EStH H 15.1 (Zu § 15 EStG)

Zu § 15 EStG

H 15.1

Allgemeines

  • Voraussetzung für die Annahme eines Gewerbebetriebes ist die Selbständigkeit der Tätigkeit, d. h., die Tätigkeit muss auf eigene Rechnung (Unternehmerrisiko) und auf eigene Verantwortung (Unternehmerinitiative) ausgeübt werden (> BStBl 1989 II S. 414).

  • Eine nur schwach ausgeprägte, aber im Kern gleichwohl gegebene Unternehmerinitiative kann durch ein eindeutig vorhandenes Unternehmerrisiko dergestalt ausgeglichen werden, dass in der Gesamtschau die für die Annahme gewerblicher Einkünfte erforderliche Selbständigkeit der Betätigung zu bejahen ist (> BStBl II S. 630).

Freie Mitarbeit

Vertraglich vereinbarte freie Mitarbeit kann Arbeitsverhältnis begründen (> BStBl 1993 II S. 155).

Generalagent

Bei den sog. Generalagenten kommt eine Aufteilung der Tätigkeit in eine selbständige und in eine nichtselbständige Tätigkeit im Allgemeinen nicht in Betracht. Im Allgemeinen ist der Generalagent ein Gewerbetreibender, wenn er das Risiko seiner Tätigkeit trägt, ein Büro mit eigenen Angestellten unterhält, trotz der bestehenden Weisungsgebundenheit in der Gestaltung seines Büros und seiner Zeiteinteilung weitgehend frei ist, der Erfolg seiner Tätigkeit nicht unerheblich von seiner Tüchtigkeit und Initiative abhängt und ihn die Beteiligten selbst als Handelsvertreter und nicht als Arbeitnehmer bezeichnen (> BStBl III S. 567). Dies gilt auch für Generalagenten eines Krankenversicherungsunternehmens (> BStBl III S. 398).

Gesamtbeurteilung

Für die Frage, ob ein Stpfl. selbständig oder nichtselbständig tätig ist, kommt es nicht allein auf die vertragliche Bezeichnung, die Art der Tätigkeit oder die Form der Entlohnung an. Entscheidend ist das Gesamtbild der Verhältnisse. Es müssen die für und gegen die Selbständigkeit sprechenden Umstände gegeneinander abgewogen werden; die gewichtigeren Merkmale sind dann für die Gesamtbeurteilung maßgebend (> BStBl 1990 II S. 64 und vom – BStBl II S. 409).

Handelsvertreter

Ein Handelsvertreter ist auch dann selbständig tätig, wenn Betriebsvermögen nur in geringem Umfang vorhanden ist (> BStBl 1975 II S. 115 und BStBl 1978 II S. 125).

Hausgewerbetreibender

Hausgewerbetreibender ist, „wer in eigener Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder Betriebsstätte) mit nicht mehr als zwei fremden Hilfskräften oder Heimarbeitern im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern Waren herstellt, bearbeitet oder verpackt, wobei er selbst wesentlich am Stück mitarbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Beschafft der Hausgewerbetreibende die Roh- und Hilfsstoffe selbst oder arbeitet er vorübergehend unmittelbar für den Absatzmarkt, wird hierdurch seine Eigenschaft als Hausgewerbetreibender nicht beeinträchtigt“ (>§ 2 Abs. 2 HAG).

Heimarbeiter

Heimarbeiter ist, „wer in selbstgewählter Arbeitsstätte (eigener Wohnung oder selbstgewählter Betriebsstätte) allein oder mit seinen Familienangehörigen im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern erwerbsmäßig arbeitet, jedoch die Verwertung der Arbeitsergebnisse dem unmittelbar oder mittelbar auftraggebenden Gewerbetreibenden überlässt. Beschafft der Heimarbeiter die Roh- und Hilfsstoffe selbst, wird hierdurch seine Eigenschaft als Heimarbeiter nicht beeinträchtigt“ (>§ 2 Abs. 1 HAG).

Natürliche Personen

Natürliche Personen können z. T. selbständig, z. T. nichtselbständig tätig sein (> BStBl II S. 802).

Nebentätigkeit und Aushilfstätigkeit

Zur Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit >R 19.2 LStR 2023

Reisevertreter

Bei einem Reisevertreter ist im Allgemeinen Selbständigkeit anzunehmen, wenn er die typische Tätigkeit eines Handelsvertreters i. S. d. § 84 HGB ausübt, d. h. Geschäfte für ein anderes Unternehmen vermittelt oder abschließt und ein geschäftliches Risiko trägt. Nichtselbständigkeit ist jedoch gegeben, wenn der Reisevertreter in das Unternehmen seines Auftraggebers derart eingegliedert ist, dass er dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ob eine derartige Unterordnung unter den geschäftlichen Willen des Auftraggebers vorliegt, richtet sich nach der von dem Reisevertreter tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und der Stellung gegenüber seinem Auftraggeber (> BStBl III S. 79). Der Annahme der Nichtselbständigkeit steht nicht ohne weiteres entgegen, dass die Entlohnung nach dem Erfolg der Tätigkeit vorgenommen wird. Hinsichtlich der Bewegungsfreiheit eines Vertreters kommt es bei der Abwägung, ob sie für eine Selbständigkeit oder Nichtselbständigkeit spricht, darauf an, ob das Maß der Bewegungsfreiheit auf der eigenen Machtvollkommenheit des Vertreters beruht oder Ausfluss des Willens des Geschäftsherrn ist (> BStBl 1962 III S. 149).

Selbständigkeit

  • Ein Arztvertreter kann selbständig tätig sein (> BStBl III S. 142).

  • Bauhandwerker sind bei nebenberuflicher „Schwarzarbeit“ i. d. R. nicht Arbeitnehmer des Bauherrn (> BStBl II S. 513).

  • Übt der Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter aus, ist er selbständig tätig (> BStBl 1988 II S. 273).

  • Ein früherer Berufssportler, der wiederholt entgeltlich bei industriellen Werbeveranstaltungen mitwirkt, ist selbständig tätig (> BStBl 1983 II S. 182).

  • Ein Bezirksstellenleiter bei Lotto- und Totogesellschaften ist regelmäßig selbständig tätig (> BStBl 1968 II S. 193).

  • Ein Fahrlehrer, der gegen eine tätigkeitsbezogene Vergütung unterrichtet, ist i. d. R. selbständig tätig, auch wenn ihm keine Fahrschulerlaubnis erteilt worden ist (> BStBl 1997 II S. 188).

  • Ein ausländisches Fotomodell, das zur Produktion von Werbefilmen kurzfristig im Inland tätig wird, kann selbständig tätig sein (> BStBl 2009 II S. 931).

  • Ein (Berufs-)Fotomodell, das nur von Fall zu Fall und vorübergehend zu Werbeaufnahmen herangezogen wird, ist selbständig tätig (> BStBl III S. 618).

  • Ein Fußball-Nationalspieler, dem der DFB Anteile an den durch die zentrale Vermarktung der Fußball-Nationalmannschaft erwirtschafteten Werbeeinnahmen überlässt, kann selbständig tätig sein (> BStBl II S. 511).

  • Ein Gerichtsreferendar, der neben der Tätigkeit bei Gericht für einen Rechtsanwalt von Fall zu Fall tätig ist, steht zu diesem nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern ist selbständig tätig (> BStBl II S. 455).

  • Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer Baubetreuungs-GmbH, der neben dieser Tätigkeit als Makler und Finanzierungsvermittler tätig ist, ist auch insoweit selbständig tätig, als er sich zu Garantieleistungen nicht nur Dritten, sondern auch seiner Gesellschaft gegenüber gesondert verpflichtet und sich solche Dienste gesondert vergüten lässt (> BStBl II S. 572).

  • Ein Knappschaftsarzt, der neben dieser Tätigkeit eine freie Praxis ausübt, ist auch hinsichtlich seiner Knappschaftspraxis i. d. R. selbständig tätig (> BStBl III S. 344).

  • Zur Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit von Künstlern und verwandten Berufen > (BStBl I S. 638) unter Berücksichtigung der Neufassung der Anlage durch (BStBl I S. 1103); bei der Beurteilung darf nicht einseitig auf die Verpflichtung zur Teilnahme an Proben abgestellt werden (> BStBl II S. 493).

  • Ein Notar, der außerdem zum Notariatsverweser bestellt ist, übt auch dieses Amt selbständig aus (> BStBl II S. 811).

  • Ein Rechtsanwalt, der zudem eine Tätigkeit als Lehrbeauftragter an einer Hochschule ausübt, kann auch insoweit selbständig tätig sein (> BStBl III S. 360).

  • Eine nebenberufliche Lehrkraft erzielt i. d. R. Einkünfte aus selbständiger Arbeit (> BStBl 1985 II S. 51).

  • Bestimmt ein Rundfunkermittler im Wesentlichen selbst den Umfang der Tätigkeit und sind seine Einnahmen weitgehend von der Eigeninitiative abhängig, ist er selbständig tätig (> BStBl 1999 II S. 534).

  • Ein Spitzensportler, der Sportgeräte öffentlich deutlich sichtbar benutzt, ist mit dem entgeltlichen Werben selbständig tätig (> BStBl 1986 II S. 424).

  • Nebenberufliche Vertrauensleute einer Buchgemeinschaft sind keine Arbeitnehmer des Buchclubs, sondern selbständig tätig (> BStBl III S. 215).

  • Eine Werbedame, die von ihren Auftraggebern von Fall zu Fall für jeweils kurzfristige Werbeaktionen beschäftigt wird, kann selbständig tätig sein (> BStBl II S. 661).

  • >H 19.0 LStH

Spitzensportler

  • Steht eine sportliche Betätigung mit ihrer gewerblichen Vermarktung im Rahmen von Sponsorenverträgen in einem untrennbaren Sachzusammenhang, bilden beide Tätigkeiten einen einheitlichen Gewerbebetrieb, so dass auch die Sporttätigkeit von der Steuerpflicht erfasst wird. Liegt ein einheitlicher Gewerbebetrieb als Sportler vor, stellen finanzielle Unterstützungsmaßnahmen der Sportförderung aufgrund des weiten Verständnisses des Veranlassungsbegriffs Betriebseinnahmen dar (>BFH vom 15.12.2021 – BStBl 2023 II S. 319).

  • >Selbstständigkeit

Versicherungsvertreter

  • Selbständige Versicherungsvertreter üben auch dann eine gewerbliche Tätigkeit aus, wenn sie nur für ein einziges Versicherungsunternehmen tätig sein dürfen (> BStBl 1978 II S. 137).

  • >Generalagent

Fundstelle(n):
zur Änderungsdokumentation
VAAAJ-61015