BGH Beschluss v. - III ZR 308/20

Instanzenzug: Az: III ZR 308/20 Beschlussvorgehend OLG Celle Az: 16 U 124/19vorgehend Az: 7 O 92/13

Gründe

11. Mit der (fristgerecht erhobenen) Anhörungsrüge gemäß § 321a Abs. 1 ZPO macht der Kläger geltend, der Senat habe seine Entscheidung - völlig neu und ohne jeden vorherigen Hinweis - maßgeblich darauf gestützt, dass es an einem Verschulden des beklagten Landes fehle. Werde das zugrunde gelegt, sei eine Haftung des beklagten Landes aus einem enteignungsgleichen Eingriff zu bejahen, die der Kläger auf den Seiten 71 und 72 seiner Klageschrift (neben Ansprüchen wegen einer Amtspflichtverletzung) geltend gemacht habe. Das sei vom Senat ausweislich der Begründung seines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Erwägung gezogen worden; ein Anspruch des Klägers aus enteignungsgleichem Eingriff könne gerade nicht wegen eines fehlenden Verschuldens der Bediensteten des beklagten Landes verneint werden.

2Diese Rüge ist unbegründet. Der Senat hat im Beschluss vom zwar das Fehlen der Notwendigkeit einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV zu den von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten Fragen unter Heranziehung der Kollegialgerichts-Richtlinie damit begründet, dass diese Fragen nicht entscheidungserheblich seien, weil es "jedenfalls" am Verschulden des beklagten Landes im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB fehle. Dies beruhte jedoch darauf, dass die Nichtzulassungsbeschwerde bei der Darlegung der Zulassungsgründe (siehe hierzu Senat, Beschluss vom - III ZR 108/12, juris Rn. 3; , BGHZ 152, 7, 8 f mwN) maßgeblich auf den "geltend gemachten Amtshaftungsanspruch" abgestellt und insoweit "vorsorglich" eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union beantragt hat. Nach der Würdigung des Senats hat die Nichtzulassungsbeschwerde aber ebenfalls keinen Zulassungsgrund aufgezeigt, soweit das Berufungsgericht eine Amtspflichtverletzung des beklagten Landes verneint hat. Hiernach kam eine Revisionszulassung folgerichtig auch nicht mit Blick auf einen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht. Dessen ungeachtet hat die Beschwerde sich auch nicht zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung einer geschützten Eigentumsposition des Klägers verhalten, die Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs auf dieser Grundlage ist (st. Rspr., siehe nur Senat, Urteil vom - III ZR 387/14, BGHZ 213, 200 Rn. 20 mwN). Gleiches gilt im Übrigen für die Anhörungsrüge.

32. Die gegen die Wertfestsetzung in dem Beschluss des Senats vom gerichtete Gegenvorstellung, ihre Zulässigkeit unterstellt, ist ebenfalls unbegründet. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren beträgt 4.173.271,21 €. Der Kläger hat neben dem Hauptanspruch mehrere prozessuale Ansprüche hilfsweise geltend gemacht, die gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen waren, weil über sie eine Entscheidung ergangen ist.

4a) Der Kläger hat mehrere prozessuale Ansprüche verfolgt. Er hat seine Klage zwar darauf gestützt, dass ihm durch die Insolvenz der P.     Fenster und Türen-Werk J.     B.      GmbH & Co. KG ein Schaden in Höhe von insgesamt 4.409.610,21 € entstanden sei, den er von dem beklagten Land ersetzt verlangen könne. Als einzelne "Schadenspositionen" hat er aber offene Ansprüche gegen die Kommanditgesellschaft (Gehalt, Urlaubsabgeltung und Vergütung von Wochenendarbeit) in Höhe von 888.834,66 €, den Wertverlust seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft (1.206.339,00 €), den Verlust seines Arbeitsplatzes (1.030.000,00 €), Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit der Abwehr gegen ihn gerichteter Klagen, der Verteidigung in einem Strafverfahren sowie der Inanspruchnahme Dritter (506.496,55 €), eine Vermögenseinbuße durch die "Zwangsverwertung" eines eigenen Grundstücks (527.940,00 €) sowie einen immateriellen Schaden in Höhe von 250.000 € geltend gemacht. Diese "Schadenspositionen" stellen selbständige Streitgegenstände dar, weil es sich nicht lediglich um unselbständige Rechnungsposten einer klar abgrenzbaren Sachgesamtheit handelt (vgl. Senat, Urteil vom - III ZR 200/03, juris Rn. 9; Beschluss vom - III ZR 53/14, juris Rn. 4; , NJW 1984, 2346, 2347 und vom - VI ZR 260/10, NJW 2011, 2713 Rn. 7).

5b) Mit der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger seinen zuletzt gestellten Klageantrag weiterverfolgt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 1.000.000 € zuzüglich Zinsen zu zahlen, wobei "die einzelnen Schadenspositionen in der dargestellten Reihenfolge bis zur Höhe der Klageforderung geltend gemacht werden und die weiteren Forderungen jeweils hilfsweise". Dieser Antrag ist dahingehend auszulegen gewesen, dass der Kläger die Verurteilung des beklagten Landes zur Zahlung von 1.000.000 € in der Weise begehrt hat, dass ihm dieser Betrag bei Abweisung des Hauptanspruchs auf der Grundlage und in der Reihenfolge der geltend gemachten Hilfsansprüche zuerkannt werden solle.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:250124BIIIZR308.20.0

Fundstelle(n):
MAAAJ-61501