BVerwG Urteil v. - 9 A 11/21

Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses A 49 zwischen Stadtallendorf und A 5 wegen Flurbereinigungsbetroffenheit

Leitsatz

1. Ein straßenrechtlicher Planfeststellungsbeschluss entfaltet nicht nur enteignungsrechtliche Vorwirkungen bezüglich der Grundstücke, die für die Trasse oder Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unmittelbar in Anspruch genommen werden, sondern löst auch mittelbar eine eigentumsrechtliche Betroffenheit gegenüber denjenigen Personen aus, deren Grundstücke in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren einbezogen sind (Flurbereinigungsbetroffene).

2. Die Rügebefugnis eines Flurbereinigungsbetroffenen unterliegt vergleichbaren Einschränkungen wie diejenige eines unmittelbar Grundstücksbetroffenen. Sie erstreckt sich auf alle Rügen, die geeignet sind, das konkrete Vorhaben als solches und seine Realisierbarkeit ernsthaft in Frage zu stellen; demgegenüber sind Fehler, die gegebenenfalls in einem ergänzenden Verfahren beseitigt werden können, nicht kausal für den drohenden Zugriff auf das konkrete Eigentum und somit nicht rügefähig.

Gesetze: § 17e FStrG, § 19 Abs 1 S 2 FStrG, § 87 FlurbG, § 88 Nr 4 FlurbG, § 88 Nr 5 FlurbG, § 27 WHG 2009, § 47 WHG 2009, § 99 Abs 1 VwGO, § 100 VwGO, § 121 Nr 1 VwGO, Art 14 Abs 3 GG

Tatbestand

1Der Kläger begehrt die vollständige bzw. teilweise Rücknahme oder Außervollzugsetzung eines bestandskräftigen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses einschließlich begleitender wasserrechtlicher Entscheidungen, hilfsweise die Feststellung seiner teilweisen Nichtigkeit.

2Streitgegenstand ist der Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - A 5, Teilabschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden/​Felda (VKE 40) vom mit nachfolgenden Änderungen und damit zusammenhängenden wasserrechtlichen Entscheidungen. Das Vorhaben ist Teil des Neubaus der A 49, die Kassel mit Gießen verbinden soll. Die nördlichen Abschnitte sind bis zur Anschlussstelle Schwalmstadt fertiggestellt und unter Verkehr, die daran anschließenden letzten beiden Planungsabschnitte (VKE 30 und VKE 40) befinden sich im Bau und sollen bis zum Herbst 2024 realisiert werden. Mit Neubau, Betrieb und Erhaltung der Verkehrsabschnitte wurde die D. GmbH beauftragt. Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss betrifft den südlichen Abschnitt VKE 40 mit dem Anschluss an die A 5. Dieser 17,45 km lange Streckenteil ist im aktuellen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Teil des 4-streifigen Neubaus mit der Dringlichkeitsstufe "laufend und fest disponiert" aufgeführt und gehört zum Gesamtnetz des transeuropäischen Verkehrsnetzes.

3Gegen den Planfeststellungsbeschluss vom erhoben zwei Umweltvereinigungen Klage, die vom 9 A 25.12 - (BVerwGE 149, 289) als unbegründet abgewiesen wurde. Im Laufe des Klageverfahrens wurden die planfestgestellten Unterlagen mit Schriftsatz vom ergänzt. Mit Bescheid vom wurde der Planfeststellungsbeschluss um eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung und Nebenbestimmungen erweitert, mit Änderungsbescheid vom erfolgte die Ersetzung und Ergänzung einzelner Unterlagen zur Konkretisierung der landschaftsplanerischen Kompensationsmaßnahmen.

4Mit Beschluss vom ordnete die Obere Flurbereinigungsbehörde das Unternehmensflurbereinigungsverfahren H. A 49 an, um den durch den Bau des Vorhabens und die Realisierung von landschaftspflegerischen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen entstehenden Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigentümern zu verteilen. Der Kläger ist Eigentümer landwirtschaftlicher Nutzflächen, die von dem planfestgestellten Vorhaben nicht in Anspruch genommen werden; er gehört aber zu den Teilnehmern des Flurbereinigungsverfahrens.

5Am erhob der Kläger zusammen mit weiteren Familienangehörigen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom mit (damals) letzten Änderungen vom und berief sich auf seine Betroffenheit wegen der Einbeziehung in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren. Die Klage wurde mit Urteil vom - 9 A 8.19 - (BVerwGE 169, 78) unter Hinweis auf den Zeitpunkt der Klageerhebung und den Ablauf etwaiger Klagefristen als unzulässig abgewiesen.

6Mit Urteilen vom - 9 A 22.19 - (BVerwGE 168, 368) und - 9 A 23.19 - (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 77) wies das Bundesverwaltungsgericht die Klagen einer Umweltvereinigung und einer Privatperson ab, die mit der Rüge einer unzureichenden wasserrechtlichen Prüfung die Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses vom im Wege der Rücknahme oder des Widerrufs erreichen wollten. Der Senat stellte zwar fest, dass der Planfeststellungsbeschluss vom rechtswidrig sei, weil er den Anforderungen an die Prüfung der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot nicht gerecht werde. Verfahrensrechtlich fehle deren Prüfung unter Öffentlichkeitsbeteiligung, in materieller Hinsicht die erforderliche wasserkörper- und wirkpfadbezogene Bewertung. Eine Aussetzung der Vollziehung zur Durchführung eines ergänzenden Verfahrens sei aber wegen der rechtlichen Selbständigkeit der wasserrechtlichen Entscheidungen und der Möglichkeit einer nachträglichen Überprüfung der erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse nicht erforderlich.

7Unter dem stellte der Kläger beim Beklagten einen Antrag auf Rücknahme, hilfsweise Feststellung der Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses vom . Er berief sich auf seine enteignungsrechtliche Betroffenheit durch das Flurbereinigungsverfahren und die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wegen des Verstoßes gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot.

8In der Folgezeit ließ die D. GmbH einen wasserrechtlichen Fachbeitrag erstellen. Dieser gelangte zu der Gesamteinschätzung, dass das Vorhaben nicht zu einer Verschlechterung der nach der Wasserrahmenrichtlinie relevanten Qualitätskomponenten von Oberflächen- und Grundwasserkörpern führe bzw. alle praktisch geeigneten Maßnahmen ergriffen würden, um negative Auswirkungen auf den Gewässerzustand zu vermindern.

9Mit Bescheid vom ersetzte und ergänzte der Beklagte einzelne Planunterlagen in Anpassung an Details der Ausführungsplanung (3. Planänderung).

10Mit Bescheid vom lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom ab. Der wasserrechtliche Fachbeitrag habe ergeben, dass die Forderungen der Wasserrahmenrichtlinie erfüllt seien. Eine Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses - oder als Minusmaßnahme die Aussetzung der Vollziehung - komme nicht in Betracht. Der Kläger sei durch die Planung nicht unmittelbar betroffen, weil seine Grundstücksflächen außerhalb des Vorhabenbereichs lägen und bau- oder betriebsbedingte wasserwirtschaftliche Auswirkungen ausgeschlossen werden könnten. Unabhängig davon lägen weder die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null vor noch sei das Ermessen zugunsten des Klägers auszuüben. Die fehlende wasserkörperbezogene Prüfung sei nachgeholt worden und habe keinen Handlungsbedarf ergeben. Der bestandskräftige Planfeststellungsbeschluss biete zudem hinreichende Instrumente, um eine nachträgliche Anpassung an etwaige zusätzliche rechtliche Anforderungen zu gewährleisten. Der planfestgestellte Teilabschnitt sei Bestandteil des Gesamtprojektes Neubau der A 49 von Kassel nach Gießen, das von hoher verkehrlicher Bedeutung sei. Vor diesem Hintergrund träten die privaten Belange des Klägers im Rahmen der Abwägung zurück. Im Vertrauen auf die Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses habe die Vorhabenträgerin umfangreiche Vorbereitungen zur Realisierung des Vorhabens veranlasst und erhebliche Investitionen getätigt.

11Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, er habe als Teilnehmer der Unternehmensflurbereinigung H. A 49 eine Enteignung insbesondere in Gestalt eines Landabzugs nach § 88 Nr. 4 FlurbG zu tragen, weshalb er von dem Vorhaben mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen und klagebefugt sei. Er habe nur eine in jeder Hinsicht rechtlich zulässige Enteignung zu dulden. Schon das Erfordernis einer Umplanung könne Einfluss auf die für das Unternehmen insgesamt benötigten Flächen und den Umfang des von ihm anteilig aufzubringenden Landabzugs haben. Eine - gegebenenfalls auch nur teilweise - Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses würde ihn vor einer Enteignung schützen.

12Die Klage sei begründet, weil der Planfeststellungsbeschluss im Zeitpunkt seines Erlasses aus Gründen des Denkmal-, des Natur-, des Gewässer- und des Bodenschutzes sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Vermeidbarkeit einer Enteignung, der tatsächlichen Undurchführbarkeit des "Teilplans" sowie wegen einer nicht mehr haltbaren Gesamtabwägung rechtswidrig gewesen sei.

13Gestützt auf mehrere fachgutachterliche Stellungnahmen rügt der Kläger eine vorhabenbedingte Verletzung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots infolge von Stickstoffeinträgen in das Grundwasser sowie einer Erhöhung der Schadstoffkonzentration von Benzo(a)pyren in den Oberflächengewässern, insbesondere im Oberflächenwasserkörper Klein. Ohne wasserrechtliche Erlaubnis lasse sich das Vorhaben nicht umsetzen. Die erteilte Erlaubnis sei wegen der unbewältigten oder nicht ausschließbaren wasserrechtlichen Verschlechterung rechtswidrig, das Vorhaben sei damit planungsrechtlich rechtswidrig und trage mangels Allgemeinwohldienlichkeit keine Enteignung. Der Beklagte habe zudem nicht dargetan, dass sich die gerügten materiellen wasserrechtlichen Verschlechterungen überhaupt im Zuge der Planergänzung beheben ließen.

14Der Planfeststellungsbeschluss verletze Denkmalschutzrecht, weil er die Denkmaleigenschaft des Söhrnteich-Damms nicht berücksichtige. Dieser sei als ein hervorgehobener und landschaftsbildender Damm ein markanter Bestandteil der historisch gewachsenen Kulturlandschaft. Erstmals im Jahr 1587 urkundlich erwähnt, bezeuge er als Damm des ehemaligen Söhrnteichs, der 1778 trockengelegt worden sei, die technische Kunst des Dammbaus der frühen Neuzeit und sei damit ein Kulturdenkmal. Diese Eigenschaft habe die Planfeststellungsbehörde nicht erkannt, obwohl sie im Planfeststellungsverfahren tatsächlich bekannt gewesen sei und sich jedenfalls zum Zeitpunkt der Planfeststellung am fachlich aufgedrängt habe. Die Nichtkenntnis beruhe darauf, dass der Beklagte die gebotene systematische Kulturdenkmalermittlung und -erfassung unterlassen habe. Die im Planfeststellungsbeschluss in der Lage des Söhrnteich-Damms vorgesehene Rohrleitung greife durch Bau, Anlage und Betrieb in dieses Kulturdenkmal ein. Die für diese Maßnahme erforderliche Genehmigung nach dem Denkmalschutzgesetz liege nicht vor.

15Die Verlegung der Rohrleitung führe zugleich zu einer unvermeidbaren Wurzelbeschädigung und Zerstörung der dort vorhandenen Pappeln. Diesen naturschutzrechtlichen Konflikt habe der Beklagte nicht gesehen. Die Wurzelbeschädigung gefährde zudem die Standsicherheit der Bäume und die Stabilität ihrer Krone, was eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit der Benutzer des Feldweges am Söhrnteich-Damm, zu denen auch der Kläger gehöre, darstelle. Da für die Verlegung der Kanalleitung verschiedene zumutbare Alternativen zur Verfügung stünden, die keine Belange des Denkmalschutzes oder andere öffentliche Belange berührten, sei der Plan denkmalschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig.

16Zudem könne die Kanalleitung wegen tatsächlicher Unmöglichkeit nicht so wie geplant realisiert werden. Die Ausführungsplanung nehme jedenfalls bauzeitlich weitere Grundstücke außerhalb des planfestgestellten Vorhabenbereichs in Anspruch, beeinträchtige dadurch das Eigentum und Erschließungsvorteile Dritter und erweise sich als rücksichtlos. Im Hinblick auf die dargelegten Fehler sei auch die Gesamtabwägung des Plans unhaltbar.

17Der Planfeststellungsbeschluss müsse daher insgesamt oder jedenfalls in Bezug auf die Rohrleitung in der Lage des Söhrnteich-Damms zurückgenommen, hilfsweise außer Vollzug gesetzt werden. Insoweit sei der "Teilplan" auch nichtig nach § 44 Abs. 2 Nr. 4 - 6 HVwVfG, weil er technisch nicht ausführbar sei und etwas erlaube, das wegen seiner Sittenwidrigkeit nicht erlaubnisfähig sei.

18Unter dem beantragte der Kläger vorsorglich beim Beklagten erneut die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses einschließlich der darin enthaltenen wasserrechtlichen Zulassungsentscheidungen und berief sich auf die im vorliegenden Klageverfahren vorgebrachten Gründe, die sich mit dem wasserrechtlichen Fachbeitrag auseinandersetzen und inhaltlich über den ersten Rücknahmeantrag hinausgehen. Zudem beantragte er mit Schreiben vom vorsorglich die Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich der Festsetzungen zur Verlegung einer Rohrleitung in der Lage des Kulturdenkmals Söhrnteich-Damm, hilfsweise eine entsprechende Außervollzugsetzung und äußerst hilfsweise insoweit die Feststellung der Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Er bezeichnete diese Anträge als Teil- und Hilfsanträge zu seinen Anträgen vom und und machte denkmalschutzrechtliche Einwände in Bezug auf das Kulturdenkmal Söhrnteich-Damm geltend. Nachdem der Beklagte mit Blick auf das anhängige Klageverfahren eine förmliche Bescheidung der Anträge vom und abgelehnt hatte, hat der Kläger im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens jeweils vorsorglich Untätigkeitsklage erhoben.

19Nach der 4. Planänderung vom , mit der einzelne Unterlagen an Details der Ausführungsplanung angepasst wurden, erließ der Beklagte unter dem einen wasserrechtlichen Bescheid, in dem die am im Zusammenhang mit dem Planfeststellungsbeschluss erteilten Erlaubnisse zur Einleitung des Niederschlagswassers von befestigten Straßenflächen mit Nebenbestimmungen versehen wurden. Darin wird der Vorhabenträgerin aufgegeben, die Einhaltung der Vorgaben zum Verschlechterungsverbot nach dem Wasserhaushaltsgesetz und der Oberflächengewässerverordnung in Bezug auf die Einleitung von Straßenabwässern bei Betrieb der VKE 40 zu überprüfen, darüber einen den Anforderungen nach dem "Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung" entsprechenden Bericht zu schreiben und diesen der Planfeststellungsbehörde mit einer Stellungnahme der Oberen Wasserbehörde spätestens einen Monat vor Inbetriebnahme der Einleitstellen vorzulegen. Diesen Bescheid hat der Kläger in das Verfahren einbezogen.

20Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten - insbesondere unter Aufhebung dessen Bescheides vom - zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - Gemünden (A 5) - Abschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden (VKE 40) - vom in Gestalt der Änderungen vom , , , , und , darunter insbesondere die darin enthaltenen wasserrechtlichen Zulassungsentscheidungen, zurückzunehmen,

hilfsweise,

den Beklagten - insbesondere unter Aufhebung des Bescheides vom - zu verpflichten, die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - Gemünden (A 5) - Abschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden (VKE 40) - vom in Gestalt der Änderungen vom , , , , und , darunter insbesondere der darin enthaltenen wasserrechtlichen Zulassungsentscheidungen, auszusetzen.

2. den Beklagten - insbesondere unter Aufhebung dessen Bescheides vom - zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - Gemünden (A 5) - Abschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden (VKE 40) - vom in Gestalt der Änderungen vom , , , , und , darunter insbesondere die darin enthaltenen wasserrechtlichen Zulassungsentscheidungen, zurückzunehmen, soweit in dem genannten Planfeststellungsbeschluss in der Lage des Kulturdenkmals Söhrnteich-Damm in den Grundstücken Gemarkung H., Flur ..., Flurstück ..., Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... und Gemarkung A., Flur ..., Flurstück ... eine Rohrleitung, in diese einleitende Rohrleitungen und ein damit jeweils verbundener Grunderwerb festgesetzt sind,

hilfsweise,

den Beklagten - insbesondere unter Aufhebung des Bescheides vom - zu verpflichten, die Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses für den Neubau der Bundesautobahn A 49 Kassel - Gemünden (A 5) - Abschnitt zwischen Stadtallendorf und Gemünden (VKE 40) - vom in Gestalt der Änderungen vom , , , , und , darunter insbesondere der darin enthaltenen wasserrechtlichen Zulassungsentscheidungen, auszusetzen, soweit in dem genannten Planfeststellungsbeschluss in der Lage des Kulturdenkmals Söhrnteich-Damm in den Grundstücken Gemarkung H., Flur ..., Flurstück ..., Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... und Gemarkung A., Flur ..., Flurstück ... eine Rohrleitung, in diese einleitende Rohrleitungen und ein damit jeweils verbundener Grunderwerb festgesetzt sind,

äußerst hilfsweise,

die Nichtigkeit des genannten Planfeststellungsbeschlusses vom in der Fassung der Änderungen vom , , , , und , darunter insbesondere der darin enthaltenen wasserrechtlichen Zulassungsentscheidungen, festzustellen, soweit in dem genannten Planfeststellungsbeschluss in der Lage des Kulturdenkmals Söhrnteich-Damm in den Grundstücken Gemarkung H., Flur ..., Flurstück ..., Gemarkung M., Flur ..., Flurstück ... und Gemarkung A., Flur ..., Flurstück ... eine Rohrleitung, in diese einleitende Rohrleitungen und ein damit jeweils verbundener Grunderwerb festgesetzt sind.

21Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22Er hält die Klage für unzulässig, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Ein etwaiger Anspruch auf Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses aufgrund der erst im Flurbereinigungsverfahren entstandenen Eigentumsbetroffenheit sei nach dem Urteil des Senats vom jedenfalls verwirkt. Der Kläger sei auch nicht befugt, eine etwaige Verletzung des objektiven Wasserrechts geltend zu machen. Der erstmals mit der Klagebegründung vorgetragene Verstoß gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot sei nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides gewesen. Die Einbeziehung der wasserrechtlichen Gestattungen in das Klageverfahren sowie das denkmalschutzrechtliche Begehren des Klägers stellten jeweils Klageänderungen dar, denen der Beklagte nicht zustimme.

23Die Klage sei zudem unbegründet. Ein materiell-rechtlicher Verstoß gegen die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie liege nicht vor. Der Bescheid vom diene der Sachverhaltsaufklärung und der in den Urteilen des Senats vom geforderten Überprüfung und Anpassung der wasserrechtlichen Erlaubnisse. Dabei handele es sich nicht um ein Planungsproblem, sondern um ein Vollzugsthema. Die 2021 erfolgte Einstufung des Söhrnteich-Damms als Kulturdenkmal führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Die Regelungen des Hessischen Denkmalschutzgesetzes räumten dem Kläger zudem grundsätzlich keine eigenen Rechtspositionen ein.

24Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Gründe

25Die Klage, über die der Senat ohne weitere Aktenbeiziehung entscheiden konnte (C.), ist zulässig (A.), aber unbegründet (B.).

26A. 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 17e Abs. 1 FStrG und Nr. 32 bzw. seit der Änderung vom (BGBl. I Nr. 409) Nr. 47 der zugehörigen Anlage für die Entscheidung zuständig. Das planfestgestellte Vorhaben ist Teil der dort aufgeführten Bundesfernstraße "A 49 Bischhausen - A 5". Die Streitigkeit "betrifft" das Planfeststellungsverfahren im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, weil der Antrag auf vollständige oder teilweise Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses einen unmittelbaren Bezug zu dem vorausgegangenen Planfeststellungsverfahren aufweist und es um die genehmigungsrechtliche Bewältigung des Vorhabens geht; dies gilt auch für die hilfsweise beantragte (teilweise) Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. 9 A 23.19 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 77 Rn. 16 m. w. N.).

272. Die Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft. Streitgegenstand ist die Rechtsbehauptung des Klägers, er habe Anspruch auf den Erlass des beantragten Rücknahmebescheides. Davon mitumfasst ist ein etwaiger Anspruch auf erneute Bescheidung des Rücknahmeantrags sowie die hilfsweise begehrte Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses, die eine teilweise Aufhebung des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses darstellt, zu der der Beklagte nur bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme (oder einen Widerruf) befugt ist (vgl. 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 23 m. w. N.). Der Antrag des Klägers bezieht sich somit auf den gesamten Planfeststellungsbeschluss in seiner aktuellen Gestalt, die dieser infolge der verschiedenen Änderungsbescheide erhalten hat, sowie auf die darin enthaltenen bzw. damit zusammenhängenden wasserrechtlichen Entscheidungen. Die verschiedenen vom Kläger vorgetragenen Argumente für die behauptete (anfängliche) Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses stellen in diesem Zusammenhang keine eigenständigen Streitgegenstände, sondern nur unselbständige Gründe zur Erreichung seines Klageziels dar, so dass insoweit keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO vorliegt.

283. Der Kläger ist nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass derjenige, dessen Grundstück in ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren einbezogen worden ist, grundsätzlich Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss erheben und gegen diesen klagen kann (vgl. 9 C 4.16 - BVerwGE 159, 104 Rn. 27 und vom - 9 A 8.19 - BVerwGE 169, 78 Rn. 29 m. w. N.). Damit ist es nicht offensichtlich und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass dem Kläger, der Teilnehmer des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens H. A 49 ist, auch ein Anspruch auf Rücknahme des bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses oder jedenfalls auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Rücknahmeantrag zustehen kann.

294. Die materielle Rechtskraft des Urteils vom - 9 A 8.19 - (BVerwGE 169, 78) steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Die Bindungswirkung nach § 121 Nr. 1 VwGO hindert als von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis zwar eine erneute Sachentscheidung über denselben Streitgegenstand, vorliegend fehlt es jedoch schon an einer Identität der Streitgegenstände. Gegenstand des damaligen Verfahrens war die Anfechtung des Planfeststellungsbeschlusses selbst, während nun dessen (teilweise) Rücknahme bzw. - als Minus - dessen Außervollzugsetzung und damit der Anspruch auf Erlass eines neuen Verwaltungsakts durch den Beklagten in Rede steht, der von anderen und weitergehenden Voraussetzungen abhängt als der Aufhebungsanspruch im Rahmen einer Anfechtungsklage und deshalb einen anderen Streitgegenstand darstellt (vgl. 9 A 22.19 - BVerwGE 168, 368 Rn. 20 m. w. N.).

30Zudem entfaltet das damalige Prozessurteil Bindungswirkung nur hinsichtlich derjenigen Sachurteilsvoraussetzungen, auf deren Fehlen das Gericht die Abweisung der Klage gestützt hat (vgl. 4 C 2.19 - BVerwGE 172, 271 Rn. 15 m. w. N.). Der Senat ist im Urteil vom entgegen der Auffassung des Beklagten nicht von einer allgemeinen "Verwirkung" des Klagerechts gegen den Planfeststellungsbeschluss ausgegangen, sondern hat maßgeblich auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abgestellt und hinsichtlich aller damals erwogenen Varianten den Ablauf etwaiger Klagefristen festgestellt. Zwischen den Beteiligten steht danach (nur) rechtskräftig fest, dass der Kläger den Planfeststellungsbeschluss nicht mehr im Wege der Anfechtungsklage angreifen kann und der Planfeststellungsbeschluss ihm gegenüber bestandskräftig geworden ist. Mit der begehrten Rücknahme will der Kläger gerade eine Durchbrechung dieser Bestandskraft erreichen. Darin liegt angesichts der eingeschränkten Voraussetzungen, unter denen ein Rücknahmeanspruch zu bejahen ist, weder eine Umgehung der Vorschriften über die Frist für Anfechtungsklagen, noch ein missbräuchliches Verhalten, das das Rechtsschutzinteresse in Frage stellen könnte (vgl. R. P. Schenke, in: Kopp/​Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 42 Rn. 39).

31B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf (vollständige oder teilweise) Rücknahme oder Außervollzugsetzung des Planfeststellungsbeschlusses (1.) oder auf die Feststellung seiner (teilweisen) Nichtigkeit (2.). Denn er wird durch den Planfeststellungsbeschluss nicht in seinen Rechten verletzt.

321. Anspruchsgrundlage für die begehrte (teilweise) Rücknahme ist hier § 48 HVwVfG, der auch auf Planfeststellungsbeschlüsse Anwendung findet (vgl. 9 A 23.19 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 77 Rn. 25 f.). Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Der Anspruch eines Dritten auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung darüber kann allerdings nicht weiter gehen als der Aufhebungsanspruch bei fristgerechter Anfechtung und setzt daher neben der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses voraus, dass dadurch gerade ein Recht des Dritten verletzt wird ( 4 A 2.15 - BVerwGE 155, 81 Rn. 26 und vom - 9 A 23.19 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 77 Rn. 37). Daran fehlt es hier. Weder aus den Vorschriften des Wasserrechts oder des Denkmalschutzrechts, auf deren Verletzung der Kläger sich beruft, noch aus der eigentumsrechtlichen Betroffenheit infolge der Einbeziehung in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren lässt sich vorliegend eine Rechtsverletzung des Klägers und damit seine Rügebefugnis ableiten.

33a) Auf objektive Verstöße gegen die in der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) und §§ 27 und 47 WHG festgeschriebenen Ziele des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots können sich - neben Umweltverbänden - nur diejenigen berufen, die zu den Mitgliedern der von einem Projekt betroffenen Öffentlichkeit gehören. Dies beschränkt sich auf den Kreis der unmittelbar Betroffenen, zu dem diejenigen Personen zählen, deren rechtmäßige Nutzung des Gewässers durch die gerügte Verletzung beeinträchtigt werden kann. Keine unmittelbare Betroffenheit liegt dagegen bei denjenigen vor, die lediglich das öffentliche Wasserversorgungsnetz nutzen, ohne über ein besonderes Entnahmerecht zu verfügen (vgl. 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 43 ff. unter Bezugnahme auf [ECLI:​EU:​C:​2020:​391] - Rn. 123 ff.). Danach ist der Kläger hier nicht rügebefugt, weil er weder über einen eigenen Trinkwasserbrunnen verfügt noch sonst eine unmittelbare Betroffenheit ersichtlich ist.

34b) Auch aus der im Planfeststellungsbeschluss nicht berücksichtigten Denkmaleigenschaft des Söhrnteich-Damms kann der Kläger keine Rechtsverletzung herleiten. Das Hessische Denkmalschutzgesetz hat keine drittschützende Wirkung und verleiht selbst dem Eigentümer eines Grundstücks nur bei drohender erheblicher Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit seines Anwesens ein Abwehrrecht (vgl. - juris Rn. 45 f.). Die Wahrung der Belange des Denkmalsschutzes ist eine öffentliche Aufgabe und obliegt der zuständigen Denkmalschutzbehörde. Die Denkmalschutzwürdigkeit kann daher nicht als eigener berücksichtigungsfähiger Privatbelang im Rahmen der fachplanerischen Abwägung eines Planfeststellungsbeschlusses geltend gemacht werden (vgl. 9 A 60.02 - juris Rn. 17; zum hessischen Landesrecht auch - NVwZ 1986, 680 <682>).

35c) Eine Rügebefugnis des Klägers folgt auch nicht aus seiner eigentumsrechtlichen Betroffenheit infolge der Einbeziehung seiner Grundstücke in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren H. A 49.

36aa) Die Unternehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbG ist eine Maßnahme der Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, die darauf gerichtet ist, dem Unternehmensträger die Grundstücke zu beschaffen, die zur Verwirklichung eines im öffentlichen Interesses liegenden Vorhabens benötigt werden. Sie führt zum Entzug von Eigentumspositionen, weil die Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens ihre Grundstücke ganz oder teilweise verlieren und - nach Abzug der für das Unternehmen benötigten Flächen - eine Landabfindung gleichen Werts oder eine Entschädigung erhalten (§ 88 Nr. 4 und 5, § 89 FlurbG). Aus dem fremdnützigen Zugriff auf das einzelne Grundstück folgt die enteignungsrechtliche Qualität der Maßnahme, denn die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sichert den konkreten Bestand in der Hand des einzelnen Eigentümers; ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob und in welchem Umfang eine Landabfindung stattfindet und ob gegebenenfalls eine gleichwertige Landabfindung ohne Flächenabzug erfolgt (vgl. - BVerfGE 74, 264 <279 ff.> zur städtebaulichen Unternehmensflurbereinigung; 9 C 3.08 - BVerwGE 133, 118 Rn. 17). Bereits die Einleitung der Unternehmensflurbereinigung entfaltet eine enteignungsrechtliche Vorwirkung, weil damit abschließend und für das weitere Verfahren verbindlich über die Verwirklichung des Vorhabens unter Inanspruchnahme fremden Eigentums entschieden wird ( - BVerfGE 74, 264 <282>; 9 C 4.16 - BVerwGE 159, 104 Rn. 21).

37Maßgebend für die (zukünftige) Enteignung ist der Planfeststellungsbeschluss, mit dessen Unanfechtbarkeit oder Vollziehbarkeit die Enteignung im Unternehmensflurbereinigungsverfahren zulässig wird (§ 19 Abs. 1 Satz 2 FStrG, vgl. Wingerter/​Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 87 Rn. 4; Dünchheim, in: Marschall, FStrG, 6. Aufl. 2012, § 19 Rn. 9) und der gem. § 19 Abs. 2 FStrG dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend ist. Der Planfeststellungsbeschluss stellt damit auch die Grundlage für die enteignungsrechtlichen (Vor-)Wirkungen des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens dar. Er entfaltet nicht nur selbst enteignungsrechtliche Vorwirkungen bezüglich der Grundstücke, die für die Trasse oder Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unmittelbar in Anspruch genommen werden, sondern löst auch mittelbar eine eigentumsrechtliche Betroffenheit gegenüber denjenigen Personen aus, deren Grundstücke in das Unternehmensflurbereinigungsverfahren einbezogen sind (künftig: Flurbereinigungsbetroffene). Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger.

38bb) Aus der - mittelbaren - eigentumsrechtlichen Betroffenheit folgt allerdings nicht, dass der Kläger als Flurbereinigungsbetroffener die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses uneingeschränkt als Verletzung eigener Rechte geltend machen kann. Denn seine Rügebefugnis kann nicht weiter gehen als die der unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer.

39In Bezug auf Kläger, deren Grundeigentum durch eine straßenrechtliche Planfeststellung unmittelbar in Anspruch genommen wird, ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass sie zwar grundsätzlich einen Anspruch auf umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses haben, dieser sogenannte Vollüberprüfungsanspruch aber Beschränkungen unterliegt, die den Umfang der Begründetheitsprüfung eingrenzen. Danach hat eine Anfechtungsklage keinen Erfolg, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch seine fehlerfreie Beachtung nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde oder wenn behauptete Mängel des Beschlusses durch schlichte Planergänzung - etwa durch Schutzmaßnahmen oder kleinräumige Trassenverschiebungen ohne Auswirkungen auf den Trassenverlauf in Höhe der enteignungsbetroffenen Grundstücke - behoben werden können. Auch umfasst das Recht des Enteignungsbetroffenen, sich gegen eine vermeintlich nicht dem Allgemeinwohl dienende Inanspruchnahme seines Eigentums zu wenden, grundsätzlich nicht die Befugnis, sich zum Sachwalter von Rechten zu machen, die nach der Rechtsordnung bestimmten anderen Rechtsinhabern zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung und Konkretisierung zugewiesen sind (stRspr, vgl. nur 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 27 m. w. N.). In Bezug auf die Rücknahme eines Planfeststellungsbeschlusses bedeutet dies, dass nur solche Rechtsfehler, die von der Rügebefugnis umfasst sind, auch geeignet sind, einen Anspruch auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses zu begründen.

40Vergleichbare Einschränkungen müssen auch - und erst recht - dann gelten, wenn die Eigentumsbetroffenheit nicht unmittelbar durch die enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses selbst, sondern mittelbar durch die Einbeziehung von Grundstücken in ein Unternehmensflurbereinigungsverfahren ausgelöst wird; die bloße Flurbereinigungsbetroffenheit kann insoweit keine umfassenderen Rechte gegenüber dem Planfeststellungsbeschluss eröffnen. Auch in diesem Fall kann die Klage keinen Erfolg haben, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Betroffenheit des Klägers nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist.

41Die eigentumsrechtliche Betroffenheit der Teilnehmer eines Unternehmensflurbereinigungsverfahrens besteht unabhängig vom Umfang einer etwaigen Landabfindung darin, dass diese das Eigentum an den konkret in das Verfahren eingebrachten Grundstücken verlieren werden. Diese drohende Enteignung kann der Betroffene nur abwenden, wenn er den Planfeststellungsbeschluss als Grundlage und Zulässigkeitsvoraussetzung des Unternehmensflurbereinigungsverfahrens beseitigt. Wird das Planfeststellungsverfahren eingestellt, soll nach § 87 Abs. 3 Satz 1 FlurbG auch das Unternehmensflurbereinigungsverfahren eingestellt werden.

42Erheblich für die Eigentumsbetroffenheit wegen der Einbeziehung in das Flurbereinigungsverfahren sind daher alle Einwendungen, die den Planfeststellungsbeschluss insgesamt zu Fall bringen können. Die Rügebefugnis des Flurbereinigungsbetroffenen erstreckt sich mithin auf alle Einwände, die geeignet sind, das konkrete Vorhaben als solches und seine Realisierbarkeit ernsthaft in Frage zu stellen. Demgegenüber sind Fehler, die (gegebenenfalls in einem ergänzenden Verfahren) beseitigt werden können, nicht kausal für den drohenden Zugriff auf das konkrete Eigentum und somit nicht rügefähig. Dies gilt selbst dann, wenn sie eine Umplanung erforderlich machen sollten. Denn auch in diesem Fall ändert sich nichts daran, dass der Betroffene im Ergebnis mit der Ausführung des Vorhabens und der Durchführung des begleitenden Unternehmensflurbereinigungsverfahrens und damit auch mit dem Entzug seiner Eigentumsposition rechnen muss. Die Eröffnung einer Rechtsschutzmöglichkeit gegen den Planfeststellungsbeschluss soll dem von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung der Unternehmensflurbereinigung Betroffenen die Möglichkeit geben, den künftig drohenden Zugriff auf sein Eigentum endgültig abzuwehren, und ihm nicht lediglich einen Zeitaufschub einräumen.

43cc) Dies zugrunde gelegt, sind die vom Kläger geltend gemachten Fehler in Bezug auf das Wasserrecht (1) und zum Komplex des Söhrnteich-Damms (2) nicht von seiner Rügebefugnis umfasst.

44(1) Dies folgt hinsichtlich der von ihm auch nach Erlass des wasserrechtlichen Bescheides vom geltend gemachten Verstöße gegen das Verschlechterungsverbot und das Verbesserungsgebot der Wasserrahmenrichtlinie bereits daraus, dass - wie dargelegt - seine mittelbare eigentumsrechtliche Betroffenheit keine weiter gehende Rügebefugnis als diejenige unmittelbar Enteignungsbetroffener vermittelt, welche eine - bezüglich des Klägers nicht gegebene - unmittelbare Betroffenheit von einer Verletzung der Verpflichtungen aus der Richtlinie voraussetzt (vgl. [ECLI:​EU:​C:​2019:​824] - Rn. 30 ff. und vom - C-535/18 [ECLI:​EU:​C:​2020:​391] - Rn. 120 ff.; 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 43 ff.).

45Ungeachtet dessen sind die geltend gemachten Fehler auch nicht geeignet, die Realisierbarkeit des Vorhabens ernsthaft in Frage zu stellen, und damit nicht kausal für seine Eigentumsbetroffenheit.

46Dass der Planfeststellungsbeschluss - trotz zahlreicher Regelungen zu wasserrechtlichen Erlaubnissen und Hinweisen, weiteren wasserrechtlichen Entscheidungen und wasserrechtlichen Nebenbestimmungen - den Anforderungen an eine unionsrechtskonforme Prüfung des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots nicht gerecht geworden und daher objektiv rechtswidrig ist, hat der Senat bereits in seinen Urteilen vom - 9 A 22.19 - (BVerwGE 168, 368) und - 9 A 23.19 - (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 77) festgestellt. Er hat jedoch eine (teilweise) Rücknahme des rechtswidrigen Planfeststellungsbeschlusses weder zur Wahrung der Effektivität des Unionsrechts noch aus Gründen der Äquivalenz für geboten erachtet und ist davon ausgegangen, dass sich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Zielen des Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots auch außerhalb eines (ergänzenden) Planfeststellungsverfahrens erreichen lässt und die Überprüfung der erteilten wasserrechtlichen Erlaubnisse ein sinnvoller Weg ist, um den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie nachträglich Geltung zu verschaffen. An dieser Einschätzung hält der Senat fest.

47Die im Zeitpunkt der Urteile vom noch fehlende Prüfung des Vorhabens auf seine Vereinbarkeit mit den materiellen Vorgaben des Verschlechterungsverbots und Verbesserungsgebots ist inzwischen nachgeholt und ein wasserrechtlicher Fachbeitrag erstellt worden. Unter dem hat der Beklagte zudem einen wasserrechtlichen Bescheid erlassen, in dem die unter A.II.1 des Planfeststellungsbeschlusses erteilten Erlaubnisse zur Einleitung des Niederschlagswassers von befestigten Straßenflächen während des Betriebs der VKE 40 mit Nebenbestimmungen versehen und der Vorhabenträgerin weitere Prüf- und Dokumentationspflichten auferlegt wurden. Ausgehend von diesem Sachverhalt lässt sich dem Vorbringen des Klägers nicht entnehmen, dass das Vorhaben in Bezug auf das Grundwasser (a) oder die Oberflächengewässer (b) mit den wasserrechtlichen Anforderungen nicht zu vereinbaren sein wird.

48(a) Soweit der Kläger einen Verstoß gegen das grundwasserbezogene Verschlechterungsverbot wegen der an einigen Grundwassermessstellen zugrunde zu legenden Vorbelastung für unausweichlich hält, geht seine Rüge schon im Ansatz fehl. Denn sie beruht auf einem Fehlverständnis von der Bedeutung der im Planfeststellungsbeschluss genannten Messstellen.

49Der Kläger beruft sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Verschlechterung des chemischen Zustands eines Grundwasserkörpers im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i WRRL schon dann festzustellen ist, wenn eine Qualitätskomponente an nur einer Überwachungsstelle nicht erfüllt wird, und die an jeder Überwachungsstelle gemessenen Werte individuell zu berücksichtigen sind ( - Rn. 118 f.; dem folgend auch 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 38). Mit "Überwachungsstelle" ist dabei jedoch nicht jede einzelne Messstelle gemeint, an der ein Grundwasserkörper im Einzelfall "überwacht" wird und die aus einem bestimmten Anlass der Kontrolle der Auswirkungen von Vorgängen auf das Grundwasser an der jeweiligen Stelle dient. Denn der chemische Zustand des Grundwasserkörpers, um dessen Bewertung es im Zusammenhang mit dem Verschlechterungsverbot als Bewirtschaftungsziel für das Grundwasser nach § 47 Abs. 1 WHG geht, ist als repräsentative Aussage für eine große Einheit etwas grundsätzlich anderes als die Grundwasserchemie an einer einzelnen Stelle. Im Hinblick auf die Heterogenität der Chemie des Grundwasserkörpers, die von unterschiedlichen natürlichen Gegebenheiten wie Gesteinsart oder Deckschichten und verschiedenen Landnutzungen beeinflusst wird, ist die Auswahl der Messstellen entscheidend; diese sollen jeweils die unterschiedlichen Einflüsse der Landnutzungen abbilden, jahreszeitlich bedingte Schwankungen berücksichtigen und keine Mittelwertbildung begünstigen (vgl. Pawlowski, in: Schink/​Fellenberg, GK-WHG, 2021, § 47 Rn. 26). Um diese Funktion zu erfüllen, müssen die Messstellen eine repräsentative Überwachung des mengenmäßigen und chemischen Grundwasserzustands gewährleisten, die den Anforderungen des § 9 Abs. 1 i. V. m. Anlage 3 der Grundwasserverordnung genügt. Dies entspricht den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie, die in Anhang V Rn. 2.4 fordert, dass das Überwachungsnetz so ausgewiesen wird, dass eine kohärente und umfassende Übersicht über den chemischen Zustand des Grundwassers in jedem Einzugsgebiet gegeben werden und das Vorhandensein langfristiger anthropogener Trends zur Zunahme von Schadstoffen festgestellt werden kann (Rn. 2.4.1 Abs. 1 Satz 2), wobei detaillierte Kriterien für die Einrichtung des Grundwasserüberwachungsnetzes aufgestellt werden. Gerade aus diesen Anforderungen für die Festlegung der Überwachungsstellen leitet der Europäische Gerichtshof ab, dass schon die Nichterfüllung einer Qualitätskomponente an einer einzigen Messstelle zeigt, dass zumindest bei einem erheblichen Teil eines Grundwasserkörpers eine Verschlechterung des chemischen Zustands im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i WRRL vorliegt (vgl. - Rn. 114 f.). Diese Schlussfolgerung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Messwerte von einer Messstelle stammen, die Teil des repräsentativen Überwachungsnetzes ist (vgl. Vogt/​Klapp, NuR 2023, 384 <385>). Hiervon zu unterscheiden sind Messstellen, die nur zur Überwachung von Punktquellen dienen. An einer solchen Messstelle zu erwartende, lokal begrenzte Veränderungen, die sich nicht nachteilig auf eine repräsentative Messstelle und damit nicht auf einen erheblichen Teil eines Grundwasserkörpers auswirken, sind auch im Nachgang zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom nicht geeignet, eine Verschlechterung im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie zu begründen (Vogt/​Klapp, NuR 2023, 384 <386> unter Bezugnahme auf die Unterscheidung zwischen repräsentativen, auf den Grundwasserkörper in seiner Gesamtheit bezogenen Messstellen und sogenannten "prevent and limit"-Messstellen zur Überwachung von Punktquellen im Guidance Document No. 15 der EU-Kommission "Guidance on Groundwater Monitoring", 2007, Kap. 4.1.2 S. 17 und Kap. 7 S. 24).

50Bei den in den Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses aufgeführten Messstellen, auf deren Messwerte der Kläger seine Rüge stützt, handelt es sich um Messstellen, die punktuell die Auswirkungen des Betriebs des Vorhabens insbesondere auf das Trinkwasserschutzgebiet überwachen sollen, nicht aber Teil des repräsentativen Grundwasserüberwachungsnetzes sind und nicht im Fachinformationssystem Grund- und Trinkwasserschutz in Hessen geführt werden. Sie erlauben daher keine Aussagen über den chemischen Zustand des gesamten Grundwasserkörpers im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie, wie vom Beklagten unter Vorlage entsprechender Stellungnahmen des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie und der Oberen Wasserbehörde beim Regierungspräsidium Gießen im Einzelnen erläutert worden ist.

51Maßgeblich ist vielmehr der Bewirtschaftungsplan 2021 - 2027 für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in Hessen, aus dem sich ergibt, dass sich die beiden vom Vorhaben betroffenen Grundwasserkörper DEHE 2582_01 und DEHE 2582_02 in einem guten chemischen Zustand befinden, was bedeutet, dass der Schwellenwert für Nitrat von 50 mg/l an keiner repräsentativen Messstelle überschritten wird.

52Da sich die Kriterien, die für die Auswahl der relevanten Grundwassermessstellen maßgeblich sind, anhand der genannten unionsrechtlichen Vorschriften und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eindeutig bestimmen lassen und die vom Kläger angeführten Erhöhungen von Schadstoffkonzentrationen keine solchen relevanten Messstellen betreffen, besteht für die in diesem Zusammenhang angeregten Vorlagen an den Europäischen Gerichtshof (Klagebegründung vom S. 16 f. und 34) kein Anlass.

53(b) Auch in Bezug auf die Oberflächengewässer erhebt der Kläger keine Rügen, die die Durchführung des Vorhabens insgesamt durchgreifend in Frage stellen könnten. Soweit er Defizite des wasserrechtlichen Fachbeitrags geltend macht und insbesondere einen Verstoß gegen das oberflächenwasserbezogene Verschlechterungsverbot in Bezug auf den Schadstoff Benzo(a)pyren wegen der Einleitung von Straßenabwässern in die Klein rügt, ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte mit dem wasserrechtlichen Bescheid vom bereits auf Kritikpunkte und bestehende Unsicherheiten reagiert und durch den Erlass von Nebenbestimmungen zu den wasserrechtlichen Einleiterlaubnissen im Planfeststellungsbeschluss weitere Prüfungs- und Dokumentationspflichten begründet hat. Damit hat er zugleich den nachträglich veröffentlichten Anforderungen aus dem Merkblatt der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) "M WRRL - Merkblatt zur Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie in der Straßenplanung", Ausgabe 2021, Rechnung getragen. Dies betrifft etwa den auch vom Kläger monierten Umstand, dass im Fachbeitrag die Messwerte der Messstelle 223 für den Oberflächenwasserkörper (OWK) Untere Ohm auch zur Beurteilung der OWK Obere Ohm und Klein herangezogen wurden und auch später nicht die im FGSV-Merkblatt empfohlenen Berechnungen im Hinblick auf die zulässige Höchstkonzentration für die Klein und die Obere Ohm vorgelegt wurden. Die Rügen des Klägers betreffend den Fachbeitrag und die unterbliebene Erhebung von Messwerten für die Klein sind daher überholt und die damit zusammenhängenden Vorlagefragen an den Europäischen Gerichtshof (vgl. Klagebegründung vom S. 52 und 53 sowie Schriftsatz vom S. 30 f.) mangels Entscheidungserheblichkeit nicht veranlasst.

54Der Beklagte ist sich der Anforderungen, die sich aus den wasserrechtlichen Vorschriften ergeben, und der diesbezüglichen Prüfungspflichten, die trotz der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses weiterhin bestehen und auf die der Senat bereits in seinen Urteilen vom hingewiesen hat, nach wie vor bewusst. Mit dem wasserrechtlichen Bescheid vom und den im Planfeststellungsbeschluss verfügten Nebenbestimmungen hat er sichergestellt, dass die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot und Verbesserungsgebot vor Inbetriebnahme der Autobahn den rechtlichen Anforderungen entsprechend untersucht und die Einhaltung der Bewirtschaftungsziele der Wasserrahmenrichtlinie und des Wasserhaushaltsgesetzes gewährleistet wird. Seine Einschätzung, dass eine unionsrechtskonforme Realisierung des Vorhabens jedenfalls im Wege einer Planänderung unter Anpassung der Entwässerungsplanung an neuere Erkenntnisse und technische Entwicklungen grundsätzlich möglich ist, erscheint dem Senat ohne Weiteres plausibel.

55Auf die weiteren Einzelheiten des klägerischen Vorbringens, die nicht geeignet sind, die Durchführbarkeit des Vorhabens als solches in Frage zu stellen, kommt es mangels Rügefähigkeit daher nicht an. Aus diesem Grund sieht der Senat auch keinen Anlass für die vom Kläger angeregten diversen Vorlagen an den Europäischen Gerichtshof, zumal die weiteren Vorlagefragen (Klagebegründung vom S. 13 und 21) nicht die allgemeine Auslegung von Europarecht, sondern eine einzelfallbezogene Sachverhaltsbewertung betreffen.

56(2) Auch im Hinblick auf die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Verlegung einer Rohrleitung im Bereich des Söhrnteich-Damms hat der Kläger keine Rügebefugnis.

57Dass das Fehlen einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung ein unüberwindliches Hindernis bei der Realisierung des Vorhabens wäre, macht der Kläger selbst nicht geltend, sondern verweist vielmehr auf diverse Alternativen für die Verlegung der Rohrleitung, die Bau und Lage der Trasse selbst nicht beeinflussen würden. Gegebenenfalls notwendige Änderungen oder Ergänzungen des Planfeststellungsbeschlusses in Bezug auf Details der Kanalleitung sind in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Denn es kommt für die Rügebefugnis nicht darauf an, ob der Planfeststellungsbeschluss in seiner aktuellen Gestalt einschließlich aller Einzelfestlegungen nicht durchgeführt werden kann, sondern darauf, ob das konkrete Vorhaben als solches - also Errichtung und Betrieb der VKE 40 - unmöglich wird. Dies ist nicht der Fall, wenn abweichenden Erfordernissen der Ausführungsplanung durch eine Änderung oder Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses Rechnung getragen werden kann, wie es bereits mit den Bescheiden vom und erfolgt ist.

58Die weiteren Rügen des Klägers zur Beeinträchtigung von Eigentumsrechten und Erschließungsvorteilen Dritter wegen der planwidrigen Inanspruchnahme zusätzlicher Grundstücke im Bereich des Söhrnteich-Damms und zu Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufgrund einer unvermeidlichen Beschädigung der im Dammbereich befindlichen Pappeln betreffen nicht die Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses, sondern die Ausführungsplanung. Sie zielen nicht auf eine Unmöglichkeit des Vorhabens an sich, sondern auf die Frage, ob ein Detail der Planung - Kanalleitung zum Diebachsgraben - ohne Änderung der planfestgestellten Unterlagen umgesetzt werden kann. Diese Fragestellung weist keinen Zusammenhang zu der durch das Flurbereinigungsverfahren vermittelten Betroffenheit des Klägers auf und ist von seiner Rügebefugnis nicht umfasst. Soweit er eine eigene Betroffenheit wegen Gefährdung seiner Gesundheit als Benutzer des Feldweges geltend macht, ist dies schon keine Folge der konkreten Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses und seines Regelungsgehalts. Die Verkehrssicherungspflichten sind im Zuge der Ausführungsplanung zu beachten.

59dd) Der Kläger stützt sich somit ausschließlich auf Gründe für die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, die keinen Bezug zu seiner Betroffenheit durch das Flurbereinigungsverfahren haben und den drohenden Zugriff auf sein Eigentum nicht beeinflussen können, und macht auch im Übrigen keine Verletzung von gerade ihm zustehenden Rechten geltend. Ihm kann daher schon aus diesem Grund kein Anspruch auf Rücknahme des Planfeststellungsbeschlusses oder jedenfalls auf erneute Bescheidung seines Rücknahmeantrags zustehen, so dass die Frage der Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses dahinstehen kann. Vor diesem Hintergrund musste der Senat den Beweisangeboten des Klägers, die die Örtlichkeit der Einleitstelle Fernableitung in die Klein sowie die örtlichen Gegebenheiten am Söhrnteich-Damm und die Erkennbarkeit seiner Denkmaleigenschaft betreffen, mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachgehen.

602. Da der Kläger hinsichtlich aller geltend gemachten Mängel nicht rügebefugt ist, kann er daraus auch keinen Anspruch auf Feststellung der teilweisen Nichtigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ableiten. Auf die Frage, inwieweit für einzelne Teilregelungen des Planfeststellungsbeschlusses überhaupt der Anwendungsbereich des § 44 HVwVfG eröffnet sein kann, kommt es somit nicht an.

61C. Der Senat kann über die Klage auf der Grundlage der vom Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge entscheiden. Für die Anforderung weiterer Akten oder die zusätzliche Vorlage ungeschwärzter Unterlagen besteht keine Veranlassung.

62Ohne Erfolg beanstandet der Kläger, dass die vom Beklagten mit Schreiben vom übersandten Vorgänge vom Gericht zurückgesandt und anschließend nicht vollständig erneut eingereicht worden seien, und beantragt insoweit Vervollständigung der Akten und Akteneinsicht. Dem Gesuch war nicht nachzukommen. Denn dabei handelt es sich nicht um dem Gericht nach § 99 VwGO vorgelegte - und ihm nunmehr vorliegende - Verwaltungsvorgänge, die der Akteneinsicht nach § 100 VwGO unterliegen würden. Die damalige Übersendung hatte der Beklagte mit der Bitte verbunden, dass das Gericht bei Gewährung von Akteneinsicht die datenschutzrechtlichen Belange von Dritten berücksichtigen solle. Die dem Senat damit überantwortete Vorprüfung der Verwaltungsvorgänge ist allerdings nicht zulässig, weshalb die mit einer solchen Einschränkung verbundene Aktenvorlage nicht den Vorgaben des § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprach. Die Vorgänge wurden aus diesem Grund unbesehen zurückgesandt, verbunden mit der Aufforderung, sie - soweit erforderlich - (selbst) zu anonymisieren und sodann erneut vorzulegen. Die in der Folgezeit vom Beklagten vorgelegten Unterlagen, die vereinzelte Schwärzungen und Fehlblätter enthalten, genügen der vom Gericht angeforderten Aktenvorlage. Die Einreichung weiterer Vorgänge zu dem Verfahren, das dem Planfeststellungsbeschluss vom zugrunde lag, ist entbehrlich, weil diese Unterlagen nicht entscheidungserheblich sind. Der Kläger ist - wie dargelegt - hinsichtlich der geltend gemachten Mängel schon nicht rügebefugt. Im Übrigen ist es unstreitig, dass der Planfeststellungsbeschluss vom die beiden gerügten Aspekte des wasserrechtlichen Verschlechterungsverbots und der Denkmaleigenschaft des Söhrnteich-Damms gerade nicht (hinreichend) behandelt hat.

63Soweit der Kläger auf die Eingangsverfügung des Senats vom verweist, in der gebeten wurde, "die vollständigen und mit Seitenzahlen versehenen Verwaltungsvorgänge im Original [...] einschließlich eines unverschlüsselten Grunderwerbsverzeichnisses" zu übersenden, ist diese routinemäßig erfolgte Aktenanforderung überholt. Schon mit Verfügung der Berichterstatterin vom wurde dem Kläger unter Auflistung der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Unterlagen mitgeteilt, dass der Senat über die Anforderung weiterer Vorgänge gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden werde, sofern er diese für notwendig halte. Im Zuge der Nichtannahme der am vom Beklagten zusätzlich übersandten Akten wurde die Aktenanforderung sodann ausdrücklich auf die Vorlage anonymisierter Vorgänge beschränkt (vgl. zur Zulässigkeit von Schwärzungen aus Gründen des Datenschutzes oder zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen 9 B 48.20 - Buchholz 424.01 § 8 FlurbG Nr. 8 Rn. 36 m. w. N.; zur Vorlage geschwärzter Unterlagen auch 6 B 71.03 - juris Rn. 10 f.). Dieser maßgeblichen letzten Aktenanforderung des Senats entsprechen die nunmehr vorliegenden Akten.

64Alle vom Beklagten und von der Beigeladenen elektronisch und/​oder in Papier vorgelegten Vorgänge wurden dem Kläger im Wege der Akteneinsicht zugänglich gemacht. Seinem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes ist damit Genüge getan.

65D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht im vorliegenden Fall angesichts dessen, dass die Beigeladene das Verfahren inhaltlich nicht gefördert, sondern sich im Wesentlichen den Ausführungen des Beklagten angeschlossen hat, nicht der Billigkeit, dem unterlegenen Kläger auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO aufzuerlegen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:211123U9A11.21.0

Fundstelle(n):
GAAAJ-60758