecht von einer Optionsfalle sprechen kann.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2024 Seite 697
NWB UAAAJ-61520